Donnerstag, 7. Juni 2007

Alles voller Aktivisten

Erich Honecker hat sie in Heerscharen gezüchtet und mit Blechorden behängt, aber richtig im Leben angekommen sind die "Aktivisten" erst in diesen Tagen der Schnitzeljagd mit Straßenschlacht rund um den G8-Gipfel, der in diesem Fernsehjahr anstelle der Fußball-WM übertragen wird. War der nach dem lateinischen Wort activus für „tätig, aktiv“ benannte Aktivist zu Zeiten des fortdauernden Siegeszuges des Sozialismus ein bärbeißiger Mann in Arbeitsjacke und Bauhelm, so bezeichnet derselbe Begriff inzwischen alles was Ideale hat und bereit ist, dafür mit der Polizei Bananaboot-Wettrennen zu fahren, im Wald Verstecken zu spielen oder Wackersteinzielwurf auf bewegliche Ziele zu üben. Der Definition nach ist ein Aktivist jemand, der "ohne finanziellen Anreiz, aus innerer Überzeugung oder aus persönlichen Motiven, in besonders intensiver Weise für die Durchsetzung bestimmter Ziele eintritt", den aber insbesondere auszeichnet, dass seine Vorgehensweise nicht auf das Ergebnis, sondern auf die Aktivität als Selbstzweck gerichtet ist. Aktionismus ist das Wesensmerkmal des Aktivisten, der folglich der Genauigkeit halben "Aktionist" genannt werden müsste. Soviel Zeit ist aber nicht in den 24-Stunden-Berichten von der Globalisierungsschlacht, weswegen der nackte Peta-Pelzrebell der medialen Bennennungsnot ebenso als Aktivist gilt wie der walkämpfende Greenpeace-Volunteer, der klimakatastrophenverängstigte Glühbirnenvermeider und die verhinderten G8-Gipfelstürmer, die mit dem Fallschirm in Heiligendamm einschweben wollten. Die Staats- und Regierungschefs, die alleweil aufgerufen sind, "Petitionen" von "Aktivisten" entgegenzunehmen, sind hingegen keinesfalls Aktivisten, weil sie stets nicht genug tun, und wenn doch, dann das Falsche. Würden Aktivisten die Welt regieren, gäbe es allerdings keine Polizisten mehr, die beim Bananaboot-Rennen die Jäger spielen und beim Wackersteinzielwurf das Ziel, und keine Staats- und Regierungschefs, denen man Botschaften überreichen könnte. Aktivistsein wäre schlagartig so langweilig wie damals bei Erich Honecker.

1 Kommentar:

  1. "den aktivist in seinem lauf/ halten weder ochs noch esel auf" möchte ich - grammatikalisch nicht ganz fehlerfrei, doch verstechnisch bedingt - formulieren.

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