Mittwoch, 13. Dezember 2017

Hetzer ohne Namen: Kein Platz für Judenhasser

Jakob Augstein, vom Simon-Wiesenthal-Center schon vor Jahren zu Deutschlands Top-Antisemiten gekürt, hat mit seiner Klage über die "Israelisierung" der Welt natürlich den Kommentarvogel abgeschossen. Eine absurdere Reaktion auf die antisemitischen Demonstrationen der jüngsten Vergangenheit ist nicht vorstellbar - jedenfalls nicht für Nicht-Leser der Frankfurter Rundschau. Alle anderen aber - 87.000 Menschen weltweit nach der letzten Zählung von 2013 - bekommen im Beitrag "Antisemitismus - Kein Platz für Judenhass" vorgeführt, wie kluger, sanfter, unaufgeregter Antisemitismus geht.

Alles hier zeugt von großer Könnerschaft. Der Text ist clever gemacht, gut zusammengerührt, das eigentliche Anliegen unauffällig im Subtext versteckt. Besser geht es kaum. Vordergründig beschäftigt sich der Artikel zwar natürlich mit der Welle an muslimischen Demonstrationen gegen Juden.

Doch wie er das tut, ist meisterhaft: Über mehr als hundert Zeilen ergehen sich drei Autoren in der Aufreihung von Wortmeldungen, Protesten, Forderungen und Gegenreden, sie erläutern die Rechtslage beim Verbrennen von Fahnen, schildern die Sicht von Bundespräsident, Zentralrat, CSU, Liberalen und der sozialdemokratischen Grimassenkönigin Eva Högl, erwähnt werden mögliche Gesetzesänderungen, die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung sagt etwas Gewichtiges, die notorische Amadeu-Antonio-Stiftung warnt und das Bundesamt für Verfassungsschutz verweist auf "rechtsextremistisch motivierte Straftaten mit antisemitischem Hintergrund", als hetze die NPD im Verein mit DVU und rechten Kameradschaften überall im Land auf Straßen und Plätzen gegen Juden.

Nur bestimmte Begriffe wird auch der aufmerksamste Leser in dem sagenhaft gutgemachten Wunderwerk von Text nicht finden: Islam, arabischstämmig, Moslem, Muslime, islamisch, islamistisch, palästinensisch. Stattdessen der fast schon ikonische Kernsatz: "Häufig äußerten die Deutschen ihren Antisemitismus nun über Umwege, etwa in Form von israelbezogenem Antisemitismus"

Diese Deutschen wieder. Tja. Nichts gelernt seit Hitler. So sind sie.

PPQ dokumentiert das wegweisende Werk, das alles zugleich ist: Wahr und falsch, ehrlich, gelogen, dummdreist und verblödend, leserverachtend und überzeugender Beleg dafür, dass die gute alte Parteijournalistenschule trotz alledem und alledem bis heute überlebt hat. Hundert Zeilen, in denen für alles Platz ist. Nur nicht für die Namen der Judenhasser. 


Nach antisemitischen Vorfällen bei Demonstrationen in Berlin und anderen Städten debattiert die deutsche Innenpolitik über Konsequenzen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte das Verbrennen israelischer Flaggen mit scharfen Worten. „Die Ausschreitungen sind nicht nur inakzeptabel, sie sind unerträglich“, sagte Steinmeier am Dienstag während eines Staatsbesuchs im afrikanischen Ghana. Die einseitige Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA „rechtfertigt in keiner Weise Hass auf Israel und die Herabwürdigung unserer jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen“, so der Bundespräsident. „Es darf in Deutschland kein Platz sein für alten Antisemitismus und auch nicht für neuen.“

Als Reaktion auf die Proteste forderte der Zentralrat der Juden in Deutschland schärfere Gesetze. „Solche Ausschreitungen mit eindeutigem antisemitischen Charakter sollten nicht genehmigungsfähig sein“, sagte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, der Rhein-Neckar-Zeitung. Allein die Beobachtung solcher Demonstrationen durch die Polizei reiche jedenfalls nicht aus. Wenn die Polizei nach derzeitiger Gesetzeslage nicht einschreiten könne, sollte die Bundesregierung „dringend mögliche Gesetzesänderungen prüfen“.


Auch der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer sagte: „Nachdem das Verbrennen oder Zerstören von mitgebrachten ausländischen Flaggen bei Demonstrationen oder Versammlungen nicht strafbar ist, halte ich eine Änderung des Strafrechts für dringend erforderlich.“ Das Verbrennen von Fahnen ist in Deutschland bislang nicht grundsätzlich strafbar, sondern nur, wenn sie erkennbar als Hoheitszeichen verwendet wird.

