Mittwoch, 31. Dezember 2008

Lila, der letzte Versuch

Da ist sie wieder, Deutschlands beliebteste Politikerin Angela Merkel. Bei ihrer diesjährigen Silvesteransprache hat die ehemalige Klima-Kanzlerin die "Menschen in Deutschland um Zuversicht" gebeten. "Wir können uns viel zutrauen und gemeinsam noch mehr erreichen", sagte Merkel, deren Auftritt allerdings klar machte, wie schlimm es wirklich um die Bundesrepublik steht.

Im vergangenen Jahr hatte sich Merkel noch vor lichtblauem Hintergrund gezeigt, der Reichstag am Horizont war fröhlich beleuchtet, zum edlen Blazer trug die Kanzlerin ein leuchtend rotes, der Zukunft zugewandtes T-Shirt.

Ganz anders anno 2008: Finster und kalt ist es geworden hinter der CDU-Vorsitzenden, die statt eines Lächelns schmale Lippen im Gesicht trägt. Bleich ist die Kanzlerin in den letzten Monaten geworden, darüber kann kein Makeup täuschen. Gesicht und Haar sind vampirweiß, die deutsche Fahne neben dem Schreibtisch ist wie von Trauerflor umwölkt. Auch das Haar der gebürtigen Hamburgerin scheint dünner geworden, seit ihr Friseur Udo Waltz geheiratet und die Finanzkrise alle Gedanken okkupiert hat.

Angela Merkel rief die Bundesbürger auf, im neuen Jahr auf die eigene Kraft und die Stärken Deutschlands zu vertrauen. "Meine Devise ist: Wir wollen die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise nicht einfach überstehen. Wir wollen stärker aus ihr herausgehen, als wir hineingekommen sind", fleht sie, gewandet in violetten Stoff. Lila, der letzte Versuch.

Mit Feinstaub gegen die Finanzkrise

Ehe der Gürtel enger geschnallt und auf den Ernstfall reagiert wird, lässt es Party- Deutschland noch mal krachen. Letztes Jahr verballerte das Land, in dem die "Schere zwischen arm und reich" (Spiegel) jeden Tag weiter "auseinanderklafft" (HZ) Silvesterfeuerwerk im Wert von mehr als 58 Millionen Euro, dieses Jahr wollen die Deutschen noch ein paar Schippen drauflegen. Schon am Tag vor dem großen Fest meldeten Lidl und Rewe "ausverkauft" bei Raketen und Tischfeuerwerk - die 40.100 Tonnen Feuerwerkskörper, die chinesische Fabriken aus Dankbarkeit für nimmermüde deutsche Tipps in Sachen Menschenrechte geliefert hatten, reichen mitten in der "größten Wirtschaftskrise seit den 20er Jahren" (Peer Steinbrück) nicht aus für die deutsche Spaßkanonade. Glücklich ist, wer vergißt, was nicht mehr zu ändern ist: Die Deutschen glauben mehrheitlich nicht an eine wie immer geartete "Finanzkrise" (Die Welt). Sie glauben an 40.000 Tonnen Feinstaub aus China, mit lautem Wumms in die Luft geblasen.

Dinner for one

"Bis zum Jahre 2000 sind Öl und viele Rohstoffe alle“, (Club of Rome 1970)

„Die ersten Wälder werden schon in den nächsten fünf Jahren sterben“ (Forstwissenschaftler Prof. Ulrich, im Spiegel 1981)

„Durch BSE-Rindfleisch verblödet die Menschheit“ (Medienberichte ab 2001)

„Das Ozonloch bringt Millionen Hautkrebs-Tote“ (Medien ab 1970)

„SARS – weltweite Lungen-Epidemie steht bevor“ (Gesundheitsbehörden und Medien ab 2002)

„Acrylamid führt zu Erbschäden – Vorsicht beim Backen, Braten, Rösten, Grillen und Frittieren“ (Bundesamt für Verbraucherschutz und Medien, April 2002)

„Nitrosamine in Bier, Fischen, Käse, Baby-Schnullern… führen zu Krebs“ (Medien 2004)

„Vogelgrippe – ein neuer Virus bedroht Tiere und Menschheit“ (Gesundheitsämter und Medien 2006)

“Droht eine neue Eiszeit?“ (Klimaforscher und Medien 1970-75)

"Die Kraftwerke bekommen vermehrt Schwierigkeiten, Kühlwasser in den Flüssen zu finden oder Wasser einzuleiten." Stefan Hagemann, Klimaforscher, 2006


«Wir müssen damit rechnen, dass der Meeresspiegel in diesem Jahrhundert um zwei Meter ansteigt". Hans Joachim Schellnhuber, Chef-Klimaberater der Bundesregierung,2007

"Die mittlere Temperatur in Deutschland wird bis zum Jahr 2100 um drei Grad steigen. Die Sommer werden heißer, die Winter dagegen regnerischer." Max-Planck-Institut Hamburg, September 2008

"Das Klima bleibt in den nächsten 10 bis 15 Jahren gleich." Mojib Latif, Klimaforscher


«Wir müssen damit rechnen, dass der Meeresspiegel in diesem Jahrhundert um einen Meter ansteigt". Hans Joachim Schellnhuber, Chef-Klimaberater der Bundesregierung, Oktober 2008


"Das arktische Meereis schmilz schneller als erwartet, auch das Grönlandeis schmilzt schneller als gedacht. Falls es komplett kollabieren sollte, würde der Meeresspiegel um sieben Meter ansteigen." Hans Joachim Schellnhuber, Chef-Klimaberater der Bundesregierung, Dezember 2008

"Ziel der Bundesregierung bleibt es, im Jahr 2011 erstmals einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen." Peer Steinbrück, 18. September 2008

„Die Finanzmarktkrise ist vor allem ein amerikanisches Problem.“ Peer Steinbrück, 29. September 2008

"Deutschland ist gut gerüstet für eventuelle Auswirkungen der Finanzkrise." Peer Steinbrück, September 2008

"Aus der Finanzkrise ergeben sich keine unmittelbaren Risiken für die Haushaltsplanung." Peer Steinbrück, 27. Oktober 2008


"Ich habe eigenes Erspartes und keine Angst darum." Angela Merkel

"Im Ernstfall werden wir blitzschnell handeln." Angela Merkel

Dienstag, 30. Dezember 2008

Oh ja, stand by me!

Eine gelungene Hommage. Ein seltener Fall, in dem das Youtube-Video mehr hält als es anfänglich verspricht. Ohhhoho, stand by me, stand by me shalalla stand by me. Gerade heute in dieser herzlos-kalten Zeit kriegführender Wickelköpfe.

Wer ist der Doktrinär?

Man kann es so sehen: "Eine Waffenruhe mit der palästinensischen Hamas lehnt Israel ab." Oder so: "Hamas-Sprecher Radwan stellte klar, dass seine Organisation Israel weder anerkennen noch irgendwelche Konzessionen machen werde."

Ich bin der Drehrumbum

Und sie dreht sich doch. Ja, ja, natürlich die Erde. Das ist schließlich ein Naturgesetz. Aber noch etwas rotiert: die „Gewaltspirale in Nahost“. Angesichts der Beharrlichkeit mit der sie bemüht wird, könnte man glauben, auch sie sei ein Naturgesetz, das nach folgendem Prinzip funktioniert: Die Palästinenser sind für nichts verantwortlich, und Israel hat sie durch „unverhältnismäßige Gewaltanwendung“ in Gang gesetzt.

Ich möchte kein Eisbär sein,

denn dann müsste ich Werbung für Bestattungsinstitute machen.

Werkstatt-Bilder



Das alte Jahr soll nicht ohne den Hinweis zu Ende gehen, dass der hallesche Kachelmann seine Arbeit zwar offenbar eingestellt hat, sich dennoch hin und wieder bisher noch unentdeckte Werke aus seiner Werkstatt im Stadtbild finden lassen. Unser einziger Wunsch für 2009 ist klar: Fang wieder an zu kacheln! Oder hast du - Gott behüte! - einen ordentlichen Beruf ergriffen, der deinem Hobby keine Zeit mehr lässt?

Montag, 29. Dezember 2008

Israel soll stets alles erdulden

"Die Juden sind ein merkwürdiges Volk; Dinge, die anderen Nationen gestattet sind, sind den Juden verboten. Andere Nationen vertreiben Tausende, sogar Millionen Menschen, und es gibt kein Flüchtlingsproblem. Russland hat es getan, Polen und die Tschechoslowakei haben es getan, die Türkei hat eine Million Griechen rausgeschmissen und Algerien eine Million Franzosen. Indonesien hat Gott weiß wie viele Chinesen rausgeworfen - und keiner sagt einen Ton über Flüchtlinge. Aber im Falle Israels sind die vertriebenen Araber ewige Flüchtlinge geworden.

Alle bestehen darauf, dass Israel jeden einzelnen Araber zurücknehmen muss. Arnold Toynbee hat die Vertreibung der Araber ein Verbrechen genannt, das größer sei als die Gräueltaten der Nazis. Andere Nationen, die auf dem Schlachtfeld siegreich waren, diktieren Friedensbedingungen. Aber wenn Israel siegt, muss es um Frieden bitten. Jeder erwartet, dass die Juden die einzigen echten Christen in der Welt sind. Wenn andere Nationen geschlagen werden, überleben sie und erholen sich, aber sollte Israel besiegt werden, wird es vernichtet. Hätte Nasser triumphiert, er hätte Israel von der Landkarte gewischt, und keiner hätte einen Finger gerührt, um die Juden zu retten. Keine Verpflichtungserklärung, die gegenüber den Juden von irgendeiner Regierung - unsere eigene eingeschlossen - abgegeben wurde, ist das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht.

Es gibt einen Aufschrei der Entrüstung in der ganzen Welt, wenn Menschen in Vietnam sterben oder zwei Schwarze in Rhodesien hingerichtet werden. Aber als Hitler die Juden abschlachtete, hat niemand ihm gegenüber protestiert. Die Schweden, die bereit sind, wegen dem, was wir in Vietnam tun, die diplomatischen Beziehungen zu Amerika abzubrechen, haben keinen Pieps gesagt, als Hitler die Juden abschlachtete. Sie schickten Hitler bestes Eisenerz und Kugellager und hielten die Züge in Schuss, die seine Truppen nach Norwegen transportierten. Die Juden sind allein in der Welt. Wenn Israel überlebt, dann nur wegen jüdischer Anstrengungen. Und jüdischer Ressourcen.

Doch in diesem Augenblick ist Israel unser einzig verlässlicher und bedingungsloser Verbündeter. Wir Amerikaner können uns mehr auf Israel verlassen, als Israel sich auf uns verlassen kann. Und man muss sich nur ausmalen, was im letzten Sommer geschehen wäre, hätten die Araber und ihre russischen Unterstützer den Krieg gewonnen, damit man begreift, wie lebenswichtig Israels Überleben für Amerika und den Westen insgesamt ist. Ich habe eine Vorahnung, die nicht von mir weichen will; was Israel geschieht, wird uns allen geschehen. Sollte Israel untergehen, wird der Holocaust über uns kommen."

