Dienstag, 11. Januar 2011

Die Mechanik des Dekrets

Wer damals dabei sein durfte, wird es nicht vergessen. Aber Träumen ist erlaubt, also träumt in diesen Tagen das halbe Land vom Kommunismus, der ja, so raunt es in der Linkspartei, nicht verboten ist und nicht verboten werden darf, weil er im Unterschied zum Nationalsozialismus eine grundgute Sache war, die nur eben immer, wenn sie praktisch versucht worden ist, nicht ganz so gut geklappt hat.

Beim nächsten Mal, schwört Linken-Chefin Gesine Lötzsch, wird das besser gemacht, denn Kommunismus ist wie Reiten, wenn man runter fällt, steigt man am besten gleich wieder auf. Nur keine Angst, weil ein paar Tote und Unglückliche auf der Strecke bleiben. Was zählt, ist die Sache, das Himmelreich auf Erden, in dem das Böse keine Chance mehr hat, heiße es nun Ungerechtigkeit, Armut, Hunger oder Krieg.

Das Weltbild eines Kommunisten ist ein mechanisches. Die Gesellschaft funktioniert in seiner Vorstellung nach Vorgaben, die dekreditiert werden können. Keine unsichtbare Hand des Marktes, kein Wettkampf der Ideen, sondern lauter gute Absichten, die von guten Menschen nach bestem Wissen umgesetzt werden.

Erstaunlicherweise ist diese Vorstellung unausrottbar, soviel auch gegen sie spricht. Der Deutsche, von ausländischen Kennern wie dem Pop-Philosophen Justin Sullivan als "Romantiker" beschrieben, sehnt sich nach einer Welt, die so ist, wie seine Vorstellung von ihr. Ein Attentat auf eine Politikerin in den USA ruft mit tödlicher Gewissheit eine Schar von Erklärern auf den Plan, die wahlweise eine konservative US-Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin oder das liberale Waffenrecht in den Staaten als Begründung dafür bemüht, warum der schwer gestörte Täter seinen Anschlag durchführen musste. Er war eben aufgehetzt durch ein Klima der Zuspitzung im politischen Amerika, er konnte sich die Waffe legal besorgen, Sarah Palin hatte zudem Fadenkreuze auf ihrer Internetseite und ein Zitat des früheren Retters der SPD dazu: "Nachladen".

Alles fällt in eins, wenn Vorstellung es will, nur kommt dann am Ende ein Bild heraus, das viel über den Maler, wenig aber über sein Model sagt. David Schah hat in der Zeitschrift "eigentümlich frei" einen Vortrag von George Reisman aufgegriffen, in dem der New Yorker Ökonom vordergründig erklärt, warum Hitlers Nationalsozialismus keine Ausprägung des Kapitalismus, sondern eine Form des Sozialismus gewesen ist. Zuerst einmal nämlich, weil der Staat und nicht der nominelle Privateigentümer, über alle wesentliche Macht an den Produktionsmitteln verfügt habe. "Der Staat bestimmte, was in welcher Menge und auf welche Art zu produzieren war und wem die Produkte zugeteilt werden sollten; er bestimmte auch, welche Preise zu verlangen, welche Gehälter zu bezahlen und welche Dividenden oder andere Einkommen den nominellen Privateigentümern zu beziehen erlaubt waren."

Von dort aus ergibt sich alles Weitere mit zwingender Konsequenz. Wo der Staat über alles bestimmt, muss er auch alles planen. Wo ihm das nicht gelingt, wird er, ob er sich nun Sozialismus, Kommunismus oder Nationalsozialismus nennt, immer tiefer eingreifen müssen in die Automatismen, die eine Gesellschaft sonst am Laufen halten. Den real existierenden Sozialismus in Nazi-Deutschland hätten dann, so Reisman, die Einführung von Preis- und Lohnkontrollen im Jahre 1936 besiegelt. Von hier aus, unverkennbar sind die Parallelen zu DDR, Sowjetunion, China bis ins heutige Kuba, war der Staat allmächtig, denn die Kräfte des Marktes waren per Dekret für ungültig erklärt worden.

