Freitag, 8. April 2011

Der Friede muss bewaffnet sein III

Keine Kehrtwende in der deutschen Libyen-Politik. Die Bundesregierung hat nach Angaben von dpa den Vorwurf zurückgewiesen, sie vollziehe mit der Entsendung von Bundeswehrsoldaten in einen Libyen-Einsatz eine außenpolitische Kehrtwende. Die im Widerspruch zu vorherigen Erklärungen stehende Entscheidung sei "keine Kehrtwende", sondern eine Entscheidung im Lichte neuer Erkenntnisse. Bei dem geplanten Einsatz gehe es nicht um militärisches Eingreifen, sondern allein um humanitäre Hilfsmaßnahmen wie medizinische Versorgung für Zivilisten und Angehörige der Rebellenarmee.

Die waren nötig geworden, nachdem Nato-Flieger beim Versuch, die vor zwei Wochen restlos zerstörte Luftstreitmacht des früheren Verbündeten und derzeitigen Tyrannen Muammar Gaddafi am Boden zu halten, versehentlich eine Fahrzeugkolonne libyscher Rebellen bombardiert hatten. Es war der zweite Vorfall dieser Art, beim ersten hatten Nato-Truppen Befreiungskämpfer niederkartätscht, die vor Freude über die demokratischen Uno-Flieger am Himmel in die Luft geschossen hatten.

Zwar lehnt die Nato eine Entschuldigung ab, weil es "nicht Aufgabe des Bündnisses, die Kommunikation zu verbessern", Deutschland aber sieht sich schon allein wegen seiner Geschichte und der vor 70 Jahren gescheiterten Operation "Sonnenblume" in der Pflicht, zu helfen. Am 12. Februar 1941 hatte mit Erich Rommel der letzte Befehlshaber einer deutschen Übersee-Armee das Kommando in Tripolis übernommen. Wenige Wochen später schon lag Afrika den deutschen Helfen zu Füßen.

Doch Gaddafi scheint die angedrohte Rückkehr der Deutschen diesmal trotzdem kaum zu beeindrucken. Statt an die deutsche Kanzlerin schrieb der derzeitige Machthaber zuletzt einen Brief an den USA-Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Barack Obama, in dem er um eine Waffenruhe bat. Obama lehnte ab, das Schreiben zu lesen. Die Uno forderte im Gegenzug von Gaddafi eine Waffenruhe.

Der aber denkt gar nicht daran. Nachdem er es nach Medienberichten aus der ersten Tagen der Schlacht geschafft hatte, aus eilig eingeflogenen Söldnern binnen Stunden eine ihm treu ergebene und zudem offenbar äußerst schlagkräftige Armee zu formen, die raffinierterweise Panzer gegen zivile Kleinwagen getauscht hat und so auch ohne die bis dahin als Gaddafis einzige Waffe geltende Luftflotte immer wieder Gelände von den Rebellen zurückgewinnt, demonstriert der Autor des berühmten "Grünen Buches" seinen Diktatorenkollegen in aller Welt nun tagtäglich, wie wichtig es für Tyrannen ist, in ihren guten Tagen konzentriert an der Entwicklung eigener Atombomben zu arbeiten.

Länder wie Mordkorea, die mit großem Stolz auf eigene Kernwaffen verweisen können, werden weitestgehend in Ruhe gelassen, egal, wieviele Menschen auch immer die Machthaber dort quälen oder ermorden. Libyen und die Elfenbeinküste jedoch, deren international nicht mehr anerkannte Führer es verabsäumt haben, sich rechtzeitig Atomwaffen zuzulegen, spüren plötzlich, das altbackene Kontrukte des Völkerrechts wie Souveränität und Selbstbestimmung, das Recht auf das Durchführen interner Bürgerkriege und die Pflicht der Völker, sich selbst von Tyrannen zu befreien, wenn sie sie denn nicht mehr haben wollen, nur noch für Staaten gelten, die nach innen völlig handlungsfrei sind, weil sie sich außen glaubhaft drohend verteidigen können.

Wenn es das Anliegen des Nato-Einsatzes in Libyen war, diesen Umstand ein für alle mal klar zu machen, dann kann die Mission jetzt beendet werden. Die Botschaft ist sicher bei jedem Despoten mit fünnef angekommen.

Deutschland hat, von außen betrachtet, nur drei Themen: Hitler, Hitler und Hitler.


Der Friede muss bewaffnet sein II+ I

7 Kommentare:

  1. "....aus eilig eingeflogenen Söldnern ... "
    Mit Panzern !

    "Bei den angreifenden Gaddafi-Einheiten soll es sich um Söldner aus dem Tschad handeln. Sie rücken demnach mit Panzern des Typs T-72 und T-90 vor."
    Rosenmontag-online.de

    Vielleicht sollte irgendjemand den Russen sagen, daß sie mittlerweile ihren T-90 in Afrika haben und dieser von Söldnern(!) aus dem Tschad(!) eingesetzt wird.