Den Text verfasste der amerikanische Philosoph Eric Hoffer im Jahr 1968. Er bezieht sich darin auf den Sechstagekrieg von 1967. Hannes Stein hat ihn ins Deutsche übersetzt, die "Welt" verdienstvoller Weise heute gedruckt.

Was zählt, sind Zahlen

Immer größer und immer mächtiger reckt der deutsche Neonazismus sein häßliches Haupt - vor allem in deutschen Staatsschutz-Statistiken und flächendeckend verbreiteten Meldungen über neue Höchststände bei rechtsextremen Straftaten. Zuletzt stiegen die Zahlen mal eben um fröhliche 30 Prozent in einem einzigen Jahr. Ein neuer Rekord, selbstverständlich, so trompeten "Tagesschau" und "Süddeutsche", "Spiegel" wie "Stern", als würden sie schon längst wieder von einem einzigen Reichsschriftleiter mit Tatsachen gefüttert.

14.400 Taten werden es am Jahresende sein, soviele wie nie zuvor, nimmt man mal die Jahre heraus, in denen es mehr waren. Wie aber gelang es den Rechtsextremisten, mit einem Schlag so viel schlagkräftiger zu werden? Nun, nachdem Bund und Länder im März eine neue Zählweise für die Erfassung von rechten Straftaten vereinbarten, konnte die Zahl verfügbarer Taten allein durch vermehrtes Zählen nachhaltig erhöht werden. Noch im Januar, der nach alter Zählweise erledigt wurde, lag die Zahl rechter Straftaten bei 932. Schon im neu gezählten Februar aber konnte mit 1121 Taten ein Durchbruch über die magische Tausendergrenze erreicht werden. Die wurde seitdem stabil gehalten.

Ein schöner Erfolg im "Kampf gegen rechts" (Spiegel), dessen Ursachen nur der Direktor des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein, Hans-Werner Rogge, in einer Ausgabe der "Welt" vom September 2008 noch einmal kurz und wahrscheinlich nur versehentlich erwähnte.

Bisher wurden Straftaten - beispielsweise sogenannte Propaganda-Delikte wie Hakenkreuzschmierereien oder von Schülern unbeholfen gemalte Hitler-Karikaturen - erst dann als politisch motivierte Taten erfasst, wenn auch der Hintergrund aufgeklärt werden konnte. Ein Hakenkreuz allein reichte nicht, es musste auch als Werbe-Hakenkreuz für rechte Ideen gemeint sein.

Nicht mehr in diesem jahr. Die Länder gingen nun dazu über, jede mutmaßliche rechte Propagandatat generell als rechts motiviert zu erfassen. Damit wird laut Rogge zum Beispiel jedes verwendete rechtsextreme Emblem sofort als politisch rechts motivierte Straftat gewertet, auch wenn etwa ein Tourist aus Nepal (oben im Bild) ein in seiner Heimat als religiös geltendes Symbol bei der Einreise nach Deutschland auf dem T-Shirt trägt.

"Die neue einheitliche Erfassung führt letztlich dazu, dass die Zahl der Straftaten, die als rechts motiviert in der Statistik erfasst werden, deutlich höher sein wird", prophezeite Rogge. Als Beispiel nannte der LKA-Chef die Gesamtzahl der rechten Straftaten im ersten Halbjahr 2008 in seinem Bundesland Schleswig-Holstein. Von Januar bis Juni stiegen die Straftaten auf insgesamt 380 Fälle, von 230 Fällen im Vorjahr.

"Das würde normalerweise für eine erdrutschartige Veränderung sprechen", beschrieb Rogge. Die aber gibt es nur in den von Imagination und ausgelassener Recherche lebenden Meldungen von "Tagesschau" und "Süddeutsche", "Spiegel" wie "Stern". "Ursache für die Steigerung ist eindeutig der Anstieg der erfassten Propagandadelikte um 150 Taten", erklärt Rogge den Anstieg in Schleswig-Holstein. 435 Artikel beschäftigen sich heute ausweislich Google News mit dem Thema Rechtsextreme Straftaten steuern auf Höchststand zu. Der Begriff "veränderte Zählweise" findet sich nicht in einem einzigen Beitrag.

Sonntag, 28. Dezember 2008

Rechter Zahlensalat auf den Medienteller

Immer mehr, immer schlimmer, immer brutaler, so fegt der Sturm rechter Gewalt seit dem Mauerfall durch das vereinte Deutschland. Aktivisten wie Uwe-Karsten Heye werden nicht müde zu warnen, Aktivistinnen wie Petra Pau lassen sich von der Bundesregierung monatlich die neuen Schreckenszahlen servieren. Ein-, zwei- oder dreimal im Jahr schreckt die Öffentlichkeit dann dennoch auf, wenn der jeweilige Innenminister den Verfassungsschutzbericht vorstellt, in dem sich neue Rekordzahlen für rechtsextreme Straftaten finden. Zwar weiß niemand, wie diese Zahlen zustande kommen, ob sie Anzeigen, Ermittlungsverfahren oder Anklagen meinen, ob bei mehreren Tätern eine Tat gezählt wird und ob Internetdelikte mit Tätern im Ausland einfließen. Doch die Aufregung ist groß und der Ruf nach "Demokratiegipfeln", Fördermitteln für "Projekte" und einem verstärkten "Kampf gegen rechts" folgt wie ein Echo.

Alle nachfolgenden Zahlen stammen aus den jeweiligen Verfassungsschutzberichten der betreffenden Jahre. Jahreszahl vorn, Zahl der rechtsextremen Straftaten hinten.

1993 10.561
1997 11.719
1998 11.049
1999 10.037
2000 15.951
2001 14.725
2002 12.933
2003 11.576
2004 12.553
2005 10.271
2006 12.240
2007 10.935
2008 (bis Oktober) 11928

Völlig logisch ergibt sich aus den Zahlen, die trotz einer veränderten Zählweise ab 2001, trotz verschärfter Sicherheitsgesetze ab 2002 und trotz einer höheren Sensibilität für die seltsamsten Arten von Propagandadelikten im Grunde genommen auf demselben Niveau verharren, in der Googlesuche ein Bild, das mehr über die Fähigkeit medialer Wirklichkeitserschaffung sagt als über den rechte Gefahr in Deutschland:
Google findet 131.000 zwar Fundstellen für "rechte Straftaten + weniger". Aber eben 481.000 für "rechte Straftaten + mehr". 107.000 für "rechte Straftaten + gestiegen" Und nur ungefähr 45.100 für "rechte Straftaten + gesunken".

Gestorben wird später

Mittlerweile sind fast alle tot, die seinerzeit dazugehörten: Klaus Jenni Jentzsch, der Chef. Peter Cäsar Gläser, der Balladenschmied mit der Brille. Pjotr Kschentz, der gitarrisierende Allesspieler, der für die Band einen Job als Bettfedernausfahrer sausen ließ. Und Geruld Pannach, der handfeste Poet. Kuno Kunert lebt, hört aber nicht mehr genug, um Rock´n´Roll zu spielen.

Doch der Rest vom Schützenfest, das in dem Land, das DDR hieß, die Klaus-Renft-Combo war, fährt einfach weiter über Land und spielt, spielt, spielt. Die Lieder sind die alten, die Typen auf der Bühne bemooste, bartstoppelüberwucherte Bierruinen, die Gesänge halb schief, halb laut. Thoma schoppe, der Letzte der Rock-Ritter aus der Arbeiterrepublik, ist eine verwitterte Legende, die mit wackliger Würde weitermacht, umgeben von Gestalten wie aus dem Bilderbuch des Anti-Pop. Renft ist längst das Gegenteil von Ostrock, die Gegenthese zu Startum und Perfektion und der Beweis dafür, dass es immer weitergeht, selbst wenn keiner mehr da ist, der weeitermachen kann. Gesungen wird heute, gestorben wird später.

Altautos für Afrika

Es gibt ihn noch, den deutschen Außenminister und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier. Beobachter hatten zuletzt gemutmaßt, die scheue Schneeeule der SPD habe aus Angst vor der kommenden Kanzlerschaft nach dem SPD-Wahlsieg im kommenden Jahr Selbstmord begangen. Stattdessen hat Steinmeier aber lieber konkrete Pläne geschmiedet, mit denen er die Finanz- und Wirtschaftskrise demnächst beenden wird.

Dazu müsste das Kabinett, dessen Initiative für eine Kfz-Steuer-Aussetzung zu einem Einbruch bei den Autoverkaufszahlen geführt hat (siehe Grafik oben) staatliche Hilfen zugunsten der deutschen Autoindustrie beschließen. Diese sei „das Rückgrat unserer Volkswirtschaft“, meint Steinmeier, weswegen auch mit "staatlichen Mitteln Anreize zum Autokauf" geschaffen werden sollten. Der Vizekanzler denkt aber offenbar nicht daran, jedem Deutschen das Auto seiner Wahl zu schenken. Vielmehr soll eine „Abwrack- oder besser Umweltprämie" dafür sorgen, dass mehr deutsche Gebrauchtwagen künftig auf dem Balkan, in der Türkei oder Nordafrika herumfahren, während ihre deutsche Ex-Besitzer für ihre umweltfreundlichen neuen Wagen eine Steuer "gestaffelt nach CO2-Ausstoß“ zahlen.

Das ist genau überlegt und äußerst umweltfreundlich. Je mehr Deutsche ihre Altautos staatlich gefördert abgeben, desto niedriger sind die Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Und desto mehr Menschen in den Entwicklungsländern können sich einen Golf 2, einen Opel Astra oder den Mazda 323 leisten. Die Umwelt profitiert dadurch nicht direkt und unmittelbar, aber dann doch später, wenn die angejahrten Stinker (Bildzeitung) dann auch im Senegal und in Albanien aussortiert und ersetzt werden.

Steinmeier verlangte darüber hinaus „eine schlüssige strategische Antwort“ auf die Finanz- und Wirtschaftskrise, ohne dabei schon zu verraten, von wem er diese Antwort verlangt. Der Außenminister ließ stattdessen tief in seine Seele schauen, die die eines Poeten ist: „Wer heute das Blatt ‚Zukunft‘ beschreiben will", nebelte er wolkig, "muss die vier Ecken mit Arbeit, Umwelt, Bildung und Innovation ausfüllen."

Samstag, 27. Dezember 2008

Moon over Gaza

Das folgende Statement ist irgendwo zwischen dämlich und gemeingefährlich anzusiedeln, ausnahmsweise kann die Platschquatschagentur dpa aber nichts dafür: "Nach den (heutigen) Luftangriffen auf den Gazastreifen hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon der israelischen Regierung einen unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt vorgeworfen, der zu Toten und Verletzten in der (palästinensischen) Zivilbevölkerung geführt habe." Moon, von dem ähnliche offiziös-markige Worte im Zusammenhang mit den vorhergehenden Kassam-Angriffen der Hamas auf israelische Zivilisten nicht überliefert sind, ließ immerhin offen, ob er eben jenen Raketen-Terror im Umkehrschluss für verhältnismäßig hält.

