Donnerstag, 12. Oktober 2017

Klick-Ökonomie: Die irre Angst vor der Hauswinkelspinne

Wenn es läuft, muss es gemacht werden. Und wenn es einmal geht, geht es auch noch mal. Und nochmal. Und noch mal. Die Hauswinkelspinne, ein in Deutschland über Jahrhunderte ignoriertes Tier, das früher als schlichte "Hausspinne" von Opa zertreten wurde, wenn Oma erschreckt aufschrie, macht in den Tagen der Klickökonomie Karriere wie ein Trump der Tierwelt.

Jeden Herbst ziehen die Online-Redaktionen der Leitmedien die alten Texte vom letzten Jahr hervor. Und befeuern eine hysterische Angst vor dem possierlichen Tierchen, das traditionell in der Nähe des Menschen, in Kellern, Schuppen, Scheunen oder leerstehenden Gebäuden lebt. "Diese brutale Beiss-Spinne sorgt jetzt für Panik!" (Wochenblick), heißt es dann, "Sie beißt zu: Immer mehr Ekel-Spinnen in deutschen Wohnungen"(Chip) oder "Immer mehr bissige Winkelspinnen in deutschen Wohnungen" (t-online).

"Stern", "Bild", "Focus", der MDR und alle anderen machen begeistert mit, denn die Spinne aus der Familie der Winkelspinnen sorgt verlässlich für Begeisterung beim Publikum an Smartphones und Computern. Es wird gewarnt und beruhigt, aufgeklärt und faktgecheckt, denn alles bringt Punkte auf der nach oben offenen Irrsinnsskala, die journalistischen Erfolg nach Reaktionen im Netz misst, die sich vielleicht irgendwann, eines Tages, in ferner, ferner Zukunft, in messbare Einnahmen aus Werbebannern ummünzen lassen werden.

Meedia berichtet begeistert von zehntausenden Likes, Shares, Reactions, Kommentare und Retweets bei Facebook und Twitter, der Hausspinnenzug ist ebenso irrelevant wie unaufhaltsam, denn "der Bibber-Herbst ist den Spinnen einfach zu kalt, das fiese Wetter treibt sie nach drinnen" (Bild). Dort wartet nun wie seit Jahrtausenden schon der Mensch auf das früher einfach Kellerspinne genannte Tierchen, das keine invasive Art ist, die über die offenen deutschen Grenzen ins Land strömt, sondern eine von acht seit jeher hier beheimatete Art der Gattung der Winkelspinnen (Tegenaria) aus der Familie der Trichterspinnen (Agelenidae).

Eine "Albtraum-Invasion" und der "lebendig gewordene Krabbel-Horror", der deutschen Medien aus dem Wahlkampfkater hilft. Diesmal ist der Feind nicht blau und populistisch, sondern "groß und haarig, dazu auch noch bissig", der Feind steht auf acht Beinen und "verbreitet sich wie wahnsinnig in deutschen Newsrooms". Kein Platz mehr für die Invasion in der Ukraine, die russischen Bots, die Balkanroute und die Erdogan-Diktatur. Für den "irren" (FR) Trump, den mörderischen Putin, für den Atomkrieg mit Nordkorea, das Weltklima, den Energieausstieg, die E-Auto-Quote, das Dieselverbot, die Zerschlagung von VW, die Islamisierung des Abendlandes, die Niedrigzinsen, den Höhenflug der Börsenkurse oder die neue Bombenoffensive gegen den IS, die Taliban und Boko Haram. Nur noch Spinnen allenthalben. Das wahre Problem in einer Republik, die spinnt.


5 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

taufrisch aus dem Lebenshilfe-Medium

Experte erklärt

Warum haben so viele Menschen Angst vor Spinnen?

... und was man dagegen tun kann

Jetzt krabbeln sie wieder, lauern in der Zimmerecke oder hängen von der Decke herab. Der Herbst treibt die Spinnen ins Haus – und sorgt bei rund zehn Prozent der Deutschen für Angst-Attacken und Ekel-Momente.
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Anonym hat gesagt…

Für die Schmierfinke einer kompletto verrotteten „buntesdeutschen“ Journaille ist es nur noch zynischer Usus, das feige, rückgratlose, kulpatisch weichgeprügelte Schafskopp-Volk auch mit den dummfugigsten Nichtigkeiten permanent entweder in Hyperventilations- oder Knieschlotter-Modus zu versetzen. – Insbesondere am „Dschörmän-Angst“-Hebel wird in schöner, zyklischer Regelmässigkeit mit sadistischer Lust gezogen. – Denn, komme was da wolle, an alltäglichen Phänomenen, natürlichen Zyklen und Periodizität unterliegenden Veränderungen, „Buntes-Schafs-Nase“ bekommt das alsbald v. seinen „Diskurshoheiten“ als erschröööckliche Katastrophööö kredenzt. – Das Füllhorn dieser Sadisten ist schier unerschöpflich, denn von „Waldsterben, Atoooom-Toood, über Ozooooon-Löcher, ÄÄÄIIIDS-Pandemien, Schweine/Vogel/Hühner-Grippen, bis zu Klimaaa-Katastrophööö“ reichen die „Standard-Knieschlotter-Auslöser“, ganz zu schweigen v. halluzinierten, adhoc ex nihilo auftretenden „Bedrohungen“. -
Die „Cui bono“- Frage ist schon zu banal, um sie überhaupt noch zu stellen, können diese „Diskurshoheiten“ doch mit einem dauerterrorisierten Hosenvoll-Volk viel bequemer in reiner Willkür umspringen und sich auch noch als Heilsbringer und Erlöser v. den daher delirierten „Gefahren“ gerieren. –
Ergo ist so ‚ne Winkelspinnen-Hype nur ein Mosaiksteinchen in einem grösseren Bild, an dem die „Diskurshoheiten“ fanatisch und emsig weiterschnitzen.

Anonym hat gesagt…

Die Gefahr, von einer Winkelspinne gebissen zu werden, ist geringer als die, von einem merkelschen Gast gemessert oder niedergeschlagen zu werden. Das muß mal gesagt werden, um den Ruf der Winkelspinne zu schützen.

Anonym hat gesagt…

Warum Angst vor Spinnen? Fritz Erik Hoevels hat Ulrich Kutschera, nur beiläufig, beim Wickel (da weiter unten die Ketzerbriefe im Gespräch waren).
Die einen wähnen, die Spinne wäre ein Symbolon für die behaarte weibliche Geschlechtsöffnung. Die anderen, es wäre eine unbewußte Erinnerung an unsere sehr, sehr frühen Ahnen mit dem Endoskelett, die den frühen Arthropoden mit dem Exoskelett ein Leckerbissen waren. Es dürften beide durchaus recht haben. --------
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Das Gebaren der Medienfuzzis ist des Erwähnens nicht wert.

Anonym hat gesagt…

Oisa zu dem berüchtigten Thema "Leckerbissen versus Ekel-Auslöser", kann man ganz nüchtern konstatieren, es hängt meist allein v. Kulturkreis, bzw. Erziehung/Gewöhnung ab, ob irgendein "Nahrungsmittel/Gericht", sei es tiersich oder pflanzlich, als "höchstgeschätzter Leckerbissen" oder aber als "abscheuliches, erschröckliches Ekel-Zeugs" firmiert. -
So z. Bleistift auch Spinnen. - Meines Wissens gibt es "indigene Amazonas-Bewohner", die "geröstete Vogelspinnen" als durchaus "delikaten Braten" mit Genuss goutieren.