Sie wirkten allerdings weiter, in Hitlers Deutschland wie in Honeckers DDR. Das Zusammenspiel "von Inflation und Preis- und Lohnkontrollen bewirkt Knappheit, also einen Zustand, in dem die Menge der Güter, welche die Menschen kaufen möchten, die Menge der zum Verkauf angebotenen Güter übersteigt", beschreibt Reisman. Knappheit führt jedoch zu einem völligen wirtschaftlichen Chaos. Sie führt zu einer zufälligen Verteilung von Gütern an verschiedene geographische Gebiete, zur zufälligen Zuweisung eines Produktionsfaktors in Bezug auf verschiedene mögliche Produkte, sowie zur zufälligen Zuteilung von Arbeit und Kapital an verschiedene Wirtschaftsbereiche. Die Menschen, denen der sozialistische Staat Glück und Zufriedenheit versprochen hat, werden unzufrieden. Nun müsse "der Staat, will er mit solchen nicht beabsichtigten Effekten seiner Preiskontrollen fertig werden, entweder die Preiskontrollen selbst abschaffen oder aber weitere Maßnahmen ergreifen."

Wir nähern uns nun durch die Hintertür der Wirtschafspolitik der Frage des Waffenrechts. Ist die Wirtschaft durch eine Kombination aus Preiskontrollen und Kontrollmaßnahmen verstaatlicht, muss die staatliche Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben mindestens so drastisch sein wie der Drang der Menschen, sich den verfügten Beschränkungen beim Warenaustausch durch Schwarzhandel und Günstlingswirtschaft zu entziehen. "Schwere Strafen, verbunden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden und die Strafen dann auch tatsächlich erleiden zu müssen", sagt Reisman, seien die Konsequenz. "Wenn der Staat es mit seinen Preiskontrollen ernst meint, muss er notwendigerweise Strafen wie für ein Kapitalverbrechen verhängen."

Wirtschaftliches Handeln wird im Wirtschaftssystem des Sozialismus gleich welcher Ausprägung zum Kapitalverbrechen. "Der Staat müsse den Schwarzmarkthandel zu einer gefährlichen Sache werden lassen. Er muss den Menschen Angst machen, dass nämlich ein solcher Schwarzhandel von der Polizei entdeckt wird und es darauf Gefängnis setzt. Um eine solche Angst zu erzeugen, muss der Staat eine Armee von Spitzeln und Informanten aufbauen", heißt es weiter. Ein Zustand, der jedem DDR-Bürger bekannt ist, während ihn jüngere Menschen nur aus Filmen über die Nazizeit kennen.

Reisman porträtiert denn auch beide, wenn er schreibt: "An jedem Tag seines Lebens muss der Normalbürger eines sozialistischen Staates seine Zeit in endlosen Warteschlangen verbringen. Für ihn sind Probleme, wie sie die Amerikaner während der Benzin-Engpässe in den siebziger Jahren erlebten, völlig normal. Doch erlebt er diese Knappheit nicht bei Benzin, denn er besitzt ja kein eigenes Auto und darf auch nicht hoffen, jemals eines zu besitzen. Er erlebt die Knappheit vielmehr bei so einfachen Dingen wie Kleidung, Gemüse, ja sogar Brot. Schlimmer noch: Er ist häufig sogar gezwungen, einer Arbeit nachzugehen, die er sich nicht ausgesucht hat und die er deswegen nicht sonderlich schätzt. Denn unter den Bedingungen von Knappheit kommt es dazu, dass der Staat genauso über die Zuteilung von Arbeit entscheidet wie er auch über die Zuteilung von materiellen Produktionsfaktoren verfügt. Der Normalbürger im Sozialismus lebt auch im Zustand einer unfassbaren räumlichen Bedrängtheit, die ihm keine Privatsphäre lässt. Angesichts von Wohnungsknappheit werden Mieter Heimen zugeteilt; Familien werden gezwungen, ihre Wohnungen zu teilen. Und es wird ein Ausweis-System für das Inland eingeführt, um die akute Wohnungsknappheit in den attraktiveren Gegenden des Landes zu begrenzen. Um es milde auszudrücken: Eine Person, die unter solchen Bedingungen leben muss, sollte eigentlich vor Wut kochen."

