Dienstag, 28. Juni 2016

Martin Schulz: Der Brexit-Triumphator

Der Tag, an dem er seinen größten Triumph feiern sollte, begann gut für Martin Schulz. Es sehe nach einem Sieg für das "Remain"-Lager aus, beruhigte der Chef des Europaparlaments Anhänger der europäischen Einheit noch in der Nacht zu Freitag. Um Mitternacht sah eine Nachwahlumfrage die EU-Befürworter 52 zu 48 Prozent vorne, andere Demoskopen prophezeiten sogar eine heftige Niederlage für das Brexit-Lager. Schulz schmunzelte. Der große EU-Routinier wusste Bescheid. Er hat schon aufregendere Tage erlebt. Und immer Spaß gehabt.

Dann kam alles ganz anders, wie geplant. 17,4 Millionen Briten stimmten für den EU-Ausstieg, nur 16,1 Millionen dagegen. Und der Mann hinter diesem Votum, der große, kaum jemandem bekannte Gewinner ist Martin Schulz. Der Brexit ist sein Erfolg, der Aufstieg der europafeindlichen, rechtspopulistischen Parteien in ganz Europa hat er über Jahre mit Warnungen, offenen Nationalismus und selbstherrlicher Kritik an europäischen Institutionen befördert. Seit Jahren bestimmt der frühere Würselenser Bürgermeister den Ton mit aggressiven, belehrenden und bevormundenden Botschaften an die Bürger der EU.

Der Sozialdemokrat schaffte es damit, der von den anderen EU-Mitgliedsnationen im Stillen immer noch gehegten Furcht vor einer deutschen Dominanz ein Gesicht zu geben: Seines. Zerfurcht ist das, vom Stress vieler Machtkämpfe in Hiterzimmern gezeichnet. Zerklüftet von ausgelebtem Hass auf Andersdenkende. Mit einem schütteren Bart bewachsen, der seinem Träger Erwachsenheit bescheinigen soll, aber dennoch wirkt wie die Kinnfusseln eines Teenagers.

Schulz stört sich nicht an seiner Erscheinung. Er liebt das Scheinwerferlicht. Als die Zuwanderung zum entscheidenden Thema wurde, brandmarkte er die Positionen der meisten Partnerländer als ewiggestrig und nationalistisch. Nur die deutsche Position sei gut, richtig und beispielgebend. "Wir schaffen das", versprach er - und dann, so Schulz, "wird Europa eine Weltmacht sein".

Mit dieser Parole befeuerte der frühere Buchhändler die Phantasien aller Nostalgiker und Nationalisten. Dabei ist der 61-Jährige ist kein dumpfer Hetzer, sondern ein geschickter Manipulator. Im Gegensatz zur Brüsseler Elite, die viele Europäer als unsichtbar und weltfremd wahrnehmen, gilt Schulz in seiner Partei als der Mann aus Brüssel. Er hat nicht studiert, war Alkoholiker und bei den Jusos. Schulz ist Bart- und Brillenträger, er ist Karlspreisträger, hat mehrere Bundesverdienstkreuze und Ehrendoktorwürden und er hält den Europarekord im Talkshowsitzen.

Ein traumhafter Aufstieg, mit dem der früh als Schulversager gebrandmarkte Polizistensohn ohne Abitur nicht rechnen konnte. Der Durchbruch gelang ihm 1994, als er sich entschied, die in der SPD ungeliebte Europapolitik zu seinem Feld zu machen. Schulz zog ins Europaparlament ein, wurde Chef der deutschen SPD-Landesgruppe. In Brüssel und Straßburg fällt er anfangs nicht auf, kein Mensch kennt ihn. Erst 2003 beginnt er, Politikerkollegen wie den Italiener Berlusconi fremdenfeindlich zu beleidigen, indem er Anspielungen auf Italiens Mafia-Tradition macht. Schulz provoziert mit Antisemitismus, er wärmt hanebüchene Verschwörungstheorien auf und verbündet sich mit der Hamas gegen Israel, um Punkte bei rechten und linken Antisemiten zu machen.

