Dienstag, 4. März 2008

Verstellte Schrauben

Man muss nur den Nippel durch die Lasche ziehen, und schon läuft alles wie gewünscht. Nach diesem grundsätzlichen Baumuster basteln die deutsche Politik seit Jahrzehnten an einer perfekten Welt: Um mehr Einnahmen zu erzielen, erhöht man die Steuern; um das Rauchen zu verhindern, erlässt man ein Verbot, und um die Menschen zu veranlassen, mehr Getränke aus Mehrwegverpackungen zu konsumieren, erhebt man ein Zwangspfand. Politiker sprechen in diesem Zusammenhang gern von den "Stellschrauben", an denen sie glauben nur drehen zu müssen, um die jeweils gerade gewünschten gesellschaftlichen Veränderungen zu erzielen.

Diese Strategie ist so überaus erfolgreich, dass die durchschnittliche Mehrwegquote bei alkoholfreien Getränken zwischen Januar und November vergangenen Jahres erstmals knapp unter 30 Prozent gefallen ist. Die Mehrwegquote bei alkoholfreien Getränken ist seit Ende 2002 von 51,4 % auf nur noch 29,9 % Ende 2007 gefallen.

Starke Zuwächse hingegen verzeichnen Einwegverpackungen aus Plastik, die Umweltverbänden und Politikern als ökologisch gefährlich gelten - selbst verglichen mit Mehrwegflaschen, die zur Wiederbefüllung über hunderte und tausende Kilometer trasportiert werden müssen. Der Marktanteil der sogenannten PET-Flaschen liegt mittlerweile bei 58,4 Prozent - in sechs von zehn Fällen greifen Getränkekäufer in Deutschland damit zu genau der Art Verpackung, die nach dem Willen der Stellschrauben-Experten das Schicksal der Getränkedose teilen und aussterben sollte.

Ein schöner Erfolg, denn ganz nebenbei hat das Zwangseinwegpfand auch noch dafür gesorgt, dass eine ganze Generation junger Leute das im Vergleich geradezu unverschämt günstige Mehrwegpfand als Einladung begreift, leere Mehrweg-Bierflaschen nicht mehr mühsam in den Laden zurückzutragen. Sondern gleich an Ort und Stelle zu lustig zu zerschlagen.

Dem Rest der Bevölkerung bescherte die Pfandpflicht zudem reihenweise neue Geschmackserlebnisse. Firmen designen Getränke seitdem so, dass sie nach den Regeln des Gesetzes nicht vom Zwangspfand erfasst werden: Wasser ohne Sprudel ist pfandpflichtig, Saft aber nicht, also gibt es jetzt Wasser ohne Sprudel mit einem Hauch Brombeerester, weil das gilt als Saft, bleibt also pfandfrei.

Höchste Zeit, an der Schraube zu drehen.

2 Kommentare:

  1. Hallo,

    schade das Sie so wenig Kommentare haben.

    Lese Ihren Blog sehr gerne, Ihren gepflegten Zynismus finde ich edel.

    Machen Sie weiter so.

    Grüße
    Alexander

    AntwortenLöschen
  2. danke für die blumen. wahrscheinlich liegt das daran, dass einem nach dem lesen die worte fehlen ;-)

    zynismus kommentiert man ja nicht gern, aber wie sonst soll man das alles etragen?

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.