Donnerstag, 30. April 2009

Verbot der Woche: Nie wieder Homöopathie

Kurz vor der Europawahl, auf die 200 Millionen Wähler zwischen Mo i Rana und Sizilien schon ganz hibbelig sind, schaltet die Europäische Kommission noch mal einen Gang hoch in Sachen Volksfürsorge. Im Rahmen der erfolgreichen PPQ-Aktion "Verbot der Woche" plant die Europäische Überregierung die Untersagung des Vertriebs von alternativen Medikamenten, wie sie in der einst im anhaltischen Flecken Köthen von Samuel Hahnemann erfundenen Homöopathie zur Anwendung kommen. Schon zum 31. Dezember soll eine neue EU-Direktive eine weitreichende Begrenzung der zulässigen Inhaltsstoffe auf dem Gebiet der alternativen Medizin in Kraft setzen, die genau vorschreibt, welche Menge von Inhaltsstoffen in homöopathischen Medikamenten enthalten sein muss.

Es wird schwer werden für Homöopathie-Gläubige, die Vorgaben einzuhalten, denn alle Medikamente, die nach der Lehre von Hahnemann angefertigt werden, enthalten Wirkstoffe nur in so extremer Verdünnung, dass der Ausgangsstoff nicht mehr nachweisbar ist. In sogenannten Hochpotenzen verdünnte Medizin etwa der Stufe D78 enthält vom eigentlichen Wirkstoff ein Molekül auf das Volumen des gesamten Universums hochgerechnet. Etwas zuwenig, um den Vorgaben der EU-Kommission zu genügen, die mindestens sieben Wirkstoff-Moleküle auf vierhundert Tankwagen Wasser vorsehen.

Pizza, Maus und Kinderbilder

Manchmal ist die Welt doch ganz einfach. Computernutzer zum Beispiel, also rund 50 Prozent aller Deutschen, sind Charakter von überschaubarer Komplexität. Ursula von der Leyen, mit ihrem Ministerkollegen Wolfgang Schäuble seit Monaten in einem knallengen Rennen darum, wer es schafft, Teile des Internets schneller abzuklemmen, hat jetzt ein Psychogramm dieser pizzaessenden, colasaufenden, mausstreichelnden und dabei unentwegt Nacktbilder von kleinen Jungen anstierenden Spezies anfertigen lassen. Seitdem weiß die Familienministerin, dass unter den vielen Kinderpornokunden, "die es gibt, rund 80 Prozent die ganz normalen User des Internets sind". Diese Zielgruppe könne man durch die demnächst eingeschalteten Internetsperren wirksam davon abhalten, sich weiter obszöne Darstellungen von mißbrauchten Minderjährigen anzuschauen, davon ist von der Leyen überzeugt. "Jeder kann eigentlich sich selber fragen, wen kenne ich, der Sperren im Internet aktiv umgehen kann", sagte sie im Berliner Radiosender Eins Live.

Kennt er jemanden oder kann er das sogar selbst, sieht es schlecht für ihn aus. Zum Umgehen gehöre laut Leyen nämlich "einiges an Fachwissen": So müsse der Nutzer auf Start klicken, zur Systemsteuerung gehen, in der Übersicht der Netzwerkverbindungen seine Internet-Verbindung wählen, dann im unteren Bereich des Eigenschaftsfensters die Einstellung "DNS-Serveradresse automatisch beziehen" auf "folgende DNS-Server verwenden" umstellen und dann in zwei Felder die IP-Adressen 94.75.228.29 sowie 87.118.104.203 in der richtigen Reihenfolge der Zahlen eintragen.

Das könne nicht jeder, ist von der Leyen sicher. Menschen, die das können, "müssen schon deutlich versierter sein" - ein auffälliges Wesensmerkmal, an dem der Pädokriminelle abrupt zu erkennen ist. Nach der letzten Pisa-Studie stehe fest, dass nicht mehr als 20 Prozent der Deutschen in der Lage seien, die sieben Klicks korrekt auszuführen. Dieses Fünftel der Bevölkerung, das eigenständig in der Lage sei, seine Netzwerkeinstellungen zu verändern, so von der Leyen, sei "zum Teil schwer pädokriminell". Diese Computerfexe bewegten sich "in ganz anderen Foren, die sind versierte Internetnutzer, natürlich auch geschult im Laufe der Jahre in diesem widerwärtigen Geschäft".

Darin zeige sich die Wirksamkeit der geplanten Internetsperren: Sie betreffen ausschließlich normale Menschen, die sich nicht für Kinderpornografie interessieren und deshalb unfähig sind, ihren Computer zu bedienen. Kinderporno-Konsumenten hingegen können sie leicht umgehen, werden also auch in Zukunft nicht in der Ausübung ihres Hobbys beeinträchtigt.

Mittwoch, 29. April 2009

Finale wohoho?


Am Ende war es deutlicher als zwischendurch, Zweifel am Ausgang des Pokal-Halbfinalspiels Grün-Weiß Wolfen gegen HFC aber gab es auch vorher nur eine Sekunde lang: Als der Ball nach einer 30-Meter-Bogenlampe des Ex-Hallensers Daniel Weimann einen Augenblick zu überlegen schien, ob er jetzt ins Tor oder darüber gehen sollte.

Er entschied sich für die Latte und sprang von dort zurück ins Feld. Halle, bis dahin darauf bedacht, die Trikots vor dem Spitzenspiel in Kiel nicht nochmal schmutzig zu machen, atmete durch und kam schon nach zehn Minuten aus der Kabine zurück. Mit Marco Hartmann für Christian Kamalla in der Abwehr und Rene Stark (Foto) auf Rechtsaußen spielen die Rotweißen jetzt etwas energischer nach vorn, wenig später ist es ausgerechnet der ehemalige Erfurter Torgarant Ronny Hebestreit, der per Kopf das 1:0 macht. Es ist das erste Kopfballduell, das der lange Thüringer überhaupt gewinnt. Wenig später legt Rene Stark, einer von zwei Hallensern im halleschen Team, nach. An der Strafraumgrenze angespielt, dreht er sich einmal, zweimal - und schießt dann ein.

Wolfen, in der Oberliga immer noch ums Überleben kämpfend, wechselt Sponer und Scherz ein. Jetzt spielen beim Gastgeber, bei dem der frühere hallesche Kapitän Lars Georg die Abwehr dirigiert, vier Hallenser. Auffällig aber ist nur Daniel Weimann, der seine große Fußballkarriere einst beendete, um den Taxibetrieb seines Vaters zu übernehmen.

Sein Fanclub vom SC Reußen, bewaffnet mit Sirene und Monstertrommel, sieht ihn allerdings nur noch paarmal vergebens flanken; einen Kopfball, der ins Tor zu gehen droht, schlägt Schubert von der Linie. Halles Trainer Sven Köhler bringt dann noch Maik Kunze, einen gebürtigen Zeitzer. Damit verbessert sich das Hallenser-Verhältnis auf 4:3, es regnet ein bisschen und die Fankurve singt vom "Finale-ohoho". Kunze bedankt sich in der 89. Minute noch mit dem 3:0. Dabei wäre das gar nicht mehr nötig gewesen, um dem Fußball-Verband Sachsen-Anhalts einmal mehr ein Problem zu bescheren: Letztes Jahr hatten die Hallenser eingewilligt, das Endspiel beim Finalgegner 1. FC Magdeburg im ländlichen Börde-Stadion zu gewinnen. Zugesichert worden war, dass das nächste Endspiel, in dem beide Mannschaften stehen, dafür in Halle stattfinden werde.

Das ist nach dem 3:1 der Bördefußballer im anderen Halbfinale in Halberstadt nun eigentlich der Fall. Doch inzwischen haben sich die Fußballbürokraten in Magdeburg alles anders überlegt. Als Spieltag komme ja nur ein Mittwoch infrage, weil keine anderen Termine mehr frei seien. Mittwochs aber müsse abends gespielt werden, unter Flutlicht, über das nur Magdeburg verfüge. In Halle spielen gehe nicht, denn dort sei es zum Finaltermin Ende Mai einfach zu dunkel.

Nun war heute erst Ende April. Aber auch Mittwochabend. Und in Wolfen war es hell.

Bullenschweinegrippe

Das Titanic-Magazin und die Schweinegrippe:

Große Sorgen um die Angst

Sondersendungen haben wir gemacht, Flughäfen gesperrt, Seuchendienstmitarbeiter in Vollschutzanzüge gesteckt und mit Virusfallen aus Plastik posieren lassen. Deutschland war auf eine "Pandemie" (dpa) vorbereitet, Kindergartengruppen bastelten aus feuchten Scheuerlappen Schweinegrippemasken, Rentner schluckten ohne Rücksicht auf die Kosten Tamiflu, was die Altenheimapotheke hergab. Und die Bundesregierung nutzte die Tatsache, dass die Leute endlich mal vor was anderem als dem nächsten Rettungspaket Angst hatten, um ganz unauffällig eine neue Wirtschaftswachstumsprognose von minus sechs Prozent ins Land zu flüstern.

Nun aber soll alles vergeblich gewesen sein, denn, gruselt der "Spiegel", "neue Zahlen sorgen für Verwirrung um die Schweinegrippe". Wirbel! Debatte um! Streit über! Was so schlimm war, soll es nun doch nicht gewesen sein, die meisten Schweinegrippeopfer waren gar keine, statt 159 Toter forderte der Todesvirus nur sieben, ähnlich viel wie Pkw der Marke VW in der letzten Woche.

Große Sorge macht sich der "Spiegel" nun um die Angst: "Ist das Schweinegrippe-Virus womöglich viel weniger gefährlich als gedacht?", fragt sich das Enthüllungsmagazin, das mit einem aus der Fantasie gemalten Porträt des Seuchenerregers sein nächstes Titelbild hatte gestalten wollen. Was nun? Wer springt ein? Muss die Finanzkrise wieder ran? Oder tauchen endlich Nacktfotos von Hitler auf?

Kopfschütteln in der Krise

Immer noch der alte, zynische junge Mann mit Hut. John Watts, früher mal bei Fischer-Z und seit dem Mauerfall ein Solokünstler im Populär-Untergrund, hat eine neue Band. Mit der zerschreddert der gallige Barde nun auch seine neuen, an der Welt und der menschlichen Vernunft gleichermaßen zweifelnden Stücke. "Shake My Head" ist das Halbdunkel vor der Apokalypse, ein Kopfschütteln in der Krise, das mit der Krise selbst gar nichts zu tun hat.

