Mittwoch, 10. Juni 2009

Der Aufstand der Zuständigen

Es sollte der "Aufstand der Anständigen" (Gerhard Schröder) werden und endete als Aufstand der Zuständigen: Mit Steuermitteln großgefüttert, überzieht ein Teppich aus Opferberatungs- und Feindbeoachtungsstellen die Republik, in denen ehemals "in linken Zusammenhängen" oder rechten Kameradschaften agierende Antinazikämpfer institutionalisiert und mit straffen berichtswesen versehen dafür sorgen, dass die Gefahr der unmittelbar bevorstehenden Machtübernahme durch die glatzköpfigen, in Thor-Steinar-Jacken gehüllten Jünger des Vierten und Fünften Reiches nie unterschätzt wird. Die "Jungle World", ein einstmals im linksideologischen Splitterkampf von der ehemaligen FDJ-Postille Junge Welt abgesprengt, warnt jetzt mit nachdruck vor einem NPD-Verbot und davor, dass die Parte pleite geht. "Denn dann würden auch bei den Opferberatungsstellen Arbeitsplätze gestrichen, während sich die Nazis neu organisieren", schreibt Jean Cremet in einem seltenen Anfall von Offenherzigkeit.


Natürlich sei es "durchaus zu begrüßen, dass die NPD finanziell auf dem vorletzten Loch pfeift". Bereits dieser Umstand sei der Nachweis, dass die NPD – entgegen den Behauptungen von Traditionskommunisten – "nicht durch das Großkapital ausgehalten wird". Dass die NPD aber demnächst Konkurs anmelden muss, das dürfe nicht sein. "Denn dann droht der Verlust von Arbeitsplätzen. Dabei geht es nicht um die Arbeitsplätze bei der NPD, obwohl ein Konkurs zweifellos dazu führen würde, dass auch eine Reihe von Arbeitsplätzen bei der Partei wegfallen würde. Vor allem aber hät­te der Ruin der NPD – der derzeit einzigen ernsthaften Wahlpartei der extremen Rechten – relativ schnell die Folge, dass die Förderprogramme unter Labeln wie »Weltoffenheit«, »Demokratie« und »Toleranz« eingestellt würden."

Ein Schlag, von dem die junge deutsche Demokratie sich vermutlich nie erholen würde. Keine flammenden Anti-Fascho-Newsletter von "Miteinander" mehr. Keine Aufrufe zum Boykott von INternetkaufhäusern, die die falschen Bücher verkaufen, und Pulloverläden, die die falschen Marken führen. Dabei sind »Demokratiezentren« und Ähnliches nach Ansicht der Jungle World "eben kein Ausdruck einer funktionierenden Zivilgesellschaft, sondern Deckmäntel für das Versagen des Staats". Der »Aufstand der Anständigen« sei gescheitert, der »Aufstand der Zuständigen« habe gar nicht begonnen. Das ist ja ganz traurig: "Vom zu erwartenden Arbeitsplatzabbau wären aber auch die Mobilen Beratungsteams und die Opferberatungsstellen betroffen. Diese sind die einzigen unabhängigen Instanzen, an die sich die Opfer von Nazigewalt wenden können. Selbst wenn es sonst keinen einzigen anderen Grund gäbe, dürfte die NPD schon allein deshalb nicht in Konkurs gehen."

Unabhängig vor allem, nur nicht von Fördermitteln und dem Nachweis zu deren Verwendung. Seltsamerweise geht der Autor entgegen der üblichen Gepflogenheiten in "Nazis verpißt euch-keiner vermisst euch"-.Kreisen davon aus, dass kein Nazi kein Nazi mehr wäre, bloß "weil seine Nazipartei kein Geld mehr hat". Die harte Realität: "Weiterhin wird es Nazis geben, die Nazipolitik machen – aber wo? In welchen Zusammenhängen wird dann der ehemalige NPD-Kreisvorsitzende auftauchen? Und bei welcher Ka­meradschaft werden seine Nazi-Kameraden unterkriechen? Wie läuft jetzt die Kommunikation zwischen den ehemaligen NPD-Kadern, die ihre Arbeit gleichsam ehrenamtlich fortführen?"

Das bedeute wohl viel Arbeit für die Antifa, aber auch für den Inlandsgeheimdienst der den Anlass sicher nutzen werde, "um Personalaufstockung und zusätzliche Finanzmittel zu fordern". Das will selbst die Jungle World dann nicht: "Wer also nicht will, dass der Verfassungsschutz weiter ausgebaut wird, der sollte lieber hoffen, dass die NPD keine Pleite erleidet."

2 Kommentare:

  1. Man kann sich als "Guter" nur positionieren, wenn es auch ein abstoßendes "Böses" gibt - sei dies nun echt oder inszeniert.

    Daher konnten Stasi-Mitarbeiter Hakenkreuze an Synagogen schmieren und Verfassungsschützer Haßmusik fördern. Die Welt ist eben nicht nur schwarzweiß.

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  2. wie botho strauß einstmals im "anschwellenden bocksgesang" so schön beschrieb

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