Donnerstag, 26. November 2009

Foodwatch warnt, das Jahr ist rum

Bettlägerige und komatöse Gesellschaften, so lehrt die Geschichte, werden ganz am Ende nur noch von Ritualen zusammengehalten, an deren eigentlichen Zweck sich niemand mehr erinnert. Das Jahr in Deutschland teilt sich deshalb ganz einfach auf: Im Mai der ADAC-Tunneltest, kurz danach der ADAC-Brückentest, gefolgt vom "Kriechtier des Jahres", der "Blume des Monats" und dem "bedrohten Baum der Saison", gewählt von führenden Förstern und Zoodirektoren, ehe dann der große ADAC-Raststättentest kurz vor dem großen ADAC-Fährentest und die Bekanntgabe des "Insekts des Jahres" die Urlaubszeit einläutet.

Ist die überstanden, gibt es immer den Schulranzentest - und nun schon im vierten Jahr die Warnung der Organisation Foodwatch vor Uran im Trinkwasser. Seit der ersten urkundlichen Erwähnung der bis dato unbekannten Gefahr im Jahr 2006 jagt die vom ehemaligen Greenpeace-Chef Thilo Bode gegründete Organisation traditionell einmal im Jahr die Tschernobyl-Angst durchs Land um zu signalisieren, dass es schlimm steht um Land und Leute.

Inzwischen werden die Alarmrufe auch immer aufgeregter, schriller und sie kommen in immer kürzeren Abständen. Im Mai erst hatten die Bode-Truppen herausgefunden, dass trotz aller Warnungen in den Vorjahren immer noch Uran im Mineralwasser ist. Jetzt wird bekannt, dass Gleiches auch für das normale Trinkwasser gilt, aus dem zahlreiche Mineralwasser hergestellt werden: Es enthält zum Teil "mehr als zehn Mikrogramm Uran pro Liter" (Foodwatch).

Allerdings enthält jeder Erwachsene mit 30 bis 60 Mikrogramm noch mehr Uran als ein Liter Wasser. Tomaten, Gurken, Duschwasser und das Beckenwasser im Freibad sind mit Uran geradezu verseucht, selbst in der Wurst ist Uran, im Schweinebraten, im Kirschkuchen, in der Milch, im Sicherheitszündholz und in der Zigarette. Schlecht zubereitet? Fahrlässig angerichtet? Achiwo: Jede Tonne Erdkruste enthält etwa 2,3 Gramm Uran. Was automatisch zur Folge hat, dass Trinkwasser, Böden und Nahrungsmittel voller Uran sind und sogar die Luft 0,04 Milliardstel Gramm pro Kubikmeter enthält.

An Entseuchung ist da nicht zu denken. Schön für Thilo Bode, denn der wird auch im nächsten Jahr wieder warnen und die Gesellschaft damit zusammenschweißen können.

13 Kommentare:

vakna hat gesagt…

In der hiesigen Zeitung sind sie jetzt auf Radon gekommen.
Ich habe innerlich die Augen verdreht, konnte ich doch den Quatsch schon vor Jahren im Erzgebirge mitverfolgen.

Anonym hat gesagt…

Ich brauch meine Dosis, sollen die doch erzählen.
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Davon abgesehen, ist mein Onkel Mitte der 70er jämmerlich abgekratzt. Ein schlimmer, nicht wünschenswerter Abgang. Hatte 25 Jahre als Steiger bei der Wismut geackert. Zuviel von dem Zeug ist also auch nicht gut.

NewsShit! hat gesagt…

Entweder hat Foodwatch einen sehr alten Eintopf aufgewärmt (ich hoffe doch, mit grünen Energieträgern)? Die Studie war Anfang des Jahres schonmal aktuell - ich glaube ja, dass die BILD das jetzt nochmal hervorgekramt hat, wo die Schweinegrippe nicht mehr zieht...

vakna hat gesagt…

Ich will Radon nicht schön reden, aber gerade im Bergland und in Bergbaugebieten kann man ihm kaum entgehen.
Da hilft nur ein Ortswechsel.