Womit wir beim Waffenbesitz wären. "Was wäre nun logischer, als dass die Bürger eines sozialistischen Staates ihre Wut gegen den sozialistischen Staat selbst richten?", fragt der Professor. Und was tut der Staat dagegen? Er stopft die Löcher, über die sich die Wut äußern könnte, verstaatlicht Zeitungen, Fernseh- und Radiosender, Versammlungsräume, überwacht Künstler und Kultur und, das ist grandios wichtig, er verbietet den private Besitz von Waffen.

Das Gewaltmonopol im Totalitarismus darf nur beim Staat liegen, weil nur so Aufstände und Rebellionen verhindert werden können. Dass noch nie ein Land zur Diktatur geworden ist, in dem privater Waffenbesitz erlaubt war, stützt die These. Ebenso wie die Tatsache, dass alle Diktatoren des 20.Jahrhunderts den Besitz von Waffen für Zivilisten sofort verboten haben. Der Kommunismus funktioniert in dieser Beziehung in der Tat mechanisch, egal, ob ein Stalin, ein Hitler, ein Mao oder ein Castro an der Spitze steht. "Daraus kann man nur schlussfolgern, dass der Terror, den sozialistische Staaten erleben mussten, nicht bloß das Werk böser Menschen wie Stalin war, sondern sich aus der Natur des sozialistischen Systems ergibt."

Die Endlösung der Kapitalismusfrage
Marxisten in Merseburg
Ein Held zum Kuscheln

Ist Sarah Palin schuld? - Antworten bei Zettel

12 Kommentare:

daniel hat gesagt…

Irgendwie erinnert mich die Lötzsch-Affäre stark an die Sarrazin-Debatte: keiner hat's gelesen, aber alle blöcken mit.

So kommt es dann, dass die Leute für das Gegenteil (oder zumindest für etwas ganz Anderes) kritisiert werden, als sie eigentlich gesagt haben.

Wer soll anderes für dieses Sinnlos-Bashing verantwortlich sein als der linkskonservative Meinungsmob a la SZ und SPON?

Auch ppq scheint diesen Weg nun mitzugehen. Ganz im Lötzschchen Sinne rufe ich euch zu: "Kehrt um!"

ppq hat gesagt…

ich habs gelesen, allerdings keinen inhalt gefunden außer dem hinweis, dass mans weiter versuchen muss und wenns dann klappt, dann wirds ganz toll.

dass bei spon etc. nicht über das geredet wird, was sie geschrieben hat - nämlich, dass es darauf ankommt, die derzeitige gesellschaft zu unterwandern und den kommunismus (von dem sie nicht zu sagen weiß, wie er funktionieren soll) quasi insgeheim aufzubauen - also, dass darüber keiner schreibt, damit hat sie ja noch richtig glück. würde das mal einer analysieren, wie da eine führende politikerin einer zum indest hier und da mitregierenden partei beschreibt, wie man sich einschleichen, unter vorspiegelung falscher ziele ranwanzen und am ende dann erst richtig zulangen soll, das gäb ein geschrei

das wollen wir natürlich nicht. deshalb dieses "sinnlos-bashing", von dem ich im moment nur nicht sehen kann, wo das hier stattfindet. in dem text von reisman steckt mehr kommunismusanalyse als lötzsch je gelesen hat, da wette ich meinen füllfederhalter. daraus ein "bashing" zu machen, tja, was soll ich da sagen? vielleicht liest du es nochmal, auch das original.

