Dienstag, 24. April 2012

Rechte in Gefahr: Das ausbleibende Ansteigen

Viele Jahre lang war es ein verlässlicher Baustein der Mobilisierung der gesunden Kräfte der jungen deutschen Demokratie. So pünktlich wie der AD/AC-Tunneltest kamen Mitte April die neuen, grauenhaften Zahlen zur jüngsten Zunahme rechtsextremer, rechtsextremistischer und rechtsradikaler Straftaten im Jahr zuvor. Alles wurde immer mehr, selbst wenn es mal weniger wurde, fand sich doch noch ein Eckchen, aus dem sich ein bedrückender Superlativ pressen ließ. Voller Gewalt war die Welt, die Enthüllungsreporter wie Frank Jansen mit großer Begeisterung in dunkelsten Farben malten. 12.000 rechte Straftaten, das waren immer mehr „als erwartet“ und noch mehr als vorher und die Dunkelziffer war sogar noch höher.

Jederzeit musste jedermann damit rechnen, ein Hakenkreuz auf die Stirn geschmiert zu bekommen, auch die rechten Gewalttaten machten mehrere Promille an den Gewalttaten insgesamt aus. Eine "Eskalation extremistischer Gewalt" war das jedes Jahr, erst vorab, wenn das Innenministerium den Alarmmedien „Tagesspiegel“ und „Zeit“ Vorabzahlen zusteckte, von denen immer behauptet werden konnte, sie würden dann später noch viel ausfallen. Und dann noch einmal rund um Führers Geburtstag, der mit der amtlichen Statistik und der völlig zahlenunabhängigen Warnung vor einer immer weiter ansteigenden Zahl rechter Straftaten gefeiert wurde.

Bis auf dieses Jahr. Wo sonst ein großer Gesang eines Medienchores war, der unter Auslassung unpassender Noten von einem "neuen Höchststand" bei "rechten Straftaten" sang, herrscht plötzlich Stille. Keine so dringend notwendige Warnung vor verfassungsfeindlichen Symbolen. Keine Auflistung von radikalen Übergriffen. Die Pressemitteilung, die der Bundesinnenminister stattdessen verschickt, heißt „Deutsche Islam Konferenz 2012: Geschlechtergerechtigkeit im Mittelpunkt“.

Was ist da los? Steht es wirklich schon so schlecht um die rechte Szene, dass die Statistik über alltäglich Grauen in den national befreiten Zonen Verspätung hat? Ist die von PPQ bereits vor fünf Jahren vorhergesagte Krise des Rechtsradikalismus nun auch in den Statistiken des Bundesinnenministeriums angekommen? Besorgte Bürger fragen: Was wird da verschwiegen? Was wird da vertuscht? Wer kehrt wen unter den Teppich? Herr Friedrich, wo bleiben die rechten Taten?

Radikale Maler im Archiv:
In den Fangzähnen des Faschismus
Am Bingobrett des Alarmjournalismus
Malen nach Zahlen mit Niggemmeier

12 Kommentare:

FDominicus hat gesagt…

Nun der erste Mai kommt näher. Was werden wir wohl erleben? Ach nur "mal wieder" brennende Autos und eingeworfene Fensterscheiben und das ganze ohne rechten Hintergrund, oder wie sagte Frau Sopie: "the same procedure...."

Kurt hat gesagt…

Das ist eine Frage der Ressourcen. Seit Herbst sind alle Mittel gebunden, um aus den zwei tötlichen Drei das vermarktbare Produkt »NSU« zu zimmern. Wenn dieses Produkt erfolgreich verkauft ist, wird die Gewinnmarge derartig exorbitant sein, daß man derzeit auf die arbeitsaufwendige und zu leicht nachprüfbare Zählerei von Hakenkreuzen an ländlichen Bushaltestellen und ähnlichem verzichtet.

Quasi die NSU anstatt des deutschen Kolonialismus als nächstes großes Narrativ nach Auschwitz.

