Montag, 30. November 2009

Stunk beim Gebührenfunk

Wie sich doch die Zeiten ändern. Als der seinerzeit rot-grün dominierte ZDF-Verwaltungsrat den Journalisten Nikolaus Brender zum Chefredakteur des ZDF machte, war das eine politische Entscheidung. Brender, als junger Mann CDU-nah, später aber in eher linken Sendern wie dem WDR sozialisiert, galt seinem "roten Freundeskreis B" als Gewährsmann dafür, die richtige politische Linie im Sender zu vertreten. Das tat Brender zuverlässig ein Jahrzehnt lang. Das ZDF baute die Informationsschiene ab, politische Magazine verschwanden. Das Image des altbackenen Omaopa-Senders aber blieb, obwohl zuletzt sogar der erträgliche Digitalkanal ZDF doku geschleift wurde, um mit ZDF neo eine Abspielschiene für Tierdokus und die Telenovela "Bianca – Wege zum Glück" zu schaffen.

Dabei mühte sich Brender doch. Zur Geburtstagsfeier des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Beck luden Staatskanzlei und ZDF zum Beispiel gleich gemeinsam ein. 700 Gäste wurden von "heute"-Sprecherin Petra Gerster durch den Abend geführt, der die politische Unabhängigkeit des deutschen Gebührenfunks nachdrücklich bewies: Landesregierung und ZDF teilten nicht nur den Spaß an der Sache, sondern auch die Kosten der Party.

Klar, dass die Verweigerung einer Vertragsverlängerung für Nikolaus Brender nur elf Monate später eine "Welle der Empörung auslöst", wie das Medienmagazin turi2 in einer originellen Formulierung zusammenfasst. Von Welt über SZ bis Faz und Focus wird allenthalben "politische Einflußnahme" gewittert. Denn nun ist die konservative Bank im Verwaltungsrat des ZDF besser als die linke besetzt - und sie kann damit tun, was noch alle Verwaltungsräte zuvor taten: ihre Interessen durchsetzen.

Was seinerzeit bei der Ernennung von Brender völlig normal war - dass sich die politische Mehrheit für ihren Staatssender einen Transmissionsriemen sucht, der ihre Interessen wenn nicht vordergründig wahrt, so doch im Hinterkopf behält - gibt jetzt einen "schwarzen Tag", wie das turi2 bang flötet: "Die Entscheidung des ZDF-Verwaltungsrates, den Vertrag von Chefredakteur Nikolaus Brender nicht zu verlängern, hat eine Welle der Kritik an der Einflussnahme der Politik am öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem losgetreten". Aufruhr und Entsetzen überall, als wäre in den Schreibstuben gerade zum ersten Mal entdeckt worden, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk von alters her von den Parteien gelenkt und kontrolliert wird.

"Deutschland ist von heute an Berlusconi-Land", fantasiert Spiegel-Online-Experte Markus Brauck sich in die Welt der Superlative. Die Grünen wollen gar mit einer Klage vor das Verfassungsgericht ziehen, um die Entscheidung anzufechten.

Ja, genau die Grünen, deren Vertreter im ZDF-Fernsehrat den damaligen Intentanten Dieter Stolte im Jahr 2000 gemeinsam mit ihren SPD-Kollegen in einem Brief aufforderten, ein neues politisches Magazin immer abwechselnd mit dem als links geltenden "Kennzeichen D" auszustrahlen. Um die redaktionelle Unabhängigkeit besorgt sind sie da wohl gewesen.

4 Kommentare:

  1. Man muß den Vorgang dekonstruieren.
    Selbstverständlich weiß man bei grün und rot, daß die eigenen Sender auf Linie sind und bleiben und daß man von WDR+NDR regimegenehme Sendungen bekommen wird.
    Kritiker des Bresser-Abschusses sind nicht wirklich gehirngewaschen oder amnesiegeschädigt, sondern testen bloß aus, ob sie kulturhegemoniell in der Lage sind, "den Anderen" zu verbieten, Gleiches zu tun.

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  2. Naja, ob das ZDF nun vielleicht CDF heißt, oder sich schlicht in "Koch-Studio" umbenennt, ist doch wurscht, oder.....?

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  3. WDR, seit den 80igern als Westdeutscher Rotfunk bekannt.

    Daß Werner Höfer dort "wirksam tätig" war, hat weder ihm noch der ihn jahrzehntelang trotz "Verstrickung" deckenden SPD geschadet.

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  4. sehr schöner beitrag mal wieder!

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