Mittwoch, 14. Dezember 2016

Andrej Holm: Der Stasi-Mann, der nie beim Wachregiment war

Von wegen nur Wachregiment: Der Staatssekretär war kein Wachsoldat, sondern auf dem Weg zum Offizier im besonderen Presseeinsatz.
Geschafft. Andrej Holm, ein engagierter linker Gentrifizierungspolitiker, ist Staatssekretär in der neuen rot-rot-grünen Landesregierung von Berlin. Ein Posten, den der 46-jährige "Stadtsozialoge" der dreisten Lüge verdankt, er sei als junger Mann Soldat im Wachregiment der Staatssicherheit gewesen. Nur Soldat im Wachregiment, heißt das.

"Mit 18, kurz vor dem Mauerfall, trat Holm ins Wachregiment Feliks Dzierzynski ein", schildert zum Beispiel die "Taz", wie Holm seine Geschichte erzählt. Das sei "Mit 18!" (Taz) oder gar "mit 14" (Berliner Zeitung) gewesen. Und "Holm hat diesen Teil seiner Vergangenheit nicht verschwiegen" (Taz).

Er hat ihn eben nur falsch erzählt, verbogen, gelogen.

Denn in Wirklichkeit war der Sohn des Stasi-Offiziers Johann Holm nie einfacher Angehöriger des Wachregiments "Feliks Dzierzynski", der, ein wenig irregeleitet, ein wenig aus Karrieregründen und ein wenig aus tiefem Glauben an den Sozialismus, lieber drei Jahre bei Feliks dienen wollte als anderthalb Jahre bei der NVA. Die meisten Angehörigen des Wachregiments waren so motiviert - Wehrdienstleistende, die Mielkes zehntausend Mann starkes "Regiment" nach drei Jahren als Mannschaftsdienstgrade oder Unteroffiziere verließen, zum Studium gingen und nie wieder etwas vom MfS hörten.

Andrej Holm hingegen war anders. Der künftige Staatssekretär ist 1989 ein junger Mann, der sich dem Ministerium für Staatssicherheit als hauptamtlicher Mitarbeiter angedient hat. Das MfS macht daraufhin einen Karriereplan für den Offiziersanwärter: Sechs Wochen Grundausbildung bei Feliks, dann ein Jahr Bürodienst in der Auswertungs- und Kontrollgruppe der Bezirksverwaltung Berlin. Und anschließend als Offizier im besonderen Einsatz (OibE)zum stasifinanzierten Journalistikstudium am Roten Kloster in Leipzig. Auch eine Anschlussverwendung hatte die Stasi-Kaderabteilung bereits gefunden: Holm sollte als Redakteur bei der FDJ-Postille "Junge Welt" anfangen.

Und spionieren. Meinung machen. An der unsichtbaren Front für den Sozialismus in den Farben der DDR kämpfen.

Die Stasi-Akte des Offiziersanwärters lässt keinen Zweifel daran, dass Holm alles war, aber kein gewöhnlicher Wachsoldat. Der ehrgeizige Jung-Revolutionär hat es später nur so aussehen lassen wollen.

Und er hat gegen jede Wahrscheinlichkeit Erfolg damit. Wie der heute als Meinungsschutzpolizei auftretenden Ex-IM Anetta Kahane gelang es ihm, seine Spuren mit unscharfen Begrifflichkeiten zu verwischen. Kahanes Stasi-Spitzeltätigkeit flog 2002 bei der Überprüfung ihrer Bewerbung für das Amt der Berliner Ausländerbeauftragten auf. 2004 hatte Kahane ihre Biografie geschrieben, in der sie das nunmehr Offenkundige einräumte. Was ihr seitdem Gelegenheit gibt, zu behaupten, sie habe nie etwas verschwiegen.

Holm flog 2007 auf, als wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gegen ihn ermittelt wurde. Seitdem pflegt der gebürtige Leipziger den Mythos, er habe im "September 1989 eine Grundausbildung im zum Ministerium für Staatssicherheit gehörenden Wachregiment Feliks Dzierzynski" begonnen. Oberflächlich betrachtet die Wahrheit, in Wirklichkeit kompletter Quatsch, denn seine 675 Mark Sold bekam Holm nicht für eine Grundausbildung beim Wachregiment. Sondern als Gehalt eines Offiziersschülers, für den der Pauschalfreispruch, der normalerweise für Wehrdienstpflichtige im Wachregiment gilt, nicht greift.

Denn das Wachregiment hatte keine eigenen Offiziersschüler. Auch wenn Bilder in der Presse sogar welche zeigen - wie in diesem Fall Offiziersschüler der Grenztruppen, die einfach umgelabelt wurden.

Feine Unterschiede, die eine durchweg westdeutsch dominierte Diskussion um die ostdeutsche Vergangenheit Ostdeutscher nicht zur Kenntnis nimmt. Stattdessen werden die Lügen des Staatssekretärs von seiner angeblichen "früheren Arbeit in einem Stasi-Wachregiment" wie staatsamtliche Wahrheiten weiterverbreitet.

Und selbst von kritischen Köpfen geglaubt.

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4 Kommentare:

  1. DDR-Bonzenkinder erkennt man leicht an russischen Vornamen. Das waren die 150-prozentigen.

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  2. stimmt, das hier ist kein einzelfall

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  3. In der hier verlinkten "Stasi-Akte des Offiziersanwärters", dem PDF von static-bz-berlin.de, heißt es auf S. 15:

    "Während der Zeit der Entwicklung in zivilen Einrichtungen will er sich den Anforderungen an einen Tschekisten stets gerecht zeigen."

    Nach der Tscheka ist ja auch das Wachregiment Dserschinski benannt (laut der deutschen Wikipedia zu Tscheka und zu Dserschinski eine zu russischen Revolutionszeiten recht blutige Angelegenheit).

    Im hiesigen Zusammenhang ist diese schriftliche Festhaltung doch sicherlich auch als ganz klares Willensbekenntnis zu einer Laufbahn als ideologisch ausgerichteten Geheimdienstmenschen (mit Bezugnahme zu sicherlich bekannten kämpferischen Vergangenheiten) zu verstehen, oder?

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  4. Wir kriegen das Bürschlein wohl aufgedrückt. - Wir sind die Borg ...

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