Mittwoch, 19. Juli 2017

Ramelow: Keine Rechte mehr für Rechte

Die Nazibrut, sie marschiert immer noch, hört Musik mitten in Thüringen, nicht einmal verbotene von Xavier Naidoo, sondern richtig harten Stoff mit legalen Inhalten. 6000 Faschisten versammeln sich im thüringischen Themar, als wäre es nicht längst an der Zeit, einzusehen, dass das nicht sein kann: Keine der hier zum Mittäter werdenden Bands hat eine ordentliche Einstufung. Unklar ist, ob das vorgeschriebene Verhältnis von 60 Prozent Rechtsrock und 40 Prozent Nazi-Scheiße eingehalten wird. Ein Missbrauch der großzügigen Regeln für Demonstrationen, die die Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern immer noch einräumt obwohl erste Bemühungen Erfolg zeitigen, bestimmte Tage und Orte notwendigerweise prinzipiell grundrechtsfrei zu stellen.

Obwohl ihm durch seine geburt im kapitalistischen Ausland die DDR-Grundausbildung fehlt, die das Grundrecht des Staates auf öffentliche Belästigung durch Andersdenkende rigoros über das Grundrecht des Bürgers gestellt hatte, öffentlich herumzumeckern, hat Ministerpräsident Bodo Ramelow jetzt gefordert, das Versammlungsrecht für Veranstaltungen einzuschränken, die nicht seinen Vorstellungen entsprechen.

Der niedersächsische Kommunist aus Thüringen folgt damit der Logik einer Verräumlichung des Ansehens der Bundesrepublik, die davon ausgeht, dass die Öffentlichkeit weltweit sich brennend selbst für kleine und kleinste Zusammenkünfte von deutschen Neonazis interessiert. „Ich denke, wir müssen das Versammlungsrecht derart präzisieren, dass in Zukunft Landratsämter und Genehmigungsbehörden und dann auch in der Folge die entscheidenden Gerichte diese Dinge nicht mehr unter Meinungsfreiheit abtun“, konkretisierte der Linken-Politiker seinen Plan zur generellen Aufhebung von Demonstrationsrechten für Rechte, der seinem schon länger ins Auge gefassten Plan folgt, Thüringen zu einer versammlungsfreien Zone zu machen.

Worum genau es sich bei "solchen Dingen" handele, könne von Fall zu Fall operativ entschieden werden. Wenn 6000 Anhänger der rechten Szene sich aber "getarnt als Demonstranten" versammeln und friedlich abseitige Krachmusik zu sich nehmen, wäre der neue Tatbestand "solche Dinge" im Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (VersammlG) aber Ramelow zufolge auf jeden Fall erfüllt. Eine Berufung auf Grundgesetzartikel 8 könnte dann durch eine Behörde umgehend suspendiert werden. Nicht vergleichbar sind die von Ramelow geforderter Schritte zur notwendigen Einschränkung von Versammlungsrechten und neugeschaffenen speziellen Eingriffsrechten staatlicher Organe mit ähnlichen Gesetzesänderungen in Polen.

In Deutschland erfolgt die Einschränkung von Grundrechten stets auf demokratischer Basis. So sei der bislang im Wasserrecht geltende Besorgnisgrundsatz erfolgreiche aus seinem Ursprungskontext gelöst und als neue Prämisse in das bis dahin von völlig anderen Rechtspositionen, Interessenkollisionen und Konfliktlinien geprägte Versammlungsrecht überführt worden. Damit reicht in Sachsen, das als Vorreiterland fungiert, nunmehr bereits die entfernte Möglichkeit einer Gefahr für irgendein Rechtsgut aus, um Versammlungen beschränken oder ganz verbieten zu können. Faktisch ist nicht mehr die Versammlungsbehörde in der Pflicht, nachzuweisen, dass eine Versammlung eine solche Gefahr heraufbeschwört, sondern der Anmelder müssen begründen, dass und weshalb sie das nicht tut.

3 Kommentare:

Rechtsabbieger hat gesagt…

... und dann sind alle diese phösen phösen Rächzzrockähfännz auch noch rechts fahrend zu ihrem Musikfest gepilgert.

Unerhört, was diese Nazibrut sich provokativ heraus nimmt! Rechtsverkehr ??? Wo kommen wir denn da hin? Das muss man denen sofort verbieten!

"Justizmister Maasloser, schicken Sie sofort ihre feuerrote Kahane-Kampfdrohne aus alten DDR-Beständen los, um diese Querulanten auf die politisch korrekte linke Mainstream-Spur einzudemokratisieren. Und bei der Gelegenheit zur Sicherheit vor allzuviel hetzerischer Freidenkerei auch besser gleich den ganzen Rechtsstaat abschaffen!"
"Was?"
"Sie sind schon fleißig dabei?"

"Dann bin ich aber froh, dass zukünftig keiner dieser primitiv-brutalen rechten Verarmer meine Tochter zwangsweise zur 'Erlebenden' macht."

Anonym hat gesagt…

Kommunistenterror in Hamburg, Moslemterror auf dem Volksfest, Afrikanerterror in den Wohngebieten. Aber wenn ein paar Kostümnazis des VS heilhitlern, steht Ramelow plötzlich auf der Platte.

Gernot hat gesagt…

Wie aus Hamburg stets eine Straße oder eher Einmündung mit Vermummten, die Autos anzünden, zu sehen war, waren vom Rechtsrockkonzert stets die gleichen Bilder aus einem offenen Versammlungszelt zu sehen, in dem Konzertbesucher begeistert jubelten. Dabei sollen sie den verbotenen Deutschen Gruß gezeigt haben.
Guckt man genau hin, kann man einzeln empor gestreckte rechte Arme mit gestreckter Hand erkennen. Die Mehrheit aber jubelt beidarmig oder gar mit zur Faust geballter Hand - Rotfrontkämpfergruß? - oder winkt ganz einfach.
Da die Veranstaltung einen vielseitigen, internationalen Charakter mit vielen ausländischen Teilnehmern besaß, muss man sich fragen, ob Ausländer von dem Verbot, in Deutschland etwa den Italienischen Gruß, den einer amerikanischen Jugendorganisation, den Turnergruß (noch erlaubt) oder den ägyptischen zu zeigen, Kenntnis haben (müssen).

Die Heil- oder "hail"-Rufe der Gäste sind strafrechtlich m.W. ohne Belang. Habe selber schon zu bei ganz öffentlichen Veranstaltungen zu "hail Atlantis" und "hail Jerusalem" getanzt, esse Heilbutt, baue Heilkräuter an (z.B. Huflattich), bete aber nicht zum Heiland.

Ansonsten gilt wahrscheinlich, dass wir Demokraten selbstverständlich alle für Versammlungsfreiheit sind. Aber natürlich darf man sie nicht für Versammlungen missbrauchen. Sie unterscheidet sich insofern kaum noch von allen anderen Rechten und Freiheiten. Wer diesbezüglich Zwiedenken (veralt., jetzt: Doppeldenk) unterstellt, könnte der Liebe der Partei gewahr werden.