Sonntag, 18. Juli 2021

Die Flut: Tore zur Hölle

Wandel, nicht nur beim Klima: In deutschsprachigen Büchern strebt "Flut" zum Alltime-High.

Einmal mehr öffnen sich die Pforten der Hölle, Wassermassen brausen durch menschliche Siedlungen, sie reißen weg, was im Weg steht, die vergelten, was der Natur angetan worden ist. Stauend stehen die Kommentatoren vor den Früchten ihrer jahrelangen Verweigerung, das Klima als zentrales Problem unserer Zeit in die Hirne zu hämmern. Politiker in Gummistiefeln wirken ratlos. Die Bundeswehr ist unterwegs. Bald werden die ersten Rettungspakete geschnürt werden und sobald die EU Kenntnis von den Ereignissen erhalten hat, wird sich auch Brüssel äußern. Vermutlich spricht dann auch die Kanzlerin, derzeit noch gehindert durch einen Auslandsaufenthalt, der es ihr verbietet, sich umgehend ins Krisengebiet zu begeben.

PPQ-Kolumnistin Svenja Prantl gewichtet den Wahlkampf neu: War es das schon? Oder kommt da noch was?

Nordrhein-Westfalen kommt allein klar. Armin Laschet, der bald ganz Deutschland leiten und damit auch Europa führen muss, bekommt pünktlich zum Beginn der parlamentarischen Sommerpause, die einmal mehr mit dem Start der heißen Phase des Wahlkampfes zusammenfällt, ein Thema vor die Füße gelegt, dass Bewährungschance und Durchmarschangebot zugleich ist. Die Stunde der Not ist immer die Stunde der Exekutive - Olaf Scholz, der Vizekanzler, wird zwar bald die Gelschleusen öffnen. Doch Annalena Baerbock, die ohnehin unter Druck geratene grüne Kanzlerinnenkandidatin, steht im Starkregen auf verlorenem Posten. Brandenburg ist weit weg. Die Klimaziele noch weiter. 

Nah wie die nasse Wand

Nah ist die nasse Wand, wenn sie überhaupt noch steht. Nah ist der Nachbar, der vermisst wird. Und naheliegend die Erklärung, das müsse ja nun wirklich alles mit diese Klimakatastrophe zu tun haben. Wie die Spitzenpolitiker, die die Gleichung Dürre + Hitze + Regen umstandslos mit Hochwasser lösten, waren auch die Die Kinder von Fridays for Future sofort zur Stelle. Zufällig war Freitag, früher ohnehin der Tag des Klimastreiks. Zufällig liegt nichts anderes an, denn in den Hochwassergebieten räumen Bundeswehr, THW und Feuerwehren den Dreck weg.

Es ist der ganz normale Wahnsinn in einer Welt, in der die kapitalistische Produktionsweise vorherrschend ist", hat das Berliner Blatt "Freitag" schon Tage vor dem großen Regen aufgedeckt, wie imperialistisches Wassermanagement, vorhergesagte Dauerdürrre und die Bausünden der Vorväter ein toxisches Gemisch bilden. Es ist der irrationale Teil eines ansonsten rational funktionierenden Systems, das allein auf sein Kurzzeitgedächtnis vertrauen muss. Immer ist, was gerade ist. Alles andere, von von Inzienz bis Impfrekord, von Bjelorussland bis Regenbogen, von Orban-Ungarn bis Green Deal, muss aussetzen, so lange die Aufmerksamkeit von etwas Neuem, außerordentlich Ungewöhnlichen aufgesaugt wird.

Bilder gewinnen die Schlacht

Und Bilder! Gibt es Bilder, ist die Schlacht geschlagen. Zeigte eben noch "die Blockade des Suezkanals durch einen quer liegenden Tanker die Verwundbarkeit dieses globalen Liefersystems auf wunderbare Weise" (Freitag), beweisen nun die braunen Fluten aus Ahrweiler, dass es so nicht weitergehen kann. Einfacher Wiederaufbau ist keine Option, die Brückentechnologie Gas zeigt deutlich, dass ihr nicht zu trauen ist.  Noch ist "nicht klar, wie viele Menschen in den Fluten im Westen Deutschlands ihr Leben lassen", analysiert n-tv messerscharf. Aber die Auswirkungen seien schon zu spüren: "Der Kampf ums Kanzleramt bekommt eine neue Dynamik."