Und es sammelt sich in Räumen, also gut lüften oder noch besser: Heraus in die Natur, an der Sonne Hautkrebs holen oder Feinstaub einatmen!

Tim hat gesagt…

Ich verstehe die Aufregung nicht. Irgendwie muß Thilo Bode doch auch sein Geld verdienen. Wäre es Euch denn lieber, wenn er im Bundestag säße?

Schade ist nur, daß wieder mal kein Redakteur Mist gebaut hat bzw. alle die Pressemeldung ohne Tippfehler abgedruckt haben. Ich warte ja seit Jahren auf Warnungen vor "urinverseuchtem Trinkwasser".

ppq hat gesagt…

@newsshit: damals ging es um mineralwasser, jetzt um trinkwasser. demnächst werden sie entdecken, dass im bier auc wAs ist (wegen des wasseranteils), dann kommen cola, sprite und wein dran. so ist immer für arbeit gesorgt. man kann dann irgendwann wöchenltich warnen

Martin Rücker hat gesagt…

Bitte bei den Fakten bleiben! Uran ist so schwach radioaktiv, dass dies kein gesundheitliches Problem darstellt. Dies hat foodwatch stets betont. Allerdings ist das Schwermetall Uran chemisch giftig, so dass alle zuständigen Behörden in Deutschland und Europa bei einer Zufuhr in höherer Menge gesundheitliche Risiken sehen, zum Beispiel Nierenschädigungen, insbesondere bei Kindern. Von Tschernobyl hat also kein Mensch geredet, das wäre auch völliger Unsinn!
Dass es die Warnungen seit 2000 gibt, ist übrigens auch falsch - zu diesem Zeitpunkt war foodwatch noch nicht einmal gegründet. Das nur am Rande, aber so viel zur inhaltlichen Qualität des Posts.
Dass Uran natürlicherweise in Gesteinsschichten vorkommt und sich daher im Grundwasser löst, ist unbestritten und wird von foodwatch ausdrücklich bestätigt. Bevor es aus dem Hahn fließt, kann Uran aber problemlos herausgefiltert werden. Das Ergebnis wäre ein vorsorgender Gesundheitsschutz, weil die unbestrittenen Risiken nicht mehr bestünden.
Also bitte: Erst informieren (http://www.foodwatch.de/uran), dann schreiben.

Martin Rücker/foodwatch

ppq hat gesagt…

dass alle zuständigen Behörden in Deutschland und Europa bei einer Zufuhr in höherer Menge gesundheitliche Risiken sehen, zum Beispiel Nierenschädigungen, insbesondere bei Kindern.

deshalb gibt es auch eu-weit keinen grenzwert für uranbelastung

Martin Rücker hat gesagt…

Die Bundesregierung hat einen Grenzwert in Höhe von 10 Mikrogramm bereits angekündigt, nun für Frühjahr 2010. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA kommt zum Schluss: Mit 10 Mikrogramm sind Kleinkinder und Säuglinge nicht ausreichend geschützt, sondern erst ab Werten irgendwo unterhalb von 4 Mikrogramm. Nachzulesen hier: http://www.efsa.europa.eu/EFSA/efsa_locale-1178620753812_1211902498761.htm. Ja, das ist mühsam zu lesen - aber da sind die Fakten, es schadet nicht, sie zur Kenntnis zu nehmen, bevor jeder irgend etwas zu diesem Thema scheibt. Man kann ja eine andere Meinung vertreten als wir das tun, aber ein wenig Orinetierung am Sachstand wäre dann doch ganz hilfreich.

