Mittwoch, 24. Juni 2020

Woker Untertanengeist: Bitte, bitte, liebe Obrigkeit

Der Deutschlandfunk berichtet breit über den Kriechaufstand der Medienprominez, die mutig eine Staatsratseingabe an die "sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin" richteten.
Im berühmten Timotheusbrief forderte der alt und krank gewordene Paulus die Jünger Jesu' auf, für die Obrigkeit zu beten: "So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen zuerst tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle" hieß es da mit Blick auf Christenmenschen, denen es nicht immer recht war, einfach zu tun, was ihnen gesagt wurde, und die sich keiner Lebensführung befleißigten, die "dem Auftrag" entspricht. Doch wie soll eine Kirche funktionieren, wenn nicht alle mitmachen? Und wie eine Welt, in der jeder meint, Forderungen an alle aus seinen Gedankengängen ableiten zu dürfen? 

Majestätsbeleidigung


Die Frage ist aktuell und sie wird unterschiedlich beantwortet. So finden die einen, dass die Polizei-Kolumne der Taz-Autorin Hengameh Yaghoobifarah dringend der Überprüfung ihres womöglich volksverhetzenden Inhalts durch die Staatsanwaltschaft bedürfe. Das wäre in einem demokratischen Gemeinwesen ein simpler Alltagsvorgang, der Staatsanwalt prüft die Anzeige, er prüft Wortwahl und Beleidigungspotenzial. Und er entscheidet dann, ob hier ein Straftatbestand vorliegt und ein Gericht deshalb entscheiden muss, ob der eine Anklage oder gar ein Urteil zulässt. Andere hingegen sind der Ansicht, schon allein die Anzeige schränke die Freiheit der Presse unzulässig ein. 



Eine Majestätsbeleidigung geradezu, das anders sehen zu wollen. Yahoofahrrads Zeilen seien doch eine lustige Satire, Satire aber dürfe bekanntlich alles, denn sie "braucht die Provokation, die Ungerechtigkeit, das Überspitzen und Übertreiben bis hin zum Tabubruch. Satire ohne Biss ist keine!",  wie die Bundeszentrale für politische Bildung die aktuellen Satirerichtlinien zuletzt zutreffend definierte.

Wenn also jemand sagt, er habe Satire betrieben, dann muss man ihn gewähren lassen, denn "Satire war und ist ein feines Messinstrument, an dem sich der Grad der Freiheit einer Gesellschaft ablesen lässt" (Bundeszentrale). Hierzulande könnte der Urheber eines Facebook-Posts, in dem die Frau des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff flapsig als "Blitzmädel" bezeichnet worden war, eine wunderbar verschrobene Geschichte darüber erzählen, denn bei der Beleidigung von Staatsoberhäuptern endet die satirische Freiheit natürlich. 


Woke Meinungsfreiheitskämpfer


Für wirklich woke Meinungsfreiheitskämpfer aber ist die Grenze dessen, was nicht gesagt und getan werden darf, schon früher erreicht: Als Bundesinnenminister Horst Seehofer, ein wahrlich bundesweit bekannter Satiriker, in seinem ersten Sketch über die neuen Stuttgarter Partygebräuche ankündigte, Frau Yahoofahrrad wegen mutmaßlicher Gewalthetze durch extensives Hassposten anzeigen zu wollen, standen die friends of pressefreiheit auf wie ein mensch, um den "massiven Angriff gegen die Presse- und Meinungsfreiheit" (*sic) noch im Anlauf abzuwehren.

Und wie sie das taten. Mit einer Petition, der Staatsratseingabe des guten Bundesbürgers,  zeigte eine ganze Kompanie aus Überzeugungstätern mit Jan Böhmermann, Sibylle Berg, Deniz Yücel und Carola Rackete an der Spitze, wie es sich im knien protestieren lässt. An "Sie, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin" richten sie ihr Ansinnen, die verfassungsmäßig dritte Führungsperson im Land möge doch ein Machtwort sprechen, dass "die Meinungsfreiheit in Deutschland weiterhin gewahrt bleibt". Merkel müsse Seehofer dazu verdonnern, seine angedrohte Strafanzeige gegen Hengameh Yaghoobifarah nicht zu stellen, sie müsse ihn veranlassen, sich zu entschuldigen, und zudem "dafür sorgen, dass wir alle in Sicherheit unsere Arbeit machen und unsere Meinungen äußern können."

Gebückter Untertanengeist


Tief gebückter Untertanengeist, der sich selbst als Bittsteller sieht, dessen Drohung "nur so kann unser Glaube an die demokratischen Grundwerte bewahrt werden" ernsthafte Zweifel an der Verfassungstreue der Verfasser und Unterzeichner weckt. Was denn, wenn nicht? Was denn, wenn Seehofer, was er tatsächlich getan hat, keine Anzeige erstattet? Aber sich nicht entschuldigt? was denn, wenn man hierzulande auch in Zukunft nicht einfach alles sagen oder schreiben darf, weil die neuen Meinungsfreiheitsschutzgesetze noch ein bisschen unklar sind, was das Gefährdungspotential  von satirischen Zuspitzungen und die Missbrauchsmöglichkeiten der weiterhin so großzügig gewährten Witzausübungschancen betrifft?