Man muss Menschen offenbar nicht einem kennen, um sie so abgrundtief zu verachten. Der Zweck heiligt die Heuchelei, das Ziel ist der Weg. Im Ahrtal, einem Kernland der alten Bundesrepublik, das das nun wirklich nicht verdient hat, erntet der Exportweltmeister, was seit den Wirtschaftswunderjahren so fleißig gesät wurde. Mehr als doppelt so viel CO2 wie der durchschnittliche Thüringer emittiert der Nordrhein-Westfale, dreimal so viel wie ein Mexikaner und sechsmal so viel wie ein Inder. Das hat Konsequenzen.

Im Klimawahlkampf

Ein Klimawahlkampf droht nun, mehr noch als zuvor. Der Gürtel enger, die Maßnahmen schärfer. Es naht die Stunde der Alarmisten, die hoffen dürfen, Gehör zu finden, zumindest so lange die Wunden frisch sind. Auch im Kampf gegen die "Abnehmer für Erdöl oder Schweineschnitzel" (Paris Peckham) sortieren sich die Truppen nach Angebot und Nachfrage: So lange es eine Nachfrage nach Schuld, Sühne und Erlösung gibt, finden sich Anbieter, so lange sich Anbieter und Abnehmer suchen, gibt es einen Markt und so lange die Welt noch nicht "auf kollektiven und rationalen Entscheidungen fußt" Peckham), muss das "heilige Land des grünen Kapitalismus" ein immerwährendes Versprechen bleiben, eine Verpflichtung, ein Auftrag und eine Mission.


5 Kommentare:

Türsteher hat gesagt…

Nachdem die gesamte Schönwetterrepublik sich trotz trockener eigener Kuschelbude im Geiste auch klitschnass weggetrieben und entmaterialisiert fühlt und sich Katastrophenfilmchen in Dauerschleife zum etwas Gruseln nach dem Prinzip Sankt Florian in die Wohnzimmer flimmern lässt, gehen die Aufräumarbeiten an der Klimafront nun auch mit Bunteswehrräumpanzer wacker weiter. Putzfimmel hat schließlich Tradition im reinlichsten aller Schlands.

Zugleich dient diese mediale Schockmeldungsflut über die Regenwasserflut als überdeutlicher Hinweis, um sich auch schon mal darauf vorzubereiten, dass die politische Mafia jede Form der CO²-Produktion zukünftig noch extremer verteuern wird, um das aus kurzfristiger Profitgier praktizierte "Weiter so!" doch noch zum vertraglich vereinbarten abgasneutralen Endziel zu peitschen.

Ein 80-Mio-Völkchen bildet sich ein, den globalen 8-Mrd-Vulkan dimmen zu können, indem es sich seinen Grill verbietet. Kasperletheater für dumme Dauerkinder.

Bis auf einen interviewten Wissenschaftler gab es in den Sensationsmedien kein einziges Wort über dummdreiste Fehlplanungen in der Siedlungspolitik und Infrastruktur durch Behörden-Experten, die gerne üppige Einkommen kassieren. Es gab offiziell keine Erklärung, dass die dortige Geologie solche Sturzbäche geradezu provoziert. Und wenn es da zuvor auch schon etliche Überschwemmungen gab, dann ist das dort ausharren nur durch Glauben zu erklären. Da helfe nur beten, sagte eine Betroffene, wie das dort üblich sei. Ok, das hat etliche ja nun aus dem irdischen Jammertal direkt in ihren Himmel transportiert.

Wer direkt vor den Toren der Hölle hausen möchte, weil er es dort so kuschelig warm findet, der kann sich beim plötzlichen öffnen desselben schnell mehr als nur die Finger verbrennen.


