Dienstag, 4. Mai 2010

Mehr Staat wagen

"Was der Staat kann, kann nur der Staat", lobte einst Franz Müntefering, der unterdessen weitgehend vergessene ehemalige Retter der SPD. Ein Wort, das über alle Parteigrenzen hinweg gültig bleibt, wie der derzeit amtierende Bundesinnenminister Thomas de Maizière jetzt klargestellt hat. Für ihn sei es "ein Phänomen, dass die Adressvergabe im Internet überhaupt funktioniert, obwohl sie nur von Privatleuten verabredet" sei, staunte der CDU-Politiker, der sich seine ersten Meriten als Vorbereiter und Organisator der Pleite der sächsischen Landesbank Sachsen LB verdiente.

Der Umstand, dass derzeit weitgehend private Einrichtungen das Internet organisieren, sei "keine ausreichende Antwort für die Zukunft", findet de Maiziere. Wie bei der Benennung von Straßen, Plätzen und Städten, die in Deutschland je nach gerade herrschender Meinung benannt und wieder umbenannt werden, müssten staatliche Einrichtungen auch bei Internetadresen eine "Schutzpflicht für sichere Online-Kommunikation" übernehmen. Es gehe um das Vertrauen der Bürger, dass Dienste wie Online-Banking und E-Mails tatsächlich sicher seien, was de Maizieres Informationen zufolge ursächlich nur durch eine ministerielle Kontrolle der Domainnamen garantiert werden kann.

Und diese Gewissheit gebe es nur, wenn statt der genossenschaftlich organisierten DENIC ein dem künftigen Blogampelamt gleichgestelltes Bundesinternetadressenamt Domainnamen vergebe. Dann könnten Behörden Domains und IP-Adressen, die Mißfallen erregen oder den "Falschen in die Hände spielen" (Wolfgang Thierse) einfach nicht vergeben oder, falls sie durch unverantwortlich handelnde Private schon freigeschaltet wurden, ohne Mitwirkung der Justiz abgeschaltet werden. Vorbild wäre die Vergabe von Autokennzeichen, bei der demokratiegefährdende Buchstabenkombinationen wie SA, SS, KZ oder V1 zwar keinem Verbot unterliegen, aber einfach nicht vergeben werden.

Ein Schritt nach vorn für Sicherheit im ganzen Netz. Bislang hatte die Denic allenfalls darauf geachtet, das Domains wie hitler.de an Nutzer wie die gemeinnützige Initiative Shoa gingen. Flächendeckende Andacht war so jedoch nicht zu erreichen: So tummelt sich etwa unter goebbels.de ein Profiseller-Webshop und bei goering.de werden Internet-Dienstleistungen angeboten. Auf Franz Münteferings Seite hingegen beschäftigt sich der aktuellste Beitrag mit dem Abschied des kantigen Kämpen vor sechs Monaten. Seitdem ist die Seite privat - und immer mal für Einträge sorgen, das kann eben nur der Staat.

12 Kommentare:

  1. Auch der Blumentopf-Verkauf sollte künftig staatlich organisiert werden. Es ist erstaunlich, daß er derzeit überhaupt funktioniert, obwohl er nur von Privatleuten verabredet wird.

    Vielleicht könnte man statt dessen die Vergabe von Bundestagsmandaten privat organisieren; dies wird ja derzeit nur von Parteien verabredet.

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  2. de maiziereMai 04, 2010

    hallo ppq!! ich frug mich schon lange, wie das mit brot hinhaut. immer ist was da, wenn man kommt, obwohl man vorher gar nicht bescheid gesagt hat. ein bekannter verriet mir dann mal, das sei die "unsichtbare hand", die das mache.

    dabei hatte ich genau gesehen, dass die hand von der verkäuferin sichtbar war.

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  3. Habe gehört, 127.0.0.0/8 wäre noch frei. Stimmt zwar nicht, aber die können ja schon mal mit der Vergabe anfangen.

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  4. VolkerStrammMai 04, 2010

    Update 04.05.2010 16.36 Uhr:
    Niemand will eine Mauer bauen!

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  5. Und die Zeiten von einfach so privat in die Luft geblasener Vulkanasche sind ja jetzt auch vorbei, seitdem Ramsauer und Co. "zum Schutz der Menschen und des Luftverkehrs" staatliche Grenzwerte festgelegt haben.

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  6. Es sollte mich auch der Staat morgens wecken. Ich wundere mich, daß das überhaupt funktioniert, daß ich den Wecker stellen kann und der auch noch klingelt und ich auch noch aufstehe.

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  7. @nwr: also ich kenne viele, wo das nicht klappt.

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  8. @ppq
    Ja, ich muß zugeben, bei mir auch, selten, aber doch immerhin. Also wäre hier mehr Staat gefordert, abends Zapfenstreich wäre auch ratsam.

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  9. @ppq
    Ja, ich muß zugeben, bei mir auch, selten, aber doch immerhin. Also wäre hier mehr Staat gefordert, abends Zapfenstreich wäre auch ratsam.

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  10. Irgendwie hängt die Kommentarseite in meinem Brauser, liegt wohl am javascript der Schaltfläche, ich bitte um pardón.

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  11. ColombiaMai 05, 2010

    Nordkorea macht ja in vorbildlicherweise vor wie ein Staat seine Bürger morgens wecken kann, so daß die werktätigen Massen keine wertvolle Arbeits- und Freizeit mit zuviel Schlaf vergeuden.

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  12. gute sachen liest man gern doppelt

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