Wer keine Hintertür hat, baut sich schnell noch eine

Die Sturmgeschütze der Demokratie, sie werden gerade herumgedreht. Eben noch war der mit einem Lebkuchenmesser tödlich verwundete Alois Mannichl das jüngste und schrecklichste Opfer einer seit Kriegsende um sich greifenden neuen gewalttätigen Rechten. Und kaum sind die Feiertage überstanden, rudern die Sonderkommandos in den Großraumbüros der Leitmedien zurück. Die Süddeutsche Zeitung erfand einen namenlosen Zweifler aus der Sonderkommission wie einst der Spiegel den BKA-Beamten, der die Erschießung von Wolfgang Grams in Bad Kleinen mit Tränen in den Augen schilderte. Die Augsburger Allgemeinen formulierte verspätet Fragen, die seit 14 tagen nahe gelegen hätten. Der "Spiegel" selbst schließlich, vom ersten Moment der Affäre unter denen, die ganz vorn und ganz laut "Nazi-Alarm!" riefen, zimmert an einer Hintertür, durch die die die beamteten Aufdecker aus Hamburg im Fall aller Fälle vor dem Spott entkommen wollen, der allen droht, die den Fall Mannichl schon am Tattag geklärt geschrieben hatten.

Auf der Achse des Guten, auf der die Ex-DDR-Bürgerechtlerin Vera Lengsfeld zwei Wochen lang einsam gegen das Orchester aus NPD-Verbietern udn Augenzuhaltern anschrieb, formuliert Wolfgang Röhl jetzt lesenswerte Anmerkungen zur "Zitterpartie". Röhls "Stern"-Redaktion hat bei der natürlich Logenplätze, 1. Rang, so fleißig hat sie denselben Unsinn wie alle geschrieben.

Fünfzig Mann auf des toten Mannes Kiste

Nach 14 Tagen Fahndung, fünf wunderhübschen Comicbildern und vier medial durchschlagend wirksamen Verhaftungen steht die polizeiliche Sonderkommission "Lebkuchenmesser", die den "Neonazi-Anschlag" (Focus) auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl aufklären soll, vor der erfolgreichen Auflösung. Das investigative Magazin Focus erfuhr
am zweiten Weihnachtsfeiertag exklusiv, was die Augsburger Allgemeine zu Heiligabend gemeldet hatte: Eine neue Ermittlungsgruppe des Bayerischen Landeskriminalamt soll den Fall, der eine neue Dimension rechtsradikaler Gewalt bedeutet hat, seitdem aber immer rätselhafte wird, noch einmal bei „Null“ beginnen. Diesmal solle "wirklich alle Richtungen" ermittelt werden, auch nicht-tätowierte Nazi und tätowierte Nicht-Nazis dürfen nicht mehr sicher sein, befragt zu werden.

Zuletzt hatten die derzeitigen Ermittler mit abgepausten Zeichnungen von Kandifdaten bei "DSDS" nach vier Männern und einer Frau gesucht, die sich wie weitere rund 7800 Menschn am Tattag in Mannichls Heimatort Fürstenzell aufgehalten haben sollen. Für Hinweise, um wen es sich dabei gehandelt haben könnte, ist inzwischen eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt worden.

Exakt dieselbe Summe war seinerzeit für Hinweise auf die vier Neo-Nazis in "NSDAP-Jacken ausgesetzt gewesen, die eienm jungen Mädchen im sächsischen Mittweida ein Hakenkreuz in die Hüfte geritzt hatten. Die junge Frau war anschließend mit einem Preis für Courage im Kampf gegen rechts ausgezeichnet und später verurteilt worden, weil sie die Nazis erfunden und das Hakenkreuz selbst angefertigt hatte. Glücklicher für alle Seiten hätte die Sache nicht ausgehen können: Die mutige Rebecca durfte ihren Preis auch nach dem Urteil behalten, weil sie mit ihrer Selbstverstümmelung auf die Nazi-feste Mittweida hatte aufmerksam machen wollen. Undweil es sich bei ihrer Tat um das auch unter diesen Umständen strafrechtlich relevante Zeigen verfassungsfeindlicher Kennzeichen handelt, konnte die Tat auch völlig zurecht feste Stütze der beständig mit steigenden Zahlen aufwartenden Statistik rechtsradikaler Straftaten in Sachsen bleiben.

Rechte Straftaten: Weniger ist mehr

Weit zuverlässiger als noch der vollgedopteste Hundertmetersprinter schaffen Deutschlands gesichtstätowierte Rechtsradikale beständig neue Rekorde. Eben erst wieder ruft das vonn Wolfgang "Stasi 2.0" Schäuble zum Besten aller Deutschen geführte Innenministerium den alljährlichen "neuen Höchststand" (BMdI) bei der "Zahl rechtsextremistischer Straftaten" aus. Im Jahr 2008 habe das Innenministerium "bereits bis Ende Oktober 11.928 Delikte mit rechtsextremem Hintergrund" registriert - etwa 1.200 pro Monat. Nach Zählung der mathematisch beschlagenen Analyseabteilung immerhin "ein Anstieg um fast 30 Prozent". Auch die Zahl der Gewalttaten, Ehrensache, sei "um 15 Prozent auf 639" gestiegen.

Das ist erstaunlich, hatte es doch schon bis Juni
mehr als 100 Gewalttaten pro Monat gegeben. Seitdem also keine mehr? Werden Deutschland Nazis friedlich? Ist das die neueste Dimension rechtsradikaler Gewalt?

Die endgültige Auswertung der Daten für das Gesamtjahr, die von den Landeskriminalämtern gemeldet werden, steht noch aus. Wichtig wäre es aus unserer Sicht aber, auch bei der endgültigen Verkündigung neuer Rekorde auf eine Erklärung des Begriffs "rechte Straftat" völlig zu verzichten. Bislang konnte immer vermieden werden, deutlich zu machen, ob es sich dabei um erfolgte Anzeigen, eröffnete Ermittlungsverfahren oder verurteilte Täter handelt, ob später anderweitig geklärte Fälle wie der verabscheuungswürdige "Hakenkreuz-Übergriff" von Mittweida dauerhaft in der Statistik bleiben oder nach Verurteilung des Opfers als Täterin aus der Statistik entfernt werden.

Auch sollte keinesfalls jemand ins Archiv geschickt werden, und nach den Rekordzahlen aus der jüngsten Vergangenheit zu suchen: Dort fände man unter Umständen irritierende Angaben von Uwe-Karten Heye, dem Erfinder der sagenumwobenen "No-Go-Areas" ins Ostdeutschland, der schon vor zwei Jahren 18.000 rechte Straftaten zu zählen geschafft hatte. Und die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion für 2007, in der von "mehr als 17.500 rechten Straftaten" für das Jahr 2007 die Rede ist.

17.500? Das schaffen selbst die Nazis nicht mehr. Erst recht wird der Wert von 2001, als das Innenministerium das sensible Nachrichtenmagazin Der Spiegel beinahe 20.000 rechte Straftaten melden lassen konnte, wohl wieder deutlich verfehlt. Sind die Monate seit Oktober etwa im Durchschnitt geblieben, fiele 2008 um fast 20 Prozent mehr als deutlich ab. Aber weniger ist mehr. Jetzt melden dpa erstmal "deutlich mehr rechte Straftaten". Später werden rund 14.400 Naziübergriffe dann schon einen neuen Rekord darstellen müssen. Aber klappen wird es. Zum Glück wird ja niemand bei den großen Enthüllungsmedien nachzählen, wie das die Berliner Butze dankenswerterweise tut.

Freitag, 26. Dezember 2008

Kopfschütteln in der Glatzenjagd-Kommission

Nur zwei Wochen nach dem Aufgalopp zur großen Jagd auf die Nazi-Täter, die beim Lebkuchenmesser-Attentat auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl mit Aufmaltattoo und Glatzenperücke getarnt eine "neue Dimension rechtsradikaler Gewalt" in die deutsche Vorweihnachtszeit gebracht hatten, liegen der renommierten Enthüllungspostille "Süddeutschen Zeitung" nach Angaben von Telepolis neue geheime Informationen vor. Danach wundere "man sich mittlerweile innerhalb der Kriminalpolizei, warum man sich im Fall Mannichl von Anfang an nur auf eine Tätergruppierung konzentriert" habe.

Danach sind nicht nur uns hier bei PPQ, sondern auch "weder bayerischen noch der österreichischen Polizei Rechtsextreme mit Tätowierungen bekannt, wie sie auf den von Polizeispezialisten nach Mannichls Angaben gemalten Phantombildern zu sehen sind. Die Süddeutsche, die wie alle anderen deutschen Staatszeitungen zwei Wochen lang versucht hat, die offenkundigen logischen Lücken in der offiziellen Tatgeschichte durch verstärkte Politikerwortmeldungen zur rechtsradikalen Gefahr insgesamt und einem NPD-Verbot im besonderen zu füllen, erfindet jetzt den bewährten "ungenannten Gewährsmann aus der Kripo", um sich noch vor einem eventuellen Wendung von der Medienmeute abzusetzen: Der Kripomann "glaube deshalb, dass es sich beim Täter möglicherweise nicht um eine Person aus diesen Kreisen handelt."

In den Mund von Herrn Namenlos gelegt, wagt Bayerns große Überregionale gar ketzerische Sätze zu zitieren: Die "frühe Festlegung der Politik auf einen rechtsextremen Täter" habe "die Aufklärung erschwert". Noch ein Stück "geschmackloser" (Leserkommentar zum "Glatze war eine Perücke") PPQ-Text mutet der wohl von weihnachtlicher Langeweile befeuerte Versuch an, jetzt mit so ungewöhnlichen Methoden wie Recherche und gesundem Menschenverstand an die Überprüfung der bizarren Polizeimeldungen zum Fall zu gehen.

Nachfragen in der "Tätowierszene" hätten ergeben, dass Kenner mit dem "sowohl von der Platzierung als auch von der Form her mysteriösen Pfeilkreuz", das gar lustig aus den Phantomzeichnungen leuchtete "nichts anfangen können". Das Symbol ähnele einem Muster auf Winnetous Wildlederdress.

Nach zweiwöchigem Nachdenken und 28 Redaktionssitzungen fragt sich die vielköpfige Redaktion jetzt auch wächterpreiswürdige Fragen, wie "wie aus einer zu Anfang der Ermittlungen als Muttermal beschriebenen Auffälligkeit ein derart komplexes Gebilde" geworden sein könne. Ebenso einer Erklärung harrt plötzlich auch aus Sicht der verbeamteten Vierten Gewalt "das Rätsel, warum der Täter zwar vielleicht deshalb keine Fingerabdrücke hinterließ, weil er bei verhältnismäßig mildem Wetter einen Handschuh trug, sich aber nicht die Mühe machte, eine extrem auffällige Tätowierung durch Schminke oder eine Kopfbedeckung zu verbergen."


Während Google die weiteren Ermittlungen auf Wunsch der deutschen Behörden behindert, weil der Suchmaschinenriese Bilder, auf denen der mutmaßliche Schlangenmann (Bilder oben) zu sehen ist, in Deutschland nicht anzeigen darf (siehe unten), fragen wir mal noch, warum der Mörder seine neu dimensionierte Gewalttat eigentlich im Kreise zahlreicher Komplizen plante, aber kein eigenes Messer mitbrachte. Und warum das Opfer die von ihm bestellten "Grüße vom Nationalen Widerstand" wörtlich rekapitulieren konnte. Aber nicht zu sagen weiß, ob er von einem Mann oder doch eher von zweien angegriffen wurde.