Böhmermann, ein Spezialist für  Ekelgedichte, der die Rolle der Frau beim Rechtsruck stets ignoriert hat, wird aus Protest vielleicht morgen schon eine "Tagesschau"-Sendung auslassen. Berg, die aus dem Schweizer Exil auf der Suche nach hassenswerten Gegner ist, könnte den ihr zugesprochenen Johann-Peter-Hebel-Preis ablehnen, dessen Werk den nationalistischen Separatismus der Alemannen feiert, wiewohl die doch das Glück hatten, im großen Reich der Ostfranken aufgehen zu dürfen. Deniz Yücel schließlich, ein Verfechter der Benutzung von Fachtermini wie "dumm"  und lustiger Beschreibungen wie "lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur",  gibt seinen Doppelpass ab und setzt künftig ganz auf den seiner Zweitheimat Türkei. Und Rettungskapitänin Carola Rackete, als Journalistin noch gar nicht so bekannt, sticht wieder in See, zu Gestaden, an denen die Obrigkeit ihre Gnade noch auf inständiges Bitten verteilt.

Paulus jedenfalls hätte seine Freude an den Anführern des ersten Kriechaufstandes der Neuzeit, der nur noch übertroffen werden könnte von einem Bitt- und Dankgebet, von den inzwischen mehr als 2.000 Unterzeichnern der Staatsratseingabe mit glänzenden Augen und Blumen im Haar vor dem Kanzleramt in Berlin getanzt, auf dass die Göttliche sich gnädig zeige und  ein Urteil fälle, dass den Glauben leben lässt.

*auf

15 Kommentare:

Volker hat gesagt…

Ist ja schön, dass taz & Gen. sich für die Meinungsfreiheit ins Zeug legen.
Verwunderlich ist´s trotzdem. Denn für taz & Gen. war bis gerade eben die Meinungsfreiheit ein Kampfbegriff der Neurechten.
Ist die taz jetzt neurechts?

ppq hat gesagt…

widdewiddewittbummbumm. es fehlt doch nicht an standards, eher sind die doppelstandards, für die wir hier so schwärmen

Gerry hat gesagt…

Hm ja, grundsätzlich Zustimmung, nur die Christen sollen für die Obrigkeit beten, nicht zur.

Die Anmerkung hat gesagt…

Wenn nicht mal der Chefredakteur der TAZ weiß, was Pressefreiheit ist, dann kann man diese Haufen nur dazu beglückwünschen, daß ihr Gesamtpersonal endlich einmal voll durchgeblödet ist.

Dito Kompa, der das Pamphlet mit viel Lärm um Nichts beschrieb.

https://www.heise.de/tp/features/Viel-Laerm-um-nichts-4792476.html

Wenn selbst Anwälte vor so viel Haß und Hetze die Waffen niederlegen und lieber mit weißen Bettlaken rumwedeln, dann weiß ich auch nciht weiter.

Übertan hat gesagt…

Solange eine etwa 80% Mehrheit der deutschen Dichter und Denker - ob nun aus Verblödung oder aus Profitgier - ihr "Weiter so, Mutti!" blökt, haben deren Volksvertreter keinen Grund, ihren Kurs zu wechseln. Nicht die Seehofers sind das Problem, nein, die 8 von 10 lieben netten Nachbarn sind es, denn die kreuzen in bornierter Beflissenheit jene Parteien an, die in ihrem Auftrag für das absurde und brutale Hier und Jetzt verantwortlich sind.

Es ist also infantil, ständig über die vermeintlich Schuldigen da oben zu meckern und die "mündigen" Urheber auf Gossenniveau zu verschonen.

Gegen die seit Jahrhunderten bereits von mehreren klugen Köpfen diagnostizierte kollektive Dummheit der Germanen hilft keine noch so detailreich zelebrierte täglich neue Satire, weil die nur von einem klitzekleinen Zirkel gelesen wird.

Wenn überhaupt, dann könnte literarisch ausschließlich die BILD etwas ändern. Die jedoch spiegelt treffgenau das Masseninteresse des FFF (Fressen, Ficken, Fußball) wieder. 2000 Jahre etwas Brot und viele Spiele für die Nacktaffenhorden, und diese Primaten fühlen sich dem irdischen Paradiese nahe. Die Weichen sind auf Wunsch der Mehrheitspiefkes also längst in Richtung DoofRüpelDebakel (BRD) gestellt worden.

Und da haben wir den religionsfanatischen Weltherrschaftsanspruch des Importislam noch nicht einmal oberflächlich beleuchtet. Egal, Doitselan oder Europa wird an seiner ignoranten Arroganz zugrunde gehen wie andere Imperien davor, und wir haben das Glück, dabei sein zu dürfen. Demnächst grölen sie vermutlich: Muslim Lives Matter.

