Mittwoch, 18. Oktober 2017

#MeToo: Sexismus auf der ersten Seite

Sexistische Kackscheiße!

Es geht ja nicht anders. Wer das Thema "Bewegung" bebildern will, muss eine Frau in kurzen Hosen zeigen. Ebenso, wenn es um Sex geht. Eine Frau mit Schlafzimmerblick ist alternativlos. Leider auch beim "Kaufen, um die Welt zu retten". Das tun nur Frauen. Und wenn auf die "gefährlichen Fremden" hingewiesen werden muss, die im wahren Leben meist junge Männer sind, bleibt kein anderer Ausweg. Im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" muss eine kraushaarige junge Frau gezeigt werden, deren Halsadern schwellen. Über einem Busen, der gut auch ein Dirndl ausfüllen könnte, wie der Erfinder des Hashtag-Sexismus Rainer Brüderle sagen würde.

"Spiegel"-Abonnenten wissen, dass in Sachen Übergriffkeit auf ihr Leib- und Magenblatt Verlass ist. Nicht nur, wenn der in der Gesellschaft immer noch latent vorhandene Sexismus sich in miesen Komplimenten für eine knackige Staatssekretärin äußert, geht das Hamburger Blatt mit gutem Beispiel voran. Frauen nackt und willig auf den Titel, das bringt selbst selbstgemachten Premiumjournalismus bestens an den Mann.

Jetzt aber stehen Spiegel-Leser auf. Nachdem die Schauspielerin Alyssa Milano mit einem Tweet alle Missbrauchsopfer aufgefordert hat, sich mit dem Hashtag #MeToo zu Wort zu melden, ist Unruhe im "Spiegel"-Lager. Die journalistische Darstellung von jungen, durchweg schlanken und zum Teil halbnackten jungen Frauen auf den Titelblättern des Magazins, die niemandem in der Redaktion bisher aufgefallen waren, löst Proteste aus. "Jede Antwort ist eine zu viel. Und trotzdem wichtig", schreibt der "Spiegel" in eigener Sache. Neben Alyssa Milano hätten sich unzählige andere Leserinnen und Leser geäußert und eigene Verletzungen etwa durch die plötzliche Konfrontation mit einem "Spiegel"-Titelblatt an einem Bahnhofskiosk geschildert.

"Ich wollte mit dem Zug nach Kassel und auf einmal war da dieses Bild", schildert der etwa alleinlebende Jens Müller aus Pasewalk seine Begegnung mit einer "Spiegel"-Ausgabe, die sich dem vordergründig vor allem in den alten Ländern beliebten Thema des Ossi-Bashings widmete. Dazu aber das Fantasiebild einer drallen FDJlerin nutzte, die mit barem Busen und entblöstem Oberschenkel eine Fahne als Phallus-Symbol umfasste, den Hals mit einem Fetisch-Tuch in blutrot gebunden. Billig. Willig. Irritierend. Er habe wegen der "sexistischen Kackscheiße" (Müller) die ganze Fahrt nicht schlafen können, berichtet Müller. "Und aufstehen konnte ich auch nicht, weil ich reflexhaft reagiert hatte."

Selbsthass, aber vor allem das Gefühl, von den "Spiegel"-Machern instrumentalisiert, beschmutzt und beleidigt worden zu sein, waren das Ergebnis. Jens Müller analysierte in der Folge zahlreiche "Spiegel"-Titelbilder - und fand ein festes Muster. "Männer kommen bei Männerthemen als Männer vor, Frauen als Blickfang für allen möglichen Kram." Die Darstellung von Frauen als stets verfügbare, willige Wesen scheine im Hamburger Redaktionshochhaus eine "zwanghafte Wiederholungshandlung", die der Chefredaktion überhaupt nicht auffalle.

Wie Jens Müller freuen sich nun viel Menschen, dass die Berliner Politikerin Sawsan Chebli, die auf offener Bühne als "jung" und "schön" beleidigt worden war, den Alltagssexismus in Politik und Medien zum Thema gemacht hat. Auch wenn Cheblis Verletzung Außenstehenden als gar nicht so schlimm erscheine, halte er eine Anprangerung der Berichterstattung dieser besonders perfiden Art von Sexismus "deshalb für legitim", sagt Kronzeuge Müller, der sein erstes Mal mit 16 erlebte, als ihm eine zwei Jahre ältere Mitschülerin zum Nacktbaden an einem Baggersee verleitete. "Ich war damals noch nicht bereit", weiß er heute.

Magazine wie "Spiegel", "Stern" und "Focus" verdienten mit sexistischen Titelbildern Millionen,  Opfer wie er aber könnten sich aus der Konfrontation mit offensiven Bildern und Schlagzeilen wie "Mein Sex" (Spiegel) nie mehr "in einem quasi privaten, also geschützten Rahmen" zurückziehen. "Frauen sind kein Freiwild, Männer brauchen Schutz vor sexuellen Nachstellungen durch Nacktheit bis zum Schambein, wie sie schmierige Medienmänner als verkaufsfördernde Maßnahme nutzen."

Missbrauch müsse Missbrauch bleiben und bekämpft werden. "Ein Kompliment ist nur ein Kompliment, wenn es als solches verstanden wird, wenn nicht, ist es mieser Sexismus."

5 Kommentare:

Gernot hat gesagt…

Und viele der sog. "Rechten" werden solche Art von Islamisierung noch bejubeln ... Sexismus ist immer noch die Diskriminierung wegen des Geschlechts, nicht dessen Verherrlichung.
Wünschte, mir sagte öfter mal eine Frau, ich sei jung und schön :- )

Die Anmerkung hat gesagt…

Auch dem Bruder des Filmproduzenten Harvey Weinstein wird vorgeworfen, eine Frau sexuell belästigt zu haben. Amanda Segel, Produzentin der Sci-Fi-Serie "Der Nebel", behauptet, Bob Weinstein habe wiederholt versucht, sich ihr romantisch zu nähern. Er habe sie zum Abendessen, zu ihm nach Hause und in ein Hotelzimmer eingeladen.
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Äh, früher waren das Balzrituale, oder verschwendete Zeit, je nach dem. Die Dame sollte sich in Behandlung begeben. Ob sie von ihrem Wahn befreit werden kann, ist anzuzweifeln.

Die Anmerkung hat gesagt…

Kann es sein, daß der sexistische Anfall des Komplimentewerfers eine Geschmacksverirrung zugrunde liegt? Dann wäre die Reaktion der jungen Frau verständlich.

Anonym hat gesagt…

Gehört besser hier her, da geht's ja offenbarly um den SPEICHEL :

Da fällt mir ein pööösartiges Wortspielchen ein, nämlich, jetzo ischt mir endlich komplettemangly klaro, weshalb unser „Schturmgeschütz der Demokratur“ SPIEGEL heisst. –
Denn Spiegel haben die bekannte Eigenschaft „lächts und rinks zu vertauschen“, bzw. Vorzeichen einer Koordinaten-Achse zu wechseln.-
Ergo: Invertierte man simplemangly all die infamen, perfiden, impertinenten, penetranten Lügen-Narrative, all die Mantras, Phrasen, Insinuationen, Halluzinationen, deliriösen Schtories in ihr adversatives Gegenteil, hätte man den Quell „Reinster Wahrheit“ angebohrt. 

Anonym hat gesagt…

Also "hübsch" ist die sog. Staatssekretärin mitnichten, sieht eher aus, wie der Geisterbahn entfleucht.
Der Skandal ist doch, wieso dieses Etwas auf diesem Posten ist, und mit diesem Einkommen.