Dann tanzt mal schön Zatziki!

Greller die Glocken nie klingen als beim Weihnachtssingen des halleschen Klubs Objekt 5, das alljährlich in der stillen Zeit die Illusion nährt, Halle, die marode Großgemeinde im Süden des westlichsten aller östlichen Bundesländer, könne nicht nur von sich behaupten, eine Kulturstadt zu sein. Sondern auch den Beweis dafür antreten. So viel Talent unterm Volk am Saalestrand. Länger als ein Jahrzehnt schon schlüpfen zum Jahresende ganz gewöhnliche Hallenser in die Haut ganz gewöhnlicher Superstars, um in einer Art Karaokeshow all die großen Namen in die kleine Stadt zu holen, die sich hier dank der unermüdlichen Bemühungen der Politik zum dauerhaften Kulturabbau schon seit langer Zeit nicht mehr selbst sehen lassen.

Nicht weiter schlimm, denn Ronan Keating, die Beatles, Amy Winehouse, David Bowie und allerlei anderes Volk aus dem Traumland Pop könnten selbst nicht viel selbstähnlicher sein als ihre ehrenamtlichen Vertreter. Die agieren anno 2008 unter einem nebelverhangenen Londoner Himmel, flankiert von Union Jack und Königin Elisabeth, singen aber deshalb nicht gleich nur Englisches oder gar nur in Englisch. Kurt Cobain entbietet aus dem Grab Grüße aus den befreiten Kolonien, Cora singt von Amsterdam, Udo Jürgens kredenzt "Griechischen Wein". Hört sich alles verblüffend echt an, nur gelegentlich ist den Akteuren anzumerken, dass sie ihr Geld nicht damit verdienen, Jimmy Sommerville oder die Beatles zu sein.

Kurzweile ohne Eile, unterhaltsam moderiert von einem wiederauferstandenen Händel in wadenfreien Beinkleidern. Es geht irgendwie manchmal um die Finanzkrise, irgendwie immer um Eric Clapton, Oasis, Blur, die Kinks und die Stones müssen draußen bleiben, dafür dürfen Alt-Internationale wie Heart mit epochalen Stücken wie "Barracuda" andeuten, dass es eine Zeit gegeben haben muss, in der Musik die Hitparaden dominierte und nicht Casting-Quatsch aus der Fast-Pop-Fabrik. Im Abspann läuft dann Led Zeppelin, der Saal stinkt, als hätte es nie einen Politiker gegeben, der das Wort "Rauchverbot" als Chance auf seine Wiederwahl begriffen hat. Es geht noch lange keiner nach Hause.

King of Marketing

Erst ist der Film da, dann wieder weg ... Dann eben als stinknormaler Link: der King of Marketing.

Donnerstag, 25. Dezember 2008

Stochern im Nebel

Die andere Platschquatschagentur, nämlich ddp, vermeldet verblüffende Hinweise in der Causa Mannichl: "Im Fall des Attentats auf den Passauer Polizeichef haben sich neue Zeugen bei den Ermittlern gemeldet. Sie reagierten auf die zwei am Dienstag veröffentlichten Phantombilder. Über die Qualität der neuen Hinweise wollte er sich noch nicht äußern: «Wir müssen das erst überprüfen.»"

PPQ fasst kurz zusammen:
1.) Es gibt Menschen, die irgend welche anderen Menschen gesehen haben.
2.) Eine 50-köpfige Sonderkommission fahndet nach vier Männern und einer Frau, von denen wiederum keiner weiß, ob sie tatverdächtig sind oder einfach nur irgendwo anwesend waren. Immerhin: Die Gesuchten hielten sich wie viele andere hunderte Menschen am selben Tag in Fürstenzell auf wie Mannichl.
3.) Die Phantombilder zeigen unter anderem eine Frau mit einem Piercing über dem rechten Auge sowie einen Mann mit einer «Hahnenkamm-Frisur» - was nach Meinung der Polizei streng auf NPD-Mitgliedschaft oder ähnliches hindeutet, bisher aber eher als das Gegenteil bekannt war.
4.) Eine mafiöse Struktur rechtsextremer Dunkelmänner ist so clever, alle Spuren zu verwischen und sogar das Tatwerkzeug zufällig am Tatort zu platzieren.

Wenn man das Ganze ernst nimmt, kommt jetzt noch ein neuer Hinweis:

Neun Prozent Rendite sind genug

Das Goldene Kalb, eben noch ein guter Kumpel von evangelischer Landeskirche Oldenburg und Katholischer Kirche in Rom, muss in der stillen Zeit harsche Kritik einstecken. Wolfgang Huber, begeisterter Missionar und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche, hat seine Schäfchen wegen der weltweiten Finanzkrise zu einer Rückbesinnung auf nicht-materielle Werte aufgerufen. Der Boom in den Finanzmärkten sei ein «Tanz um das goldene Kalb» gewesen. Jetzt sei Zeit, "Geld nicht länger zu vergötzen", sondern sich wieder dem einzig wahren Aberglauben zuzuwenden, den die christlichen Kirchen predigten.

Eine «nachhaltige Wertsicherung", etwa durch Geldanlage in Gold, wie sie der Vatikan vor Ausbruch der Krise vornahm, müsse Vorrang haben vor dem kurzfristigen Gewinn, wie ihn die Landeskirche in Oldenburg durch Investitionen in Lehman-Zertifikate angestrebt hatte. Nicht richtig sei auch die "Bezahlung von Bankern", verkündete der Bischof. Er schlug vor, Jahresendprämien von Bankmitarbeitern zur "Stabilisierung der Finanzsysteme" zu nutzen. Manager müssten einfach mehr Bescheidenheit an den Tag legen, wie er sie beispielsweise vorlebe. Huber, der als eine Art erwarte, «dass niemals wieder ein Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank ein Renditeziel von 25 Prozent vorgibt.» Dadurch würden Erwartungen geweckt, die immer größer würden und nicht erfüllt werden könnten.

Die evangelische Kirche bescheide sich traditionell mit einer Rendite von acht bis neun Prozent der Lohnsteuersumme ihrer Mitglieder. Auch so könne über längere Zeiträume ein erkleckliches Sümmchen zusammensparen: So verfügen die beiden großen, an Geld und irdischem Gut kein bisschen interessierten Kirchen in Deutschland über ein Gesamtvermögen von rund 500 Milliarden Euro - genug, um ein Drittel der in 60 Jahren angesammelten Staatsschulden Deutschlands mit einem Schlag abzuzahlen.

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Herzzerreißendes aus Israel


Auch von mir: Frohe Weihnachten!

Jesus in Zeitlupe

...und Fröhliche Weihnachten noch!

Skinheads mit Haaren

Wie von PPQ bereits vermutet, war die Glatze des mutmaßlichen Attentäters im Fall Mannichl nur eine Perücke, das Schlangentattoo nur aufgemalt. Ebenso sind die Phantombilder der Polizei eigentlich nie welche gewesen

Dafür wird das "im Fall des Passauer Polizeichefs Mannichl verdächtigte Paar" (Stern), im meisterhaft demagogischen dpa-Duktus nicht etwa auf freien Fuß gesetzt, weil ihm "keine tatbeteilgung nachzuweisen war", wie es bei der Polizei heißt. Nein, die Frau und der Mann sind laut dpa immer noch ein "verdächtiges Paar", nun allerdings nicht mehr in Haft, weil "eine Tatbeteiligung nicht ausreichend nachgewiesen werden konnte."

Doch fünfzig Fahnder "ohne weitere konkrete Verdachtshinweise" (Polizei) geben so schenll nicht auf. Nun sucht die Polizei fünf andere Personen, darunter zwei mit Phantombildern – eine junge Frau und einen Mann mit „Hahnenkamm“. Beide sollen zu einer Gruppe "von vier Männern und einer Frau" gehören, die sich am dem Tattag "in Fürstenzell am Friedhof und in der Passauer Straße aufgehalten" hat. Vermutlich ist aber auch diese Gruppe nur Teil eine rgrößeren Gruppe, die sich dort aufgehalten hat: Die Passauer Straße ist zwischen Buchenweg und Irsham rund zwei Kilometer lang, schwer vorstellbar, dass ausgerechnet am 13. Dezember nur ganze fünf Personen dort unterwegs gewesen sein sollen.

Im Unterschied zu den Märchenmalereien von Schlangen- und Kreuznazi sind die Zeichnungen von der Frau verblüffend realistisch. Die "20- bis 25-Jägrige" soll schwarze, schulterlange Haare tragen, wenn sie nicht gerade ihre Glatzenperücke aufhat udn 1,90 groß ist. Am rechten Auge habe sie ein Piercing in Kegelform, bei dem es sich aber auch um einen Leberfleck handeln kann. Der mit Phantombild gesuchte Mann im Alter von etwa 20 Jahren soll am rechten Ohr viele Ohrringe tragen, vielleicht ein Zimmermannsgeselle auf Wanderschaft oder ein Nazi mit Tarnkappe. Die Polizei lässt derzeit noch offen, "ob die Gesuchten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tat standen". Oder einfach nur gesucht werden, weil 50 Fahnder beschäftigt sein wollen.

Parallel zu dem neuen Piercing- und Ohrring-Pärchen, das sich im Vertrauen auf den Rechtsstaat sicher bald selbst melden wird, startete die Staatsanwaltschaft weiteren Zeugenaufruf. Gesucht wird ein Mann oder eine Frau, die "am Steuer eines Pkw, der am Tattag gegen 17 Uhr die Passauer Straße in Fürstenzell in Richtung Marktplatz befahren hat". Auf dieser Straße kommt man zur Budnesstraße und nach Passau, weshalb hier "gegen 17 Uhr" etliche Fahrzeuge unterwegs gewesen sein könnten. Doch die Polizei macht es ganz konkret: Der Wagen sei einem anderen Auto hinterhergefahren, "dessen Fahrer wegen Fußgängern bremsen musste und zunächst nicht weiter fuhr." Daraufhin soll der Fahrer oder die Fahrerin des nachfolgenden Autos gehupt haben. „Der Huper wird dringend als Zeuge gesucht“, hieß es bei den Ermittlern, die noch nicht verraten wollten, ob es sich bei dem mann oder der Frau um einen direkt Tatbeteiligten handelt.

Die aus Mecklenburg berichtende Agentur MVregio torpediert die Anstrengungen der Ermittler derweil mit rätselhaften Andeutungen auf "erste Anzeichen, dass die die Täter aus dem Umfeld von Mannichl stammen könnten". Das habe der leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walch gesagt. Zum Glück steigt die deutsche Weltpresse auf diese verleumderischen Äußerungen, die die regierungsamtlich ausgerufene "neue Dimension rechtsradikaler Gewalt" fahrlässig relativieren, nicht ein.

