Samstag, 14. Juli 2007

Vom 3. Reich im Web 2.0

Großes Medienecho für den Wiesbadener Publizisten Rainer Fromm, nachdem der für den MDR auf einer Tagung namens "Neue Medien und alte Gefahren" dem "Rechtsextremismus im Internet" (Untertitel) die Maske vom Gesicht gerissen hat. Fromm, der sich nach eigenen Angaben seit vielen Jahren mit dem Phänomen des Rechtsextremismus im Netz beschäftigt, rechnete dabei vor, dass es "1996 noch 32 rechtsextreme Webseiten gegeben habe, heute hingegen seien es über 1000." Deshalb sei "das Internet der "Stürmer" im Format des 21. Jahrhunderts. Geringe Kosten, größte Breitenwirkung, geringes Risiko der Strafverfolgung."

Die mit Vergleich und Gewichtung von Fakten und Zahlen immer gern überforderten Protokollanten von Agentur und veranstaltender Anstalt versehen solche Mitteilungen nach guter alter Sitte reflexhaft mit der Zeile "Anzahl rechtsextremer Webseiten steigt", weil es nachrichtenmäßig nur so richtig kracht.

PPQ hat dennoch nachgerechnet und kann nun exklusiv Entwarnung geben: Es gibt kein 3. Reich im Web 2.0, sondern das ganze Gegenteil. Denn die Zahl rechtsextremer Internetseiten ist - glaubt man Fromms handgefertigten Zahlen - sicherlich gestiegen. Doch ihr Anteil am Gesamtaufkommen ist in den zurückliegenden zehn Jahren - mit den Original-Zahlen von Rainer Fromm gerechnet - ins kaum noch aufspürbare gesunken. 1996, eine Zeit, in der T-Online gerade begann, private Homepages zu hosten, entsprachen die vom "Experten" gezählten 32 rechtsextremen Seiten immerhin 0,16 Prozent der nach denic-Angaben seinerzeit existierenden etwa 20.000 Internet-Seiten. Die heute existierenden 1000 rechten Seiten hingegen repräsentieren - gemessen an inzwischen 10 Millionen registrierten Seiten mit Denic-Domain - gerade mal noch einen Anteil von 0,01 Prozent.

Fromm heißt also anders als er handelt, denn er verkauft das Gegenteil der Wahrheit als Fakt - und damit Bücher wie sein neues, das - aus welchem Grund, ahnen wir nicht mal - "Anklage unerwünscht" heißt.

1 Kommentar:

  1. er ist zurück - und schreibt wie immer das, was ich gerne geschrieben hätte. die kollegen der regional-presse ließen sich aber von (meinen) ähnlichen einwänden wie denen binladenhüters nicht beeindrucken.

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