Dienstag, 28. April 2009

Billige Volksreklame

In der Krise muss ein Volk zusammenstehen. Ob 1933 oder 2009. Ob Volksempfänger, Volkswagen oder eben Volksdiscounter. In Erinnerung an jene Zeiten hat sich nun wohl einer unter den Billiglohnriesen-Discountkaufhallenbetreiber gedacht, dass es wieder einmal Zeit sei, das Volk sich zu rufen. Natürlich mit Reklame.

Man wirbt fleißig für des Deutschen neue Einkaufshalle: "Der neue Volksdiscounter" steht da, selbstverstädnlich auf Schwarz-Rot-Gold und "Billiger für alle". Das wird das Volk freuen. Zumindest das billige Volk, das glatzbeköpfte, hirnverbannte Volk. Allerdings so richtig nun auch wieder nicht. Denn in der Mitte des schönen neuen deutschen Volksdsicounter-Reklameheftchen wird es auf einmal Französisch. Das wird wohl den Volksgenossen nicht gefallen.

Youtube geht doch

Wie die Schweinegrippe entstand

Noch hat sich keiner richtig angesteckt, da entbrennt schon ein Streit um den Wirbel um den richtigen Namen der Grippe, die auf deutsch "Schweinegrippe" heißt, nun aber nicht mehr heißen soll. "Nordamerikanische Grippe" sei besser, meinen Grippenkoriphäen, "Neue Grippe" aber noch schöner, empfiehlt die für offizielle Krankheitsbenennungen zuständige Uno-Namensfindungskommission WHO.

Das Bundesgesundheitsministerium hat inzwischen eine Notrufnummer geschaltet, unter der sich jeder melden kann, der weitere Namensvorschläge einbringen will. Für den richtigen Tipp lobt das Ministerium zwei Millionen Euro aus dem Renten-Rettungspaket und zwei Kilo Hackepeter aus. Bis zu einer endgültigen amtlichen Namenfestlegung soll die neue Krankheit, die die Finanzkrise als Schlagzeilenthema ebenso in den Hintergrund gedrängt hat wie die Entlassung Jürgen Klinsmanns als Bayern-Trainer, weiter als vom Schwein übergesprungene Sau durch Nachrichtensendungen und bunte Zeitungsgrafiken gehetzt werden. Für den Sommer sei dann geplant, sie mit der zuletzt schwächelnden Vogelgrippe zu fusionieren. Grafiken könnten dann zeigen, wie der Erreger im Jahr 1994 im pakistanischen Peschawar vom Vogel auf das Schwein und dann durch den fahrlässigen Kuss eines zweijährigen Jungen aus dem anhaltinischen Örtchen Gröbzig (Foto) auf einen Schweinerüssel übergesprungen sei.

Fremde Federn

Das Internet gefährdet unsere Kultur? Na sicher, und das ist auch gut so.

Alles wegen Ackermann

Erst hat er kein Geld aus dem "Rettungsfonds" haben wollen, dann darauf beharrt, dass nicht Politiker, sondern Manager Gehälter von Managern festsetzen, weil ja auch Politiker Gehälter von Politikern festsetzen und nicht Manager. Nun hat Josef Ackermann nicht nur seinen guten Ruf, sondern auch seinen Kopf endgültig verspielt: Seine Bank machte im ersten Quartal, in dem alle von Politikern geführten Staatsbanken Milliardenverluste machten, einen Gewinn von 1,18 Milliarden Euro.

Hat ers nun doch, das Geld aus dem Rettungspaket.

Montag, 27. April 2009

Krise im Kleinen: Endlich verständlich

Ewig fragen sich einfache Leute wie wir ja schon, wie das alles funktioniert mit dem Retten der Krise, den "Schutzschirmen" und dem "Eingreifen des Staates" (Steinbrück), mit dem "Gegensteuern" und der unerläßlichen Rekordverschuldung. Lawblog hat es heute erklärt: Der reiche Russe in der Geschichte, der ist in Wirklichkeit leider nicht da. Weil die Merkel nicht so gut mit dem Putin kann. Und der Russe nicht mehr so viel am Öl verdient. Deshalb muss dann der Steinbrück ran. Der Rest aber ist 1:1 die Wirklichkeit.

Es ist April in der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Es regnet wie fast immer, die Stadt ist leer. Alle haben Schulden und leben auf Kredit.

Zum Glück kommt ein reicher Russe ins Interconti. Er will ein Zimmer und legt 500 Euro auf dem Tisch, danach geht er, um sich das Zimmer anzuschauen. Der Hotelchef nimmt schnell die Banknote in die Hand und läuft eilends,, um seine Schulden bei seinem Fleischlieferanten zu regulieren. Dieser nimmt die Banknote in die Hand und läuft sofort los, um seine Schulden bei seinem Schweinezüchter zu regulieren.

Dieser nimmt die 500 Euro in die Hand und beeilt sich ebenfalls, um bei dem Futterlieferanten seine Schulden zu reduzieren. Dieser nimmt mit großer Freude das Geld in die Hand und gibt es der Hure, bei der er letztens war und bei der er die Dienstleistungen auf Kredit genommen hat (Finanzkrise!).

Die Hure nimmt das Geld froh in die Hand und flitzt sofort los, um ihre Schulden bei dem Hotelchef im Interconti zu regulieren, wo sie auch letztens öfters war und bei dem sie Kredit hat (Finanzkrise!).

Und in derselben Sekunde kommt der Russe nach ausgiebiger Betrachtung des Zimmers und der Aussicht in den regenverhangenen Himmel zurück und sagt, dass ihm das Zimmer nicht gefiele. Er nimmt seine 500 Euro, die (wieder) auf der Theke der Rezeption liegen, in die Hand und verlässt die Stadt.

Niemand hat verdient, aber die ganze Stadt hat keine Schulden mehr und schaut optimistisch in die Zukunft! So lassen sich Finanzprobleme lösen, wenn sich Schulden in nichts auflösen.

Halle an alle

Während SPD, Lidl, CDU, Aldi, Linke, Rewe und FDP noch nicht genau wissen, ob sie in einem Über- oder Unterbietungswettstreit stehen (siehe die vorherigen Posts), sich Michael Schwan und Gesine Sommer vor dem Dilemma wiederfinden, eine nicht vorhandene Arbeiterklasse in Aufstände gegen nicht vorhandenen Hunger führen zu müssen, während Kurse stürzen und Köpfe rollen, ein konsolidierter Haushalt (Angela Merkel) neuen Rekordschulden (Peer Steinbrück) entgegen wankt, während rechte Gewalt, ADAC-Tunneltest und Schweinepest um die Deutungshoheit über den Stammtischen kämpfen und Peter Gagamann den HFC verpfeift - während die Welt im Großen also so etwas von aus den Fugen ist, dass auch Rigips keine Antwort mehr weiß, läuft im Kleinen alles weiter wie bisher.


So kann es die hallesche Stadtverwaltung einem lokalen Baumarkt natürlich nicht durchgehen lassen, dass er am Sonntag Blumen und anderes Gesträuch unters Volk bringt. Angesichts der weltweiten Finanzkrise eine folgerichtige Entscheidung. Auch ein bekannter Imbiss am Rive-Ufer weist seit Kurzem darauf hin, das bei ihm gekaufte Bier doch bitte in zwei Meter Abstand zum Verkaufsort trinken zu wollen. Eine gute Entscheidung, die zwar jederzeit unterlaufen wird, aber doch zeigt, dass die die Verwaltung noch handlungsfähig ist.


Danke, Halle!

Grün macht Bio billig

Kaum hat die Angst vor der Schweinepest die Angst vor dem Weltuntergang durch brennende Barrikaden und Hungeraufstände unter Führung von DGB-Chef Michael Sommer und SPD-Bundestagspräsidentin Gesine Schwan abgelöst, leitet Grünen-Chefin Claudia Roth eine neue Runde im Preiskrieg der Politdiscounter ein. Mit dem Motto "All inklusive" geht die Ökopartei ins heiß umkämpfte Rennen um die mollig warmen Sessel im Europaparlament. Die SPD hatte zuvor ein warmes Linsengericht für Kinder versprochen, die CDU Halbpension für alle, die Linke Vollpension für vier Jahre und die FDP Luxusmahlzeiten für alle, die nochmal richtig Lust hätten, sich anzustrengen. Man wolle niemanden aus-, sondern die Schere zwischen "arm" und "reich" (dpa) ökologisch schließen, hieß es bei der Vorstellung der Kampagne, die mit Mundmalfarben auf wiederverwertbare Datenträger gebrannt wird. Auch wer sich biologisch ernähre, müsse auf nichts verzichten, zudem übernehme Bündnis 90/Grüne für die kommenden vier Jahre alle Mehrkosten, die Wählern aus der Verwendung von genfreiem Fleich und solargebräuntem Wein entstünden. Vor den Wahllokalen werden Aktivisten am Wahltag kleine Probepackungen mit Hollundersirup verteilen, um noch nicht entschlossene Wähler "für eine Wahlentscheidung zu sensibilisieren, die für unser Land und die Dritte Welt einfach die bessere ist", wie Claudia Roth erklärte.

Liberal-Discounter schießt zurück

Alles wird fuchtbar, alles wird dramatisch, alles wird in sozialen Unruhen, mit brennenden Barrikaden und noch mehr güpnstigen Mitnahmeangeboten enden, zumindest darin sind sich die großen Politdiscounter im Vorfeld der beliebten Europawahl einig. Im Kampf um den besten Platz in der Urne hatten Aldi, Lidl und die Sozialdemokratie bereits sechs Wochen vor der Wahl mit Sonderangeboten einen noch nie dagewesenen Preiskrieg eröffnet: Aldi senkte die Preise für Rindernackensteak um die Hälfte, Lidl konterte mit Flaschenwasser zum Leitungswasserpreis und die SPD bot ein kostenloses Mittagessen für alle Kinder.

Auch damit aber blieb die kriselnde Arbeiterpartei nur Stunden ganz vorn. Wenig später schon konterten CDU, Netto und Linke, die einen mit einer kostenlosen Offerte zu vier Jahren Halbpension für alle, die anderen mit dem Versprechen, bei einem Wahlsieg gebe es Vollpension für jeden. Jetzt wird liberal zurückgeschossen: Die seit Monaten im Aufwind befindliche FDP plakatiert deutschlandweit ihre Grundforderung "Jedem das Meine". Anstrengung solle sich wieder lohnen, hieß es aus der Parteizentrale, am leeren Versprechenswettbewerb der Konkurrenz hingegen werde man sich weiter nicht beteiligen. Wie attraktiv der FDP-Hinweis sei, dass im Grunde genommen jeder Koch oder Kellner sein könne, wenn er nur wolle, werde der Wahltag zeigen. Man sei sehr optimistisch, dass "die Leute nicht nur immer ans Essen denken, sondern auch daran, dass es jemand kochen und an den Tisch bringen müsse".

