Donnerstag, 15. Oktober 2009

Kostenlose Gerechtigkeit

Gigantischer Erfolg der ersten sozialpolitischen Maßnahme der neuen Großen Koalition der Nationalen Verantwortung. Rund 1.800 deutsche Zeitungen, Fernsehsender und Radiostationen ließen sich die von den Spitzen von FDP und CDU/CSU verabredete "Besserstellung" von Hartz 4-Empfängern nicht entgehen. Begeistert werden Vor- und Nachteile der Maßnahme erörtert, mit der das "Schonvermögen" verdreifacht werden soll, wie die "Rheinische Post" überschlagen hat. Die ehemals renommierte "Welt" glaubt glatt, "Hartz-IV-Empfänger sollen mehr fürs Alter sparen", das "Versicherungsportal" fantasiert gar "Schonvermögen soll kräftig erhöht werden", als sei vorgesehen, die Konten von Hartz-IV-Empfängern durch staatliche Zuzahlungen aufzufüllen.

Dennoch jubelt das Arbeitslosenmagazin "Bild": "Schwarz-Gelb macht Hartz-IV gerechter!" Daran ist selbstverständlich nicht gedacht, denn selbstverständlich handelt es sich bei der Erhöhung des Schonvermögen von derzeit 250 Euro auf 700 Euro pro Lebensjahr nicht um eine Erhöhung von praktisch vorhandenem, sondern nur um staatliche Duldung von theoretisch möglichem Vermögen, das sechs Jahre nach der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowieso niemand mehr hat: Wer von den 2,3 Millionen Langzeitarbeitslosen anno 2006 noch über ein Vermögen von 50.000 verfügte, war verpflichtet, es bis auf einen Rest von 17.500 Euro zu verbrauchen, ehe er Anrecht auf Hartz-IV-Zahlungen hatte. Wer ein Haus hatte, hat es seitdem verkaufen müssen, das eingenommene Geld ist unterdessen auch verbraucht.

Zeit, für Gerechtigkeit, die gut ankommt, aber keinen Cent kostet. Warum allerdings das Schonvermögen im Zuge der Koalitionsverhandlungen nicht gleich auf sieben, elf oder 77 Millionen Euro erhöht worden ist, wissen nur die Koalitionäre. Gekostet hätte das auch nicht mehr!

2 Kommentare:

Eisenschwein hat gesagt…

die denken eben - offenbar im gegensatz zu dir - in die zukunft. und rechnen die schlitzohrigkeit der hartz iv-empfänger gleich mit rein.

derherold hat gesagt…

Na ja, sooo dämlich, 50 Mille auf dem Konto stehen zu lassen, um es per Kontoauszug mit seinem Antrag auf ALGII einzureichen, werden wohl nur die wenigsten gewesen sein ... und daß es eine Welle von ETW/EFH-Verkäufen gegeben hat, ist mir neu.
Kritisch war/ist der Verbrauch von Vermögen aus Versicherungsansprüchen (iwS).

Die Erhöhung des Schonvermögens ist deshalb so t-o-l-l, weil sowieso jeder versucht hat, ein etwaig auszuweisendes Vermögen zu "verschleiern" ... insofern dürfte die gute Tat der designierten neuen Regierung kaum einen Rubel kosten.

Das ist so, als ob man verspricht, den überlebenden Veteranen von 1870/71 endlich einen Ehrensold zu zahlen... oder denen vom Sturm aufs Winterdings.