Sonntag, 25. Juni 2017

Das Morgen schon im Heute: Warum Politik so gern die Zukunft regiert

Heute regiert das Morgen
Am liebsten regiert die derzeitige Politikergeneration ein weit entferntes Land namens Zukunft.

Sie können die Grenzen nicht sichern, keinen pünktlichen Bahnverkehr sicherstellen, Griechenland nicht retten, keinen Flughafen bauen, das Land nicht mit stabilem Internet versorgen und sich nicht einmal auf ein gemeinsames Bio-Siegel einigen.


Aber wenn es nicht um die Zukunft geht, sprudeln die Beschlüsse nur so aus den politischen Parteien. Energieausstieg sofort, zwei Grad bis 2100, schon 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr, raus aus der Braunkohle und keine Regierung und kein Parlament der Zukunft, das noch Schulden machen darf, wie es selber will. Vor allem was alles betrifft, was sie selbst nicht mehr betreffen wird, reguliert die derzeit amtierende Generation von Politikern ganz vortrefflich.

Die Sehnsucht der Kinderlosen


Der Zusammenhang ist auffallend. Emmanuel Macron, der neue französische Staatspräsident, hat keine Kinder. Angela Merkel, die ewige Bundeskanzlerin, hat keine Kinder. Theresa May, Premierministerin Großbritanniens, hat keine Kinder. Paolo Gentiloni, Ministerpräsident Italiens, hat keine Kinder. Mark Rutte, zumindest vielleicht auch künftiger Ministerpräsident der Niederlande, hat keine Kinder. Stefan Löfven, Ministerpräsident Schwedens, hat keine Kinder. Xavier Bettel, Premierminister Luxemburgs, hat keine Kinder. Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, hat keine Kinder.

Und ausgerechnet all diese Kinderlosen sind von akuter Zukunftsangst gepackt. Immer wollen sie vorsorgen, lange Linien legen, zwischen denen alle, die nach ihnen kommen, fahren sollen. Statt die Gegenwart zu regieren, was angesichts grassierender Krisen schwer genug scheint, betonieren sie die Zukunft per Gesetz in feste Formen.

Ob seinerzeit das erbtechnisch fragwürdige Spektakel einer "Schuldenbremse", mit dem ein Parlament allen nachfolgenden auferlegte, die Etathoheit nie mehr auszuüben, die als zentrales recht jedes Parlaments gilt, oder der Energieausstieg, der künftige Generationen genauso belastet wie die, die die dafür verantwortlichen Politiker selbst gewählt haben - immer wieder fuhrwerken die Verantwortlichen weit im Morgen herum, denn "zur Rettung der Welt in glorreicher Zukunft fühlen sie sich gern berufen", wie Markus Vahlefeld bei achgut.com schreibt.

 Maximale Entfernung vom Jetzt


Das Wesen des Regierens besteht im Bemühen, denen, die noch nicht einmal geboren sind, und im Falle der oben genannten Familien auch keine Chance mehr haben, jemals geboren zu werden, den Eindruck zu vermitteln, dass an sie gedacht worden ist. Während Eltern, die selbst Kinder haben, irgendwann unweigerlich begreifen, dass der Nachwuchs seine eigenen Wege geht und seine eigenen Fehler macht, ganz egal, wie umfangreich und detailliert die hinterlassenen Testamente sie auf Verhaltensregeln verpflichten, beschwören die Kinderlosen eine Nachhaltigkeit, die sich jeder Kontrolle entzieht.

"Es werden Blendgranaten des Aktionismus geworfen, um von den Problemen vor der eigenen Haustür abzulenken", schreibt Vahlefeld, "je zukunftsferner und gigantischer die Aufgaben und Lösungen formuliert werden, desto mehr entziehen sie sich der Tagespolitik, in der es um Überprüfbarkeit, um Debatten und Diskurse, um richtige und falsche Entscheidungen geht." Stattdessen würden "Aufgaben für eine parteiübergreifende Ewigkeit ins Leben gerufen, die Politiker nur noch managen können. Die Entpolitisierung der Politik funktioniert ja nur in ihrer maximalen Entgrenzung", in einer unabsehbaren Entfernung vom Jetzt.


3 Kommentare:

Thomas Leske hat gesagt…

Ich sehe nicht, dass die Schuldenbremse im Konflikt mit der Etathoheit steht. Wenn das Parlament mehr Geld ausgeben will, soll es eben die Steuern erhöhen. Staatsschulden sind nichts anderes als ein Versprechen auf zukünftige Steuereinnahmen. Warum soll sich die jetzige Parlamentsmehrheit mit Ausgabenprogrammen beliebt machen können, für welche die Steuern eine zukünftige Mehrheit eintreiben darf?

ppq hat gesagt…

dem würde ich widersprechen bzw die frage mit einer gegenfrage beantworten: warum nicht? letztlich wird ein künftiges parlament ohnehin tun, was es tun will, folglich im ernstfall auch eine von den vorvätern ererbte "schuldenbremse" wieder aus dem GG streichen.

ständig fummeln parlamente am GG rum, inzwischen besteht das ding aus mehr änderungen als orinaltext. da eine regel mit ewigkeitswirkung reinzuschreiben ist reiner symbolpolitik.

und unsinnig. denn staatsschulden sind ja nicht nur versprechen auf künftige steuereinnahmen, sondern natürlich auch voraussetzung zu deren erzielung. einfaches beispiel: verbiete einem mann, einen kredit aufzunehmen, um ein auto zu kaufen, das er braucht, um als vertreter zu arbeiten. oder einen kredit, um ein haus für seine familie zu kaufen, ehe er das geld zusammengespart hat. in ersterem fall arbeitet er gar nicht, im zweiten kauft er das haus, wenn die kinder groß sind und er es nicht mehr braucht.


Anonym hat gesagt…

Ich weiß ja, ich weiß ja - Satire.
Dennoch, verehrter Blogwart: Die w o l l e n die Grenzen nicht sichern, sie könnten schon. Durchaus.
Den Wunsch, zunächst fünfzig Millionen subsaharische Mohren in Europa anzusiedeln, haben sie schon 2009 keck geäußert. Die ganzseitigen Zeitungsanzeigen in gewissen Gegenden - kommet alle her, die ihr mühselig und beladen seid, ich will mit euch f..., äh, ihr kriegt hier alle ein Häuschen, einen weißen Mercedes, und eine willige blonde Metze, waren alle v o r 2015.