Sonntag, 26. April 2009

Wenn schon dann Vollpension

Neue Runde im Preiskrieg der Politdiscounter. Kaum haben Aldi, Lidl, SPD und CDU im Vorfeld der Europawahl neue Sonderangebote auf den Markt geworfen und mit gewaltigen Rabattschlachten klargemacht, dass weniger mehr ist und keine Stimme umsonst, legt die große ostdeutsche Volkspartei Die Linke nach. Aus dem kostenlosen Mittagessen, das die SPD offeriert, hatte die CDU bereits verführerische vier Jahre Halbpension auf Kosten der Staatskasse gemacht. Die Linke geht noch einen Schritt weiter: Wenn schon, dann Vollpension, verspricht die Arbeiterpartei eine Rundumversorgung, wie es sie zuletzt in der DDR gegeben hat. Der Slogan "Alles frei, für alle, jeden Tag" soll Wählerinnen und Wähler an die Urne locken.Wer seine Stimme abgebe, bekomme überdies "Cocktails bis zum Abwinken". Gespannt richten sich nun alle Augen im politischen Berlin auf die Grünen, Rewe, Kondi, Plus und die FDP, die bereits angekündigt hatten, nachziehen zu wollen.

Neue Preisschlacht bei Discountern

Ist das schon die von Wissenschaftlern befürchtete Deflation? gerade erst hat die Billigkette Aldi die Preise für zehntausend Milchprodukte gesenkt, da kontert der Marken-Discounter Netto mit Preisabschlägen bei Teebeuteln und Fertigpizzen von 30 Prozent. Konkurrent Lidl lockt die Verbraucher inzwischen mit Niedrigpreisen für Outdoor-Kleidung, Zelte und Büchsennahrung, die SPD hält mit kostenlosem Mittagessen für alle dagegen. Zu Ende ist die neue Preisschlacht im Billigsegment damit aber noch nicht: Ab kommendem Montag bietet der bundesweit agierende Discounter CDU im Rahmen der Kampagne "Demokratie stärken - Mitessen statt Weggucken!" nun "Halbpension für alle" - für null Euro gibt es Frühstück und Abendessen satt für die ganze Familie, im Inklusivangebot enthalten ist außerdem das Bier für Vati und leckere Cocktails "bis zum Abwinken" (CDU) für Mutti.

Sperrer sperrt sich

Eben noch durften alle Kinderpornoopfer aufatmen, alle Kinderpornotäter aber mussten fürchten, endlich für ihr schreckliches Hobbe bestraft zu werden. Mutig hatte die Bundesregierung eine "Sperrung kinderpornografischer Internet-Seiten" (dpa) für deutsche Internetnutzer durchgesetzt, die nur umgehen kann, wer über spezielle Computerkenntnisse wie die Benutzung von maus und Tastatur verfügt.

Jetzt aber das schreckliche Erwachen: Die Deutsche Telekom, auch nach erfolgter Teilprivatisierung zu Mondpreisen bis heute zu mehr als einem Drittel in Staatsbesitz, weigert sich, die gesetzlich verordneten Sperrungen sofort in die Praxis umzusetzen. Dabei beruft sich die ehemalige Fernmeldebehörde auf "technische Hürden". So müsse erst eine Software entwickelt werden, die die Sperrungen umsetze. Die Entwicklung und Umsetzung dieses vollautomatischen Verfahrens koste mehr Zeit als gedacht. "Die Sperre kann daher voraussichtlich erst in einem halben Jahr aktiviert werden", sagte ein Telekom-Sprecher.

Die Bundesregierung will gegen die Verzögerungstaktik des größten deutsche Providers vorgehen. Noch in diesem Monat will das Kabinett beschließen, dass die notwendige Software fertiggestellt ist und eingesetzt werden kann.

Samstag, 25. April 2009

Gagelmann, geh Du voran

Die neuen T-Shirts waren gerade aus der Presse gekommen. Mit "Unschlagbar - Chemie Halle" wollten die Fans des Halleschen FC die unheimliche Serie ihres Vereines feiern, der inzwischen seit sagenhaften 25 Spielen ohne Niederlage war. War, denn gegen die U23 des Bundesligisten Hannover 96 riß der Erfolgsfaden der Hallenser.

Dabei war alles auf Angriff ausgerichtet bei den Remis-Spezialisten von der Saale. In der Woche vor dem Spiel hatte Trainer Sven Köhler erstmals klar gemacht, dass er nicht nur aufsteigen würde, wenn er denn müsste. Sondern dass er aufsteigen wolle. Schwer sei das ja nun nicht mehr: Alle Spiele bis Saisonende gewinnen, auch die Spitzenbegegnung kommende Woche bei Tabellenführer Kiel, der noch zwei Punkte vorn liegt. Das wärs dann schon.

Gewesen. Denn gegen die heimschwachen, aber auswärtsstarken Hannoveraner legt die Mannschaft des gebürtigen Sachsen zwar ungewohnt angriffslustig los, bis auf eine vom wieder in die Startelf gerückten Thomas Neubert verstolperte Großchance nach schönem Pass von Kanitz und einem irgendwie von der Linie abgeprallten Kopfball nach einer Ecke geht aber nicht viel. Halle beherrscht das Spiel, nicht aber den Gegner.

Soetwas ging im altehrwürdigen Kurt-Wabbel-Stadion jahrelang mit Sicherheit ins Auge. Irgendwann sprang der Ball immer blöd zum Gegner und der fälschte ihn unglücklich zu einer unverdienten Gästeführung ab. Erst in der Neuzeit des halleschen Fußballs sind die Rotweißen auf den Rängen es andersherum gewohnt: Halle gewinnt, wo es früher Unentschieden gespielt hätte, und spielt Unentschieden, wo es seit Menschengedanken zu verlieren geübt war.

Das würde auch heute so kommen, die Frage ist nur, wann. Und wer etwas dagegen hat. Der heißt heute Peter Gagelmann, ist von Beruf "Eventmanager" und in seiner Freizeit Hobby-Schiedsrichter mit Gelegenheitsengagement in der Bundesliga. Dort ist er nicht sehr beliebt, deshalb hilft er zeitweise in den unteren Ligen aus, wo ihn nicht so viele Zuschauer auspfeifen, weil nicht so viele kommen. Kurz vor der Pause, das Spiel treibt einem unaufgeregten Pausentee zu, erinnert sich der Pfeifenmann seiner Profession. "Eventmanager"! Kurzentschlossen bringt er unverhofft etwas Betrieb in die hin- und herschwappende Partie. Nach einem Zusammenstoß eines halleschen Spielers mit einem Hannoveraner Akteur denkt der vom auch unserem kleinen Fußballfachblog PPQ nicht immer zugeneigten DFB vorausschauend für das vorentscheidende Spiel im Zweikampf zwischen Kiel und Halle angesetzte Bremer kurz nach - und gibt dann Freistoß für Hannover. Norddeutschland hält zusammen! Hahne nimmt den Ball und schießt ihn kurzentschlossen in den Winkel der Torwartecke. Torsten Görke, bis dahin eher im Leerlauf kurbelnd, macht es noch vor der Pause bei einem Freistoß beinahe genauso gut. Trifft aber nur die Latte.

Der Rest ist ein Soloauftritt des Mannes in Gelb, der Hannover nicht nur die Daumen drückt, sondern auch die Stange hält. Peter Gagelmann zelebriert einen Auftritt, als hätten die 2000 Zuschauer Eintritt bezahlt, um allein ihn zu sehen, wie er wichtig seine Pfeife bläst und mit den Armen rudert. Er pfeift, wo er laufen lassen müsste, und lässt laufen, wo die Füße fliegen. Gegen Kritik weiß er sich zu wehren wie ein Großer: Es hagelt Ermahnungen und anschließend Gelbe Karten. Torsten Görke ist schwer rotgefährdet und wird notausgewechselt. Trainer Sven Köhler hingegen muss nach einigen Unmutsbekundungen wegen eines nicht gegebenen Freistoßes wegen eines unerlaubten Rückpasses auf die Tribüne. Von dort brüllt einer "mistverdammter Scheißrusse" runter, er meint den Schiri, nicht den Trainer.

Es ist jetzt kein Spiel Halle gegen Hannover mehr, sondern eines Halle gegen Gagelmann. Jede Aktion ist Abseits oder Foul, längst dröhnt das Stadion vor "Hoyzer, Hoyzer"- und "Schieber, Schieber"-Rufen.

Das stachelt den 40-Jährigen erst recht an. Als ein Hannoveraner in der 65. Minute nach einem klugen Paß von Peter Gagelmann persönlich auf Torwart Darko Horvat zuläuft, gelingt es Christian Kamalla zwar, ihm den Ball wegzuspitzeln. Gagelmann aber hat keinen gespielten Ball, sondern ein Foul gesehen. Strafstoß, ein Mann namens Proschwitz tritt an und trifft. 0:2. Eine ähnliche Situation auf der Gegenseite beurteilt der erfahrene Bundesliga-Schiedsrichter mit dem Blick des norddeutschen Lokalpatrioten genau andersherum. Stark wird im Strafraum gelegt, Gagelmann formt mit den Händen einen Ball: Ball gespielt!

Aus, vorbei, für immer. Manchmal sind es einzelne Männer, die Weltgeschichte schreiben, manchmal sind es einzelne Männer, die Tragödien inszenieren. Christian Kamalla, der Abwehrmann, der aus der zweiten Mannschaft kam und bis hierhin alle Spiele der Saison durchgespielt hat, wird ausgewechselt. Mit ihm hat der HFC 25 Spiele nicht verloren. Ohne ihn wird das nun anders werden. Köhler bringt Hebestreit und Kunze, um nochmal anzugreifen. In der Abwehrkette spielen nur noch drei statt der gewohnten vier Männer, aber Hannover will ja sowieso nur noch zum Ende kommen. Mit herausgestreckter Brust steht Peter Gagelmann souverän im Pfeifkonzert der halleschen Fans, ein leichtes Lächeln teilt jedem Zweifler mit, dass er ja doch am längeren Hebel sitzt.