Viel Spaß also noch mit der immer ausgelassener feiernden "Partyszene". In Dijon kommt das lustige Feuerwerk bereits aus Kalaschnikows ... aber der trantütigste Michel aller Zeiten pennt in seinem satten Gutmenschendelirium nur sediert weiter. Dieser Schwachmat wird auch nicht mehr aufwachen und klar bei Verstand sein.

Die EU ist darum der größte Feldversuch einer pseudooffenen Psychiatrie, eine raffinierte Freiheitsillusion in selbstgeschneiderten unsichtbaren Zwangsjacken. Des Kaisers bzw. der Kaiserin neue Kleider in aktuellem modischem Outfit, und das Streben danach betrifft primär die Weiblichkeit. Kleider machen mehr denn je Leute, die sonst nix zum angeben vorzuweisen haben.

Wenn man das Wasser der zu kochenden Frösche nur sehr langsam erhitzt, bekommen die gar nicht mit, dass ihr Tod durch verbrühen naht. Aber mit Brunnenfröschen kann man nicht über den Ozean sprechen. Nein, nicht mal über den Dorfteich.

Was bleibt, ist also Sarkasmus oder Zynismus, denn Satire ist nur neurotischer Optimismus am Abgrund.

Anonym hat gesagt…

In der nächsten Folge: Kippt Seehofer von allein um oder wird seine Königin nachhelfen, wenn sie morgens die Pressewetterlage gewittert hat?

Gerry hat gesagt…

@Übertan
ppq ist imho eher die feine Klinge als massentauglich. Die Seite ist schlecht zitierbar bzw. verlinkbar. Das sieht man an den Reaktionen der hier manchmal zufällig, wahrscheinlich per Schlagwortsuche, hereingeschneiten Besucher, deren Besuch wahrscheinlich dann auch einmalig bleibt. Ihre Gesichter kann man sich gut vorstellen, wenn sie verwundert ihre Antworten hinterlassen, welche stets nie die Intention des Artikels treffen. ppq ist eigentümliche Dokumentation des Wahnsinns, dabei immer treu seines oben angepinnten Mottos. Vielen Dank an dieser Stelle.

@anonym
Wenn Merkel die Presse zum Rapport bestellt: wer richtet sich dann nach wem?

Carl Gustaf hat gesagt…

Ich finde die Art und Weise, wie Hotte Seehofer Frau/Herr Yogafahrad unter Druck setzt, äusserst verwerflich. Die Frau:der Herr hat nachweislich einen an der Waffel und ist nach meinem Dafürhalten schuldunfähig. Das muss man nun nicht zum Gegenstand der ministeriellen JourFixes im Innenministerium machen.

ppq hat gesagt…

@gerry: danke, so ist das auch gedacht

@übertan: hier kommt denn gleich eine prise trost. deutschland kann nicht wie andere imperien untergehen, weil deutschland kein imperium ist. wäre es eins, wäre es von jämmerlichem format, winzig, unbedeutend und wissenschaftlich betrachtet dem TARDIS bei doctor who gleichend, also innen riesig, aber von außen gesehen nicht mehr als telefonzelle

Jodel hat gesagt…

Das aktuelle Deutschland ist die Wiederkehr des Imperiums als Farce.
Wir sind zwar keins, aber Untergehen in schönster Dekadenz wie die großen Vorbilder, das können wir schon.

Anonym hat gesagt…

Jetzt geht also d a s wieder los ...

Die Anmerkung hat gesagt…

https://de.sputniknews.com/panorama/20200624327417059-menschen-mit-flippigem-aussehen-fuer-herr-der-ringe-gesucht/

„Menschen mit flippigem Aussehen“ für „Herr der Ringe“ gesucht
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Ich wüßte da jemanden. Also, falls Das nicht für ein paar Jahre in den Bau muß.

Anonym hat gesagt…

Gerry hat gesagt...
@anonym
Wenn Merkel die Presse zum Rapport bestellt: wer richtet sich dann nach wem


Oh bitte, ich dachte wir hätten einen Konsens, dass Merkel der Avatar des internationalen Medienwesens ist, das wiederum mit dem globalistischen Kapital kurzgeschlossen ist.

Anonym hat gesagt…

@ Übertan: Whataboutism ist nicht immer und überhaupt und in jedem Fall das Schlechteste. Die ganz normale Beklopptheit der Masse ist und war ubiquitär.
Interessant und oft unangenöhm wird es, wenn sie von interessierter Seite aus angefeuert wird. In kollektiver Narrheit bzw. Obrigkeitshörigkeit haben wir Teutschen mitnichten ein Monopol.
("Spare nur dein Geplärre ..." - Brüder Grimm)

Anonym hat gesagt…

so blöde kann der seehofer gar nicht sein - er liefert die Steilvorlage für die bolschewistischen Zumutungen und führt faktisch einen psychologischen Krieg gegen die deutsche Polizei - kein Zufall sondern Auftrag .

der Freimaurer soll sich aus Deutschland verpissen

https://archive.org/details/stuttgart.-lollizei