Mittwoch, 2. Januar 2019

Stimmbruch in der Politik: Die Nervensägen


Auf einmal ist da diese Stimme. Sie trifft einen hinter dem Bügelbrett oder beim Autofahren und sie erinnert einen an etwas: Kreischende Kreide auf einer Schultafel? Eine quietschende Straßenbahn? Den quälenden Jammer eines hungrigen Babys?

Nein, es sind die neuen Leute an der Spitze der Parteien, die als Dauergäste in Talkshows, als kurze Einsprecher in Nachrichtensendungen oder gar beim Versuch, auf Parteitagen oder im Bundestag zu sprechen, ungeahnte Wirkungen erzielen: Statt des sonoren niedersächsischen Brummens, das ein Gerhard Schröder versendete, oder des kantigen Knarrens von Willy Brandt, statt Helmuts Schmidts ruhiger Rauchzeichen oder Helmut Kohls Pfälzer Platt ergießt sich ein Strom hochfrequenter Aufregung aus den Lautsprechern.

Nahles, AKK & Baerbock


Egal, ob Andrea Nahles, Annegret Kramp-Karrenbauer oder Annalena Baerbock, die neuen Frauen auf den wichtigen Posten bringen einen neuen Ton mit. Schrille Aufgeregtheit angesichts der eigenen Bedeutung und die flatternde Enerviertheit gepresster Stimmlippen, die bei Zuhörern automatisch Fluchtreflexe aufruft.

Die Rolle der Sprechstimme in der Politik gilt Experten wie dem studierten Synthesizer-Scientisten und promovierten Klangforscher Jan Erik Blas als historisch ebenso unterbelichtet wie entscheidend. Blas, Mitbegründer und Geschäftsführer von VoiceVenture, berät Jungfunktionäre bei der Stimmbildung. Er sagt: "Mit Stimmen lassen sich Emotionen wecken, die den Zuhörer auf der Gefühlsebene für den Sprecher einnehmen". Menschen verbänden mit einer Stimme bestimmte Erinnerungen an ähnlich klingende Sprecher oder vergleichbare Geräusche. "Entsprechend verhalten sie sich auch zum Inhalt des Gesprochenen."

Eine Stimme, die als wohlklingend und angenehm empfunden werde, nach Blas Forschungen meist ein dunkler Tenor oder ein heller Bariton, vermittle Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit, ein greller Sopran hingegen wecke Fluchtinstinkte. "Wichtig für Politikerinnen und Politiker ist nicht nur eine deutliche Aussprache, sondern auch eine angenehme Stimme", analysiert der Frequenzspezialist.

Nervende Organe


John F. Kennedy, aber auch Hans-Dietrich Genscher und Franz-Josef Strauß hatten solche Stimmen, sagt Karola Einbetter. Nahles, Baerbock und AKK hingegen hätten leider einfach "nervende Organe", sagt Einbetter.

Die diplomierte Schauspielerin und Musikerin arbeitet seit vielen Jahren als Stimmscout für verschiedene Hersteller von Navigationssystemen und intelligenten Lautsprechern "Stimmen, die Kompetenz und Verlässlichkeit signalisieren sollen, müssen verständlich, klar, sachlich, freundlich und frisch klingen", sagt sie. Die sympathische Stimmfärbung sei vor allem wichtig, wenn es um die Perspektive gehe. "Ich gehe immer von der Vorstellung aus, dass Menschen den Sprecher oder die Sprecherin jeden Tag über Jahre hinweg hören werden."

Eine Vorstellung, die der aus Emmental gebürtigen 37-Jährigen, die auch als Charisma-Coach arbeitet, mit Blick auf Nahles, Kramp-Karrenbauer und Baerbock Schweißperlen auf die Stirn treibt. Zu schrill, zu spitz, zu aufgeregt, für öffentliche Auftritte "im Grunde genommen vollkommen untauglich", so urteilt sie über die drei Damen, die sie scherzhaft die "Soprane des Schreckens" nennt.

Keine der drei Anwärterinnen auf eine dauerhafte Präsenz im öffentlichen Leben habe aus ihrer Sicht wirkliche Chancen, "rein stimmlich gesehen in der ersten oder auch nur in der zweiten Liga zu spielen". Als zweite Liga bezeichnet Einbetter stimmlich benachteiligte Figuren wie Konrad Adenauer oder Erich Honecker, "die stimmlich eher Kreisklasse waren, aber durch originelle Dialekte in der Lagen gewesen sind, Zuhörer auch mal schmunzeln zu lassen".

Nur Stimm-OP kann helfen


Beim Damentrio an der Spitze von CDU, SPD und Grünen empfinde sie das nicht. Es fehle aber nicht nur an der angenehmen Stimme, sondern zuweilen auch an einer gut verständlichen Artikulation - "dabei kann man so etwas üben und man muss es auch". Ein entsprechendes Training findet individuell oder in der Gruppe statt und es beginnt mit Haltungsübungen.

 "Ein Muss am Anfang", meint Einbetter, "ist die Nuss." Aufrecht stehen, das Becken ein wenig nach vorn kippen und jetzt der Clou: Gesäßmuskeln anspannen, als ob man eine Haselnuss damit festhalte. So findet man laut Landauer den Körpermittelpunkt, der entscheidend für ein erfolgreiches Wechselspiel von Stabilität und Flexibilität in der Stimme sei und die Stimmknötchen rund schwingen lasse.

Jedoch lasse sich eine naturgegebene Stimme leider nicht ohne medizinischen Eingriff grundlegend sympathisieren. Einbetters Tipp an Politiker mit Nervorgan: "Unbedingt machen lassen, denn wer etwas zu sagen hat, muss erst recht darauf achten, wie er es sagt."

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

OT, je nun -------
Von PLUTO | Die ebenso verabscheuungswürdige wie idiotische Amokfahrt auf Ausländer durch einen 50-jährigen Deutschen in der Silvesternacht im Ruhrgebiet zeigt wieder einmal exemplarisch, mit welch unterschiedlichen Maßstäben Politik und Behörden bei Anschlägen von Deutschen auf Ausländer reagieren.

Der gute PLUTO ist ofenkundig zu hastig vorgaloppiert.

Anonym hat gesagt…

Nicht umsonst heißt es: Nicht so eine jodlerische Hast!