Anonym hat gesagt…

Das Produkt NSU hat die Verfassungschützer genug gekostet.

Die Jagd auf inländische Ausländer oder ausländische Inländer war eröffnet.
Dank Geheimnisschutzes wurde aber das "Fanal" von der Masse der deutsche Bevölkerung nicht erkannt.

Ein Brevik ist da viel Publikumswirksamer
.
Mal sehen, wann der deutsche Brevik losgelassen wird.

Karl_Murx hat gesagt…

"Ein Brevik ist da viel Publikumswirksamer
.
Mal sehen, wann der deutsche Brevik losgelassen wird."

Ich würde sagen, die beiden tödlichen Drei sind der deutsche Brevik.

Karl_Murx hat gesagt…

@ppq:
>>Am Bingobrett des Journalismus>>:
Besonders dieser Artikel von ppq hätte bei jedem die Alarmglocken klingeln lassen müssen:

"2820 Straftaten hochgerechnet auf zwölf Monate wären in einem ganzen Jahr 11.280! Mithin sagenhafte 8200 weniger als noch 2009, als die Behörden 19.468 Fälle melden konnten. Auch das waren damals schon 4,7 Prozent weniger als noch 2008. ...

Nachdem das Vorjahr bereits einen Rückgang von 682 auf 624 Gewalttaten Rechter brachte, droht nun ein Rutsch bis auf die magische Marke von 500.

Heulen und Zähneklappern bei vielen gutgemeinten und prima durchfinanzierten Projektwerkstätten zur Reintegration Rechter, Rechtsradikaler, Rechtsextremer und Rechtsextremisten."

Hatte irgendjemand erwartet, daß so etwas bei der hiesigen Kampf-gegen-Rechts-Industrie keine Folgen zeitigen würde? Konnte man ernsthaft annehmen, ein gut geölter Apparat läßt sich widerstandslos von den staatlichen Fleischtöpfen wegboxen? So gesehen lag in diesem wie in anderen Artikeln von ppq eine Prophezeiung, die sich in Gestalt des rechtsextremistischen Doppel-Trios erfüllt hat.

@Kurt:
"Das ist eine Frage der Ressourcen. Seit Herbst sind alle Mittel gebunden, um aus den zwei tötlichen Drei das vermarktbare Produkt »NSU« zu zimmern."

Genau so dürfte es sein: Die vielen fleißigen Beamten (vorrangig der Verfassungsschutzämter), die in der Vergangenheit weder Kosten noch Mühe scheuten, am Aufbau der rechtsextremen Szene zu arbeiten, deren Bekämpfung die Existenz der eigenen Planstelle rechtfertigte, haben inzwischen alle Hände voll zu tun, die Umstände dieser recht spontan und dilettantisch begonnenen "NSU"-Mordserie so hinzubiegen, daß man sie einem deutschen Gericht so präsentieren kann, daß dieses halbwegs Gesicht und Selbsachtung wahren kann, wenn es die Angeklagten deswegen schuldig spricht. Aber hier zahlen sich die Investitionen der Vergangenheit aus: Am Paule-Panther-Bekenntnisvideo, so liest man, wird schon seit 2001 gewerkelt, und für Original-Tatortfotos haben Leute wie der wackere Herr Temme gesorgt, seines Zeichens ehemaliger hessischer Verfassungsschützer und heute im Innendienst beschäftigt.

Anonym hat gesagt…

Marine hat 18 % geholt .

Das zählt .

VRIL

Cordt hat gesagt…

Was holt dann erst das Heer?

Anonym hat gesagt…

das Heer holt mehr :-)

VRIL

Volker hat gesagt…

Wir hatten das schon paar mal. Trotzdem, falls hier zufällig ein Wanderer des Wegs kommt, noch mal zur zahlenmäßigen Einordnung:

In D gibt es pro Jahr ca. 550.000 Gewalttaten (Mord, Totschlag, Körperverletzung, Brandstiftung, Widerstandsdelikte). Davon werden den pösen Rechten (je nach Statistikproduzent) 500 … 900 zugeschrieben. Selbst nach offizieller Statistik schaffen die gewalttätigen Rechten also nicht mal 2 Promille aller Gewalttaten.
Für den Kampf gegen diese 1,X‰ werden zusätzlich zur normalen Straftatverfolgung mehrere Hundert Steuermillionen verballert (Couragefuzzis, Sonderkommissionen, Rechtsextremismusexperten und sonstiges Gesindel).

