Mittwoch, 17. Oktober 2012

Saatbild, selbstgemalt

Fälle von Gewaltkriminalität in Deutschland bis 2011
So geht eine „schonungslose Debatte“ hierzulande. Kaum begonnen, erheben sich schon die Soziologen, um mit Begründungen hausieren zu gehen, warum nicht nur "der Islam zu Deutschland gehört" (Christian Wulff), sondern auch Gewaltkriminalität, totgetretene Kneipengäste und verprügelte U-Bahn-Fahrer.

Helmut Thome marschiert im Deutschlandradio Kultur voran. „Zunehmende soziale Ungleichheit“, hat er herausgefunden, fördere eben die Gewaltkriminalität. Nach Thomes' Beobachtungen haben „die Erfahrungen von Versagen durch die wachsenden sozialen Unterschiede“ in den „letzten zehn Jahren zugenommen“. Eine Kultur der Dummheit sieht sich entschuldigt durch die Begründung, es handele sich bei ihren Mitgliedern nicht um faule, anstrengungsallergische und kulturferne Trottel, sondern um "Bildungsverlierer". Mithin um Menschen, die sich nicht selbst für Videospiel, Alkohol und Kraftsport entschieden haben, sondern denen von anderen Menschen mieserweise der Zugang zu Büchern, zu Musik und Herzensbildung verweigert worden ist.

"Demütigungen sind häufig das Saatbild für gewalttätige Äußerungen", behauptet Thome knappe sieben Jahre, nachdem die Wortbildung „Bildungsverlierer“ zum ersten Mal in einer deutschen Zeitung Verwendung fand. Inzwischen gebe immer mehr dieser „Bildungsverlierer“, behauptet er. Diesen Verlierern werde ihre Unfähigkeit, kreativ oder auch nur nützlich im Sinne der kapitalistischen Verwertungskette zu sein, „als individueller Makel zugerechnet."

So weit, so falsch, denn nach den kruden Thesen des in Halle, also direkt an der Straße der Gewalt, lehrenden Professors für empirische Sozialforschung gibt es nicht nur immer mehr Bildungsverlierer, sondern kausal daraus resultierend auch immer mehr Gewaltkriminalität.

Und Thome, der vor Jahren mal zum Thema geforscht hat, ist zuversichtlich: „Wenn die soziale Ungerechtigkeit weiterhin zunimmt, wird das auch zu einem Anstieg der Gewaltkriminalität führen", warnt er, offenbar ohne die Zeit gefunden zu haben, sich die aktuellen Zeitreihen der Statistik zur Gewaltkriminalität anschauen zu können: Die von Thome beklagte „zunehmende soziale Ungleichheit“, die automatisch zu höherer Gewaltkriminalität führe, führte danach in den zurückliegenden fünf Jahren zu einem Rückgang der Fälle von 217.000 auf nur noch 197.000. Dies ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 2001.

9 Kommentare:

Immo Sennewald hat gesagt…

Die "Weisheit auf dem Katheder" ist so alt und abgeschmackt wie die Geschichte verbeamteter Wissenschaft. sie erschafft sich die Denkschablonen, mit denen sie ihre eigene Unersetzlichkeit behauptet.

Volker hat gesagt…

Nur zur Klarstellung:
Das Bild zeigt nur die Straftaten gem. §224 StGB, gefährliche Körperverletzung.
Die Straftaten gem. §223, Körperverletzung, werden in den meisten Statistiken (wie hier) nicht mitgeführt.

Volker hat gesagt…

OT
Gebt mir bitte mal ein paar Klicks
Danke

ppq hat gesagt…

@volker: ich gehe zuversichtlich davon aus, dass sich die statistiken zu beiden paragraphen so ziemlich parallel entwickeln.

ist ja sogar bei mord so

derherold hat gesagt…

Schönes Schaubild. Sieht aus wie ein Link aus einer gelben Diskussion. ;-)

Die Entwicklung von 2001 - 2007 ist selbstverständlich eine Katastrophe. Durch die demographische Entwicklung hätte die Zahl der Gewalttaten ab ´93 wie ein Stein nach unten fallen müssen.

Aber ich glaube man erklärt das alles mit der größeren Bereitschaft des Anzeigens von Straftaten in der Stadt gegenüber dem ländlichen Raum.

Körperverletzung in Dieskau landet seltener bei der Polizei als in der arabisch-türkischen community in Duisburg. Und die 19-jährige Ehefrau aus der Türkei wird den ihr Angetrauten schneller bei der Berliner Polizei anzeigen als die studierte Germanistin Sara-Lara Hasenkötter-Oberscheidt.

ppq hat gesagt…

körperverletzung in dieskau ist folklore. die jugend der dörfer hat sich seit menschengedenken lustvoll um die mädchen geschlagen

VS hat gesagt…

"@volker: ich gehe zuversichtlich davon aus, dass sich die statistiken zu beiden paragraphen so ziemlich parallel entwickeln.

ist ja sogar bei mord so"

Ja klar. Wollte hier auch nicht den Oberlehrer geben.
Aber es kann sein, dass dieser oder jeder in die Verlegenheit kommt, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Bei der Zählung der rechten Gewalttaten werden nämlich alle mitgezählt, auch die §223. Das ist ja der Grund für die so entsetzlich niedrige Opferzahl in diesem Bereich.

ppq hat gesagt…

man muss immer wissen, was man will, entsprechend kann man zählen. hatte heute schon wieder eine begegnung mit der steigenden zahl der armen

wenn eines tages jemand merkt, dass die "armen", um die es da immer geht, bis vor ein paar jahren die waren, die weniger als 50% vom medianeinkommen hatten, die statistiker inzwischen aber auf die umgeschwenkt sind, die weniger als 60% haben (weshalb sie neuerdings auch von "arm oder von armut bedroht" sprechen), dann fragt womöglich noch einer, warum die medien das "oder von armut bedroht" immer weglassen beim vergleich. aber so weit ist es noch nicht

Anonym hat gesagt…

Diese Statistik ist gefälscht! In der Schweiz z.B. steigt die Kriminalitätsrate wenn Asylheime aufgemacht werden müssen, die Rate um 70 %. Das dürfte in anderen Ländern nicht anders sein. Desshalb die Zahlen sind gefälscht. Jede Statistik der Behörden ist gefälscht. Ohne jede Ausnahme