Gegenstimmen kamen etwa von Liberalen und Sozialdemokraten. So sprach sich die stellvertretende Chefin der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, gegen Gesetzesverschärfungen aus: „Unsere Polizistinnen und Polizisten sind vor Ort die richtigen Ansprechpartner“, sagte sie der FR. „Sie müssen einerseits das Demonstrationsrecht schützen, aber auch konsequent gegen Rechtsbrüche vorgehen. Jede Straftat muss dann von den Staatsanwaltschaften konsequent verfolgt werden.“

Demonstranten, die das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung missbrauchten, um antisemitische Parolen zu verbreiten, müsse Einhalt geboten werden, so Högl. „Auch im Vorfeld können durch Auflagen antisemitische Äußerungen unterbunden oder Demonstrationen eventuell ganz verboten werden.“ Aber das Problem müsse auch gesellschaftlich angegangen werden: „In Berlin wurde jetzt der Arbeitskreis Antisemitismus ins Leben gerufen, der das Thema auf vielen Ebenen anpackt.“

Der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte der FR: „Antisemitismus und antisemitische Demonstrationen können wir in Deutschland nicht dulden.“ Ein konsequentes Vorgehen der Polizei gerade in Berlin sei unbedingt erforderlich, so Thomae. Dies sei „wirkungsvoller als schärfere Gesetze“.

Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), nannte die antisemitischen Vorfälle „schlimme Grenzüberschreitungen“. Die Staatsministerin im Kanzleramt sagte, „Antisemitismus hat keinen Platz in unserem Land.“ Man dürfe die Politik Israels und auch der USA kritisieren, „aber wir akzeptieren nicht das Verbrennen von Flaggen und niemals den Aufruf zu Gewalt“. Deutschland nehme „seine besondere Verantwortung gegenüber jüdischen Bürgerinnen und Bürgern sehr ernst“.

Antisemitismus wird in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren offener und aggressiver ausgelebt, warnte bereits die Amadeu Antonio Stiftung in ihrem jüngsten Lagebericht vom August dieses Jahres. Zwar nehme die Zustimmung zu klassischem Antisemitismus seit Jahren kontinuierlich ab, Antisemitismus sei aber in der Gesellschaft jederzeit latent vorhanden und breit mobilisierbar. Häufig äußerten die Deutschen ihren Antisemitismus nun über Umwege, etwa in Form von israelbezogenem Antisemitismus – auch und gerade in der Mitte der Gesellschaft. „Diese Form äußert sich häufig indirekt, da allzu offener Antisemitismus vielfach sozial geächtet ist“, heißt es in dem Bericht. Anzutreffen sei Antisemitismus in allen Schichten und politisch links wie rechts.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz listet in seinem Bericht für das Jahr 2016 insgesamt 1363 rechtsextremistisch motivierte Straftaten mit antisemitischen Hintergrund auf. Im Jahr zuvor registrierte die Behörde 1236 Straftaten. Die Zahl der antisemitischen Gewalttaten stieg von 29 auf 31. Die Zahl islamistisch motivierter Straftaten mit antisemitischen Hintergrund wird in dem Report nicht erhoben. Nach Zahlen der Bundesregierung hatten rund 93 Prozent der den Behörden bekanntgeworden antisemitischen Straftaten im ersten Halbjahr 2017 einen rechtsextremen Hintergrund.

9 Kommentare:

  1. Casper von MilzDezember 13, 2017

    Die FR war insolvent und ist von der FAZ gerettet worden. Allzu groß ist der Zuspruch nicht. Online läuft's auch nicht gut. Die deutschen Antisemiten lesen anderswo.

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  2. ich weiß. aber wo man wahre meisterschaft findet, muss man sie loben

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  3. „Es darf in Deutschland kein Platz sein für alten Antisemitismus und auch nicht für neuen.“

    Wieso eigentlich nicht? Es gibt ja wohl noch keine Pflicht zu Judenliebe oder Judentoleranz. Jeder darf nichtmögen wen immer er will. Außerdem, wenn Semiten zu Antisemiten werden, weil diese Semiten den Semiten auf den Senkel gehen, ist das nicht das Bier der Deutschen.

    Das Bier der Deutschen ist, daß fremde Völkerschaften, mögen es Kurden oder Semiten sein, unser Gastrecht mit Füßen treten, herumrandalieren und die öffentliche Ordnung stören.

    Das Alleine ist UNSER BIER. Was habt Ihr denn von einem Deppen erwartet, der etwas mit Medien macht?