Martin Rücker/foodwatch

ppq hat gesagt…

mal ehrlich: geht es um sachfragen? geht es nicht darum, in den medien präsent zu sein?

so lange es keine wissenschaftlich begründeten und beschlossenen grenzwerte gibt, kann jeder vor allem warnen - wir hatten das ja neulich erst mit dem schlagwort "nano".

dass ihr uran nehmt, ist doch kein zufall. das kommt einfach gut an, weil uran immer gleich atom und atom immer gleich angst ist. dass im kleingedruckten was anderes steht - geschenkt.

ich warte jetzt jedenfalls auf die von uns angeregte untersuchung von cola, bier, wurst etc.

damit währet ihr binnen kürzester zeit immer wieder in den schlagzeilen. solange es keine verbindlichen grenbzwerte gibt, können ja auch keine eingehalten werden. und einen wissenschaftler, der bezeugt, dass die gefundenen werte viel zu hoch sind, den findet ihr coh immer, oder?

danke übrigens für den hinweis auf die falsche jahreszahl. im original richtig, dann falsch abgeschrieben und vom falschen addiert. ist korrigiert

Martin Rücker hat gesagt…

Mal ehrlich: bei uns kommt keiner zum Orgasmus, nur weil wir in den Medien sind. Aber ja, es geht darum, ein wichtiges Thema in die Öffentlichkeit zu bringen - daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es schon vor einem Jahr wichtig war (im Gegenteil: schlimm genug, dass sich ander Situation nichts geändert hat).
In aller Kürze, da das offenbar wenig Sinn hat: Ich gebe Dir recht, es lässt sich für jede Aussage ein Wissenschaftler finden. Es geht hier aber nicht um EINEN Wissenschaftler, sondern um DIE Europäische Lebensmittelbehörde, die den Stand der Wissenschaft zusammengefasst hat. Und foodwatch weist nicht irgendwo im Kleingedruckten, sondern auch prominent auf Website, in Pressemitteilungen und in Interviews darauf hin, dass die Radioaktivität keine Rolle spielt. Hast du dir die Texte überhaupt schon einmal angeschaut?
Du hast einen zugespitzten, polemischen Post geschrieben, das ist legitim - nur schade, dass du nicht bereit bist, dich mit dem Thema richtig zu beschäftigen. Auf meine inhaltlichen Anmerkungen bist du nicht eingegangen, sondern hältst an deiner offenbar vorgefertigten Meinung fest. Das Thema Uran im Trinkwasser ist nur leider so simpel auch nicht, dass jeder sofort zum Experten wird, weil er einmal (entschuldige: offenbar zweimal) in den Medien davon gehört hat.

Martin Rücker/foodwatch

P.S.: by the way: Was spräche gegen eine Veröffentlichung zum Thema Bier, wenn dort Giftstoffe in riskant hohen Dosen enthalten wären? Doch nichts, vor allem nicht, wenn in der Folge die Belastung reduziert werden würde.
Und die Haltung: Weil es keine Grenzwerte gibt, wird schon alles okay sein - gut, dass nicht alle so denken. Es war in den 80er-Jahren auch mal legal, Chemie-Abwässer in die Flüsse zu leiten. Heute ist das verboten, und kein Mensch fragt ernsthaft, ob das zu Unrecht verboten wurde. Damals aber haben Umweltschutzorganisationen die Chemiekonzerne kritisiert und als Antwort immer nur zu hören bekommen: Was wollt ihr denn, ist doch legal was wir tun. Darf man also nur kritisieren, wenn etas gegen die Gesetze geschieht? Ich denke nein. Gesetze können (und müssen) geändert, u.U. eben auch neue Grenzwerte eingeführt werden. Ich wette darauf: In zehn Jahren wird es keine Diskussion darüber geben, ob der dann längst gültige Uran-Grenzwert für Trinkwasser wieder abgeschafft werden sollte.

ppq hat gesagt…

dazu nur eine frage: würdet ihr DIE Europäische Lebensmittelbehörde auch zitieren, wenn sie euch widersprochen hätte?

siehste


in die medien müsst ihr, um spenden zu sammeln. dagegen habe ich auch nichts, das ist mir ein einfach egal. aber dass (auch) ihr den medien gelegenheit gebt, in immer schrillerem ton, in immer hektischerer frequenz zu warnen, das ist mir nicht egal. macht das mit dem bier, macht es mit saft und wein und sprite und was sonst noch so uran enthält, am besten warnt im wochenrhythmus. umso schneller wird euch niemand mehr zuhören.

Vox Diaboli hat gesagt…

ich höre den alarmisten jetzt schon nicht mehr zu ...