Und noch ganz anders kann: Kurz vor Schluß fliegt ein Feuerzeug auf den Rasen, eins, nicht 20 wie beim Pokalduell von HSV und Bremen drei Tage zuvor. 20 reichten in Hamburg zu nichts außer ein paar launigen Kommantatorenbemerkungen. Eins reicht hier als Vorwand, das Spiel zu unterbrechen. Drei Minuten gestikuliert der Unparteiische mit harten Blick vor sich hin, keiner im weiten Rund weiß, was er meint und was er will. Die ersten wütenden Halle-Fans klettern nun auf die Zäune, Gagelmann gestikuliert der Einfachheit nun offenbar genau deshalb. Dann pfeift er wieder an. Zeigt an, dass er die versäumten drei Minuten in einer Minute kompakt im Schnelldurchlauf nachspielen lassen werde. Und lässt es 20 Sekunden später auch schon gut sein, noch ehe Torwart Darko Horvat wie sonst immer in engen Spielen nach vorn marschieren und den Ausgleich per Kopf erzielen kann.

Eine halbe Stunde später hat Kiel auch noch in Babelsberg gewonnen, ganz so, wie es sich die Hallenser wünschten, damit aus dem Zweikampf an der Spitze nicht noch ein Dreikampf wird. Immerhin. Der Druck ist weg, von Aufstieg redet nun erstmal niemand mehr. Nächste Woche allerdings geht es zum Tabellenführer, die heute verlorenen Punkte zurückholen.

Schlagzeilen im Anmarsch

Satzfetzen, die unser Leser Fabri nach aktuellem Stand der Dinge erwartet, bis 2012 in den Nachrichten gehört oder in der Zeitung gelesen zu haben:

"pullach: bnd ueberwachte jahrelang mitarbeiter"
"stau auf der a10 provoziert neuen koalitionskrach"
"familienministerium bereitet weit reichendes fkk-verbot vor"
"bahn: gewerkschaft erklaert verhandlungen ueber abschaffung der fliehkraft fuer gescheitert"
"schavan: kabinett uneinig ueber welle-teilchen-dualitaet"
"zahl der todesopfer von hochsitz-zusammenbruechen auf neuem rekordhoch"
"schaeuble: statistische stagnation praeventiv bekaempfen"
"bundespraesident warnt vor verharmlosung von aggro-rapmusik"
"umweltministerium erwartet heissen herbst"
"die diskussion ueber die voraussagen von heisenbergs gewinnt
zunehmend an schaerfe"

Kurz, kürzer, u.nu

Immer wieder erreichen uns ja Klagen von Lesern, die das schöne deutsche Wort "politplatschquatsch" für zu lang befinden. Man könne es sich kaum merken, heißt es traurig, was durchaus so gedacht war, weil die Redaktion glaubt, dass hier nur mitlesen soll, wer 22 Buchstaben unfallfrei hintereinanderzutippen vermag. Mancher geschätzte Leser stößt da leider an Grenzen: Der Begriff enthalte einfach zu viele L, zu viele T, zu viele "Sch" wie "Schule". Die P und Q seien außerdem häufig bestrebt, den Platz zu tauschen, ermahnte uns jetzt die Europäische Kommission für ein barrierefreies Internet, die zuvor einen Langzeittest mit mit 2092 Studenten der Politikwissenschaften durchgeführt hatte.

Wir wurden aufgefordert, den Domainnamen umgehend zu verkürzen, wenn wir unseren eben erst mit großer Mühe und nach langem Bangen erworbenen Status als durch das Bundeszensuramt offiziell für deutsche Nutzer freigegebenes internationales Webangebot beibehalten wollen. Dazu gehöre eine Adresse, die nicht nur für Blinde, sondern auch für Analphabeten, Kleinkinder und Rhönradturner leicht einzutippen sein müsse.

Mit Hochdruck arbeitete unser Technikerteam daran, Abhilfe zu schaffen. Für uns geht es ja auch um Fördermittel aus dem Rettungspaket drei oder vier, mit denen wir endlich goldene Klinkenstecker für unsere Audioserver anschaffen wollen. Soviel Druck macht schnell einen Ruck: Ab sofort ist PPQ auch unter der simplen Kurzwahl u.nu/7ta erreichbar. Nuu, das sind nun recht viele U, würde unser Ehrenpräsident Walter Ulbricht raunen. Aber die kann man sich ja wegdenken.

Schwindlers Liste

Nennt sich Bundesamt für die Finanzdienstleistungsaufsicht, abgekürzt BaFin, und wird immer mit dem Standardsatz erwähnt, es werde jetzt "geprüft", ob "ermittelt werden müsse. Dass ermittelt wird, war selten in den letzten Jahren, dass bei den Ermittlungen etwas herauskam, die Ausnahme: Einen Börsenjournalisten aus der Bierstadt Kulmbach, der wirklich den halb sozialistischen, halb kapitalistischen Namen "Sascha Opel" trug, haben sie mal richtig drangekriegt, weil er Aktien erst gekauft und dann empfohlen und damit fast den Gegenwert von mehreren Kleinwagen verdient hatte.

Finanzaufsicht ist ansonsten aber so etwas wie Peer Steinbrück im Verwaltungsrat zu haben. Den Vorschriften ist durch die reine Existenz Genüge getan, den Rest regelt man mit lauten "Haltet den Dieb!"-Rufen, wenn es zu spät ist.

Die Süddeutsche Zeitung hat jetzt die Liste in die Hand bekommen, in der das BaFin die Belastung der einzelnen Banken mit leicht verderblichen und bereits verdorbenen Wertpapieren auflistet. Und gucke da, wie der Sachse sagt, dessen Landesbank sich schon vor der Krise aufgelöst hatte: Überall, wo Staat, Regierung oder öffentlich-rechtliche Sparkassen ihre Finger drin haben, blühten die Spekulationen wie sonst nur noch bei der Hypo Real Estate, die selbst soviel nicht spekulierte, aber ja 2007 die Depfa übernommen hatte - eine ehemals bundeseigene Bank mit Steuersparsitz im irischen Dublin, die sich ausschließlich mit der Deckung des Finanzbedarfes von Staaten wie der Bundesrepublik durch den Verkauf von Pfandbriefen beschäftigte.

Die Liste selbst, die nach Angaben von Banken und BaFin "falsch" oder doch "irreführend" ist, weshalb jetzt die Staatsanwaltschaft wegen "Geheimnisverrat" ermittelt, ist ihre eigene Erklärung:

Bank Faule Kredite

Commerzbank 52 Milliarden Euro
Dresdner Bank 49 Milliarden Euro
jetzt zusammen 101 Milliarden Euro

HSH Nordbank 105 Milliarden Euro
LBBW 94 Milliarden Euro
Deutsche Bank 21 Milliarden Euro
Postbank 5 Milliarden Euro
Hypovereinsbank 5 Milliarden Euro
Hypo Real Estate 268 Milliarden Euro

Freitag, 24. April 2009

Schönes Wochenende!

Kuchen gegen die Krise

Endlich ein Machtwort der Kanzlerin! Nach den Warnungen von DGB, Oskar Lafontaine und SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan vor "sozialen Unruhen", die medial behandelt wurden wie Aufrufe zu solchen Unruhen, hat die ehemalige Klima-Kanzlerin jeder Art von Aufständen als Folge der Finanzkrise eine klare Absage erteilt. Die Sorge von Frau Schwan, „dass die von vielen empfundene Enttäuschung zu einer explosiven Stimmung führen könnte“ teile Merkel nicht, richtete ihr Sprecher aus. Es sei jetzt wichtig, dass niemand "einen Beitrag dazu leiste, die Menschen zu verunsichern" hieß es in Richtung von Gesine Schwan und DGB-Chef Michael Sommer, der auf eine entsprechende Frage hin zuletzt vorsichtshalber auch mal was von drohenden Aufständen und wachsendem rebellischem Potential im Volk gefaselt hatte.


Eine Befürchtung, die natürlich auch die Bundesregierung hegt. Weshalb sie eben gerade nicht darüber sprechen möchte. Stattdessen reicht das Kabinett jeden Tag eine neue Packung Beruhigungspillen an die "Menschen draußen im Lande" aus: Mal wird das Kurzarbeitergeld verlängert, dann die Elternzeit, mal werden die Renten erhöht, mal wird Autokäufern ein Viertel des neuen Wagens spendiert. Wenn die Leute eines Tages dennoch kein Brot mehr zu essen haben, wird ihnen garantiert kein Kuchen serviert. Sondern Torte.

Kunstfaschisten gegen rechts

Als Mullah Mohammed Omar mit Hilfe seiner Taliban im Jahr 1998 die Buddha-Statuen von Bamiyan sprengen ließ, weil menschliche Darstellungen islamische Gefühle verletzten, konnte er noch nicht ahnen, daß seine bundesdeutschen Brüder und Schwestern im Geiste gute 10 Jahre später ebenfalls bewaffnete Einheiten aussenden würden, um in deren Schutze Bildwerke zu vernichten. Während im Tal von Bamiyan nunmehr leere Felshöhlen vom Kampf der Gerechten gegen die Verhöhnung des Islam künden, zeigt die weißgetünchte Wand einer Berufsschule in der Kulturmetropole Chemnitz (bis 1989 Karl-Marx-Stadt), wie innovativ der Kampf der Antifaschisten gegen das Wandbild des jungen Künstlers Benjamin Jahn Zschocke ist, welcher des Rechts-Seins verdächtigt wird.

Ein Kapitalverbrechen, wie wir kürzlich berichten konnten. Netzwerk Recherche hat das Thema dankenswerterweise weiterverfolgt und ein wunderbares Beispiel dafür gefunden, wie die Antidemokraten von gestern, gebeutelt von Schuldgefühlen, sich als tausendprozentige Demokraten ausgeben. Eifriger als jeder Faschist es könnte, sägen sie an den Fundamenten des Rechtsstaates, verheerender als jede Nazidemo dürfte ihr Tun auf Jugendliche wirken, die zum ersten Mal erfahren, wie eine Dampfwalze aus geiferndem "Kampf gegen rechts" sich Feinde sucht, wo keine sind, um auf Verdacht hin Kriege zu gewinnen, die nur dem eigenen Machterhalt dienen.

