Mittwoch, 29. Januar 2020

EU-Einheitsstecker: Einer für alle

Apple Protest Vereinheitlichung
Der Euro-Einheitsstecker ist eine unerfüllte Sehnsucht zahlloser EU-Kommissare.
Es könnte diesmal in der Tat gelingen. Elf Jahre erst versucht die EU-Kommission, die Hightech-Konzerne der Welt dazu zu zwingen, einheitliche Ladestecker anzubieten. Kein einfaches Unterfangen, denn keine der großen Anbieterfirmen hat ihre Heimat irgendwo in Europa, dem ehemaligen Hightechland.

Doch ihr Ziel verfolgen die zuständigen EU-Kommissare mit typisch europäischer Hartnäckigkeit: Seit sich der damals in der Kommission Barolo Nummer 1 zuständige Kommissar Günter Verheugen im Jahr 2009 zum ersten Mal darüber ärgerte, dass der Ladestecker seines funkelnagelneuen iPhone nicht in die Buchse seines auf ein Android-Handy vertrauenden Kollegen Janez Potočnik passen wollte, wechselten die Kommissarsbesetzung, die EU-Kommisionspräsidenten und die die Firmenchefs auf der anderen Seite.

Was blieb, war neben Angela Merkel der Wunsch nach einer uniformen Einheitlichkeit, die es erlauben würde, endlich alles in alles reinzustecken, ohne dass es kniept oder knirscht.

Alles soll überall reingesteckt werden können



Wie die EU-Einheitszeit, mit der der greise Europachef Jean-Claude Juncker am Ende seiner Amtszeit der Versuch unternommen hatte, seinen Wikipedia-Eintrag positiv abzurunden, trifft das konsequente Bemühen des derzeit mit der Angelegenheit betrauten Vizepräsidenten der EU-Kommission Maroš Šefčovič auf Hightech-Hürden. Die Hersteller verweisen jeweils darauf, dass ihre Stecker besser seien. Niemand scheint bereit, seine Bauart zugunsten der der Konkurrenz aufzugeben.

Draußen im Land will zudem niemand eine Diskussion über einheitliche Ladestecker für alle Smartphones führen, denn alle haben Adapter oder dankt stets mitgelieferter Ladekabel einen Vorrat für alle Gerätelöcher angelegt, der für drei Leben reichen würde. Euro-Skeptiker hingegen trauen einer Gemeinschaft, die es in selbsterklärten 75 Jahren friedlicher EU-Existenz zwar geschafft hat, einen Stecker namens Eurostecker EN 50075, Steckertyp C, „CEE 7/16“ zu erfinden. Dessen Kompatibilität jedoch bereits an der britischen und irischen Grenze endet.

Auch beim sogenannten Schuko-Stecker, 1925 von Albert Büttner in Lauf an der Pegnitz entwickelt, versagte Europa nahezu hundert Jahre lang. Der deutsche Stecker passt nicht in Großbritannien, Spanien und Italien. Für den Einsatz in Frankreich ist er mechanisch inkompatibel. In Osteuropa hingegen lässt er sich nur ohne den namensgebenden Schutzkontakt nutzen.

Den Kampf gegen diesen Wildwuchs hat die EU längst aufgegeben. Zu teuer, zu viele nationale Egoismen, zu viele Steckdosen, die ersetzt werden müssten. Im Smartphone-Bereich hingegen halten es die Kommissare für unmöglich, sich dauerhaft auf mit den drei Bauarten USB, USB-C und Lightning zu leben. Skeptisch sind auch die Bürgerinnen und Bürger, die mutmaßen, dass am Ende des EU-Handysteckerreformprozesses 17, 23 oder gar 28 verschiedene Stecker stehen könnten.

Der EU-Einheitsstecker als Hoffnungssymbol


Mit einem neuen Gutachten zu den Möglichkeiten der Einführung eines entsprechenden EU-Einheitsstandards für Handystecker versucht Maroš Šefčovič nun allerdings dennoch ein weiteres Mal, Dynamik in den Regelungsprozess für künftige einheitliche Stecker zu bringen. Eine Regulierung von Steckern sei dringend notwendig, so der EU-Vertreter, denn damit könne auch mit Blick auf den Klimawandel viel Kabel eingespart werden. Zudem lasse sich den nach dem Austritt Großbritanniens verbleibenden 440 Millionen Europäern so zeigen, dass die EU das Leben einfacher und gerechter mache.

Wenn sonst schon nichts geht und nirgendwo ein Fortschritt zu sehen ist, dann wenigstens hier. Doch es ist ein Kampf, den es schnell und entschlossen zu führen gilt, damit er noch gewonnen werden kann. Bereits heute verfügt fast die Hälfte der neu auf den Markt kommenden Smartphones über die Fähigkeit, sich per Wireless Charging nach dem Qi-Standard laden zu lassen - ganz ohne Kabel.

Gewänne die EU-Kommission ihren Krieg gegen den dreiteiligen Ladekabeldschungel im üblichen Zeitrahmen europäischer Lösungen, wäre der schreckliche Kabelsalat nach rund 20 Jahren voller Debatten, Diskussionen und Kabelinitiativen - also etwa im Jahr 2029 - Geschichte. Die Übergangszeit für die Hersteller endete dann vermutlich um das Jahr 2033 herum.

Während das letzte Handy ohne Drahlos-Ladefunktion bereits im Jahr 2026 hergestellt worden wäre.

4 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Hier ist er.

https://www.der-postillon.com/2016/01/neue-eu-norm-energiesparstecker-werden.html

Anonym hat gesagt…

Wären die Eurokraten schneller gewesen, hätte das iPhone heute 'nen Centronics Stecker.

@Kleinbernd: Da haben die AFDler aber 'nen Elfmeter liegengelassen. Der Bauzaun im Video ist von EU-Fence, Slogan "Mobile Zäune für Europa".

Meldebernd hat gesagt…

Ich hab den Dr. Kleinbernd wegen Geschmacksverirrung der Gourmetkommission gemeldet. In diesem Lokal werden nur ausgewählte Speisen serviert, hieß es früher mal. Das eigene Pausenbrot mitbringen gehört nicht zwingend dazu.

Anonym hat gesagt…

Nichts für ungut @ Anmerkung: Wahnsinnig komisch, vor allem aber die bisher > 200 geistreichelnden Kommentare: Ja, das hilft uns unbedingt weiter.
Wo viel Weisheit ist, da ist auch viel Grämens, sagt der Kohelet, und in der Edda heißt es: Des Weisen Herz ist wenig froh.