man wird nicht dümmer davon. was einem beim lesen des textes in der JW schon passieren kann, wenn man nicht aufpasst

daniel hat gesagt…

Mit "Sinnlos-Bashing" meinte ich, dass diese Diskussion - so tiefgründig sie jetzt auch sein mag - vorallem aus einer oberflächlichen und heucherischen Lesart bzgl. des Lötzsch-Papiers resultiert. Um zu kapieren, dass es mit dem Kommunismus nix gewesen ist, braucht man keinen Reismann.

"würde das mal einer analysieren, wie da eine führende politikerin einer zum indest hier und da mitregierenden partei beschreibt, wie man sich einschleichen, unter vorspiegelung falscher ziele ranwanzen und am ende dann erst richtig zulangen soll, das gäb ein geschrei"

Auf dieses Geschrei warte ich seit Jahren. Das wär mir viel lieber als dieses immergleiche Dauergedudel.

ppq hat gesagt…

dass es nichts gewesen ist, liegt ja auf der hand. reisman allerdings erklärt, warum es nichts geworden ist und warum es auch nichts werden wird.

das ist doch eine zentrale frage: ist, wie lötzsch sagen würde, die "idee missbraucht" worden? oder ist die idee vielleicht gar keine brauchbare? muss sie vielleicht zwangsläufig schiefgehen so wie mein versuch, von einem hochhaus zu fliegen genauso schiefgehen würde wie deiner?

steckt das scheitern also im ansatz oder in der umsetzung? für mich die zentrale frage. dass nicht nur der islamist die kunst der verstellung anwenden darf und wird, um seine ziele zu erreichen, sondern das auch jeder kommunist, sozialist, faschist oder demokrat tun wird, wenn er einigermaßen alles beieinander hat, davon gehe ich aus, deshalb rege ich mich darüber nicht auf.

wobei natürlich lustig ist, wenn die selbsternannten aufrechten sich als heuchler sondergleichen entpuppen.

daniel hat gesagt…

"steckt das scheitern also im ansatz oder in der umsetzung? für mich die zentrale frage."

Ohne das weiter auszuführen: im Ansatz. Das weißt Du, das weiß ich und wenn sie so ehrlich sind wie Gesine Lötzsch, wissen das auch die Linken.

Apropos: Dass es sich als Beton-Fundamentalist schlecht überleben lässt, dürfte bekannt sein. Aber auch wenn man deswegen windelweich wird, so bleibt man doch ein Fundamentalist.

Mein Verdacht, warum nun vorallem ihre linken Mitstreiter - sowohl in der eigenen als auch in den anderen Parteien - so empfindlich reagieren, ist, dass sie offensichtlich mehr verraten hat, als es der ganzen Bagage lieb sein kann.

ppq hat gesagt…

daniel, da sind wir völlig einer meinung. klar, so kurz vorm wahlkampf in etlichen ländern, wo das volk die krise ohnehin nur unwillig genutzt hat, sehnsucht nach einer besseren gesellschaftsordnung zu entwickeln... da passt es schlecht, mit solchen wahrheiten rauszzuplatzen.

das ist doch aber auch der grund, weshalb die medien darauf rumreiten, weil sich da jemand eine blöße gegeben hat, ohne not..

dafür gibts dann das besinnungslose, inhaltsleere bashing, wo man eigentlich hätte fragen müssen: merh als 100 jahre nach marx ist die führende linke im lande dem geheimnis des weges zum kommunismus nicht näher als "müssen wir mal gucken, sollten wir nicht aufgeben, schau mer mal"?

dein erster satz ist auch richtig, ich weiß da,s du weisst das, selbst gesine lötzsch wird es wissen, wenn sie ehrlich ist, was aber nun mal nicht ihrer stellenbeschreibung entspricht.

aber kann das ein grund sein, sich nicht schreibend noch mal klar zu machen, warum man das weiß? ich fand der reisman-text, der ja ganz anders gemeint war, so auf die lötzsch-utopie passend, dass ich richtig ehrfürchtig wurde, als ihn mir jemand geschickt hatte. wie die dinge sich so fügen, geil

Die Anmerkung hat gesagt…

Vorab. Ich habe weder den Artikel in der JW noch die Repliken in den Bundesprangern gelesen. Den PPQ-Ab- oder Verriß von Anfang bis Ende.