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  4. Diese Heuchelei hat doch nur einen Zweck, nämlich unsere kulpatische Kotau-Attitüde vor der ewigen Opfer.Innen-Ethnie zu intensivieren. –

    Denn es werden uns „traditionelle Todfeinde einer gewissen Ethnie“ massenweise zwangsimportiert; - mucken wir dagegen auf, werden wir von den rothschildplanetaren Meinungsmonopolisten dafür als faschistische Xenophoben tituliert, lassen wir sie indessen ungebremst herein fluten, bleiben zwangsläufig derlei „anti… Auslassungen“ dieser „Importe“ nicht aus. –
    Ergo wird uns „klammheimliche Komplizenschaft und Zustimmung“ zu derlei Ausfällen insinuiert, gleichwohl wir unsere „Importe“ wie heilige Kühe zu behandeln haben und Maulkorb-Verpassung ebenfalls als pöööse Nazi-Unterdrückung und -Diskriminierung hysterisch verurteilt würde. –

    „Either way“ also, die üblichen „Ewige Nazis, Faschisten bleiben Faschisten, nix aus der Geschichte gelernt, theutscher Nazi-Gen-Pool noch nicht genug verdünnt“- Mantras werden so oder so herum posaunt.
    Kurzum das alte, infame „Teile und Herrsche“-Prinzip

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  5. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
    Art 8

    (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.



    Alle Deutschen

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  6. @ Platz 3 / 1.Anonym: Doch, es gibt ein Gebot der Judenliebe, natürlich nicht "offiziell" und in eindeutigen Worten niedergelegt. Und wer etwas mehr werden will als ungelernter Abdecker, sollte seine Worte sorgfältig wählen.

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  7. Und zuweilen bin ich geneigt, des Blogwartes gesunden Witz in Zweifel zu ziehen: Liza bezeichnet den chinesischen Schwabbelsack Oyweyoywy im Ernst als, man halte sich fest: "Künstler". Sage mir, mit wem Du Dich verlinkst, und ich ...

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  8. Ich finde es nun auch nicht schön, eine Landesflagge zu verbrennen. Aber was man schön findet oder nicht, ist (oder sollte) eigentlich nicht Grundlage staatlichen Strafrechts sein. Dieses sollte "als letztes Mittel" des Staates die staatlichen Institutionen und die Rechtsgüter des Einzelnen, von Ehre bis Leben, schützen.
    Empörung zu befrieden oder Geschmacklosigkeiten zu bestrafen war Aufgabe des Strafrechts zur Zopfzeit. In den demokratischen Rechtsstaat gehört solch eine Strafrechtsfunktion eigentlich nicht.
    Aber bei uns sollte ja so manches eigentlich nicht der Fall sein.

    Letztendlich wird da ein Stück Stoff verbrannt, wodurch ja auch Aggressionen abgebaut werden können - besser so, als durch Gewalttaten. "Umweltgefährdende Abfallbeseitigung" wäre bei manchen Stoffsorten vielleicht zu prüfen, aber das wär's auch - falls man nüchtern bleibt, statt stets entrüstungskultiviert zu hyperventilieren. Und nein, dabei geht es mir nicht darum, wessen oder welche Flagge da verbrannt wird. Bei einer kaiserlichen Kriegsschiffflagge würde ich auch nur den Kopf schütteln und nicht einen teuren "Justizvollzug" fordern.

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  9. Da der Zentralrat der Juden, viele jüdische Organisationen, viele Einzeljuden und allerlei "Antideutsche" ständig der Einwanderung das Wort reden, werden sie schon wollen, daß mehr "Antisemitismus" ist. Den kann man dann wieder schön beweiden, mit viel lecker Staatsknete.

    Es steht der biodeutschen KartoffelIn nicht zu, die obigen Organisationen sie dafür zu kritisierendazu, dies zu kritisieren? Zumal die biodeutsche Steuernudel nie die wichtigste aller Fragen stellt: "Wer darf das alles bezahlen?"
    Und die PIpijaner unter den Rebellen heulen laut "Antisemitismus!" als wär's ihr Problem. Ihr Problem ist, daß sie jeder Sau nachrennen, die Shlomo losgelassen hat um von etwas Bedeutsameren abzulenken.

    Warum, bitteschön, sollte sich ein Unbefugter über die mutikulturelle, vielfältige Lebens- und Ausdrucksfreude von Merkels und Knoblochs Schützlingen aufregen? Die Rollen sind doch eh fest verteilt. Das will uns wohl der geniale Artikel sagen.

    Nur klammheimliche Freude oder offene Freude geht gar nicht! Denn das ist ganz pöhse ... :-)

    Meint Kreuzweis

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