    Ich frage mich, ob die Kassenlage bei der CIA ... ähhhh, pardon: NATO ... so schlecht ist, daß man schon auf Leute zurückgreifen muß, die dem Betäubungsmittelmißbrauch frönen.

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  2. Ich habe dieser Tage irgendwo gelesen, der ZDF-Ausflugsdampfer solle wohl von einer Bundeswehr-Fregatte beschützt werden, auf daß sie weiterhin ihre Trallala-Filme drehen können.

    Vielleicht ist das ja der wahre Grund für den Rückzug vom Rückzug?

    Das kommt in einem halben Jahr gut rüber, wenn sich rentenbedürftige Schauspieler auf dem Sonnendeck rekeln und ihre Hörgeräte leiser stellen, weil sie sich von den überfliegenden Eurokämpfern belästigt fühlen. Das sind wenigstens 5 bis 10 Minuten deutsch-dramtischer Filmstoff.

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  3. Weiß jemand, was wir bzw. die NATO in Libyen verloren haben?
    Mir geht es nicht um die moralische Frage, sondern um unseren Nutzen.
    Gadaffi ist ein Drecksack, aber mit dem konnte man reden. Ob das mit den sog. "Rebellen" geht, da wäre ich mir nicht so sicher.

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  4. Es geht um Öl und Wasser. Und darum, daß sich der Gaddafi im Gegensatz zu seinen tunesischen und ägyptischen Kollegen nicht auf der Nase hat rumtanzen lasen. Der hat sich immer seine politische und ökonomische Unabhängigkeit vom Westen bewahrt. Macht er ja immer noch. Seit Wochen ist er erfolgreich, obwohl es ein Klacks wäre, ihn hinwegzubomben.

    Wäre also zu fragen, warum die NATO-Flugzeuge, die im Rebellen-Abschießen ja gute Trefferzahlen aufweisen, ausgerechnet das Beduinenzelt des Revolutionsführers meilenweit verfehlen.

    Andersrum gesagt, die westlichen Big Player haben in Libyen nie richtig Fuß fassen können sondern durften sich mit den Krümeln nach Tisch begnügen, auch wenn diese Krümel das gesamte Lebenseinkommen eines westlichen Facharbeiters um ein Vielfaches übertreffen. Das gigantische Wasserprojekt z.B. hat Liyben ziemlich alleine gestemmt. Erfolgreich.

    Wenn ich ein Franzmann mit kleinem Puller in hoher Staatsfunktion wäre, hätte ich dem Vorschlag auf Disziplinierung durch NATO-Bomben auch zugestimmt und einen Krieg angefangen. Es darf nämlich nicht sein, daß unmittelbar vor unserer Haustüt jemand macht, was er will. Ohne unseren Segen.

    Bzw. wie ppq es korrekt schrieb. Er hätte sich beizeiten um Atome bemühen sollen, wie Nordekorea oder der Iran, dann könnte er bis zum Ende seiner Tage Revolutionsführer spielen. Atome hat er nicht, ergo kann er auch displiniert werden.

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  5. 95 Prozent von dem, was einem von der Staatspresse zum Thema Libyen aufgetischt wird, ist komplett erfunden. Eine abstruse Wüstensoap, bei der man jetzt endgültig den Faden verloren zu haben scheint. Ganz schlechtes Drehbuch.

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  6. @Anmerkung
    Ob es wirklich ums Öl geht?
    Die Libyer haben es uns doch freiwillig verkauft.

    @Oels
    Natürlich ist frei erfunden, was die gleichgeschalteten Systemmedien uns auftischen. Die wissen ja, dass der Nahostkonflikt aus der Unterdrückung der armen Palästinenser durch das faschistische Israel besteht. Wie sollen die ahnen, dass da noch ein paar andere Spannungen bestehen?
    Aber dass die den Faden verloren haben, wage ich zu bezweifeln. Die hatten nie einen. Die sind hoffnungslos überfordert mit allem, was außerhalb von deren vier Topoi (NPD verbieten, Israel abschaffen, mehr Frauen in Führungspositionen, Klimawandel bekämpfen) liegt.

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  7. @Volker

    Sicher haben sie das Öl freiwillig an uns verkauft, aber so, daß die großen Ölkonzerne des Westens dabei nicht viel zu sagen hatten. Sie wollen aber selber Grund und Boden besitzen, aus denen sich libysches Öl speist. Das macht den Unterschied.

    Das libysche Öl war schon immer unser, genauso wie das russische. Deswegen wurde ja vor Jahrzehnten motorisierte Erkundungsteams ausgeschickt, um mit der Förderung zu beginnen. Sie hatten versehentlich die falsche Ausrüstung mit, Panzer statt Erdlochbohrer.

    Politisch betrachtet geht es wirklich darum, daß sich Libyen der Vereinnahmung von außen verweigert.

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