Dienstag, 23. Dezember 2008

Eine Glatze als Perücke

Der einzige deutsche Nazi mit Schlangentattoo im Gesicht, aber ohne erkennungsdienstliche Erfassung ist immer noch auf der Flucht, seine beiden mutmaßlichen Helfer sind nun auch wieder frei. Eineinhalb Wochen nach dem Attentat auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl wurde unter dem Verdacht der Beihilfe zum versuchten Mord festgenommene Nazi-Ehepaar aus der Haft entlassen.

Der Tatverdacht habe nicht aufrechterhalten werden können, hieß es am Morgen nach der ersten großen Lichterkette gegen den feigen Mordversuch. Der erst vor einer Woche erwirkte Haftbefehl gegen das Paar sei aufgehoben worden. Derzeit gebe es keine konkreten Hinweise auf weitere Verdächtige, beschrieben Ermittler zutreffend, was von den bisher veröffentlichten "Phantombildern" der Täter zu halten ist.

Die 22 Jahre alte Frau und der 33 Jahre alte Mann waren die bislang einzigen Verdächtigen in dem Fall, ganz unbeeindruckt davon, dass sie zur Tatzeit im 15 Kilometer entfernten Passau unterwegs waren, hatte die Kriminalpolizei gehofft, durch die Inhaftierung des Ehepaars Druck auf die Neonazi-Szene machen und den oder die flüchtigen Täter fassen zu können.

Wie es nun weitergehen soll, ist ebenso unklar wie die Tatumstände, die es dem Opfer erlaubten, zu sehen, dass der Täter hinten am Kopf eine Schlangentätowierung hat, die den Mörder veranlassten, seine Tat sorgfältig zu planen, zur Ausführung aber auf ein zufällig gefundenes Lebkuchenmesser des Opfers zurückzugreifen.

Derzeit gibt es offenbar keine Möglichkeit, die in der Szene arbeitenden V-Leute, die ein NPD-Verbot seit Jahren erfolgreich verhindern, dazu zu bekommen, den Namen des sicherlich nicht sehr unauffälligen Schlangenmenschen zu nennen.

Vorsichtshalber hat die Bild aber schon ein Hintertürchen gebaut: Vielleicht war die Schlange nur aufgemalt, aus Tarnungsgründen, hieß es da. Und die Glatze war natürlich eine Perücke, fügen wir hinzu.

Drama in Dur

Stille Zeit, Zeit für leise Musik, wie sie Loney, Dear aus Schweden spielen. Emil Svanängen, der fast schon die ganze Band ist, singt hingetupfte Hymnen, wie sie zarter derzeit kein anderer macht. Kommendes Jahr gibt es ein neues Album, hier noch mal ein altes Lied.

Montag, 22. Dezember 2008

Kinderarbeit soll besser bezahlt werden

Ein dicker Fisch, den die revolutionäre Kampfschrift Junge Welt da ausgegraben hat. Nach einer Umfrage, die das stets verläßliche Prognoseinstitut dimap angefertigt hat, unterstützen vier von fünf Wahlberechtigten in Deutschland die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn zur Bekämpfung der grassierenden Kinderarmut. Im Auftrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) htte das für seine treffsicheren Wahlvorhersagen bekannte Institut1000 erwachsene Bundesbürger befragt. Dabei sprachen sich 81 Prozent für eine Lohnuntergrenze aus, lediglich 17 Prozent votierten dagegen, zwei Prozent machten keine Angaben, vermutlich, weil sie sich mit dem Gedanken, dass Kinder demnächst wieder kräftig mitanpacken müssen, um ihre Familien zu ernähren, noch nicht richtig anfreunden können.

Urlaub für Uiguren

Wie einst Stasi-Minister Erich Mielke die in der Bundesrepublik steckbrieflich gesuchten RAF-Mitglieder liebevoll bei sich aufnahm, will Außenminister Steinmeier (SPD) jetzt Häftlinge des amerikanischen Gefangenenlagers Guantánamo in Deutschland beherbergen. Steinmeier, jahrelang der Ansicht, er müsse sich nicht um einen deutschen Guantanamogefangenen namens Murat Kurnaz kümmern, ist neuerdings der Auffassung, der Plan des künftigen amerikanischen Präsidenten Obama, das Lager zu schließen, dürfe nicht am Problem der Aufnahme der Häftlinge in Drittstaaten scheitern. Deutschland sei bereit, Häftlinge ohne "einschränkende Festlegungen auf deren Religion und Herkunft" aufzunehmen.

Damit gemeint sein dürften 20 muslimische Uiguren, die einst aus China nach Pakistan und Afghanistan geflohen waren und nun in Guantánamo gefangen gehalten werden. China möchte die als Terroristen gesuchten Männern gern vor Gericht stellen - das aber wird Steinmeier wie einst Mielke zu verhindern wissen. Proteste anderer Regierungen dürften nicht die Auflösung des Lagers verhindern, meint der kommende SPD-Kanzler, der nun Gespräche mit den Innenministern der Ländern führen. will, um einen sicheren Unterschlupf für die Chinesen zu finden.

Das Forsthaus im brandenburgischen Briesen, direkt an der Spree, in dem Mielkes Männer einst Christian Klar und Henning Beer das Schießen mit der Panzerfaust beibrachten und später eine ganze müdegewordene Generation antiimperialistischen Widerstandes zu guten DDR-Bürgen umerzog, stände als erster Anlaufpunkt bereit: Das "Forsthaus an der Spree" bietet heute Ferienlager und Fitnesskurse an. Vier Uiguren kommen hier schon für 18 Euro die Nacht unter.

Bomben für ein Leben ohne Bomben

Ungewohnt vorsichtig und ohne den üblichen Schaum vorm Mund formulierte die dpa gestern folgenden Sachverhalt: "Nach Ende einer sechsmonatigen Waffenruhe haben militante Palästinenser im Gazastreifen ihre Raketenangriffe auf Israel verstärkt. Kämpfer der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad feuerten allein am Sonntag 14 Kassam-Raketen auf israelische Grenzorte ab." Die Angriffe wurden also verstärkt, was im Umkehrschluss heißt, dass der Waffenstillstand im herkömmlichen Sinne - die Waffen stehen still - gar keiner war. Die Dschihadisten haben sich offenbar endgültig daraug geeinigt, nur zwei Dinge richtig zu tun: Mit Raketen-Attacken ihre Lage zu verschlimmern - und über ihre schlimme Lage zu jammern. Oder wie es ein Hamas-Sprecher unmittelbar nach den Angriffen unnachahmlich formulierte: "Der palästinensische Widerstand hat das Recht, jedes Mittel einzusetzen, um sein Volk vor der israelischen Aggression zu schützen, einschließlich Märtyrer-Operationen." Die israelische Aggression sah übrigens so aus: "Der amtierende israelische Ministerpräsident Ehud Olmert reagierte ausweichend auf Forderungen mehrerer Minister, umgehend mit einer Militäroffensive auf die palästinensischen Angriffe zu antworten." Puh, das ist finster. Genau so finster wie die Schläge israelischer Kampfjets und Kampfhubschrauber gegen die Raketenstellungen der Kämpfer gegen das Embargo des Gaza-Streifens - das nur aufrechterhalten wird, weil das Geld für die Versorgung der Bevölkerung fehlt, die seit Freitag abgeschossenen 35 Raketen und 25 Mörsergranaten aber gerade noch ins Budget passten. Übrigens: Welche Hilfsgüter das Schiff "Dignity" der US-Menschenrechtsgruppe "Free Gaza" an Bord hatte, als es am Samstag die israelische Seeblockade durchbrach, wurde nicht gesagt.

Hipper Ritt auf Supermundi

Gnadenlose, kalte Geschäftemacherei mit der weinenden Supermundharmonika des Lausitzer Hartz-4-Musikanten Michael Hirte. Beim Konzertdebüts des von RTL zum späten "Supertalent" ausgerufenen Mundi-Spielers wollte auch eine Wohltätigkeitsorganisation ein bisschen Wärme aus den Fernsehtränen haschen und "auf das Schicksal von Obdachlosen aufmerksam" machen. Der finstere Manager des 44-jährigen Castingshow-Gewinners, so berichtet dpa wie immer sinnfrei, habe für die gute Sache "wenig Verständnis" gezeigt. Statt mitzudemonstrieren, rief er die Polizei, ein eigens zum Zwecke gemeinschaftlichen Tränendrüsendrückens herbeigeeiltes Fernsehteam jagte er mit dem Ruf "Verschwindet" und einem Schlag nach der Kamera fort.

Die in Köln ansässige Organisation "Tribute Team", die nach eigenen Angaben "im Andenken an Prinzessin Diana bundesweit tätig" ist, hatte Obdachlosen nach Angaben ihres Sprechers Brian Kemmenor einen kostenlosen Besuch des Konzerts ermöglichen wollen. Statt der Bedauernswerten bezahlen wollte die bettelzirkusähnliche Wohltätigkeitstruppe allerdings auch nicht. Empörenderweise wurde eine direkt vor der Konzerthalle vorgebrachte Bitte um Freikarten dann auch noch "mit dem Hinweis abgelehnt, das Konzert sei bereits ausverkauft."

Kemmenor ist ganz aufgebracht darüber. "Es gab aber noch Karten, wir haben am gleichen Tag problemlos zwei Stück im Internet gekauft". So kam es zum Allerschlimmsten: "Leute, die sich keine Karten leisten können, mussten draußenbleiben." Als wäre das nicht schon schrecklich genug, hat Hirtes herzloses Management den selbsternannten Wohltätern auch noch Klagen angedroht, weil sie das offizielle Pressefoto des frischberühmten Musikers für einen "Infoflyer zum Weihnachtsessen" (dpa) verwendet hätten.

Je nachdem, wie die Meldung läuft, wird Hirte zu diesem Weihnachtsessen aber schon persönlich auftauchen und Freikarten für den nächsten hippen Ritt auf der Mundi verteilen. Und spätestens nächstes Weihnachten treffen sich alle wieder unter der Brücke, dann auch nochmal kurz mit dem Kamerateam von "Brisant" oder "Frivol" oder "Pervers", jedenfalls Nachmittagsschiene im Öffentlich-rechtlichen: "Michael Hirte - was vom Ruhme übrig blieb".

Wer hat es gesagt?

Der vollkommenste Affe kann keinen Affen zeichnen, auch das kann nur der Mensch, aber auch nur der Mensch hält dies zu können für einen Vorzug.

Eine Schlinge für den Schlangenmenschen

Es kann sich nur noch um Stunden handeln, dann wird die Polizei die kreuzgefährliche Nazi-Untergrund-RAF ausgehoben haben, die den Passauer Polizeichef Mannichl mit dessen eigenem Lebkuchenmesser krankenhausreif gestochen hat. Immer konkreter werden die Hinweise auf den oder die Täter, zwei bekannte Neo-Nazis konnten wegen des Abspielens zu lauter Musik sogar schon festgenommen werden.

