Freitag, 31. März 2017

Kein Alterspräsident für die AfD: Göring lässt grüßen

Um extremistischen Missbrauch der Bundestagsbühne wie seinerzeit durch Stefan Heym zu verhindern, hat die große Koalition die Regelung zur Ernennung des Alterspräsidenten nach 68 Jahren klug fortentwickelt.
Im Abwehrkampf gegen die rechtspopulistische AfD, Hauptfeind des deutschen Arbeiters und der deutschen Hausfrau, hat die Regierungskoalition aus CDU und SPD sich am Rande des jüngsten Koalitionsgipfels darauf geeinigt, die seit 68 Jahren geltende Regelung zur Bestimmung des Alterspräsidenten, der die konstituierende Sitzung eines neuen Bundestages bis zur Wahl eines neuen Bundestagspräsidenten leitet, zu ändern. Um die AfD, die mit Alexander Gauland womöglich den nächsten Alterpräsidenten gestellt hatte, an der Machtergreifung für einen Tag zu hindern, folgten die Koalitionsspitzen einem demokratischen "Kniff" (ZDF) des amtierenden Bundestagspräsidenten Norbert Lammert. demzufolge soll künftig nicht mehr der älteste, sondern der dienstälteste Parlamentarier die erste Sitzung leiten.

Die Regelung, die sich nicht gegen die AfD richtet, sondern eine reine "Fortentwicklung der bisherigen Regelung" (Lammert) sein soll, knüpft an einer großen Tradition an, die bis zurück ins Jahr 1933 reichte. Damals gab Hermann Göring, der Präsident des vorigen Reichstages, "zu Beginn der konstituierenden Sitzung des 8. Reichstages am 21. März 1933 bekannt, dass § 13 der Geschäftsordnung des Reichstages, der das Amt des Alterspräsidenten regelte, außer Kraft gesetzt sei und der Reichstag entsprechend Artikel 27 der Reichsverfassung vom geschäftsführenden Präsidenten eröffnet werde."

Das war damals Göring selbst.

Der steht nicht mehr zur Verfügung, auch Norbert Lammert will im Herbst nicht mehr auf der Bundestagsbrücke stehen. So musste die große Koalition den Göringschen Kniff mit viel demokratischem Fingerspitzengefühl variieren:  Um eine extremistische Zurschaustellung antidemokratischer Werte zu verhindern, wie sie einst der Linksradikale Stefan Heym dem Parlament zugemutet hatte,   wird künftig ein altgedienter Parlamentarier die erste Sitzung leiten.

Im Herbst wäre das vermutlich Wolfgang Schäuble, ehemals Helmut Kohls Bestechungskofferträger, jetzt der Wasserträger einer fortentwickelten Ständedemokratie.



9 Kommentare:

Gernot hat gesagt…

Man kann ja auch die Fraktionsmindeststärken erhöhen (auf Kreisebene vielfach gegen die NPD praktiziert) oder, wenn gar nichts mehr hilft, das Mehrheitswahlrecht (natürlich ohne relative Mehrheit, wegen der Stichwahl) einführen. Hilfreich ist es auch schon, Wahlergebnisse unliebsamer Parteien unter "son" oder "and" zusammenzufassen. Demokratie? Schtonk!

teu hat gesagt…

Ich nehme mal an, dass hier bekannt ist, wer Stefan Heym war.
Diesen Mann zu erwähnen, und dann einen Artikel über die AfD zu schreiben, das ist schon hart an der Grenze der völligen Unbildung, um es vorsichtig zu formulieren.

Die Anmerkung hat gesagt…

@teu

Ich weiß sehr wohl, wer Clara Zetkin war. Das hat also nichts mit Unbildung zu tun. Sie haben bedauerlicherweise die falsche Internetseite aufgerufen. Das macht aber nichts. Dümmer werden sie bei PPQ keinesfalls. Manchmal für dumm verkauft. Aber auch das macht nichts.

Anonym hat gesagt…

@ teu

Bildung nennen sie's, es zeichnet sie aus vor den Ziegenhirten. Drum hören sie ungern von sich das Wort "Verachtung".

Halbgott in Weiß

Volker hat gesagt…

"Ich nehme mal an, dass hier bekannt ist, wer Stefan Heym war."

Also bitte.
Woher sollen wir rechtsradikalen Neonazidumpfbackenglatzen wissen, wer Heym war?

Sauer hat gesagt…

An diesem Beispiel kann man sehen, daß man einen Menschen nicht nach seinem Aussehen beurteilen sollte. Wenn ich den Lammert sehe, habe ich immer das Gefühl, er müßte eigentlich Jammert heißen. Irgendwie kommt er mir wie ein jämmerlicher Schmierlappen vor, der zu recht neben einer Claudia Roth im Parlamentspräsidium sitzt. Scham wegen dieser Nähe empfindet er offensichtlich nicht.

Doch ich scheine mich zu irren. Er ist trotz allem Jammer immer noch fähig, bei einem seiner berühmten Vorfahren in die Lehre zu gehen. Natürlich nimmt er keinen Anstoß an dessen Karriere als Verbrecher, es geht dem Lammert nur um die Ideen, die dieser Vorgänger entwickelt hat. Tatsächlich hat dieser Herr auch für die aktuelle Zwangslage brauchbare Vorarbeit geleistet und mit einer Handbewegung die Reglung für die Bestellung des Alterspräsidenten beiseite gewischt. Warum nicht diesem Vorbild folgen, denkt sich das Lammertchen und flugs zaubert er eine Lösung aus seinem Glatzenkopf, die bei den Hochdemokraten spontan Zustimmung findet. Geht doch. Was aber ist der Unterschied zwischen Göring und Lammert? Göring hat seine Entscheidung nicht mit einer verlogenen Erklärung gerechtfertigt.