Die Betonwand wurde nicht gesprengt wie bei den Taliban, schreibt NWR. Sie wurde lediglich übermalt, entsprechend der Parole „Bunt statt braun“ in unschuldigstem Weiß. Während einige Delinquenten, die auf dem Schulhof für den Erhalt des Werkes demonstrierten, in Handschellen abgeführt wurden, verrichtete die Malerfirma am 17. April unter Polizeischutz ihre symbolische Kulturtat. Für Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) war die Kunstvernichtung auch ein Akt der Zivilcourage: „Ich finde die Entscheidung, das Bild zu übermalen, absolut richtig. Es geht darum Courage zu zeigen.“

Herausragend bei der Organisation des Bildersturmes war Petra Zais, die 1977 in die SED eintrat und über sich selbst mitteilt: „Als Assistentin und spätere Lehrerin am Lehrstuhl Politische Ökonomie der Bezirksparteischule der SED in Mittweida gehörte ich bis 1989 zu den ideologischen Stützen des politischen Systems der DDR.“. 1992 wechselte sie von der SED-PDS zu den Grünen und ist im „Kulturbüro Sachsen e.V.“ tätig. Diese altgediente KaderIn der Deutschen Demokratischen Republik zeigt sich heute besorgt wegen des unverschämten Eingriffs oppositioneller Klientel in die eigene Kulturhoheit und stellte fest, daß in Schulen keine Kunst hängen dürfe „von Leuten, die unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnen“. Der Künstler selbst sagt zwar: „Natürlich stehe ich hinter der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung. Das ist für mich überhaupt keine Frage.“, doch reicht das noch lange nicht, um seine Werke vor amtlich angeordneter Zerstörung zu schützen. Er hat sich als ehemaliger Buschenschafter und Schreibkraft von „Pro Chemnitz/DSU“ zu unterwerfen, öffentlich abzuschwören. Die christliche Formel für solch einen kathartischen Prozeß lautet: Verfehlung – Bekenntnis – Reue – Vergebung.

Die Reste der Buddha-Statuen von Bamiyan liegen vor den Nischen der Felsen. Niemand weiß, ob die Figuren wieder aufgebaut werden. „Eine Restaurierung könnte die Skulpturen auch als Kulturdenkmal erhalten oder den Tourismus fördern. Andere Überlegungen gehen dahin, den Ort als Mahnmal menschlicher Barbarei so zu belassen, wie er ist.“ Letztere Überlegung wäre auch für Chemnitz eine Option. Oder man schreibt auf die weißgetünchte Fläche in großen Lettern einfach nur „Kunst in Karl-Marx-Stadt“.

Kapitäne der Titanic warnen vor Panik

Gerade noch hat sie der Sperrung von vorerst 1000 Internetseiten mit unbekannten Inhalten für deutsche Nutzer zugestimmt, und schon markiert Bundesjustizministerin Brigitte Zypries die Besorgte, die "vor weiteren Beschränkungen des Datennetzes" warnt. Warnen ist immer gut, das lernen sie ja schon in der Politiker-Vorschule. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel: Wenn man Sommer oder Schwan heißt und vor gesellschaftlichen Unruhen warnt, dann ist Warnen "Panikmache" (Guttenberg) und vor Panikmache warnen dann sofort wieder die, die genau wissen, wann warnen gut und wann warnen ganz schlecht ist.

Zypries´ Warnen wurde von der zentralen Bundeswarnkommission noch nicht geprüft, die Befürchtungen der Bundesjustizminsterdarstellerin, eine "Liste sperrwürdiger Inhalte würde sehr schnell sehr lang werden", dürften in Kürze aber von Bundessicherheitsministerdarsteller Wolfgang Schäuble als "Panikmache"(dpa) verworfen werden. Dann wird sich Deutschland, ganz so, wie es die SPD-Frau fordert, schon "klar" geworden sein, "wie man mit dem Internet generell umgehen wolle" (Zypries): Absperren, zuschließen, nur noch ein einheitliches Staatsnetz für alle.

Der Rest darf vor erst noch hier nachlesen, wie DNS-Sperren des eigenen Providers mit ein paar Klicks umgangen werden, indem man alternative DNS-Server nutzt. Denn eine DNS-Sperre funktioniert ja wie eine rausgerissene Seite aus dem Telefonbuch: Unter "Zypries" steht kein Name mehr und also findet man die Nummer auch nicht raus. Wenn man sie aber hat, vielleicht aus einem anderen Telefonbuch, kann man sie auch wählen, als wäre nichts gewesen.

Opiat fürs Volk

Nach der Meldung "Fiat will Opel kaufen" in allen Blättern heute, gab es auch gleich ein paar Wortschöpfungen für die neue Marke. Fopel & Fiapel waren da im Gespräch. Ich würde da eher das OP vorn sehen und IAT dransetzen - Opiat wäre doch ein schöner Name fürs krisentrunkene finanzberauschte Volk.

Kinder, wie die Zeit vergeht

Schon mindestens 24 Stunden ist kein Füllhorn mehr über der Bevölkerung ausgeschüttet worden, was Laien-Ministerin von der Leyen offenbar fürchterlich unruhig macht. Nach der Ankündigung, die Zahlung des Kurzarbeitergeldes verlängern zu wollen, nach der geplanten Rentenerhöhung im Osten und dem avisierten 300-Euro-Bonus für Nicht-Steuererklärungs-Abgeber sind ihrer Meinung nach Hungerrevolten in Deutschland noch immer nicht ausgeschlossen. Deswegen will sie das Elterngeld flexibler gestalten und statt 14 dann 28 Monate zahlen. Eine bezaubernde Idee, wie ein Rückblick auf die bisherige Erfolgsgeschichte des Elterngeldes beweist. Die Zahlungen hatten, wie von der Ministerin nicht anders erwartet, zu einem Geburtenrückgang geführt. Verschmitzt sagte die siebenfache dem Sozial-Board PPQ: „So produzieren wir weniger zukünftige Arbeitslose.“

Fremde Federn


Atmen ist unökolgisch. Hier steht, warum das so ist.

Wir sind die Roboter

Seit 1910 gab es Europameisterschaften im Eishockey, 1920 wurde Kanada zum ersten Mal Weltmeister, 1946 begannen sie, in der Sowjekunion statt nach ihren eigenen Bandy-regeln nach den Vorgaben des kanadischen Eishockeys zu spielen. 1954, vor 55 Jahren, traten die "Eissputniks" dann zum ersten Mal bei einer Weltmeisterschaft an -es wurde das erwartete Debakel für die kapitalistischen Favoriten, wie das "Neue Deutschland" seinerzeit verzückt jubelte.

1947 bereits hatten das "festgeschmiedete Kollektiv" die DDR-Auswahl 21:2 überrannt, in eigener Halle. An "eine Offenbarung" erinnert sich das Zentralorgan. Nun habe die Mannschaft mit dem "CCCP" auf der Brust eine Woche lang in sieben Spielen gezeigt, dass sie der Maßstab des modernen Eishockey ist. 7:2 zerlegten sie Kanada, Max Thoma, Chef des Schweizer Verbandes, beschrieb ehrfürchtig: "Ich habe noch nie so eine Mannschaft gesehen. Sie spielen Tempo-Eishockey, wie es auch die Tschechen und Kanadier nicht erreichen". Die Wirkung des sowjetischen Spiels aber hinge nicht von Einzelkönnern ab, "es ist alles auf die Mannschaftsarbeit abgestimmt."

Das Geheimnis des sowjetischen Eishockeys, über das die westmedien rätselten, war nach Ansicht des "ND" gar keins. Die Kanadier seien "wilde Stiere", die kein Pardon gaben. Die Sowjetmenschen auf dem Eis aber ein gutgeölter Mechanismus, dessen Perfektion jeden Gegner zerbricht. Stolz beseelt den Berichterstatter aus Berlin, Stolz darauf, "dass jene Eishockeyspieler, die in Stockholm den Titel errangen, unsere Freunde sind". Deshalb müsse die Schlußfolgerung für alle Sportfreunde in dr DDR lauten, noch besser und intensiver von diesen Meistern auf dem Eis, die auf Bildern aussehen wie Roboter, zu lernen. "Westdeutschland" wurde damals 5., direkt hinter den "großen Vier". Heute nachmittag beginnt die diesjährige Eishockey-WM. Diesmal in der Schweiz.

Donnerstag, 23. April 2009

Verbot der Woche: Nachts sind alle Katzen trocken

Hartes Durchgreifen gegen Spontan-Säufer: Als erstes Bundesland wird Baden-Württemberg Partygänger und Komatrinker mit einem nächtlichen Verkaufsverbot für Alkohol dazu zwingen, sich vor Alkoholexzessen planmäßig und strategisch mit Alkoholika einzudecken. Im Rahmen der PPQ-Aktion "Verbot der Woche" einigte sich die CDU/FDP-Koalition in Stuttgart heute nach monatelangem Ringen darauf, den Verkauf von Alkohol an Tankstellen, Kiosken oder Supermärkten von 22 bis fünf Uhr morgens generell zu untersagen. Damit will das Land Jugendliche zwingen, sich langfristig und vorbeugend mit Bier, Schnaps und Wein zu versorgen oder sich in Diskotheken und Kneipen um den Verstand zu trinken.

CDU-Fraktionschef Stefan Mappus sagte am Rande der Landtagssitzung, der Gesetzentwurf diene dazu, "ein Stück Lebenshilfe" zu geben. Zum Prozess des Erwachsenwerdens gehöre nicht nur, dafür zu sorgen, dass immer etwas zu Essen im Kühlschrank ist, sondern auch, dass etwas zu Saufen da sei, wenn unerwartet Gäste kämen. "Man darf eben nicht immer alles gleich selber trinken, bis man nicht mehr laufen kann", hieß es aus der FDP-Fraktion. Das Verbot soll zum 1. Januar 2010 in Kraft treten und öffentlich als "Tankstellenrettungspaket" angepriesen werden.

Im Gegenzug für das Verkaufsverbot, dem die FDP skeptisch zustimmend gegenübersteht, werden die Sperrzeiten der Gaststätten verkürzt. Sie dürfen an Wochentagen eine Stunde und am Wochenende zwei Stunden länger öffnen, damit die Zeit für alle ausreicht, sich richtig zu besaufen. Justizminister Ulrich Goll (FDP) begrüßte den Kompromiss. Er sagte aber auch, das Verkaufsverbot allein reiche nicht, auch der Konsum von Alkohol, Werbung für Spirituosen und der Betrieb von Alkoholverkaufsstellen müsse sanktioniert werden. Als beispielhaft gilt zahlreichen Mitgliedern der Regierungskoalition die Praxis in der islamischen Welt: Im Iran etwa dürfe Alkohol überhaupt nicht vertrieben werden. Dadurch liege die Zahl der jugendlichen Komasäufer dort bei nahezu Null.