Die Schlinge um den Schlangenmann, sie zieht sich unaufhaltsam zu: Ganz konkret hatte das Opfer beschrieben, dass der oder die Täter oder einer seiner oder ihrer Gehilfen hinter dem linken Ohr ein vom Hals bis zur Schläfe reichendes Tattoo einer grünen, züngelnden Schlange trägt. Auf einer inzwischen veröffentlichten Kinderzeichnung des Tieres verläuft die rote Zunge der Schlange in Richtung Schläfe, auf einem im Internet verbreiteten Foto eines Kindes hingegen schlängelt sich die Schlange mitten über das Gesicht. Ob es sich bei dem Mann oder dem Kind um den Täter, ein Mitglied des Vorbereitungskreises, ein NPD-Mitglied, einen CSU-Wähler oder einen zufälligen Passanten handelt, wollte die Polizei aber noch nicht mit letzter Sicherheit festlegen.

Auch ein dritter, vierter oder gar fünfter Mann wird inzwischen mit Hilfe einer ungelenken Phantomzeichnung gesucht. Sein einziges bekanntes Merkmal sei ein auf der rechten Wange tätowiertes Kreuz mit einem nach unten gerichteten Pfeil. Zudem soll sich der Mann, bei dem es sich um ein NPD-Mitglied, einen so genannten "Freien Nationalisten" oder um einen Priester handeln kann, "zum Tatzeitpunkt ebenfalls in Mannichls Wohnort Fürstenzell aufgehalten" haben. Ob die Fahndung auf alle übrigen 7799 Einwohner von Fürstenzell erweitert werden wird, soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Vorerst sucht die Polizei neben den beiden Tätowierten noch einen möglichen weiteren, aus Tarngründen womöglich nicht-tätowierten - Zeugen. Der Mann habe zur Tatzeit einen Buggy mit einem Kleinkind - wahrscheinlich zu Tarnungszwecken - durch den Ort geschoben.

Bedurfte es noch eines Beweises dafür, wie brutal die neue Generation der Nazi-Mörder vorgeht, so liegt er hier: Die Kinderwagen-Tarnung erinnert fatal an das Vorgehen der linksextremen RAF, die bei der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hans-Martin Schleyer ebenfalls einen Kinderwagen zur Tarnung ihrer mörderischen Absichten benutzt hatte.

Schäferlied für Vollidioten

Schäfer-Gümbel lässt es wieder krachen. Nachdem sein Kanzlerkandidat die kommende Machtübernahme durch die deutsche Sozialdemokratie, die Zahnfee als Gesundheitsministerin und die Bundespräsidentschaft des Weihnachtsmannes vorhergesagt hat, hat sich auch der hessische Spitzenkandidat einige Gedanken gemacht. Anschließend erklärte er dem Finanz-Fachorgan "Bild", dass er eine plane, alle Besitzer von mehr als 750.000 Euro zu verpflichten, zwei Prozent ihres Vermögens dem Staat zu überlassen - als Kredit zum Zinssatz von 2,5 Prozent.

Damit, so hat sich Gümbel mal so gedacht, könne "die Wirtschaft belebt werden". Derzeit reißen Anleger mit mehr als 750.000 Euro Vermögen und welche mit weniger dem Bund seine sicheren Staatsanleihen ja noch ganz ohne Zwangsverpflichtung aus den Händen - ein Unding, denn wenn der Staat jemanden mit Zwang zu etwas verpflichten kann, warum soll er dann hinnehmen, dass derjenige es freiwillig tut?

Richtig ist auch falsch

Jaja, Toyata. Alles richtig gemacht! Nicht wie die deutschen Autobauer auf "Spritfresser" gesetzt, die sich nur Reiche leisten können. Nicht wie die unfähigen Ami-Buden riesige SUVs gebaut, die nur in Ländern größer als der Kosmos überhaupt einen Parkplatz finden. Toyota zeigt der Welt, wie es geht, befanden zumindest deutsche Öko-Experten wie Sigmar Gabriel, ehemaliger Pop-Beauftragter der SPD und heute als Pate eines drei Meter großen Eisbären tätig.

"Wer die richtigen Autos baut, findet auch Abnehmer", tönt es von Greenpeace, deren Dienstwagen mit Wind über die Straßen segeln. Renate Künast, die Grünen-Chefin, der zu Ehren das Landwirtschaftsministerium in Verbraucherschutzministerium umbenannt wurde, plädierte dafür, dass deutsche Behörden überhaupt nur noch Autos von Toyota kaufen: Die fahren mal mit Benzin, mal mit Strom, sie stecken bis obenhin voller Schwermetallverbindungen, sie sind teuer, sie sind langsam, aber sie sind schick und irgendwie öko.

Die deutschen Kommunen aber haben nicht gehört auf die Werbesprüche der grünen Kenner. Sachsen-Anhalt kauft gerade erst wieder Volkswagen als Polizeiautos, die bayrische Staatsregierung ordert neue BMW. Und Toyota baut die richtigen Autos, sparsam, leise und schick. Doch zum zweiten Mal in sieben Wochen senkt der weltgrößte Autobauer jetzt seine Jahresprognose. Toyota stehe vor einer beispiellosen Notlage, teilte das Unternehmen mit. Operativ sei bis Ende März mit einem Minus von 1,7 Milliarden Euro zu rechnen.

Grund sei der ungebrochene weltweite Absatzeinbruch und die Stärke des Yen. Toyota erwartet nun für 2008/2009 nur noch einen weltweiten Absatz von 7,54 Millionen Fahrzeugen. Zuvor war von 8,24 Millionen Fahrzeugen ausgegangen worden.

Sonntag, 21. Dezember 2008

Noch mehr neue Dimensionen

Noch mehr neue Dimensionen, diesmal feministischer Gewalt gegen Polizisten: Bei einer Wohnungsdurchsuchung sind drei Polizeibeamte in Bremen von zwei Frauen mit Schlägen, Tritten und Bissen traktiert und verletzt worden. Eine 23-Jährige und ihre Mutter attackierten die Beamten, als diese die Wohnung der Tochter durchsuchen wollten.

Mit durchschlagendem Erfolg. Durch einen Tritt gegen den Brustkorb erlitt ein Polizist eine Prellung, wenig später brach der fienstsportgestählte Mann mit Atemnot zusammen. Eine Beamtin verletzte sich an beiden Händen, ein Kollege erlitt eine tiefe Bisswunde. Die 23-jährige Gewalttäterin stand unter dem Verdacht, Kleidung gestohlen zu haben. Gegen sie wird nun wegen Diebstahls und Widerstands gegen die Staatsgewalt ermittelt, gegen ihre Mutter immerhin schon wegen "Gefangenenbefreiung".

Glaube, Liebe, Hoffnung

Frank-Walter Steinmeier, SPD-Kanzlerkandidat und Schneeeule der deutschen Politik, hält es mitten in der Zeit der Zeichen und Wunder für möglich, dass seine Partei bei der Landtagswahl in Hessen im Januar und bei der Bundestagswahl im September stärkste Partei wird. Steinmeier ist überdies überzeugt, dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt, der Heilige Geist über Franz Müntefring ausgegossen worden ist und die internationale Finanzkrise mit Hilfe eines NPD-Verbotes bekämpt werden sollte. Die Zeit rufe nach sozialdemokratischen Antworten, hat der Bundesaußenminister es darußen vom Walde her schallen hören.

Die "Marktradikalen" bei den deutschen Staatsbaken BayernLB, WestLB und LBBW hätten die Finanzkrise verursacht, er aber werde sofort nach seiner Wahl zum Bundeskanzler eine gerechte neue Wirtschaftsordnung schaffen, in der auch der Staat handlungsfähig sei und Sicherheit gebe. Dies könne geschehen, indem alle "Marktradikalen" unter Vormundschaft der Kreditanstalt für Wiederaufbau gestellt und alle "Rechtsextremisten" verboten würden. Diese Aufgabe könne die SPD am besten lösen, und das würden die Menschen erkennen, sagte Steinmeier. Deshalb sehe er direkt nach der Stillen Zeit ein neues sozialdemokratisches Jahrhundert anbrechen, wie es zuletzt unter Führung von Kanzler Gasgerd Schröder alle Menschen glücklich machte. Ein erster Schritt dazu müsse ein härteres Vorgehen gegen Rechtsextremismus sein Dass die rechte Szene glaube, "ungestraft Hakenkreuzflaggen bei Beerdigungen in Gräber legen zu können", sei zutiefst erschreckend. "Hier muss der Fahndungsdruck erhöht werden", rät der Kanzlerkandidat, der entschlossen scheint, sich nunmehr auch für Innenpolitik zu interessieren.

Samstag, 20. Dezember 2008

Siegen in Sachsen

Es gibt diese Minute kurz nach dem Schlußpfiff an diesem Abend im Leipziger Zentralstadion, in der alle aus Halle jubeln, als seien sie gerade Weltmeister geworden. Nur Michael Schädlich, der Präsident des Halleschen FC, geht allein ein Stück über den Rasen wie einst Franz Beckenbauer über den Rasen in Rom kurz nach dem WM-Endspielsieg 1990. Auf den Rängen kaspern sie ausgelassen nach dem höchsten Saisonsieg, nach einer Halbserie ohne Niederlage, nach einer Hinrunde, wie sie noch niemals eine Mannschaft des HFC besser gespielt hat. Schädlich aber ist ganz in Gedanken, er sieht nicht, er hört nichts. Bis schließlich seine Spieler an ihm vorbeidefilieren wie am Uefa-Chef, der die Champions-League-Trophäe austeilt.

Dabei ist es nur ein Vier zu Null in der Vierten Liga, nur ein weiterer Sieg auf dem Weg aus den muffigen Kellerzimmern des deutschen Amateurfußballs hinauf in die Etagen, in denen Luft zum Atmen ist und Geld genug, richtigen Fußball zu spielen. Aber die Mannschaft von Trainer Sven Köhler hat heute Abend hier im Zentralstadion bewiesen, dass es nicht nur Zufall ist, der sie, die Aufsteigertruppe aus dem Fußball-Armenhaus, an die Spitze der Regionalliga gebracht hat. Spielerisch ist die Elf aus gescheiterten Profis und ehrgeizigen Nachwuchsleuten auch bei den alten, heißgeliebten Feinden aus Leipzig zu keiner Offenbarung fähig. Aber mit Glück - schon in der zweiten Minute darf Kapitän Nico Kanitz einen an Ronny Hebestreit verwirkten Elfmeter verwandeln - und Einsatzwillen zwingen sie die Leipziger, die über weite Strecken schlechter wirken, in die Knie.

Lange sieht es indes nicht so aus, als könnte der Gast hier einen deutlichen Sieg landen. Halle führt und führt also seine größte Tugend vor: Einen Vorsprung verwalten und gelassen warten, was passiert. Das hat seit August nie mehr eingebracht als das 2:0 beim Aufstiegskonkurrenten Babelsberg, aber auch nie mehr gekostet als anderthalb Handvoll Unentschieden. Auch in Leipzig sieht es nach Wiederanpfiff so aus, als könnte der Sparflammenfußball nur als Flammenrückstoß enden. Ein paar Lok-Fans und ihre halleschen Kinder-Kollegen entzünden im HFC-Block bengalische Feuer, Schiedsrichter Kemptner unterbricht das Spiel, Getümmel auf den Traversen, Ratlosgkeit auf dem Platz. Nico Kanitz geht, um wenigstens symbolisch zu beruhigen, was sich bis hierher nicht von Strafen und nicht von Fördergeldern hat beruhigen lassen. Als es weiter geht, ist Halle kurzzeitig aus dem Rhythmus, ein Leipziger fällt im halleschen Strafraum - wieder Strafstoß.