Dabei ist das ganze Getue um die Vermeidung eines AfD-Alterspräsidenten überflüssig wie Kuhscheiße auf dem Dach. Die AfD unter Führung des Traumpaars Petry&Pretzell arbeitet gegenwärtig mit großem Eifer an der Unterbietung der 5%-Hürde. Alle Kunststücke zur Verprellung der Wähler werden lustvoll aufgeboten. AfD-interne Meinungsunterschiede werden öffentlich groß aufgeblasen und zum Gaudium der Linksjournallie mit Schmähungen des jeweils anderen ausgetragen. Gegen Parteimitglieder, die nicht der Linie von PP folgend, werden unter Applaus des politischen Gegners Parteiausschlußverfahren inszeniert und von PP und ihren Claqueuren gefeiert. Selbst die einfachen Hoffnungen des Wahlvolkes auf von der AfD kommende Lösungen für drängende Probleme werden düpiert. In NRW erhoffen sich viele unter dem asozialen Auftreten der Jünger Mohammeds leidende Menschen, daß das Problem der Flutung des Landes mit Gesindel wenigstens angesprochen wird, doch was macht die Petrybrezel? Er sagt, daß die AfD keinen Wahlkampf mit diesem Thema macht. Stattdessen stellt er die Verlängerung der Gymnasialzeit von 8 auf 9 Jahre als politische Forderung in den Vordergrund. Ich bin sicher, daß diese Angelegenheit den Wählern auf den Nägeln brennt wie Eisbären der Sonnenbrand auf ihrem Fell. Fazit: Der Lammert hätte gar nicht so tief in den Archiven des Reichtags wühlen und den Staub beim Durchwühlen der Akten nicht schlucken müssen

Volker hat gesagt…

@Sauer

Es stimmt, die AfD gibt gerade eine fürchterliche Vorstellung.
Bei Lucke war der Fall klar, er ist Muttis Bester. Bei Petry gab es schon von Anfang an solche Gerüchte, und wie es aussieht ist auch sie Dienerin zeyer Herren.

Widersprechen muss ich diesem Teil

In NRW erhoffen sich viele unter dem asozialen Auftreten der Jünger Mohammeds leidende Menschen, daß das Problem der Flutung des Landes mit Gesindel wenigstens angesprochen wird

Das Gegenteil ist der Fall
Die Nordrheinwestphälinnen und Nordrheinwestphalen wollen damit in Ruhe gelassene werden, mit diesem Gerede.

Sieh nach Köln. Nach den besagten Ereignissen vorletzte Silvesternacht, deren Wiederholung in der letzten Silvesternacht nur durch exorbitantes Polizeiaufgebot verhindert werden konnten, haben die Kölnerinnen und Kölner die Konsequenzen gezogen:
Kein Kölsch für Nazis.

Am 11. Februar haben die Münsteraninnen und Münsteraner couragiert gegen die AfD protestiert. Vier Stunden danach hat ein Schutzsuchernder einen Flüchtlingshelfende ermordet.
Ist Dir bei den MüsterdingsInnen ein Innehalten aufgefallen, ein „was haben wir getan“?
Mir auch nicht.

Insoweit ist das vielleicht richtig, wenn die AfD die Katastrophe nicht anspricht. Sie zieht damit weniger Hass auf sich. Und die Schwachmaten dort können sich vielleicht dazu durchringen, ihre Stimme nicht den Kandidaten der Nationalen Front zu geben.

ppq hat gesagt…

Zitat teu: "Ich nehme mal an, dass hier bekannt ist, wer Stefan Heym war.
Diesen Mann zu erwähnen, und dann einen Artikel über die AfD zu schreiben, das ist schon hart an der Grenze der völligen Unbildung, um es vorsichtig zu formulieren."

lieber teu, hier ist nicht nur bekannt, wer heym war, sondern sogar, was er für bücher geschrieben hat. der eine oder andere hier hat sie zudem gelesen.

wir sind ja alle so alt, dass wir uns an zeiten erinnern, von denen junge menschen wie du offenbar nichts wissen (und nichts wissen wollen!) damals, 1994, tobte die farce um die besetzung des kurzzeitpostens des alterspräsidenten noch als streit, heute, in zeiten der demokratischen einigkeit gegen alle ränder fast unvorstellbar.

seinerzeit aber war es so, glaubs. stefan heym, der große alte mann, der zeitzeuge, der kreuzfahrer von gestern, sollte NICHT alterspräsident des BT werden, weil er zwar alt, aber von der linken entsandt war.

man kann das nachlesen, selbst heute noch. man kann aber seine unbildung auch gassi führen und öffentlich poltern, dass es verboten sein müsste, drei versuche, unliebsame alterspräsidenten zu verhindern, in einem gemeinsamen text zu erwähnen.



Anonym hat gesagt…

@ Sauer, frei nach Sebastian Brant:
Schon steh' ich an der Grube dicht / im Arsch das Schindermesser sticht / doch vom Hologlauben laß' ich nicht...
Gurgeln hilft - aber ofenkundig und leider auch nicht immer.