Mittwoch, 9. Januar 2008

Wenigstens ein Wasserstand

Die großen Empörungswellen rauschen längst nicht mehr und auch von der Verleihung eines Preises für Zivilcourage ist nicht mehr die Rede. Immerhin aber gibt es jetzt mal eine Wasserstandsmeldung im Fall des angeblichen Neonazi-Überfalls auf eine 17-Jährige in Mittweida, der Anfang November vergangenen Jahres eine Woche lang zu deutschlandweiter heller Empörung gesorgt hatte.


Danach sind Polizei und Staatsanwaltschaft keinen Schritt weiter. Der Anwalt des Mädchens, das von Neonazis in Jacken mit NSDAP-Aufnähern ein Hakenkreuz in die Hüfte geritzt bekommen haben wollte, als sie ganz allein einem bedrohten sechsjährigen Aussiedlerkind zu Hilfe eilte, habe Antrag auf Akteneinsicht gestellt, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Chemnitz mit. Bis der Fall geklärt sei, könnten noch Tage und Wochen vergehen - wobei wir hier bei PPQ auf Monate tippen: Je weiter weg die Tat, desto leichter ließe sich die Peinlichkeit der ganzen Angelegenheit ohne großes Aufsehen vergraben.

Die Geschichte der 17-Jährigen hatte von Anfang an erlogen ausgesehen. So hatte sie behauptet, die Täter hätten ihr außer dem Hakenkreuz an der Hüfte noch Runen in die Wange schneiden wollen, wenn sie nicht zuvor hätte fliehen können, ohne dass sie hatte erklären können, woher sie wusste, was die Täter weiter beabsichtigten. Die nach Angaben des Opfers angefertigten Phantombilder sahen aus wie Skinhead-Karikaturen, passten damit aber gut zu den gesichteten "NSDAP-Aufnähern" und dem Vorwurf, "zahlreiche Mittweidaer Bürger" hätten der grausamen Tat von ihren Balkonen aus "tatenlos zugeschaut".

Anfang November war es zur Tatzeit in Mittweida dunkel und kalt, welche Umstände "zahlreiche Mittweidaer" dazu hätten bringen können, sich auf ihren Balkonen aufzuhalten, wurde in keiner Vorortreportage erörtert. Dafür aber gab es eine Belohnung für Zeugen, die sich melden. Und die Beschimpfung aller in der Nähe des Tatorts Lebenden als "schweigende Masse", als sich dennoch kein Zeuge fand.

Im Nachhinein stellte sich denn auch heraus, dass die Sechsjährige zum angeblichen Tatzeitpunkt gar nicht in Mittweida war. Die Staatsanwaltschaft wagt sich inzwischen so weit vor, dass sie den auf der Hand liegenden Umstand, dass die 17-Jährige sich das Hakenkreuz selbst in die Hüfte geritzt hat, als "nicht mehr ausgeschlossen" bezeichnet und auch gegen das vermeintliche Opfer ermittelt. Das schweigt bisher zu allen Vorwürfen und beharrt auf seiner ursprünglichen Erzählung.

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