Samstag, 20. Oktober 2012

Rückzug ins Kleingedruckte


Drygalla ist keine Sportlerin, sondern ein Verbrechen, so legte sich Jennifer Zimmermann von Frankfurter Rundschau am 9. August ein für alle mal fest. Wer Nazis, ehemalige Nazis, Rechte oder des Rechtsextremismus verdächtige Personen kenne, gar liebe, der habe „kein Mitleid“ verdient, sondern gehöre „ausgemerzt“ (Müntefering) aus der deutschen Olympiamannschaft als unwert, das neue, freiheitliche Vaterland in der Welt zu präsentieren.

Die Ruderin Nadja Drygalla war einer solchen falschen Loyalität verdächtig. Hatte sie nicht zu einem „ehemaligen Nazi-Funktionär“ gehalten, statt sich für den sauberen Sport zu entscheiden. Obwohl doch die „die NPD in Deutschland keine legitime Partei“ (Zimmermann) sei, denn „ihr Verbotsverfahren wurde lediglich ausgesetzt“. Das bedeutete natürlich, damals im Olympiasommer, dass es zur „Existenzberechtigung“ (Zimmermann) der NPD „nie eine Entscheidung gab“ – die Partei gelte damit als latent verboten, jeder, der ihn nahesteht oder jemandem nahesteht, der ihr nahestand, müsse damit rechnen, völlig zu recht in Sippenhaft genommen zu werden.

Der Beitrag der Jungliteratin Jennifer Zimmermann, die sich ansonsten mit Steinzeitdiäten un d Bundestagstrollen beschäftigt, war zweifellos der Höhepunkt einer ekelhaften Kampagne, während der eine junge Sportlerin für eine Tage zur Staatsfeindin Nummer 1 ausgerufen wurde. Ernsthaft betrieb eine sich seriös nennende Presse eine Woche lang die Diskussion, ob es sich um Sippenhaft handele, wenn ein Sportler für die nicht aufgekündigte Liebesbeziehung mit einem Nazi Olympiaverbot bekomme. Es war wie damals in der DDR, als sich Sportler von ihren Westverwandten distanzieren mussten, um weiter Radfahren oder Kugelstoßen zu dürfen.

„Selten wurde so beispielhaft sichtbar, wie das Denken der DDR-Nomenklatura inzwischen auch in unserem demokratischen Rechtsstaat Fuß gefasst hat“, schrieb Zettel wie zum Beweis dafür, dass Vernunft nur noch elektronisch Verbreitung findet. „Der Versuch, einen Menschen, dem persönlich nichts vorzuwerfen ist, allein wegen seiner privaten Beziehung zu einem anderen Menschen zu stigmatisieren“, wie er es nennt, scheiterte, weil sich der Innenminister weigerte, dem hysterischen Geschrei harten Strafe für die falsche Liebe nachzukommen.

Zwei Monate später ist Drygalla vollständig rehabilitiert, Selbst Petra Pau, eine der Einpeitscherinnen der Hexenjagd gegen die Rostockerin, ist in der Causa Drygalla verstummt. Als Obfrau der Linkspartei im Untersuchungsausschuss zur NSU jagt die Pionierleiterin aus Droyßig, einem Ort an der Straße der Gewalt, inzwischen andere Phantome. Auch die Frankfurter Rundschau zeigt kein großes Interesse an der Affäre, die sie selbst nach Kräften hochgekocht hatte. Zum Abgesang reicht eine lapidare dpa-Meldung.

1 Kommentar:

eulenfurz hat gesagt…

Ekelhaft, wie will man so den Nazismus bekämpfen? Sippenhaft ist doch ein legitimes Mittel zur Ausgrenzung all dessen, was ausgegrenzt gehört!