Sonntag, 7. Februar 2010

Karnevalistin gegen Google

Es war beileibe nicht alles schlecht in der DDR, findet Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, die im Nebenfach den einst vom Rinderwahn erfundenen Posten der Bundesverbraucherschutzbeauftragten erledigt, sich aber trotz der Doppelbelastung bei einfachem Gehalt zuwenig öffentlich wahrgenommen fühlt. Ihr gehe beispielsweise die Praxis des US-Konzerns Google, Straßen und Häusern für seinen Internet-Dienst Street View zu fotografieren, viel zu weit, sagte die gelernte Fernsehtechnikerin. "Die flächendeckende Fotoaktion ist nichts anderes als eine millionenfache Verletzung der Privatsphäre", teilte die Vizepräsidentin des Landesverbandes Oberbayern im Bund Deutscher Karneval dem Faktenmagazin "Focus" mit. Aus ihrer Sicht als Geheimdienstexpertin würde "kein Geheimdienst dieser Welt so ungeniert auf Bilderjagd gehen" wie der Internetkonzern, der wegen seines beliebten Street View-Angebotes zuvor schon viereinhalb Tage von keinem deutschen Politiker kritisiert worden war.

Internetexpertin Aigner prüft derzeit "rechtliche Schritte" gegen Google. Seien die nach derzeitiger Rechtslage nicht machbar, müsse man über "mögliche Gesetzesänderungen" nachdenken, die dann nicht nur Google, sondern auch die privaten Fotografen und Videokünstler treffen würden, die den Map-Dienst von Google momentan mit Material aller Art multimedialisieren, weil Google selbst in Deutschland noch keine Street View-Aufnahmen anbietet. Das bisherige Verfahren soll nach ihrem Willen umgedreht werden: Nicht die Bürger sollen einer Veröffentlichung ihrer privaten Daten widersprechen müssen, sondern Google sowie jeder andere Anbieter Straßenaufnahmen sollte verpflichtet sein, Genehmigungen bei allen Anliegern und Passanten einzuholen.

Mit dieser Initative gehe Deutschland einen großen Schritt Richtung E-Government, Datenschutz und Bürgerfreundlichkeit. man werde sich dem Fortschritt nicht in den Weg stellen und neue Ideen prinzipiell weiter entschieden unterstützen. Ziel der Regierung sei es, zurückzukehren zu der sauberen Lösung, die die DDR im Umgang mit ungenehmigten Bildaufnahmen pflegte. Im Unterschied zur Arbeiter- und Bauernrepublik, die das Fotografieren auf eng umrissene Arealen in der Nähe von Militäreinrichtungen, an Bahnhöfen und in ausgesuchten Verwaltungsgebäuden untersagt hatte, könnten nach dem DDR-Vorbild designte Schilder künftig an den deutschen Landesgrenzen darauf hinweisen, dass es in Deutschland verboten ist, Fotos zu machen, ohne eine schriftlicher Fotoerlaubnis der abgebildete Personen oder, im Fall von Landschaftsaufnahmen, der Eigentümer von abgebildeten Gebäuden, Wäldern, Autos und Wasserflächen vorweisen zu können.

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