Video killed the Radiostar

Die einen starben und wurden berühmt, die anderen fanden eine Stelle bei Genesis und tragen heute gemischten Fremd- und angegrauten eigenen Ruhm über die Volksfeste spazieren. Die dritten schließlich beließen es bei einer kurzen Andeutung, was für großartige Stars sie hätten werden können. Mark Aston, als Sänger der Gruppe Addict einstmals auf dem Sprung, der neue Kurt Cobain zu werden, arbeitet heute als Musicproducer beim britischen Fernsehen. Hat also mit Musik nichts mehr zu tun. Abgesehen davon, dass er immer noch grandiose macht.

Bundesregierung auf Shoppingtour

Soviel Geld ist fort, und doch ist noch so viel da, dass die Bundesregierung den Rentnern im Lande erstmal eine Lage schmeißt. 20 Millionen Rentner bekommen zum 1. Juli einen ordentlichen Schluck aus der Rentenpulle: Im Westen steigen die Bezüge um 2,41 Prozent, im Osten sogar um 3,38 Prozent.

Das ist nicht nur der guten Lohnentwicklung im vergangenen Vor-Krisenjahr geschuldet, sondern der Weitsicht des Merkel-Kabinetts vor dem Wahljahr. Um die Menschen von den auch pekunären Vorzügen der Regierungspolitik zu überzeugen, änderten CDU und SPD in einer gemeinsamen Anstrengung die Rentenformel. Der "Riesterfaktor", von Rot-Grün eingeführt, um die Renten an die demografischen Veränderungen anzupassen, wurde kurzerhand ausgesetzt. Mehr Ideen für eine starke Demokratie im PPQ-Stimmenkauf-Archiv.

Finster fleht die Fliese

Drei Prozent runter oder fünf, fünfeinhalb oder sechs, vielleicht auch acht oder alles. Je länger die bisher nur im Fernsehen stattfindende "Wirtschaftskrise" (Steinbrück) dauert, desto näher rücken die Nachrichten dem wirklichen Leben. Frau Schwan schwant, dass die zyklische Überproduktionskrise des Kapitalismus auch diesmal wieder nur durch bürgerkriegsähnliche Unruhen geheilt werden kann, Herr Sommer vom DGB sieht Hungerauftsände der zuletzt erneut nach seinem Vorbild kräftig in die Breite gewachsenen Bevölkerung kommen und hört sich an, als freue er sich schon darauf.

Den Keramikator, der Halle seit Jahr und Tag zuverlässig mit immer neuen, buntbemalten Fliesen auskleidet, ficht das alles nicht an. Noch hat der Baumarkt Fliesenkleber, noch ist Farbe da und Fliesen sind es auch. Als kleine Verneigung vor der großen Krise pflegt der anonyme Meister derzeit allerdings apokryphe Motive in sattem, traurigem Blauschwarz zu kleben. Er selbst kennt keine Krise. Doch er ist bei denen, die sie fürchten.

Mittwoch, 22. April 2009

Allmacht im Anmarsch

Erstaunlich klar äußert sich die jeder Originalität unverdächtige Frankfurter Rundschau heute zum Sicherheitswahn des Schäuble-Staates, der sich einen Geheimdienst erfunden hat, dem Polizeimethoden zur Verfügung stehen, der Grundrechte im Namen der Grundrechte mit Füßen tritt und die Freiheit der Meinung, die Freiheit des Glaubens und des politischen Bekenntnissen nur insoweit wahren möchte, als er bestimmen kann, was gemeint, geglaubt und politisch gedacht wird.

Die Notstandsgesetzgebung bedeute "die Legalisierung der Aufhebung der im Grundgesetz fixierten Grundrechte", zitiert FR-Autor Christian Bommarius in seinem "Republik im Notstand" überschriebenen Text. Jaspers' habe schon in den 60er gewarnt: "Unsere Staatsstruktur beruht auf der Angst vor dem Volk, dem Misstrauen gegen das Volk." Wie groß dieses Mißtrauen wachsen kann, ahnte er nicht: "Das Bundeskriminalamt, bisher mit der Aufklärung begangener Verbrechen beauftragt, wird zu einer zentralen Sicherheitsbehörde, gleichermaßen mit der Aufklärung begangener und der Vorbeugung zu befürchtender Verbrechen beschäftigt, ausgestattet mit den Mitteln der Polizei und berechtigt zu den Methoden eines Geheimdienstes. Erlaubt ist insbesondere der Spähangriff, also das Eindringen in Privatwohnungen und das Anbringen nicht nur von Wanzen, sondern auch von Kameras."

Wer nichts zu verbergen habe, so klingt es auch dem Stasi-Ministerium 2.0, der habe ja aber auch nichts zu befürchten! Aus allen Sicherheitsgesetzen der vergangenen Jahre töne die Devise, schreibt Bommarius: "Erst müssen die Menschen für den Staat da sein, damit der Staat für die Menschen da sein kann." Das seien die Parolen des Präventionsstaats.

Und hier nun die dazugehörige Definition, so lange sie noch geschrieben werden darf, ohne dass dem Autor rechtliche Konsequenzen drohen: "Was ist der Präventionsstaat? Er ist ein Versprechen: Wenn erst alle Worte gehört, alle Schreiben gelesen und alle Bewegungen observiert sind, wenn nichts mehr verborgen ist, was sich noch heute verbirgt, wenn erst alle Daten erfasst sind vom genetischen Fingerabdruck bis zum Fußpilz, wenn der Autoverkehr kontrolliert wird, der Luftverkehr und der Geschlechtsverkehr, wenn vom Verbrechen gewusst wird, noch ehe der Verbrecher weiß, dass er es begehen wird, dann…, nun, dann wird der Staat eines Tages zumindest erklären können, warum dennoch die Bombe unerlaubt in der U-Bahn explodierte, wie es möglich war, dass der videoüberwachte Terrorist sich im Selbstmordanschlag frei entfalten konnte, aus welchem Grunde also das Unvermeidliche tatsächlich unvermeidlich war und das Unabwendbare nicht abzuwenden."

Jaspers fragte: "Wie viel Vertrauen kann man einem Staat und den ihn vertretenden Männern schenken, solange Handlungen stattfinden, die das schärfste Misstrauen erzeugen?"

Den Rest gibt es hier.

Google im Visier

Nicht mal eine Woche nach unserem unglaublich tiefgründig recherchierten Bericht über die Verstrickung der weltgrößten Suchmaschine Google in die Verbreitung von illegalen Kopien von Musik, Filmen und Software ist nun auch das Magazin Forbes mit seiner Recherche ferig. Nach Ansicht der Experten sind die Macher von Pirate Bay auf dem Feld der Piraterie "nur kleine Fische", denn "Google und Co. machen genau das, was auch Pirate Bay tut". Nur in viel größerem Maßstab. Mal sehen, wann nun der erste kommt, der Google verbieten will.

Neuzeit vor dem Ende

Plötzlich funktionieren die Handys nicht mehr, als wollte sich Gott beim größten Provider dafür bedanken, dass der feiwillig bereit war, das Internet künftig nur noch als zensierte Light-Version zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig entlässt Yahoo wieder Leute, Amazon filtert schwule Autoren aus den Bestenlisten, die Pirate Bay-Macher unterliegen vor Gericht und die Musikindustrie zwingt Fabchannel in die Knie.

Da wir hier seit Jahren Experten zitieren, die sich nach gründlicher Überlegung entschlossen haben zu glauben, dass das ganze Internet ein gespenst ist, das eher früher als später wieder verschwinden wird, überrascht uns das kaum. Erfreut nehmen wir allerdings zur Kenntnis, dass die Installation einer eigenen Internetseite inzwischen einfacher geworden ist zu sein scheint als die unfallfreie Aneinanderreihung einer Handvoll Buchstaben. Bleibt nur, dem hochsympathischen "Entrepeneur" Faouzi Takni und seinem fantastischen Videomail-Projekt allen Erfolg zu wünschen, den man haben kann. Auch wenn es nicht viel nützen wird.

Dienstag, 21. April 2009

Keine Fangfrage!

Was für ein Auto fährt Rockstar, Umweltaktivist und Welt-Afrikabeauftragter Bono, wenn er mit einem Journalisten in Dublin unterwegs ist? Kleiner Hinweis: Das Gefährt wird mit Ethanol angetrieben.

Verrückt bis auf Widerruf

Noch im Oktober war es eine amerikanische Krise, noch zu Weihnachten waren die Banken durch einen "Rettungsschirm" gerettet. Noch im Januar tönte der Krisenmanager Peer Steinbrück, für faule Kredite der deutschen Banken werde es keine "Bad Bank" geben, denn eine solche Sammelgesellschaft für faule Wertpapiere könne er sich "ökonomisch und vor allem politisch nicht vorstellen".

Eine "Bad Bank" nämlich, so hatte der als Ministerpräsident gescheiterte Arbeiterführer ausgerechnet, müsse mit Steuergeldern von mindestens 150 oder 200 Milliarden Euro ausgestattet sein. "Wie soll ich mit einem solchen Vorschlag vor den Deutschen Bundestag treten? Das Publikum würde uns für verrückt erklären".

Jetzt die die Bundesregierung verrückt geworden, denn schon "bis Mitte Mai" (dpa) will sie nun doch eine "Bad Bank" gründen, um die Banken von „toxischen“ Papieren zu befreien. Ein Mann, zwei, drei, viele Worte, und auf jedes einzelne ist zwei, drei Tage lang Verlaß: Steinbrück versprach heute, die zu gründende Auffanggesellschaft für Zertifikatemist aller Art werde "keine zusätzlichen Belastungen für den Steuerzahler" nach sich ziehen. Der Bund übernehme keine Haftung, es gebe keine Auswirkungen auf den Haushalt. Die kommen ja auch erst, wenn Steinbrück seinen wohlverdienten Ruhestand genießt: Der Bund übernimmt eine Garantie für Defizite, die am Ende übrig bleiben könnten - in zehn oder 20 Jahren erst soll Zahltag sein.