Halten wir im Jahre 2011 kurz fest. Wenn jemand außerhalb eines Fachjournals (Reichweite 500 Wissenschaftler) einen Artikel über den Kommunismus veröffentlicht, dann sollte er sich auch über die Konsequenzen klar sein, die das hat, erst recht, wenn es sich um einen aktiven Politiker handelt, in diesem Falle eine Sie, die nämlich Abgeordnete im Bundestag ist.

Ich bestreite nicht, daß es bitter nötig ist, Gesellschaftsmodelle zu entwickeln, die überzeugend sind, auf dessen Grundlage die Menschen ihren Weg in die Zukunft beschreiten. Ich stelle aber auch fest, daß es das momentan, also für das Jahr 2011, nicht gibt. Von den Linken weiß man ja wenigstens noch zwei drei Sachen, wofür sie stehen. Von allen anderen Parteien weiß man nicht mal mehr das. Von allen Seiten wird sich um klare Ansagen herumgedrückt.

Und wenn man unter "zum Kommunismus ist noch nicht das letzte Wort gesprochen" eine klare Ansage versteht, dann Gute Nacht. Das ist eine Banalität.

Man sollte, wenn man in der aktiven Politik tätig ist, den Unterschied zwischen philosophischem Diskurs, der notwendig ist, und gesellschaftspolitischer Teilhabe erstens kennen und zweitens stringent beachten. Wenn eine Parteivorsitzende das verwechselt, dann zieht sie zurecht die Schelte auf sich.

Sie kann von Glück reden, daß ihr die Bundesprangermedien daraus keinen Strick gedreht haben.

daniel hat gesagt…

"Und wenn man unter 'zum Kommunismus ist noch nicht das letzte Wort gesprochen' eine klare Ansage versteht, dann Gute Nacht."

Im Verhältnis zu dem, was man sonst so geboten bekommt, ist das eine klare Ansage. Offenbar ZU deutlich für einige Genossen...

Und es stimmt ja auch. Jedenfalls scheint es ein augeprägtes Bedürfnis zu geben, sich über die K-Frage auszutauschen. Freilich in einer dementierenden Form.

Für "Die Anmerkung" hoffe ich, dass die Auslassungen einer Frau Lötzsch nicht seinen Begriff von Philosophie erfüllen. Ansonsten Gute Nacht.

Die Anmerkung hat gesagt…

In der Philosophie kann und muß man seinen Gedanken freien Lauf lassen, dazu ist es ja Philosophie. Wenn man der Meinung ist, sie sei weltbewegend, dann teilt man sie anderen mit, in den dafür zuständigen Fachmagazinen. Man kann auch drüber diskutieren. In den Fachgremien.

Sich philosophisch, im Sinne von gesellschaftstheoretisch, mit dem Thema Kommunismus zu beschäftigen, halte ich für notwendig, genauso wie er politisch und historisch behandelt werden muß. Das geht auch unhysterisch und leise.

Die Junge Welt ist aber kein philosophisches Fachmagazin. Sie ist auch nicht der monatliche Treff anonymer Philosophen. Das macht den Unterschied. Da hat sie wohl was verwechselt. Sie ist Parteivorsitzende und Abgeordnete oder umgekehrt, damit hauptberuflich im politischen Tagesgeschäft tätig. In dieser Branche ist der Kommunismus jedoch weder Tagesaufgabe, noch Planziel des Monats und auch keine Zukunftsoption. Jedenfalls heute nicht. Und morgen auch nicht.

