Mittwoch, 8. Januar 2014

Vorratstatenspeicherung

„Das jüngste, dramatischste Beispiel war doch die NSU-Affäre“, zitiert Eulenfurz den selbsternannten CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach im Streit um die Einführung der endgültigen Vorratstatenspeicherung. Wie Sigmar Gabriel, der jüngst erst enthüllt hatte, wie norwegische Sicherheitskräfte dem Attentäter von der norwegischen Insel Utøya mittels Telefonüberwachung auf die Spur gekommen hätten sein können, spielt Bosbach damit auf einen Anruf aus einer Telefonzelle in der Nähe der Polenzstraße in Zwickau an, der am 15. Juni 2005 um 15.22 Uhr auf einem Handy in München ankam, das Ermittler sechs Jahre später im Brandschutt der letzten NSU-Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße fanden.

Am Apparat war seinerzeit Beate Zschäpe, die nach Recherchen der "Zeit" "letzte Rücksprache" halten will. Ich koche Gulasch, ihr mordet. Oder ähnlich. "Jeder weiß, was zu tun ist", beschreibt die Hamburger Wochenzeitschrift, die zwar auch nicht mehr weiß. als dass an einem bestimmten Tag ein Gespräch zwischen zwei Telefonnummern stattfand. Dafür aber sieben Jahre später genau sagen kann, was da wer mit wem besprochen haben muss.

Ginge es nach den Vorstellungen des Wolfgang Bosbach, wären solche Mutmaßungen demnächst nicht mehr nötig. Standen 2011 auch mit Vorratsdatenspeicherung "nur noch wenige elektronische Spuren" zur Verfügung, weil selbst ein Jahr Speicherung bedeutet, dass alle Aufzeichnungen von 2005 spätestens 2007 verschwunden sind, dienen Bosbach die dadurch "verborgenen Erkenntnisse" (Bosbach) heute dennoch als Argument, die anlasslose Alles-Speicherung wieder einzuführen. Ungehemmt von hinderlicher Sachkenntnis beklagt der CDU-Mann, dass ohne auf Vorrat gespeicherte Daten "auf Dauer verborgen bleiben" werde, was auch mit Vorratsdatenspeicherung nie gespeichert oder bis zum Zeitpunkt der Entdeckung der Terrortruppe längst gelöscht gewesen wäre.

In der Fantasie des Altinternationalen der Weltinnenpolitik spielt das keine Rolle. Dürfte Bosbach wählen, würde die Kommunikation der nächsten NSU in Echtzeit aufgezeichnet, und wüsste man nicht, wer diese NSU ist, speichert man so lange eben alle Daten von allen, am besten für immer, denn wer weiß schon, was noch kommen kann. Und weil das Telefonat zwischen Zwickau und München am Tag des Mordes am Schlüsseldienstbetreiber Theodoros Boulgarides zeigt, dass Verbindungsdaten allein auch nicht weiterhelfen, "um den ganzen Sachverhalt zu kennen“ (Bosbach), speichert man den Inhalt am besten gleich mit.

1 Kommentar:

Thomas hat gesagt…

Wenn denn Datenvorräte so dringend gebraucht werden, warum nutzt man nicht das bewährte Mittel der Datenengenerierung und erspart sich das teure Sammeln?