Der Teufel spricht Gaga

Es war der erwartete "Eklat" (dpa), der programmierte "Ärger" (HZ), der sich medial schon am Wochenende mit Donnergrollen angekündigt hatte. Wahrscheinlich hätte Mahmud Achmedinedschad auf der Bühne der Uno-Anti-Rassismuskonferenz in Genf am Ende auch "Alle meine Entchen" singen dreistimmig können und ihm wäre irgendein Strophenteil als fürchterlichster antisemitischer Ausfall aller Zeiten um die Ohren gehauen worden.

Natürlich ist der Iraner ein Antisemit. Natürlich ist er ein Rassist, ein Frauenfeind, ein machtgieriger Halbdemokrat, wahrscheinlich sogar ein Ex-Terrorist und Mörder. All das aber war Stalin auch, was Churchill und Roosevelt keineswegs hinderte, ihn kumpelnd "Uncle Joe" zu nennen. Mao hatte mehr Menschen auf dem Gewissen als Ahmedinedschad ja als Opfer zur Verfügung haben wird. Und doch machte sich Nixon einen Termin mit ihm.

Was geht da also vor, dass deutsche Politiker in der ersten Reihe der Boykotteure marschieren, dirket hinter dem US-Präsidenten, der den Dialog ausgerufen hat, um ihn anschließend zu verweigern? Kaum ist der Hardliner Bush fort, entdecken die Deutschen, am Welttheater nach ihrem letzten großen Auftritt zwischen 1939 und 1945 nur noch als Schwätzer besetzt, die harte Linie? Kaum hat ein US-Präsident wieder ein menschliches Gesicht, schon darf er Schwein sein und muss nicht mehr reden?

Die Rede jedenfalls, die Mahmud, der "Irre von Teheran" (Bild), in Genf gehalten hat, ist bar jeder Überraschung. Der sehnige Schiit kritisiert am UN-Sicherheitsrat herum, weil er nicht versteht, weshalb einige Länder auf der Welt gleicher sein sollen als andere. "Wie können wir erwarten", sagt er, "dass die Verwirklichung der Gerechtigkeit und des Friedens gewährleistet sind, wenn Diskriminierung legalisiert ist und den Ursprung des Gesetzes in Zwang und Gewalt liegt statt in Gerechtigkeit und das Recht?" Eine Frage, die sich Attac seit Jahren stellt. Gefasst in einen Satz, der auch von Gesine Schwan stammen könnte.

Allerdings ständen dann nicht alle auf, um eilig zu flüchten. Denn nun kritisiert Ahmedinedschad die Palästinenserpolitik Israels als "rassistisch" und vergleicht sie wie bestellt mit dem Holocaust. Nicht besonders originell, das hat Oskar Lafontaine zuletzt schon gar nicht mehr versucht, weil keiner mehr drauf angesprungen ist. Auf Indiemedia hingegen und bei Todenhöfer findet sich das Original zur Coverversion des Iraners. Todenhöfers Bücher sind Bestseller.

Aber Lafontaine und Todenhöfer sind eben nicht Ahmedinedschad. Der nörgelt in seiner Rede nun über den US-Angriff auf den Irak, der ein blühendes Gemeinwesen gewesen sein soll, was er nun wohl nicht mehr ist. Die ganze Passage haben iranische Geheimagenten offenkundig aus Papieren der deutschen Friedens- und Ostermarschbewegung abgetippt. Und auch an Dokumente der SPD sind sie herangekommen: Wenn Ahmedinedschad anprangert, dass sich der Drogenanbau in Afghanistan seit der Befreiung des Landes von den Taliban vervielfacht habe, hört mal Peter Struck direkt dunkel über sein Pfeifchen keuchen.

Dann setzt Genosse Steinbrück ein mit seiner "amerikanischen" Krise, die bei Ahmedinedschad "keine Krise aus Afrika oder Asien" ist. Schuld ist wie immer Amerika, denn dort geht es "allen geltenden Gesetze und Vorschriften und moralischen Werten zu Trotz nur um den Schutz der Interessen der Eigentümer von Reichtum und Macht". Gregor Gysi würde das vielleicht etwas fluffiger formulieren, aber meinen tät' er dasselbe. Also Verdi, aufgepaßt, das ist ein guter Satz für den nächsten "heißen Herbst!"

Zur kompletten Rede auf deutsch, zumindest bist Absatz vier, dann wird maschinenlesbar, geht es hier. Ahmadinedschad sagte bei seiner Rückkehr nach Teheran übrigens, nachdem seinetwegen "einige Länder die Konferenz boykottiert" hätten, erkläre er "hiermit, dass ich von nun an an allen internationalen Konferenzen teilnehmen werde." Nun kommt Steinmeier niemals mehr aus Deutschland raus.

Mehr ist weniger

Bis 1974 war die Welt noch in Ordnung. Der Verfassungsschutz beobachtete "Radikale" von rechts und "Radikale" von links, wer zu radikal war, wurde per "Radikalenerlaß" vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen.

Dann aber, eines schönen Tages, begann der Verfassungsschutz von "Extremisten" zu sprechen. Von einem Tag auf den anderen waren alle Radikalen fort, vom Radikalenerlaß abgesehen. Und die Bundesrepublik war voller Extremisten. Aus dem Begriff erst entwickelte sich, was heute als "Extremismusforschung" in höchster Blüte steht. Radikal und extremistisch, eben noch Synonyme, waren plötzlich zwei ganz verschiedene Dinge, per Definition einer Behörde waren aus Radikalen Extremisten geworden.

Zum 35. Jubiläum der Begradigung der Wirklichkeit hat das Bundesinnenministerium nun eine neue Bedeutungsnebelkerze abgeschossen: Nach einer Neudefinierung der Erfassungskriterien für rechtsextremistische Straftaten konnte im zurückliegenden Jahr erneut ein Anstieg entsprechender Delikte um 16 Prozent registriert werden. Mit "insgesamt 20.422 Delikten" rechter Täter wurde der bisherige Rekord aus dem Jahre 2001 übertroffen, zog Innenminister Wolfgang Schäuble eine zufriedene Bilanz nach 20 Jahren beharrlichen "Kampfes gegen rechts" (Angela Merkel).

Bei rund 19.000 der registrierten rechten Taten handelt es sich dabei um sogenannte Propagandadelikte, also um Hakenkreuz-Grafitti, Hitlerbild-Schmierereien und gekritzelte rechte Parolen, die ohne politischen Inhalt als Sachbeschädigung gelten würden. Entsprechend heftig ist die Zahl der politisch motivierten Sachbeschädigungen angestiegen: 45 Prozent mehr Ertrag erbrachte die neue Zählweise, bei der ein Hakenkreuz, das ein Unbekannter aus unbekannten Gründen malt, auch noch als politisches Delikt gilt, wenn es sich beim Täter um einen Fünfjährigen handelt, der ein Ausstellungsplakat der Landesregierung Sachsen-Anhalts nachkrakelt.

Da es schwierig ist, der Täter in solchen Fällen habhaft zu werden, sank die Aufklärungsquote aller politisch motivierten Straftaten von 44,7 Prozent auf 40,5 Prozent. Mehr Taten haben nun weniger Täter, wie damals bei der Umwidmung des Radikalen-Begriffs in die Extremisten-Definition. Aber die Statistik stimmt wieder.

Altpapier nun doch erlaubt

In de Flut der Verbote, Verbotsandrohungen und Verbotsvorschläge kann schon manchmal etwas durcheinandergehen. Dann wird verboten, was erlaubt ist, und beschlagnahmt, obwolh es keinen Grund gibt. Etwa von der bayrischen Landeseregierung, an deren Spitze der große Demokrat Horst Seehofer steht. Kurz nach dem Putsch, der ihn ins Amt gespült hatte, führte er sich bei seinen Bayern als fürsorglicher Landesvater ein, der Nachdrucke von Zeitungen aus der Zeit des Dritten Reiches bundesweit an den Kiosken beschlagnahmen ließ. Durch die "Zeitungszeugen" genannten Nachdrucke hätte anderenfalls, so argumentierte das Kabinett Seehofer, das Dritte Reich wiederausbrechen können, weil sich Leser etwa der nachgedruckten "Vossischen Zeitung" mit hoher Wahrscheinlichkeit urplötzlich in Nazis verwandelt hätten.

Ein Akt staatlicher Willkür, der durch keinerlei Recht gedeckt war, so befand jetzt nach einer Zivilkammer des Landgerichtes München auch die 2. Strafkammer. Die im Januar erwirkten Beschlüsse zur Beschlagnahme zweier Faksimile-Beilagen der Geschichtszeitschrift seien "rechtswidrig" gewesen. So hätten die von der bayerischen Staatsregierung reklamierten "geistigen Eigentumsrechte" an den Nachdrucken nicht bestanden, auch der später konstruierte Vorwurf der rechtswidrigen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen sei frei erfunden gewesen.

Wer hat es gesagt?

"Soll ich vor Empörung laut schreien oder soll ich die Dummheit des Geschehens stillschweigend mit Ironie verfolgen?"

Das einzige Kleben

Draußen tobt der Kampf um die Bad Bank und die Vertuschung all dessen, was Politiker vor der Krise von der Krise wussten. Drinnen aber, in der kleinen ostdeutschen Metropole, klebt ein Mann seinen Weg: Der große Unbekannte, der Halle seit Jahren mit neuen Fliesen auszukleiden bestrebt ist, erwacht mit den ersten Frühlingssonnenstrahlen zu neuer Aktivität. sei es, dass der Fliesenkleber jetzt wieder besser bindet, sei es, dass ein private Krise den genialen Keramikator endlich aus ihren Fängen gelassen hat. In der Kuckhoff-Straße hat der Fliesen-Artist, als dessen ofizielle virtuelle Galerie sich unser kleines geschmacksbildendes Board PPQ nach eines Beschluss des Verbandes klebender Künstler Sachsen-Anhalts nennen darf, jüngst des nächtens eine außergewöhnliche Doppelklebung durchgeführt. Hoch über den Köpfen der Passanten strahlt die frische Ornamentik einer Standardfliese neben der zurückhaltenden Buntheit einer Mini-Keramikplatte.

Montag, 20. April 2009

Mit Sicherheit sicher

Die nordrhein-westfälische Junge Union ist offenbar eine besonders begnadete Ansammlung von Verbotsfetischisten. Sie will über ihre Mutterpartei ein konsequenteres Vorgehen von Polizei und Ordnungsbehörden gegen die angeblich steigende "Zahl gewaltverherrlichender Jugend-Foren im Internet" (derwesten.de) durchsetzen. Ins Visier "nehmen die Jungpolitiker dabei vor allem populäre Videoportale" (derwesten.de).

