Samstag, 26. April 2008

Vier Tore geschossen, dreieins gewonnen

Es sind ungewöhnliche Zeiten für die Fans des ehemaligen Fußball-Europacup-Teilnehmers HFC. Seit Jahren spielt der Verein in der Fußball-Oberliga, die ihren Namen zu Unrecht trägt, weil sie eigentlich eine Unterliga derjenigen DDR-Traditionsmannschaften ist, die den Zug verpaßt, den Anschluß verloren und unter die Amateure gefallen sind.

Mit der Duldsamkeit von Schafen, die zu einer längst kahlgefressenen Weide trotten, weil sie das nicht anders kennen, pilgern die Anhänger der Rotweißen dennoch zu Spitzenspielen gegen Vereine aus Städtchen, deren Lage niemandem bekannt ist. Meuselwitz? Auerbach? Bautzen? Hin und wieder, das ist die Realität mehr als anderthalb Jahrzehnte nach dem letzten Uefa-Cup-Auftritt gegen Moskau, gewinnen sie dann. Häufig aber verlieren sie auch.

Ja, selbst gegen Bautzen, einen Verein, der von sich selbst mit rätselhaftem Stolz sagt, er komme "aus der Senfstadt", ist das schon passiert. Nur seinerzeit spielte noch nicht die Mannschaft für den HFC, die der Spieler zuletzt im halben hundert verschleißende Klub jetzt auf dem Platz stehen hat. Sieben Spiele ungeschlagen, sechs davon gewonnen, so steht es im Frühjahr 2008 - die längste Serie, seit den Glorreichen nach der Flucht einer ganzen Mannschaft in der Saison 1994/95 in 30 Spielen kein Sieg gelang.

22 Minuten brauchen die Gastgeber, um gegen eine Gastelf mit Elferabwehr das 1:0 zu machen. Kunze setzt einen Heber an die Latte, Neubert köpft den Abpraller unbedrängt ein. Bautzen weiß jetzt schon, dass das Spiel verloren ist, und verzichtet deshalb auch weiter auf Gegenwehr. Ein Viertelstunde probieren die Angreifer in Rot und Weiß deshalb in aller Ruhe aus, auf wie viele Arten man das Tor nicht treffen kann. Neubert vor allem , im Winter als Goalgetter geholt und bisher schon viermal erfolgreich, zeigt, dass es möglich ist, einen Ball auch anderthalb Meter vor der Torlinie noch über den Kasten zu heben, wenn man völlig frei steht und sich richtig auf seine Aufgabe konzentrieren kann.Kurz vor der Pause erst macht er es besser - nachdem Kanitz, im letzten Heimspiel Matchwinner, mit einem satten Schuß genau den Torwart trifft, schießt der kantige Stürmer den Ball ins Tor. Applaus zur Pause, es müsste 4:0 stehen, würden auswärtige Zuschauer sagen. Aber letztes Jahr hätte es jetzt noch 0:1 gestanden, wissen die Einheimischen.

Kein Gedanke daran, dass hier etwas schiefgehen kann. Halle versucht nach dem Wiederanpfiff, Bautzen ein wenig zu locken, schließlich gelingt das auch. Den folgenden Pass in die Gasse nimmt Kevin Kittler mit der Brust mit, um ihn nach zehn Schritten locker unter Bautzens Keeper Zwahr in die Maschen zu schieben.

Gegenüber unterhalten die Fans ihren Mann auf der Linie unterdessen mit dem Rüttelreim "Unser Torwart / Darko Horvat". Das Spiel sieht jetzt langsam so aus, wie es das hallesches Fußballpublikum gewöhnt ist: Die eigene Elf ist nur noch vituell auf dem Platz, die gegnerische das noch nicht bemerkt. So muss auch den vierten Treffer des Tages ein Hallenser besorgen. Jens Werner, bis dahin mit einem äußerst ruhigen Tag in der Abwehr, nimmt die heute einzige Bautzener Flanke von links und lenkt sie ohne viel Senf darum zu machen aus einem Meter ins eigene Tor: So spielt ein Spitzenreiter, singen sie in der Kurve.

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