Im Tor aber steht Darko Horvat, der Mann, der nach eigener Aussage ein Leben lang kein Elfmetertöter war. Und seit kurzem jeden Strafstoß hält, der auf sein Tor geschossen wird. So auch hier: Horvat, von den HFC-Fans beharrlich "Horvart" genannt, weil sich das besser auf "unser Torwart" reimt, taucht ins linke Eck und fängt sicher.

Die Partie ist entschieden, denn aus dem Spiel trifft Leipzig, das wissen die 5900 Zuschauer aus der ersten Hälfte, nicht einmal das leere Tor. Die Hallenser dagegen machen Tore, wo gar keine Chancen sind. Erst köpft Maik Kunze nach einer Ecke, die erst die zweite der Hallenser ist, während dei Anzeigetafel stolz vermeldet, leipzig habe bis hierher schon deren fünf gehabt. Danach dreht Sachsen noch einmal auf, doch von oben sieht das aus wie eine teure Limousine, die sich in weichem Boden festgefahren hat. Viel Getöse, es spritzt Schlamm, Trainer Dirk Heyne, von den Hallensern geheimnisvollerweise nicht mit "Heyne, heyne, hüte Deine dschweine" anfeuert, gestikuliert und brüllt. Aber die Karre sitzt im Schlamm, das bisschen, was auf sein Tor flattert, fängt der Horvat-Torwat mit einer Hand.

Auf der anderen Seite geht es leichter. Der für den rackernden und rennenden und sogar zweimal mitvoller Absicht aufs Tor schießenden Thomas Neubert eingewechselte Christian Beck holt sich einen langen Ball. Und legt ihn ungewohnt elegant per Bogenlampe über den bedauernswerten Sachsen-Keeper Lippmann ins Netz. 3:0 für Halle.

Sachsen Leipzig, vor zwei, drei Jahren noch auf dem direkten Weg in die erste Bundesliga und nun Kanonenfutter für Oberliga-Aufsteiger, ist noch gar nicht wieder bei der Sache, da folgt der letzte Teil der Hinrichtung. Maik Kunze fällt im Strafraum, als er nach zwei, drei Tänzel- und Meidbewegungen gar nicht mehr weiß, wohin mit dem Ball. Den nun folgenden Strafstoß schiebt diesmal Torsten Göhrke ins Netz. Zuschauer aus Leipzig sind jetzt nicht mehr in der WM-Schüssel, Gesänge nur noch aus der halleschen Kurve zu hören. Gesiegt haben sie hier zuletzt immer, nie aber so locker, leicht und hoch. Schieri Kemptner zeigt allerdings Gnade mit den geschlagenen Hausherren und erspart ihnen ein Debakel in der Nachspielzeit. Was Rot-Weiß trägt im Stadion, feiert den höchsten Sieg seit zwei Jahren dennoch, als bedeute er schon den Aufstieg. Das Wort nimmt natürlich keiner im weiten Rund in den Mund. Aber Michael Schädlich wird, in seinen langen, einsamen kurzen Sekunden unten auf dem Rasen, kein anderes gedacht haben.

Für Breitbildfernseher und Triumphgeheul optimiert:

Freitag, 19. Dezember 2008

Des Pudels Kernkraft

Die Kernkraft ist eine sehr sichere Technik, die Beschäftigten in den Anlagen dort sind kaum von Unfällen bedroht. Bei den alternativen, erneuerbaren Energien ist dies noch nicht in gleichem Maße gegeben. Hier gibt es Arbeitsplätze mit den meisten und folgeträchtigsten Unfällen, und es gibt die Möglichkeit für Unfälle mit erheblichen Opferzahlen. Sowohl in der Risikodebatte als auch in der Praxis besteht also Nachholbedarf. (meint Lutz Niemann in der Welt)

Bundesregierung plant schärfere Gesetze gegen Stollenklau

Zwei Kurierfahrer, ein 27 Jahre alter Deutscher und ein 35 Jahre alter Pakistani, haben laut Staatsanwaltschaft inzwischen gestanden, am 10. Dezember ein an den Chefredakteur der „Frankfurter Rundschau“ adressiertes Paket in einer Sammelstelle in Mainz an sich genommen, aufgerissen und über den Inhalt, einen Stollen, hergefallen zu sein.

Sie zogen das Etikett von dem ramponierten Päckchen und klebten es auf eine Lieferung an die Landesbank Berlin - auf eben jenes Paket, in dem sich unter anderem mehr als 900 so genannte Microfiches mit tausenden Kreditkartenabrechnungen und acht Briefe mit Pin-Nummern befanden.

Die Kurierfahrer, angestellt bei einem Subunternehmen des eigentlichen Vertragspartners der Landesbank, mischten die Sendung unter die anderen und spielten der „Rundschau“ damit unbewusst ein Beweismittel zu, das, nachdem es in der Redaktion geöffnet worden war, hohe publizistische Wellen schlug.

Alter Schwede

Zehntausend wegen der Finanzkrise verzweifelte Bürger Lettlands haben per Petition um eine Invasion aus Schweden vom anderen Ufer der Ostsee gebeten. In der Internet-Bittschrift heißt es: "Wir, die Bürger von Lettland, möchten Schweden bitten, Lettland zu besetzen. Wir würden gerne schwedische Bürger werden, und werden uns an die Gesetze des Landes halten." Dafür hoffe man im Gegenzug auf die gleichen Rechte wie dortige Bürger.

Als Hintergrund gelten die massiven Folgen der Finanzkrise in dem kleinen baltischen Staat mit explodierender Arbeitslosigkeit, einer Inflationsrate von 15 Prozent, drastischen Einkommenskürzungen im öffentlichen Dienst sowie Bankzusammenbrüchen.

Die schwedische Botschaft in Riga antwortete mit einem Augenzwinkern: Man könne dem Wunsch nach einer Invasion nicht nachkommen, weil die eigene Armee dafür leider zu klein sei.

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Die blutige Spur des Lebkuchenmannes

Die Polizei in Passau malt noch, der "Spiegel" harrt noch der Akteneinsicht. Nur PPQ kann jetzt schon exklusiv das Phantombild des Lebkuchenmesserstechers aus Bayern vorlegen, um den Fahndungsdruck auf den vielleicht flüchtigen, vielleicht aber auch aus Österreich stammenden Täter zu erhöhen.

Der Mann, der den rechten Nationalisten angehört, vielleicht aber - darauf lässt die vom Opfer bemerkte Schlangentätowierung schließen, die aber auch Leberfleck sein kann - auch ein extremer Einzelgänger aus dem Triaden-Milieu ist, hatte den Passauer Polizeipräsidenten in einer Gewalttat, schlimmer als alle Mordanschläge der RAF und Molotow-Cocktailwürfe der APO, nach einem generalstabsmäßig ausgearbeiteten Plan, bei dessen Umsetzung ihm nach Erkenntnissen der Polizei bis zu 100 hochrangige Rechts-Funktionäre halfen, mit einem zufällig am Haus des Opfers herumliegenden Lebkuchenmesser gestochen. Er war zuletzt im sächsischen Mittweida gesehen worden, wo er einer 17-Jährigen gemeinsam mit drei Spießgesellen ein Hakenkreuz in die Hüfte geritzt hatte.

Alle Jahre wieder

Es ist ja (fast) jedes Jahr die gleiche Veranstaltung. Die Statistischen Landesämter geben bekannt, dass die neue Statistik in den neuen Statistischen Jahrbüchern nun gedruckt vorliegt. Wie auch heute wieder. Und alle Medien stürzen sich auf die Zahlen. Wo gibt es Neues, wo die ganz großen Veränderungen? Welcher Preisindex ist interessant? Und jedes Jahr das gleiche Ergebnis: Nichts. Nichts ist wirklich interessant. Jedenfalls nicht so, dass man es veröffentlichen könnte. Oder doch?
Dass Sachsen-Anhalt immer noch abnimmt zum Beispiel. Also die Bevölkerung. Um 11 Promille im Jahr 2006. Oder absolut um 27.900 Menschen. Könnte man also sagen, wenn es weiter so geht, ist statistisch gesehen Sachsen-Anhalt in etwa 875 Jahren ein Land ohne Leute. Ohne Frühaufsteher. Nix mehr da.
Wahrscheinlich aber geht es noch schneller. Denn in Sachsen-Anhalt sind 43,8 Prozent der Männer und 31,8 Prozent der Frauen übergewichtig und somit stärker vom frühen Verfettetes-Herz-Tod bedroht. Bei den stark Übergewichtigen sind die Frauen in diesem Land die Stärkeren. 18,3 Prozent aller Frauen sind viel zu fett, bei den Männern sind es 17,7 Prozent. Das statistische Aussterben könnte also noch schneller gehen, als bisher statistisch errechnet.
Und noch ein paar interessante Zahlen aus der Statistik: 7.174.900, 3.900, 296.900 und 743.500. Na, was sind das für Zahlen? Richtig! Es ist jeweils die Zahl der im Jahre 2003 in Sachsen-Anhalt lebenden Hühner, Gänse, Enten und Truthühner. Rein statistisch betrachtet. Natürlich.

Schmidt wird schick

Wie alter Wein immer besser werden alte Leute zuweilen immer wichtiger.Helmut Schmidt scheiterte als Kanzler und fiel danach über Jahrzehnte durch konsequentes Rauchen auf. Seine Partei mochte ihn nicht, in aktuellen politischen Debatten spielte der Mann, der Helmut Kohl den Weg zur Kanzlerschaft geebnet hatte, keine Rolle. Schmidt war zu rechts und zu norddeutsch, zu Wirtschaft und zu Nato, um als schick zu gelten.

Aber eine bestimmte Haltung, lange genug durchgehalten, das weiß jeder Skispringer, bringt die weitesten Sprünge. Und mit denen landet man am Ende zuverlässig ganz oben und vorn. Ein Vierteljahrhundert nach seinem unfreiwilligen Abgang aus dem Bundeskanzleramt hat Helmut Schmidt es folglich geschafft: Dank nebliger Ratschläge, die immer klingen, als kämen sie aus dem Mund eines Weisen, schlägt dem zu aktiven Zeiten vom Unglück der RAF, von der Ölkrise und dem Nato-Doppelbeschluß verfolgten Polit-Oldtimer die geballte Verehrung des Volkes entgegen, das ihn einstmals wegen seiner Amerikanähe und seines Unwillens, im Kalten Krieg die weiße Fahne zu hissen, aus dem Amt demonstrierte.

So rannten die Alten


Vintage Parkour - Watch more Free VideosJüngst erst erklärte Deutschlands staatliche Nachrichtenagentur dpa
das "Parkour" genannte wilde Querfeldeinlaufen durch vollgebaute Städte zur neuen "Trendsportart". Ein Franzose habe das Kletterwandern über Stock und Stein vor ein paar Jahren erfunden, eine Eröffnungsszene im vorletzten "Bond"-Film habe es bekannt gemacht. Kann man glauben. Muss man aber nicht.