Weiterhin ist zu beachten, dass die offizielle Statistik nicht stimmt. Die wirkliche Zahl rechter Gewalttaten ist bedeutend geringer. Die dreistelligen Zahlen kommen dadurch zustande, dass normale Wirtshausschlägereien als „rechts“ gelten, wenn ein Täter ein Biodeutscher ist. Weiter werden auch als rechte Gewalttaten die Handlungen gezählt, die sich bei den Angriffen der Antifa auf rechte Demonstrationszüge abspielen (zurückschlagen auf dem eigenen Feld ist schon Gewalt).
Wenn man von den 500 … 900 alle diese Fälle abzieht, bleiben weniger als hundert übrig.
D.h. tatsächlich schaffen die gewalttätigen Rechten am Gesamtaufkommen Gewalt weniger als ein Promille.
Gegen diese müssen wir alle Kräfte mobilisieren. Denn wie sagte die antifaschistische Widerstandskämpferin Kahane so treffend: Was nützt der saubere Bach, wenn er umgeben ist von Nazis?

ppq hat gesagt…

wenn man die zahlen noch mal so geballt sieht, wird einem erst klar, was für ein popanz da durchs dorf getrieben wird. lest bitte noch mal den anschwellenden bocksgesang. es ist ganz erstaunlich, wie diese ganzen mechanismen von botho strauß da schon beschrieben wurden.

Karl_Murx hat gesagt…

@Volker:
"D.h. tatsächlich schaffen die gewalttätigen Rechten am Gesamtaufkommen Gewalt weniger als ein Promille.
Gegen diese müssen wir alle Kräfte mobilisieren. Denn wie sagte die antifaschistische Widerstandskämpferin Kahane so treffend: Was nützt der saubere Bach, wenn er umgeben ist von Nazis?"

Die Gefährlichkeit einer rechtsextremistischen Veranstaltung bemisst sich an der Anzahl der in ihrem Verlauf von Linksextremisten verletzten Personen.

Michael Klonovsky

Karl_Murx hat gesagt…

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-04/lokaljournalismus-rechtsextremismus

Auf Zeit-online kann sich der Antifa-Funktionär Christian Bangel wieder über den braunen Osten auslassen, hier speziell in Anklam. Interessant die Stelle, wenn der Lokalredakteur Mladek des Nordkuriers zu Wort kommt, der so naiv ist, auf die realen Gegebenheiten vor Ort hinzuweisen, wo von einer drohenden nationalsozialistischen Machtübernahme weit und breit nichts zu sehen ist.

Er teile den Pessimismus der "hauptamtlichen Demokratievermittler" nicht, sagt Mladek. Es sei nur eine Minderheit, die den Rechtsextremen anhänge. Er schaut sich in der menschenarmen Straße um: "Haben Sie hier irgendwo Neonazis gesehen?", fragt er. Als könnte man die noch am Äußeren erkennen.

Und

Er sagt: Wir müssen über die rechtsextreme Minderheit berichten, ohne die Mehrheit damit zu nerven. Und: Demokratielehrer zu sein ist nicht unsere Aufgabe.

Damit beißt er natürlich bei Bangel, selbst Ossi, auf Granit, der sich sein Lieblingsspielzeug "Kampf-gegen-Rechts" und Bekehrung der verstockten, harthörigen Ostdeutschen zu den Freuden des Antifaschismus nicht nehmen lassen will.

Interessant auch die darauf folgende Debatte im Forum. Der Diskussionsstil von (überzeugten) FDJ-Funktionären scheint hier nahtlos übernommen worden zu sein.