Mittwoch, 23. April 2008

Hungern am Handy


In der Stunde der größten Not machte sich Thomas Schwarz selbst auf in die Hölle. Für die Wochenplanung der Redaktionen im Land hinterließ der Pressesprecher der Hilfsorganisation Care einen kurzen Hinweis: "Auch angesichts der aktuellen Debatte um den Begriff „neuer Hunger“", werde er die nächsten Tage "in Kenia sein, um sich ein Bild von der Versorgungslage angesichts drohender Dürre zu machen". Immerhin seien im östlichen Afrika 14 Millionen Menschen akut vom Hunger bedroht, die Ursachen dafür lägen "überwiegend bei den Industriestaaten", Care fordere deshalb ein "Umdenken im Kampf gegen Hunger".

Das Rote Kreuz ist bei solchen ungewöhnlichen Forderungen natürlich stets zur Stelle. Für Äthiopien, Kenia und Somalia veröffentlichte es deshalb gleich eine "Warnung vor einer drohenden Hungerkatastrophe". Zu geringe Niederschläge, interne Konflikte und steigende Lebensmittelpreise, so die Hilfsorganisation, könnten in den nächsten Monaten über 11 Millionen Menschen in der Region von Nahrungsmittelhilfe abhängig machen.

Wo die anderen drei Millionen geblieben sind, die Care gezählt hat, wissen wir nicht. Dass es aber noch viel schlimmer werden dürfte, wenn die die vielen tausend Kenianer enttäuscht werden, die derzeit die Brokerhäuser in der Krisenregion stürmen, um ein paar Aktien der vor dem Börsengang stehenden Telefongesellschaft Safaricom zu ergattern, ist auch ohne Rot-Kreuz-Warnung klar: Die Regierung verkauft einen Anteil von 25 Prozent an dem Mobilfunkbetreiber, der als eines der profitabelsten Unternehmen Kenias gilt, und jeder in Kenia will dabei sein. Denn die potentiellen Millionen Hungeropfer bilden nicht nur ein reiches Betätigungsfeld für Leute, die sich ein Bild machen und danach warnen. Sondern gleichzeitig auch einen der am schnellsten wachsenden Handymärkte der Welt.

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