Kurze Zwischenfragen: Was sind, verdammt noch einmal, eigentlich Jugend-Foren? Steigt die Zahl der gewaltverherrlichenden Exemplare dieser Gattung wirklich an oder, wenn überhaupt, nicht doch eher die Zahl der Einträge? Was haben wiederum diese Jugend-Foren und Videoportale miteinander zu tun? Na ja, who cares, ist ja nur eine Pressemitteilung, um auch mal in der Zeitung zu stehen.

Also weiter im Text: Die "Betreiber von Portalen wie YouTube sollten nach Ansicht der Union dazu verpflichtet werden, sowohl das Hochladen solcher Videos als auch das Anschauen zu erschweren ... Zum Beispiel, in dem sich jeder Nutzer erst mit voller Anschrift und seiner Personalausweisnummer registrieren muss" (derwesten.de).

Um sich in die Phalanx der "Sicherheit ist, wenn auch der letzte runterfallende Dachziegel verboten ist"-Apostel ganz vorne einreihen zu dürfen, reichen die JU-Forderungen aber noch lange nicht aus. Wie wäre es mit der Abnahme von Fingerabdrücken beim Kauf eines Eddings, mit dem sich kinderleicht gewaltverherrlichende Parolen an Häuserwände schmieren lassen? Auch ein Iris-Scan und ein anschließender Abgleich mit allen Interpol-Datenbanken beim Erwerb einer neuen Brille könnte nicht schaden, lässt sich doch mit den sichtverbessernden Gläsern ein scharfer Blick auf gewaltverherrlichende Videos werfen. Es gibt noch viel zu tun, liebe JU!

Kinderpornografie: Jeder Mann muss ran

Die Macht der großen Zahl, sie half auch Familienministerin Ursula von der Leyen dabei, die teilweise Sperrung des Internets für deutsche Nutzer durchzusetzen. Von "täglich bis zu 450.000 Zugriffe" von deutschen Nutzern auf Seiten mit kinderpornografischem Inhalt orakelte die CDU-Politikerin - wie immer unwidersprochen, sieht man von Einzelstimmen etwa bei
Heise oder in Blogs ab.

Dabei sagt die Zahl von angeblich täglich 450.000 Klicks deutscher Nutzer auf Kinderporno-Seiten selbst schon alles über sich: Derzeit haben rund 41 Millionen Deutsche Internetzugang. Davon sind etwa 60 Prozent Männer, also etwa 25,2 Millionen. Umgerechnet müsste jeder einzelne von ihnen zumindest einmal aller zwei Monate auf eine "Kinderpornoseite" klicken, um die von von der Leyen behaupteten Klickzahlen zu erreichen. Interessiert sich aber vielleicht doch nicht jeder deutsche Mann für Sex mit kleinen Knder, wovon wir auch nach dem großen Zerbrechen des Grundvertrauens in unsere Nachbarn, Freunde und Bekannten nimmermüd ausgehen, erhöht sich die Rate. Ist einer von zehn deutschen Männer insgeheim ein Kinderpornograf, müsste er schon jeden dritten Tag nach neuen Bildchen suchen. Ist es nur einer von hundert, wäre er schon gezwungen, jeden Tag inklusive Samstag und Sonntag, zwei verschiedene Seiten anzusteuern.

Da Rechtsanwalt Udo Vetter von Lawblog, der schon häufig Personen vertreten hat, bei denen die Polizei Kinderpornografie fand, berichtet, dass seine Mandanten ihre Kinderpornos "aus Tauschbörsen, Newsgroups, Chaträumen, Gratisbereichen des Usenet oder aus E-Mail-Verteilern" bezogen oder "auf DVD, ganz normal mit der Post“ bekamen, fällt ein Teil der wirklich Interessierten wohl auch noch raus. Wer ist das aber dann, der da 450.000 Mal täglich klickt? Oder klickt es etwa gar nicht?

Dumm fickt gut, schlau hat mehr Erfolg

Als Board, das dem Gedanken der Aufklärung verpflichtet ist, sind wir ja immer froh, "unseren Menschen" (Angela Merkel) überraschende Erkenntnisse aus dem Bereich der Wissenschaft übermitteln zu können. Dort finden teilweise völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit Forschungsarbeiten statt, die noch überraschendere Ergebnisse zeitigen als Walter Steinmeiers Berliner Auftritt als Obama für Arme, der im sensationellen Satz gipfelte: "Ja, ich will Kanzler werden!"

Forscher der Uni Bonn haben jetzt mit dem alten Wurzel- und Kräuterglauben aufgeräumt, dass die dümmsten Bauern die größten Kartoffeln haben, die blödesten Gehrinchirurgen die schicksten Autos besitzen, dumm gut fickt und grenzdebile Manager die höchsten Millionenboni kassieren.

Der Bonner Psychologe Jochen Kramer musste allerdings eine sogenannten Metaanalyse anstellen, um den Zusammenhang zwischen Intelligenz und Erfolg herauszuarbeiten. Sagenhafte 244 Studien aus Deutschland in den letzten achtzig Jahren hat er dafür nach den neuesten Methoden ausgewertet. Jetzt ist der Forscher sicher: "Je intelligenter ein Mitarbeiter ist, desto eher liefert er gute Arbeit und ist beruflich erfolgreich."

Mit einer Wahrscheinlichkeit von gut 80 Prozent erbringen Mitarbeiter eine hohe Arbeits- oder Lernleistung, wenn sie unter Berücksichtigung ihrer Intelligenz ausgewählt wurden - im Vergleich zu 50 Prozent bei reiner Zufallsauswahl. Die Chancen der ausgewählten Bewerber, Karriere zu machen und ein hohes Einkommen zu erzielen, liegen unter Berücksichtigung der Intelligenz bei knapp 70 Prozent. Allerdings "wurden in den Studien vor allem Büro-, Industrie- und Handwerksberufe untersucht. Inwieweit Intelligenz bei Berufen wichtig ist, die durch den Umgang mit Menschen geprägt sind, muss noch untersucht werden."

Der Bonner Wissenschaftler ist schon dabei, herauszufinden, welche anderen Fähigkeiten noch eine Rolle spielen. Wie viel Anteil haben zum Beispiel Motivation, Gewissenhaftigkeit, emotionale Intelligenz oder soziale Kompetenzen? Ist es besser faul zu sein, um Erfolg zu haben, oder nützt doch eine gewisse Rührigkeit? Schon jetzt weiß er aber: "Als Personalchef würde ich mir auf jeden Fall ein Bild von der allgemeinen Intelligenz meines zukünftigen Mitarbeiters verschaffen. Davon profitiert schließlich auch der Arbeitnehmer: Denn nur wer eine Aufgabe hat, die zu seinen Fähigkeiten passt, wird damit zufrieden."

Uzi aus der Zeitmaschine

Der Partei, die sich nach einer erneuten Verpuppung nunmehr vorerst Die Linke nennt, ist es gelungen, eine Zeitmaschine in Betrieb zu nehmen. In einer Anfrage der drei Abgeordneten Ulla Jelpke, Kersten Naumann und Petra Pau an die Bundesregierung heißt es:

"Immer wieder kommt es bei Rechtsextremen und Neonazis zu Waffenfunden. So fand die Polizei im Oktober 2007 im Haus des NPD-Bundesvorstandsmitglieds T. H. im thüringischen Fretterode (Eichsfeld) eine israelische Maschinenpistole Marke Uzi, eine halbautomatische Pistole und einen Schlagring (Neues Deutschland, 2. März 2003)."


Die Bundesregierung hat unterdessen auf die nachfolgende Frage geantwortet. Offen bleibt für uns Zukunftsforscher hier im kleinen Orakel-Board PPQ allerdings eine Antwort auf die Frage, wie die drei Abgeordneten an ein "Neues Deutschland" herangekommen sind, das bereits am 2. März 2003 über eine Polizeiaktion aus dem Oktober 2007 berichten konnte.

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Was macht eigentlich: Die Statistik rechter Straftaten?

Jahr um Jahr durfte man sich darauf verlassen, pünktlich wie die Eieruhr rollte der Innenminister jeweils Anfang April, auf jeden Fall aber noch vorm Führergeburtstag eine Warntorte in den Saal der Bundespressekonferenz. Hoch wie nie zuvor waren sie dann, die Zahlen, die von rechtsextremistischen Staftaten berichtet werden konnten, immer mehr, immer höher oder wenigstens immer brutaler unterwanderten die Springerstiefelträger das demokratische Gemeinwesen, immer gerissener zuletzt auch, weil sie Schlips statt Glatze und Pali-Tuch statt NSdAP-Jacken trugen und damit sogar wackere Demokraten wie den Merseburger Bürgermeister von ihrer Harmlosigkeit zu überzeugen vermochten.

Längst wäre es Zeit für Schäuble, mal wieder zu warnen, längst ist der politische Kalender weit genug vorgerückt, dass alle beteiligten Behörden die Zahlen vom letzten Jahr hätten zusammenrechnen können. Nach "Beteiligung der im Hause u.a. für Fragen der Kriminalstatistik zuständigen Fachabteilung ÖS (Öffentliche Sicherheit)" teilte uns ein Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums noch im März froh mit, dass "eine seriöse Analyse der Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität" nur "auf Grundlage der endgültigen Zahlen möglich" sei. Diese Fallzahlen würden "voraussichtlich Anfang April" vorliegen, Meldeschluss für die Fallzahlen der Länder beim Bundeskriminalamt" sei der 31. Januar gewesen.

Was dauert denn da so lange? Lenkt der verstärkte Kampf gegen Kinderpornografie und Steuerhinterzieher die Bundeskriminalisten etwa ab von der großen Aufgabe "die endgültigen Fallzahlen zwischen Bund und Ländern sowohl auf Ebene der Kriminalämter als auch der Innenministerien einer Feinabstimmung" (MdI) zu unterziehen, wie uns das Ministerium verriet?

Es ist ja schwierig dieses Jahr, denn "bei der Bewertung der einschlägigen Statistiken sind zudem unterschiedliche Erfassungsmodalitäten" zu beachten. So habe sei im vergangenen Jahr die "Erfassung der durch U n b e k a n n t begangenen Propagandadelikte mit rechtem Inhalt" geändert worden. So werden jetzt auch Taten, bei denen "nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Tat von einer strafunmündigen Person begangen worden ist, grundsätzlich der PMK-rechts zugeordnet".

Die Voraussetzungen für neue Rekorde sind also geschaffen. Nur verkündet müssten sie langsam mal werden.