Es gelingt. Von früheren Versprechungen, die große Europa-Krise irgendwann zu beenden, ist nichts geblieben. Schulz spricht nicht mehr über Griechenland, nicht mehr über Finanzmarktregulierung, den Kampf gegen Spekulanten oder ein Ende der Hilfszahlungen. Er kennt nur noch eine Botschaft: Schuld sind immer die anderen. Schulz`oft als "überheblich und abgehoben empfundenes Brüsseler Verhalten", so der Tagesspiegel, befeuere "die Anti-Europa-Hetzer". Die, zerfressen vom Hass auf den strahlenden Parlamentspräsidenten, fragen sich neidisch, "mit welchem Recht Martin Schulz irgendwelche Ultimaten stellt". Ist er nicht nur Parlamentspräsident? Eine Art Frühstücksdirektor in einer Symbolversammlung?

Schulz entscheiden anmaßendes Auftreten kommt in Europa an wie eine Emser Depesche. Die dreiste Art des Deutschen, nichts geleistet zu haben, anderen aber fortwährend Anweisungen zu geben, macht ihn in seiner Heimat zum Liebling der Premiumpresse. Dort durfte er auch im EU-Wahlkampf deutschnationale, europafeindliche Botschaften verbreiten. Der SPD-Politiker ist vielleicht kein Rassist, aber wie alle Populisten nutzt er rassistische und nationalistische Botschaften, um seine politischen Ziele zu erreichen.

Schulz` Beliebtheit bei den Medien leidet trotz aller Grenzüberschreitungen nicht. Im Gegenteil. Seine Anhänger lieben ihn als jemanden, der für jeden Fall eine Warnung parat hat, wenn alles schon längst passiert ist. Schulz trägt den Beinamen "Schulzomat" - und er trägt ihn mit Stolz. Direkt nach dem britischen Brexit-Votum stellte der Deutsche den Engländern ein Ultimatum: Bis Dienstag müsse ein Austrittsantrag in Brüssel eingegangen sein, der dann zeitnah entschieden werde. Geschehe das nicht, sei "die Aberkennung der EU-Staatsbürgerschaft die logische Konsequenz", hieß es. Es gelte nun, "den Plan der EU-Gegner und die von ihnen erstrebten Auswirkungen auf das Innenleben der Rest-Gemeinschaft entschieden zu durchkreuzen.“

Schulz auf dem Gipfel seiner Macht. Er bewegt Europa, er lenkt und leitet, bremst und beschleunigt. Mit niemandem muss er sich mehr besprechen, er ist frei in seinen Entscheidungen, wer kommt und wer gehen muss.

Auch, was ihn selbst betrifft. Was kommt nun, wie geht es für Martin Schulz nach seinem Triumph weiter? Beobachter gehen davon aus, dass sich die politische Karriere des Brexit-Kämpfers in Brüssel dem Ende zuneigt. Mit seinem Erfolg beim Referendum, das eine Warnung ist an alle unbotmäßigen Hasser, Hetzer und Zweifler, habe er im Ausland alles erreicht. Die Ein-Mann-Partei Schulz ist am Ziel. Sie wird sich im kommenden Jahr neuen Aufgaben stellen - im Kampf ums Kanzleramt, von dem Europa in den kommenden Jahren direkt geleitet werden soll.

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Zusammengefasst: Die politische Karriere von Martin Schulz war einzig und allein auf die Förderung der eigenen Zukunftsaussichten ausgelegt. Er gibt sich gern als Mann des Volkes - und war damit erfolgreich. In Brüssel ist er mit seinem rauen, manchmal unverschämten Ton oft angeeckt, doch auch dafür feiern ihn die SPD-Anhänger. Nach dem Brexit dürfte sich seine Laufbahn nun dem Ende zuneigen, Schulz wird wohl nach brlin wechseln und Angela Merkel im Bundeskanzeramt beerben.

2 Kommentare:

Jean Claude Juncker hat gesagt…

Woher kommt nur all dieser Hass? Das ist Stürmer-Niveau. Schlimm.

ppq hat gesagt…

nicht wahr? jean, das hast du gut erkannt. dabei ist das nur eine coverversion. du müsstest mal das original lesen: http://www.spiegel.de/politik/ausland/brexit-eu-feind-nigel-farage-ist-am-ziel-a-1099796.html