Montag, 14. September 2009

Blass wie Milch

So also geht Baden ohne Schaum. Kaum haben sich Kanzlerinnenamtsinhaberin Angela Steinmeier und Wunschtraumkanzler Walter Merkel ihre auswendig gelernten Parteiprogrammzitate in die Bildröhre verklappt, setzt das große Deuten an. War Walter Steinmerkel besser drauf? Oder hatte Angela Merkelmeier die besseren Plattitüden? Blass wie Milch vom beißenden Scheinwerferlicht duellierten sich die Koma-Kombattanten eine endlose Fußballspielzeit lang mit Walzstahlsätzen aus Assistentenhand, Merkelmeier stets mit offenem Blick freigeradeaus an der Kamera vorbei, Frank Meiermerkel mit schiefen Elvis-Mund, aber tongebrannt bis ins Herz. Die Steuer wollen beide senken, um sie zu erhöhen, die Atomkraft muss abgeschaltet oder auch klug ersetzt werden, der Mindestlohn ist ein Segen, aber man muss sich dennoch regen, um "Wachstumsimpulse" zu setzen, die den Gerechtigkeitsfaktor allgemein und im Speziellen weiter erhöhen.

Es wäre leicht gewesen, in diesem Duell der Dilettanten einen Kantersieg zu landen. Einmal so tun, als bräche man aus aus der von den Phantomfedern geschriebenen Rolle, einmal die Oma, die Familie, die eigene schwere Kindheit angeführt oder bekannt, dass man sich darüber klar geworden sei, Teil einer billigen Inszenierung ohne Unterhaltungswert zu sein. "Ich finde", sagte Walter Merkelstein nicht, "die Menschen draußen an den Empfänger haben Besseres verdient, als uns beim Stroh dreschen zuzusehen!" Ein Loch, randvoll mit Bewunderung klaffte im Studio auf, ehe Angela Meiermerkel erleichtert antwortet: "Wo Sie das gerade ansprechen, aus meiner persönlichen Lebensgeschichte heraus bin ich gar nicht bereit, zu einer Inszenierung beizutragen, die mich fatal an das Polittheater der untergegangenen SED-Diktatur erinnert".

Auch dieser Satz fällt nicht, Diskutanten und Augenzeugen dämmern gemeinsam einem "Tatort"-Ende entgegen, das heute auf vier Kanälen ausbleibt. Steinmeier, schreckt ein Beobachter mittendrin hoch, ist gerade elefantendamen-porzellanladenmässig in Plasbergs Ulla-Schmidt-Falle getappt. Das hat der Rest der Republik inklusive der Division von Deutern, die den Battleground belagern und Schnittchen essen, gar nicht so mitbekommen. Eine "relative Mehrheit", heißt es dann souverän verrätselt, sei für Merkelmeierstein oder glaube doch wenigstens, dass eine Mehrheit nicht gegen ihn und sie sei. Später empört sich die leichenblaß geschminkte Amtsinhaberin, die ein bisschen einem Addams-Family-Film entstiegen zu sein schien, mit schlecht gespieltem Grimm über Maybritt Illners Tigerentenkoalitionsmetapher, die als einziges bleiben wird von einem Abend, über den es auf Twitter heißt "Gebt mir meine 90 Minuten Lebenszeit zurück".

Die SPD-Ortgruppen jubeln, dass Walter Steinmerkel nicht verloren hat. Ein Sieg! Die CDU-Ortsgruppen feiern, dass die Kanzlerinnendarstellerin den "Herausforderer auf Abstand gehalten" habe. Sieg! Die FDP höhnt, die Linke stänkert, die Grünen lassen eine Frau mit Dauerwelle auch Kritisches sagen. Manfred Mustermann aus Mansfeld indes stöhnt engagiert: "Das sind also unsere besten Köpfe".

Ja, sind sie! Aber viele draußen im Lande seien trotzdem immer noch unentschieden, ergibt eine Umfrage, für die 200 lustlose Studenten 1029 Zuschauer befragt haben, die während des Kanzlerduells immer wieder auf den Simpsons-Film umgeschaltet hatten, den ein renitenter Kleinsender alternativ zur Schicksalsreportage gesendet hatte. Keiner hat das zugegeben, alle haben Walter oder Angela gewählt. Thea Dorn ist später am Abend im "Philosophischen Quartett" übrigens ganz blond und sie beschreibt recht kühl "diese ganze relativistische Debatte, die wir uns geleistet haben". Thea Dorn hat es nicht gesehen. Einfalt in Vielfalt. Auf vier Sendern. Drei Stunden Nichts. Mit zwei Niemanden. Ein letztes Mal.

4 Kommentare:

  1. Zum Glück habe ich mich während der Sendezeit sinnvoll beschäftigt.

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  2. glückwunsch. es war eine tortur

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  3. wenn die sendung nur halb so war, wie die live-kommentare auf twitter...

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