Samstag, 29. Juli 2017

Nach Spiegel-Zensur: Lesung aus verbotenen Büchern

Mescalero will auch selbst einige Zeilen aus Sieferles Buch lesen.

Großer Auftritt eines verbotenen Buches! Kaum hatte das ehemalige Nachrichtenmagazin Der Spiegel Rolf Peter Sieferles völkischem Bestseller "Finis Germania" von der "Spiegel"-Bestsellerliste genommen, meldeten sich die Macher documenta in Kassel beim rechtsextremistischen Antaios-Verlag im dunkeldeutschen Burgenlandkreis. Anliegen der Kunstmacher: Zur Halbzeit der documenta soll eine Lesung aus verbotenen Büchern noch einmal Publikum nach Hessen locken. Dabei spekulieren die Macher offenbar auf die zehntausende von Interessierten, die Sieferles Machwerk auf Anregung der Medien bereits zum zweiten Mal in nur sechs Wochen an die Spitze der Amazon-Bücherhitparade gekauft haben.

Mit der "Langen Nacht im Parthenon der Bücher" wird am 29. Juli in Kassel die Halbzeit der documenta gefeiert, eigentlich sollte ein Blasorchester Atonales spielen, dazu sollten zahlreiche bunt eingefärbte Gipskartonplatten aus polnischer Überproduktion von Hobbysportlern aus der überörtlichen Türsteherszene zerschlagen werden. Nun aber die Programmänderung:
Besucher, Kuratoren und Mitarbeiter der Ausstellung werden im Büchertempel vor dem Fridericianum Texte in und aus verbotenen Büchern lesen. Highlight soll dabei Sieferles Erfolgsbändchen sein.

 In Deutschland aktuell verbotene Werke sollen dabei nicht zu hören sein, allerdings ist "Finis Germania" bis zu einem anderslautenden Beschluss von jugendschutz.net derzeit noch frei verkäuflich. Das Buch darf allerdings nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln mitgeführt oder im Bekannten- oder Freundeskreis beworben werden, weil es im Rahmen der Spiegel-Aktion "wider den deutschen Geist“ mit einem Bann belegt und "von der Liste heruntergenommen" (Susanne Beyer, Spiegel) worden war.

Kunst aber, wenn sie gut ist, findet sich mit den Verhältnissen nicht ab. Sie löckt wider den Stachel, überschreitet Grenzen und öffnet die Augen für das, was nicht zu sehen ist. Die kalabrische Künstlerin Maria Mescalero, die auf der documenta einen vielbeachteten Bücher-Tempel hat bauen lassen, liefert deshalb mit der sogenannten "stummen Lesung" ein Statement für Presse- und Redefreiheit. ein Statement für Pressefreiheit, Hier, wo 1933 rund 2000 Bücher von den Nazis verbrannt wurden, will die Künstlerin ein Zeichen setzen lassen. "Manche Menschen denken, Bücher sind Gift", sagt sie, "dagegen kämpfe ich."

Mitmachen kann bei der Aktion jeder, Teilnehmer müssen sich zuvor online mit Angaben zu ihrem Beitrag anmelden. Nach einer Prüfung durch die Sicherheitsbehörden, bei der ein Backroundcheck wegen möglichen extremistischer Gesinnungen vorgenommen wird, darf dann mit Betonung gelesen werden. Einzelne Vorträge sollen maximal fünf Minuten dauern. Sie wolle sich auf die "wesentlichen Kapitel" (Spiegel-Chef Brinkbäumer) von Sieferles Hetzschrift beschränken, erklärt Mescalero.

Neben den Lesungen wird es auch musikalische Beiträge geben. Eigene Instrumente dürfen mitgebracht werden.


3 Kommentare:

teu hat gesagt…

Verlag Antaios e. K.
Oberdorf 24
Rittergut Schnellroda
06268 Steigra

... gehört zum Saalekreis.
Und liegt in einer Gegend, die vor Jahren Johannes Schlaf als "Dingsda" beschrieb.

Anonym hat gesagt…

danke an den Spiegel und seinen Moralismus.

ich hätte mich für das Buch nicht interessiert, aber wenn der Spiegel findet, als schonlängerhierlebender sollte man das Buch keines falls lesen, dann muss es gut genug sein, um es sich zu kaufen.

Anonym hat gesagt…

Auszüge aus der Schwarte und die Rezension uff de Achse dit Juten haben mir schon gelangt. Der Verewigte glaubte ofenkundig an den Weihnachtsmann (Ho-ho-ho!).
Und, so lehren die Freunde der Weisheit: Wenn die Prämisse falsch ist, ist die daraus folgende Zerquasselung (= Diskussion)für's Gesäß.
Doch ich will nicht auf die Spitze / treiben meine Galgenwitze ...