Wärme friert die Arktis zu

Im Februar war es fast geschafft. Der "Spiegel" und der Rest der Meute orakelten vom Artiseis, das demächst ganz verschwunden sein würde. Wenn die Temperaturen nur so ähnlich hoch sein würden wie im Jahr 2007, würde die Nordpassage eisfrei, wusste der selbsternannte Polarforscher Arved Fuchs, auch norwegische Wissenschaftler warnten, dass das Eis der Arktis bald Geschichte sein werde.

Ein knappes Jahr später wird abgerechnet. 2008 konnte von der World Meteorological Organization offiziell zu einem der 10 wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen erklärt werden. Die globale Oberflächentemperatur habe 2008 bei 14,31 Grad Celsius gelegen und damit 0,31 Grad über dem Jahresdurchschnitt zwischen 1961 und 1990. Allerdings sei der Rekordwert aus dem Jahr 2005 "geringfügig" unterboten worden. Klingt schon fast wie leider - aber Schuld war glücklicherweise nicht eine nachlassende Welterwärmung, sondern nur ein starker "La Nina Effekt" in der zweiten Hälfte von 2007, der so nicht wiederholt werden konnte.

In den letzten acht Jahren ist die Oberflächentemperatur damit gegenüber dem Jahrzehnt davor um 0,2 Grad angestiegen. Den Trend der Klimaerwärmung bestätigt auch, dass die zehn wärmsten Jahre seit der Temperaturaufzeichnung in den 11 Jahren seit 1997 gewesen seien. Das wärmste Jahr bleibt 2005 mit einer globalen Temperatur von 14,8 Grad.

Nun bleibt zu hoffen, dass die neuen Hiobsbotschaften sich langsam auch bis in den hohen Norden herumsprechen. Dort konnten die Vorhersagen von Experten und Klimafachzeitschriften bislang nicht umgesetzt werden. Nach aktuellen Daten des NASA Marshall Space Flight Center und der Universität of Illinois, ist das arktische Eis in den vergangenen zwölf Monaten nicht etwa wie geplant und vorausberechnet zusammengeschmolzen. Sondern um dreißig Prozent gewachsen.

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Kein Anschluss unter dieser Nummer

Der Landtag von Thüringen steht in der Erfurter Jürgen-Fuchs-Straße. Seit einiger Zeit schon ist diese Benennung nach dem DDR-Bürgerrechtler amtlich. Die Fraktionen von SPD und CDU haben darauf reagiert, indem sie beispielsweise ihre Briefbögen änderten. Nur die Fraktion der Linken residiert komischerweise in der Arnstädter Straße. Die Briefköpfe wurden nicht dem geändert, angeblich, weil die Fraktion eben in einer Parallelstraße ihre Räume hat. Diese Sprachregelung wiederum scheint nicht zu Birgit Klaubert, der Vizepräsidentin des Landtages, durchgedrungen zu sein. Die nennt im Impressum ihrer Homepage als Adresse die Arnstädter Straße, zeigt aber gleich daneben den Thüringer Landtag - der in der Jürgen-Fuchs-Straße steht. Ist wahrscheinlich nur Schussligkeit.

Zwei Paar Schuhe

Man möchte sich nicht vorstellen, wie groß die Begeisterung gewesen wäre, hätte der Man getroffen. Vielleicht mit einem Lebkuchenmesser mitten ins Auge. Und wie empört die Empörung, wäre das nicht im Irak und nicht Bush passiert, sondern in Magdeburg und Frau Merkel.

Männer des Jahres im Wandel der Zeiten

Das "Time"-Magazin hat wieder zugeschlagen. Wenig überraschend erklärte die US-Illustrierte Barack Obama zum „Mann des Jahres“. In der engeren Wahl waren nach Angaben des Verlags auch US-Finanzminister Henry Paulson, der französische Präsident Nicolas Sarkozy, die republikanische Kandidatin für das Amt des US-Vizepräsidenten, Sarah Palin, sowie der chinesische Regisseur Zhang Yimou. 2007 war der russische Ministerpräsident Wladimir Putin „Mann des Jahres“, der acht Monate später erstmal in den Krieg zog.

Vor 70 Jahren hatte "Time", immer nah am Zeitgeist, Adolf Hitler zum "Man of the Year" erklärt.

Nazi-Pullover aus Dubai

Eine ganz neue, schreckliche Dimension von Ausländerfeindlichkeit mitten in Deutschland spiegelt sich gerade in verschiedenen Gerichtsverfahren, die von unterschiedlichen Immobilienbesitzern gegen die angeblich brandenburgische Firma Mediatex angestrengt worden sind. Weil zu den Kunden des Modeunternehmens nicht nur Outdoorfans, sondern auch Neonazis gehören, sollen mehrere Läden der Firma in Berlin, Magdeburg und Leipzig aus ihren gemieteten Geschäftsräumen ausziehen.

Ein Schlag gegen rechts, dessen subtile Fremdenfeindlichkeit, gepaart mit einer sorgfältig gepflegten Aversion gegen Investoren aus arabischen Ländern, sich jetzt erst enthüllt. Denn seit Mitte November ist Mediatex ein ausländisches Unternehmen: Thor Steinar ist nach Dubai verkauft worden und gehört jetzt dem arabischen Geschäftsmann Faysal Al Zarooni (im Bild).

Dessen Faysal Al Zarooni Group of United Arab Emirates investiert weltweit in Technologiefirmen, Unterhaltsangebote und Immobilien, sogar in deutschland, wo arabischen Investoren allerdings unter anderem von der Katholischen Kirche das Leben schwer gemacht wird. Die möchte, dass Mediatex wegen der Nazi-Kundschaft aus dem in Kirchenbesitz befindlichen Hundertwasserhaus in Magdeburg auszieht - ein Fehdehandschuh, geworfen in Richtung aller rechtgläubigen Moslems weltweit.

Reiche immer ärmer

Wiedermal gute Nachrichten von der Krisenfront. Wie noch keine Maßnahme der Regierung zuvor hat der Zusammenbruch der Finanzmärkte die "Schere zwischen arm und reich" (Spiegel) in deutschland schließen helfen. Während Hartz4-Empfänger nach wie vor stabil nichts besitzen, weil nichts verlierenkann, wer nichts hat, haben zahllose Besserverdiener Millionen und Abermillionen eingebüßt.

Allein die 20 so genannten Superreichsten im Land, denen der Zorn von Oskar Lafontaine und Peer Steinbrück gleichermaßen gilt, haben nach einer Studie des Wirtschaftsmagazins „Capital“ im Jahr 2008 Einbußen von über 39 Milliarden Euro hinnehmen. Ganz vorn liegt mit mit fast vier Milliarden verlorenen Euro der Duisburger Haniel-Konzern. Auf den Plätzen folgen demnach die Industriellenfamilien Henkel, Siemens, Wacker und Merckle mit einem Minus von jeweils mehr als drei Milliarden Euro.

Auto-Nazis werden ausgemerzt

Wo ein Wille ist, ist ein Weg, und wo eine Zahlenkombination ist, kann ein Nazi sein. In Brandenburg lassen die Behörden sich aber nun nicht mehr von tumben Neo-Faschisten hinters Licht führen. Wie der Berlinpankowblogger entdeckt hat, geht der Vrefassungsschutz dort in die Offensive gegen faschistische Zahlen- und Buchstabenkombinationen auf Autokennzeichen.

Der Verfassungschutz Brandenburg hat eine Broschüre veröffentlicht, in denen “Kritische Erkennungsnummern” der Rechtsextremisten aufgeführt sind. Abgebildet sind auch zehn Beispiel-Kennzeichen. Wie TF HJ 032 (HJ=Hitlerjugend), P NS 065 (NS=Nationalsozialismus) usw. Auch Nummern und Zahlen haben eine tiefere Bedeutung und sind deshalb auf der kritischen Liste: So ist die 14 eine Abkürzung der Parole eines amerikanischen Neonazi-Führers, 18 steht für den ersten und den achten Buchstaben des deutschen Alphabetes und somit für AH (Adolf Hitler).

Also Vorsicht ihr Nils Steffens, Konrad Zabels, Siegfried Schultzes, Susanne Adelberts: Und wenn ihr auch noch 14 Jahre verliebt seid oder 18 Jahre verheiratet oder in der Hausnummer 28 wohnt oder Euch alles egal ist wie 88, dann könnte sich bald der Geheimdienst mit Euch befassen. Aber vielleicht sind die Jungs ja so schlau und erkennen, dass eure Kennzeichen für harmlose Namen und Daten stehen. Denn immerhin ein Satz in der Broschüre heißt: “Häufig gibt es Menschen, die auf ihren Kfz-Kennzeichen ihre Initialen und das Geburtsjahr verwenden möchten."

Fünfjahrplan statt Prognose

Im weiter, siegesgewissen Reich des real existierenden Sozialismus war Demoskopie ebenso verpönt wie Wirtschaftsforschung. Prognosen zur Entwicklung von Weltmarktpreisen oder Wirtschaftswachstum wurden nicht benötigt, weil Planungschef Gerhard Schürer je nach Bedarf in den Fünfjahr-Plan schrieb, wieviel wovon produziert und zu welchen Preisen verkauft werden würde.

Das über fast vierzig Jahre erfolgreiche Modell, mit dem von Stalin bis Breschnew alle Sowjetführer Fabelhaftes erreichten, wird nun endlich auch im neuen Deutschland zur Anwendung kommen. Die Krise macht es möglich: Weil immer neue und immer schlechter werdende Vorhersagen zur Wirtschaftsentwicklung die Menschen in Deutschland immer unsicherer werden lassen, hat Klaus Zimmermann, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, einen "vorübergehenden Prognosestopp" angeregt. Ökonomen verwirrten unsere Menschen nur mit ihren Zahlen, die dann doch nie stimmten. Gäbe es keine schlechten Prognosen mehr, würde sich die Wirtschaft von ganz allein erholen. "Das ist eine Frage der intellektuellen Redlichkeit", verriet der DIW-Chef, und klarzustellen, was er damit meint.

"In den meisten Modellen, die wir für unsere Vorhersagen nutzen, kommen keine Finanzkrisen vor", glaubt er. Wenn sie aber vorkämmen, dann sei die jeweilige Krise so spezifisch, "dass wir sie nicht erfassen können." Daraus gezogene Erkenntnisse sein also völlig unnütz, sie machten nur unnötige Schlagzeilen.

Die großen Vorhersage-Institute wollen nach dem Prognose-Moratorium alllerdings keine Mitarbeiter entlassen, obwohl die dann nicht mehr gebraucht werden. Stattdessen soll es ein Entlassungsmoratorium geben. Die freiwerdenden Fachkräfte könnten versuchen, Fünfjahr-Pläne zu erstellen, nach denen Deutschland dann unabhängig von den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen weiterentwickelt und vervollkommnet werden könnte. DDR-Planungschef Gerhard Schürer, der als Rentner in Berlin lebt, hat schon seine Bereitschaft signalisiert, als Berater einspringen zu wollen.