Freitag, 17. März 2017

"Wirbel um": Der Star aller Schlagzeilen

Der Trend geht zum Wirbel um.

Die Welt wird immer schlechter, vor allem aber nimmt der Wirbel (oben) zu. Früher Fingerübung gelangweilter Schnellschreiber, geht es heute nicht mehr ohne. "Wirbel um Emoluments Clause“, bei Trump, Wirbel um die Altlasten, Wirbel um den Investor und Wirbel um sexistische Fahrräder in Köln - es tropft tagtäglich aus dem Radio, schwappt aus der Tagesschau, hält die Danachrichtenagentur dpa am Leben und dient als immertaugliche Beschreibung des Unbeschreiblichen: Der Halbsatz "Wirbel um" hat eine beinahe beispiellose Karriere gemacht in Deutschland.


Mitten zwischen seinen Brüdern "Streit um", "Skandal um" und "Debatte um" aufgewachsen, gilt "Wirbel um" heute als unumschränkter Star aller Schlagzeilen. "Wirbel um" ist die Umschreibung des Unsinnigen, ein vor Bewegungslust federnder Ausdruck der Dynamik des absoluten Stillstands.

Wo es nichts zu sagen gibt, herrscht "Wirbel um", wo die Positionen unklar sind und sich Konflikte einer Erläuterung in drei kahlen Zeilen durch Komplexität entziehen, hilft "Wirbel um" die Fronten zu klären: Die Welt ist plötzlich wieder einfach, denn egal ob Scheingefecht oder Entscheidungsschlacht - "Wirbel um" passt immer, beeindruckt durch ganz konkrete Geschmeidigkeit und pfeift als verbaler Sturmangriff durch den luftleeren Raum folgenloser Debatten. Eine Gesellschaft, deren vertonte Herzschlagkurve sich anhören würde wie ein schnarchender Labrador, simuliert sich wenigstens verbal jugendliche Lebendigkeit zurück.

"Wirbel um" als magische Fügung


Am liebsten tut sie das mit dieser magischen Fügung, deren Kraft sich herumgesprochen hat, wie die Google-Trends-Statistik verrät. Vor 13 Jahren, als "Wirbel um" noch ein laues Lüftchen war, griff die von der Realität überforderte Schreiberei durchschnittlich 30 Mal im Monat zu den unschlagbaren acht Buchstaben, die alles und nichts umranden können.

Ein Zeitalter der "Wirbel um"-Diät, verglichen mit heute. Rund 70 Mal ist inzwischen monatlich irgendwo ein "Wirbel um", was seinerzeit Irak-Krieg und Effenberg, Möllemann, Scharping und die Sojabohne waren, sind heute Genderklo und Mauerbau, Staatsschulden, Kanzlerkandidaten, Lesungen, Tagungen, Vorträge.

Einen "Wirbel um" kann alles auslösen. "Wirbel um" ist stets zur Stelle, um aus wirbellosem Nachrichtenkaugummi einen knackigen Konflikt zu blasen. Deutschlandweit gesehen steht der Trend steil nach oben: 220.000 Schlagzeilen mit "Wirbel um" findet Google derzeit. Ein Rekord allein schon, weil vor PPQ noch nie jemand gezählt hat.

4 Kommentare:

SF-Leser hat gesagt…

wie doch mal wieder die Physik das Alltagsleben erklärt!

aus der Feldtheorie

Wirbelfeld[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Feldlinien von Wirbelfeldern sind in sich geschlossen und nicht an die Existenz von Quellen und Senken gebunden . Die Bereiche, um die sich Feldlinien zusammenziehen, werden als Wirbel (engl. curl) bezeichnet und es gilt:

{\displaystyle \mathbf {\operatorname {rot} } \mathbf {X} =\nabla \times \mathbf {X} \neq \mathbf {0} ,\qquad \mathbf {\operatorname {div} } \mathbf {X} =\nabla \cdot \mathbf {X} =\mathbf {0} } {\mathbf {\operatorname {rot}}}{\mathbf X}=\nabla \times {\mathbf X}\neq {\mathbf 0},\qquad {\mathbf {\operatorname {div}}}{\mathbf X}=\nabla \cdot {\mathbf X}={\mathbf 0}

Hervorhebung von mir.

Grüße

Die Anmerkung hat gesagt…

Wirbel sind wohl eine relativ stabile unveränderliche Teilmenge von "weitet sich aus".

Jetzt müssen wir diese Erkenntnis nur noch in der Bevölkerung ausweiten.

Anonym hat gesagt…

Die Phrase, das Schlagwort, ist eine der Hauptwaffen des internationalen Rübennasentums.
Aus: Heinrich Furth, Die internationale Rübennase -

ppq hat gesagt…

und bitte nie vergessen, die dunkelziffer ist noch viel höher!