Mittwoch, 24. Mai 2017

Pop im Visier: Ein Anschlag auf die Leitkultur


S-Bahn-Fahrer, Fußball, Weihnachtsmarktbesucher, eine Rockband, eine Satirezeitschrift - und nun auch noch die Popkultur, einer der Bereiche, die bei Islamisten Neid, Angst und Abwehrreflexe hervorrufen. Mit dem Anschlag auf das Konzert von Ariana Grande zielt der islamische Terrorismus auf das Herz des westlichen Selbstverständnisses.


Diesmal ist es ausgerechnet Manchester, die Stadt der Stone Roses, von Take That, den Hollies, 808 Stae, den Chemical Brothers, Simply Red und The Smiths. Auch in Manchester, so scheint es, hat der Anschlag einen islamistischen Hintergrund. Und auch in Manchester treffen die Mörder von der "Terrormiliz Islamischer Staat" (Spiegel) ein Stück Jugendkultur, das im islamischen Kulturkreis kein Gegenstück hat.

Ja, Ariana Grande gab sich obszön, sie trug Lack und Leder und bauchfreie Kleidchen, Reste von Röcken und niemals ein Kopftuch. Wenn sie singt, erstehen die 80er wieder auf, die in ihren fürchterlichsten Momenten genauso klangen: Schrill und überschminkt, musikalisch auf ein Computerschlagzeug reduziert. Die 19-Jährige ist damit so unfassbar erfolgreich, dass Videos von ihr schon mal eine Milliarde Mal angeschaut werden - nicht nur im Westen, sondern auch im Nahen Osten, wo die "Dangerous Woman" (Liedtitel) أريانا غراندي in Kinderzimmern landet wie ein Ufo aus einer Welt, die für die Sprößlinge streng gläubiger Moslems wirken muss wie die Hölle.

Entgrenzung, Enthemmung. "Die Videos und Auftritte der Sängerin stehen für den Werteverfall der westlichen Gesellschaft", bestätigt ein einfühlsamer Kommentator bei der "Welt". Endzeit. "You could wait for a lifetime to spend your days in the sunshine", hieß es bei Oasis im Lied "Cigarettes & Alcohol", "you might as well do the white line, cos when it comes on top" - Musik, Drogen, Schnaps und Weiber - wo die Terrorexperten der Leitmedien die einen "Anschlag auf Kinder" sehen und den totalen Tabubruch beklagen, "vor dem selbst Terroristen meist zurückschrecken" (Welt), sind die ermordeten Teenagerfans mit weit höherer Wahrscheinlichkeit Opfer geworden, weil sie wie die Fans der Eagles of Death Metal im Pariser Bataclan zum Publikum einer Pop-Veranstaltung gehörten.

Der ehemalige Smiths-Sänger Morrisey hat es bemerkt. Ohne Rücksicht auf das sture Beharren darauf, dass der Terror gar nichts, niemanden und schon gar nicht die westliche Lebensweise ändere, schimpft der 58-Jährige über die Premierministerin, die Queen und Londons Bürgermeister. In deren Sicherheitsblasen ändere sich ja tatsächlich nichts, die Queen feiere weiter ihre Gartenpartys und die freie Presse kritisere das nicht einmal. Draußen im normalen Leben aber habe es sich schon längst geändert. Die Sprachkosmetik, auf die sich alle Terrorerklärer geeinigt hätten, bringt ihn zu galligen Scherzen. Ein Extremist als Täter?, ätzt Morrisey. "Etwa ein extremistisches Kaninchen?"

Es geht ans Eingemachte und nur wenige spüren es. Andere fragen staatstragend wie Queen-Gitarrist Brian May "warum die Welt uns so hasst", kurz davor, in Klausur zu gehen, um die Gründe für die Ermordung ihrer Kinder bei sich selbst zu suchen.

Pop ist die Leitkultur des Westens, Motown und Hollywood sind sein Mekka, die Konzerthallen und Kino seine Moscheen. Der IS nimmt ins Visier, das die Ideologie des Steinzeitislam den Menschen nicht bieten kann. Kultur, Unterhaltung, Spaß. Das Diesseits. "Some might say they don't believe in heaven, go and tell it to the man who lives in hell", heißt es bei Oasis.



3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Enttäuschung von Eva Ladipo (Die Welt) über den moralischen Verfall des internationalen Terrors wird komplett ins Surreale transformiert, wenn sie in ihrem eigene Artikel die Beispiele dafür aufzählt, dass moslemische Terroristen meist nicht vor Verbrechen an Kindern zurückschrecken.

Man sollte Eva Ladipo dafür einen Preis verleihen, irgendeinen.

ppq hat gesagt…

man kommt sich vor wie ein echter hundsfott, wenn man sich dabei erwischt, über welche geistigen komplettausfälle man neuerdings lachen muss.

vor jahren schon bedauert, dass die realität die satire überholt. jetzt schickt sich die ernste presse an, die persiflagen selbst zu schreiben. was waren das noch für zeiten, in denen terroristen und polizisten mann gegen mann im fairen wettstreit und unter beachtung der haager landkriegsordnung...

das war sicher nicht gemeint, als rudi dutschke dem holger meins versprochen hat, dass der kampf weitergeht.

Anonym hat gesagt…

Bild sollte das Video noch mit der Ballonade von Nena unterlegen:
"99 Luftballons auf dem Weg zum Horizont"

Der Tolle-Ranz-Gott "Multi-Kulti" verlangt nach Menschenopfer, warum nicht mit bunten Luftballons zum Opferfest ein Zeichen-setzen.