Dienstag, 7. Mai 2013

Schweigekomplott am Bosporus


Irgendwo hier muss sie stecken, die große Reportage über Beate Zschäpe, den Jahrhundertprozess und die Morde der NSU. Sabah, die große türkische Qualitätszeitung, hat sich doch eigens in das Verfahren vor dem Münchner Oberlandesgericht geklagt, um den Opfern daheim in der Türkei in allen Einzelheiten berichten zu können! Jetzt sitzen vier türkische Journalisten im Verhandlungssaal, auch "Hürriet", das andere große Leitmedium am Bosporus, hat einen Platz auf der Beobachterbank.

Nur berichten beide nicht, oder doch jedenfalls nicht in ihrer türkischen Internet-Ausgabe. Hier finden sich andere packende Themen: Fußball, Fußball, Aykut Kocaman und Basbakan, "Tarihi hafta Kim Milyoner Olmak İster'de bir ilk!" schlagzeilt es über Türkei sucht den Superstar" und "İmralı ile yaptığın pazarlığı açıkla'" teilt Hürriet mit.

Von Zschäpe keine Spur, von den Verbrechen der NSU, vom Prozessauftakt und dem begleitenden Spektakel keine Zeile. Wer sich darüber informieren will, darf gern Türke sein, er sollte aber besser Englisch sprechen. denn auf der englischsprachigen Ausgabe von Sabah ist Zschäpe Top-Meldung: "Erste Konfrontation" nennen die Beobachter aus der Türkei den Text über die Begegnung zwischen den Angehörigen der Opfer und der "Chief suspect" im schwarzen Blazer. Der türkischsprachige Beitrag findet sich versteckt unter "Dunya haberli", zu deutsch soviel wie "Weltgeschehen".

Es ist ein wahres Schweigekomplett, das am Bosporus dafür sorgt, dass die "Nazi gelini" (Nazi-Braut) die deutsch-türkischen Beziehungen nicht noch schwerer belasten kann. Läuft Zschäpe bei Sabah unter "Was sonst noch passiert", findet sie sich bei Hürriet unter "Planetenmeldungen". Die packende Reportage in Stichpunkten aus Wikipedia aber entschädigt Feinschmecker dann für Vieles: In der Benennung der Tätergruppe NSU spricht Hürriet konsequent nicht vom "Nationalsozialistischer Untergrund", sondern vom "Sosyalist Yeraltı", also "Sozialistischer Untergrund".

 Bloß gut, dass die türkischen Medienexperten sich selbst ein Bild machen konnten!

14 Kommentare:

  1. Moritz HaberlandMai 07, 2013


    Nach unbestätigten Angaben aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen, prüft die "Sabah" eine Klage zur "Anzugsordnung" von deutschen Angeklagten allgemein und weiblichen ganz besonders. Ob vor dem Bundesverwaltungs- oder Bundesverfassungs-Gericht geklagt wird, ist noch nicht sicher.
    Außerdem:
    Die verschiedenen Anträge
    divergieren noch zwischen
    Kopftuch und Vollburka.

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  2. gerade kommt eine beschwerde aus der türkei rein wegen des kruzifix an der gerichtssaalwand. ist ja auch unerhört

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  3. Wenn jemand ein Spielzeug unbedingt haben will, heißt das nicht, dass er auch damit auch spielen will. Es ist nur wichtig, zu haben, was die anderen haben.
    Auf jeden Fall schätzen die Türken die Bedeutung dieses Prozesses im Gegensatz zur deutschen Reichspresse durchaus realistisch ein. Größere Berichte wird es höchstens geben, wenn die von K. Kolat befohlene Höchststrafe nicht verhängt wird.

    Ein Freispruch wird nicht zu befürchten sein. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein deutsches Gericht bei entsprechendem Medieninteresse jemanden verurteilt, weil er etwas getan haben könnte.

    h t t p://de.wikipedia.org/wiki/Verkehrsunfall_auf_der_Bundesautobahn_5_im_Juli_2003

    h t t ps://de.wikipedia.org/wiki/John_Demjanjuk

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  4. @ppq
    Zuerst dachte ich, das mit dem Kruzifix wäre ein Scherz - aber Sie machen hier ja nie Scherze...

    Begründung der Beschwerde ist tatsächlich: "Bedrohung *aller* Nichtchristen". Was der gute Mann nicht weiss: das Kruzifix soll die bösen Nazigeister aus dem Gericht fernhalten.

    Inkonsequent/frech ist der Typ/Nixblicker auch noch: erst sich bei den Behörden beschweren, dass keine Türken zum Gericht zugelassen sind, dann aber den gleichen Staat beschimpfen, NSU unterstützt zu haben. (Womit er wahrscheinlich nah dran ist, aber aus einer völlig anderen Richtung als vermutet)

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  5. Die türkische Presse berichtet intensiv über den Prozess gegen Beate Zschäpe und ihre mutmaßlichen Helfer.

    Die Welt

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  6. "Größere Berichte wird es höchstens geben, wenn die von K. Kolat befohlene Höchststrafe nicht verhängt wird."

    Hasi, es gibt keine "größeren Berichte", weil man nur in Deutschland erzählen kann, daß zehn Morde und vierzehn Banküberfälle begangen wurden, ohne auch nur einen einzigen Zeugen vorzeigen zu können, der die Verdächtigen auch nur in der Nähe der Tatorte gesehen hat.

    Das ist der GRÖSSTE NAZI-PROZESS SEIT 1945 ... und niemand berichtet ?

    Die NYT sah (aus gegebenem Anlaß) die Notwendigkeit, auf ihrer Titelseite über "deutschstämmige Antisemiten in Paraguay des 19. Jhdts." zu berichten aber nicht über den GRÖSSTEN ...

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  7. Moritz HaberlandMai 07, 2013

    Damals, als ich in den 50-er / 60-er Jahren aufwuchs, hatten wir auch unsere Probleme mit dem von "Walterchen" proklamierten WELTNIVEAU.

    Warum soll es nun den verschiedenen ND-Redaktionen von heute
    so gänzlich anders ergehen, als denen von damals ?

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  8. @teja: sind ja keine zeiten zum scherzen!

    wobei ich mir gut vorstellen könnte, das sich ein halbmond und ein roter stern gut an der wand machen würden

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  9. @anmerkung: also auf der türkischen sabah-internetseite ist alles andere wichtiger, das kann ich gerade noch erkennen, vor allem daran, dass vom prozess odr tnirgendwo die rede ist. nur die englische sabah-seite macht immer noch damit auf, warum auch immer.

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  10. Die Hälfte der Berichte deutscher Medien zum Prozeß drehen sich inzwischen um die Reaktionen türkischer Medien zum Prozeß. #Speichellecker

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  11. @ppq

    99% der Leser der Welt sind gläubige Christen. Sie glauben an das, was die Welt ihnen aufgeschrieben hat. Vor allem aber lesen 98% der 99% kein ppq gegen, um die Aussagen der Welt anhnd einer Zweitmeinung zu verifizieren. Und 110% der Weltleser informieren sich nicht in den führenden türkischen Medien.

    Das ist der Nährboden, auf dem der Unsinn deutscher Medien prächtig gedeihen kann.

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  12. der islam ist eine Gefahr für Deutschland

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  13. kauft nicht bei der gez

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  14. Ich wiederhole mich, das aber welsche Wort "Cretin" für "Blödian" kommt nun einmal von "Christianus". Bei Unklarheiten konsultieren Sie Kluges etymologisches Wörterbuch von 1915, oder fragen sie Ihren Messpfaffen.
    Bolschewikipedia ist eher ungeeignet.

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