Dienstag, 19. Mai 2009

Arm, aber unglücklich

So sieht er aus, der Osten, 20 Jahre nach dem Mauerfall, schreibt Karl Eduards Kanal in einem an herz gehenden Feature aus dem Armenhaus Deutschlands, das so groß ist wie der ganze ehemals zehntgrößte Industriestaat der Erde. Kahlköpfig und verlaust, mühsam von "Tafeln" ernährt, für die schnieke Westtussen mit einem großen Herz für vom Kapitalismus behinderte Benachteiligte Kraut und Rüben kochen.

Trostlosigkeit, sieht Armuts-Reporter Karl Eduard: Der Wind pfeift durch die leeren Städte, auf den Strassen streunen Hunde und betteln, wie Journalisten, darum, einen Tritt verpasst zu bekommen. Horden von arbeitslosen Neonazis durchstreifen die Gegend auf der vergeblichen Suche nach Indern, Schwarzen oder Juden, die sich zum lynchen anbieten. Zahnlose Greisinnen locken mit käuflichem Sex, um die Reparatur ihrer Dritten finanzieren zu können, ein Bild des Grauens.

Nur hier und dort schmieren konspirativ AntifaschistInnen Aufforderungen, Sex mit Nazis zu haben, an Häuserwände, ritzen sich Hakenkreuze in zarte Mädchenhüften oder lauscht eine erregte Menschenmenge einem sozialistischen Agitator, der sich 89 noch verstecken musste, um nicht die Jacke vollgehauen zu bekommen.

“Armut bekämpfen!” So lautet der Slogan, und ausgemergelte Einwohner, denen der Wind durch die Taschen pfeift und die sich dank Abwrackprämie gerade ihren neuen BMW vom Munde abgespart haben, klatschen begeistert. Der Osten ist arm. In Lumpen gehüllte Menschen sitzen vor den Türen der verwaisten Kirchen und bitten um Cents und um eine milde Gabe. Das Geschäft der TAFELN blüht, ihretwegen muss niemand auf seine Tabakration oder seinen Klaren verzichten. Der Osten ist arm, verzweifelt und miesepetrig.

Was hilft es, früher aufzustehen, in Sachsen-Anhalt, wenn eine Wohnung in München unbezahlbar bleibt oder in Frankfurt?

Wer ist Schuld am Elend? Die Linke weiss es. Die Linke war es nicht. 40 Jahre verantwortlich dafür zu sein, dass die DDR-Bürger kein Vermögen anhäufen konnten, wegen eines untauglichen Wirtschaftssystems, das für das Wohl des Volkes in ferner ferner Zukunft die Arbeiter, Bauern und die Intelligenz ausgebeutet hat, hat weder mit der SED zu tun, als der führenden politischen Kraft in der DDR, noch mit ihrem Rechtsnachfolger DIE LINKE. Auch für die Vernichtung der Unternehmer und Handwerker, als politische Klasse, die als Selbständige dafür Sorge getragen hätten, dass ihr Weizen und der ihres Unternehmens blüht, inklusive Anschluss an Wissenschafts- und Technikentwicklung, können die Genossen nichts. Sie, die Kombinate erschufen und Produktionsgenossenschaften, in denen Arbeitsproduktivität weniger wichtig war, als jedem Bürger seinen Arbeitsplatz zu gewährleisten. Weswegen die Kombinate und Genossenschaften vor der Konkurrenz auch zusammenbrachen. Produkte, die kein Mensch mehr haben und zu Preisen, die keiner bezahlen wollte. Im Osten.

Weshalb sie im Osten immer noch und verstärkt als Hoffnungsträger gilt, die SED, die vielfach Umbenannte. Das walte Oskar. Oder Gesine oder welcher Prophet linker Glückseligkeit auch immer.

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