Erfreulich ist aber, dass ppq sich nach diesem Ausflug in das bizarre TAZ-Universum nun auch den akuten Problemzonen in unserem zugewendet und eine Analyse hiesiger Naturgewalten versucht hat.

Nebenbei möchte ich anmerkeln, dass ich dieses Thema hier bereits seit Tagen kommentiert habe und dafür erneut unflätig angepöbelt wurde. Wieso werden solche persönlich beleidigenden Attacken nicht gelöscht? Die ziehen dieses so sehr auf Sauberkeit bedachtes Blog doch in den Dreck.

Inzwischen ist da beim Thema 'Wahlkampf: das Wetter spielt nicht mit' sogar zu lesen: "Bist Du Jude? Deine unflätige Unverschämtheit legt es jedenfalls nahe." Ich denke, damit wurde eine justiziable Grenze überschritten. Was also gedenkt ppq gegen solch eine Hetze zu tun? Soll das hier etwa zur Nazipropagandaplattform vermodern?

Türsteher hat gesagt…

Nachtrag:

Wie die BILD uns heute per Video zeigt, scheinen unsere beiden Premiumpolitiker Fischfiletsteinzeitmeier und Klein Laschetluschi bei ihrem Kondolenzbesuch in der Todeszone ja mächtig viel Spaß zu haben.

Erst feixt der eine bei der Rede des anderen und dann folgt die Gaudi vice versa.

Echte Karnevalsgenies haben wir da also an der Spitze von Merkelandistan, wobei die Michel-Ersatzkönigin diesmal nicht zeitnah vor Ort sein und Trost und Zuversicht spenden konnte, sondern mit ihrem Freund Creepy Joe diniert hat.

Vermutlich aber grapscht dieser Marionettenpräsident lieber jüngere Mädels an, viel viel jüngere.

Anonym hat gesagt…

@ Blogwart: Muß das wirklich sein? Le Penseur hat das besser und effektiver geregelt.

Türsteher hat gesagt…

@ Anonym

Nanu, gar kein "würdiger" Blogwart mehr?

Was willst Du fanatischer Missionar mit deinem immergleichen Satz eigentlich erreichen? Meinungsfreiheit exklusiv nur für deine Sichtweise?

Es hindert Dich doch niemand, hier zum Thema ebenfalls zu kommentieren. Und - wie Du sicherlich überzeugt bist - viel klüger als ich.

Stattdessen kramst Du wie eine abgenudelte Oldie-Vinyl mit Sprung immer wieder dieselbe jahrealte Troll-Episode mit Le Penseur raus. Etwas einfältig, oder was meinst Du?

Jodel hat gesagt…

Wenn es mit dem Klimasommer schon nichts werden wollte, hat der Wettergott jetzt noch rechtzeitig mit einem Klimawasser in den Wahlkampf eingegriffen. Die Medien, Hand in Hand mit den Grünen, instrumentalisieren diesen Vorfall natürlich überhaupt nicht. Aber man muss schon ein kompletter Schuft sein, wenn man nicht erkennt, das hier nur unser "CO²-Verbrauch" Schuld sein kann. Wäre Habeck Kandidat, wäre er jetzt so gut wie sicher Kanzler. Zum Glück hat Frau Baerbock noch genügend Zeit, dieses Momentum, trotz aller Medienhilfe, wieder in die Grütze zu reiten.

Und was macht unser Kandidat der Herzen aus dieser Tragödie? Hier, wo man als Politiker einmal wirklich etwas gutes Tun, den leidgeplagten Betroffenen unter die Arme greifen und die Hinterbliebenen trösten könnte. Doch statt den aufrechten Deichgraf zu geben, macht er auf Kicher-Karnevalsprinz. Wie kann man in so eine Situation Witze machen? Verachtet unsere Nomenklatura den gemeinen Bürger wirklich derart.

Es ist nur noch zum fremdschämen. Unser politisches und mediales Personal ist von einer nicht mehr zu überbietenden Erbärmlichkeit.