Es macht eben einen Unterschied, ob ich in meinem Blog gedankliche Skizzen über den Kommunismus im Gestern, Heute und Morgen veröffentliche, was ich allerdings nicht machen werde, oder ob eine politische Tagesarbeiterin dies in einer linksradikalkommunistischen Sektiererzeitung macht. So ungefähr wurde die JW je nach Gustus bezeichnet.

Ob Gesine Lötzsch Auslassungen von sich gegeben hat, kann ich nicht sagen, hab's ja nicht gelesen. Demzufolge habe ich auch keine Ahnung, ob ihr Artikel meinen philosophischen Ansprüchen genügen würde.

Ob sie "eine Frau" ist, oder eben Gesine Lötzsch, dazu kann ich was sagen. Es reicht immer noch zu einem freundlichen Kopfnicken, wenn wir uns mal begegnen. Beiderseits.

ppq hat gesagt…

ich schätze, wir sind da nicht soweit voneinander entfernt. strategisch gab es für Lötzsch keinen grund, das töpfchen aufzumachen, taktisch war es sogar blöd, davon anzufangen.

aber dass sie gesagt hat, der kommunismus sei nach wie vor das endziel, das ist doch eine ansage, zu der man sich verhalten muss, wenn man sich für solche dinge interessiert, philosophisch oder eher als ehemals betroffener.

ihrem "aufsatz", von dem ich mit großem erschrecken gelesen habe, dass sie ihn nicht nur selbst einfach so runtergeschrieben, sondern sich von einem der bries 2vorarbeiten" dazu hatte liefern lassen, irgendeine philosophische dimension zugestehen zu wollen, wäre dasselbe wie philosophie in einem popsong hören zu wollen. man kann das tun, liegt aber im zweifelsfall falsch.

was sie da geschrieben hat, ist so verdammt dünn, dass man direkt durchgucken kann. und da wird es dann ernst: wenn das die typen sind, die als anführer und vordenker unterwegs sind, den weg in die neue zeit zu weisen, dann gute nacht. die unterscheiden sich in nichts von der qualität der "alternativlos"-prediger, die derzeit von den umständen getrieben werden, von denen sie vorgeben, sie selbst gestaltet zu haben

daniel hat gesagt…

"taktisch war es sogar blöd, davon anzufangen."

Das ist es ja eben und wahrscheinlich wird sie dieses Intermezzo politisch nicht überleben. Nach innen ist man ja immer ein bisschen härter, als wenn es nur gegen die Anderen geht. ("Die Reihen fest geschlossen!")

Den Grund dafür, das Töpfchen aufzumachen, hast Du, lieber ppq, fälschlicherweise schon verworfen: Not. Offenbar hat man es nötig, sich auf seine Wurzeln, oder besser: Fundamente zu besinnen, auch wenn sie noch so morsch und brüchig sind. Wie soll man sich sonst von den vermeintlich Konservativen abgrenzen? Antwort: durch nichts, schließlich betreibt man die gleiche Sozialstaatshuberei und jetzt wollen die auch noch aus Afghanistan abziehen. Schlimm sowas.

Warum sollte ausgerechnet diese Partei das Monopol auf eine bessere Welt haben? Dieses Getue als unbegründet zur Disposition gestellt zu haben, ist das Verdienst von Frau Lötzsch.

Anonym hat gesagt…

Frau Lötzsch ist keine Vordenkerin. Ebensowenig wie eine Frau Pieper eine Nachdenkerin ist.
Es ist nun mal so, dass derzeit Spitzenpolitiker, egal welcher Partei, eher fernab von Wissenschaft, in diesem Fall die Philosophie, agieren, argumentieren usw.
Es ist also müßig über so etwas zu diskutieren.