Sonntag, 21. Oktober 2012

Zahlenakrobaten: Eine Welt im Untergrund

Cem Özdemir ist natürlich "entsetzt über hohe Anzahl von Neonazis im Untergrund". Auch die deutschen Leitmedien bekommen sich gar nicht mehr ein vor Aufregung, seit Innenminister Friedrich die schreckliche Tatsache öffentlich gemacht hat, dass deutschlandweit rund 100 Rechtsextremisten mit Haftbefehl gesucht werde.

Was für ein Wochenend-Thema! Und wieder hatte niemand einen Taschenrechner zur Hand. Anderenfalls nämlich wäre in irgendeinem von 500 deutschen Medienhäusern, die allesamt dieselbe dpa-Meldung zitieren, aufgefallen, dass 100 gesuchte Rechtsextremisten angesichts von 140.000 insgesamt mit Haftbefehl gesuchten Menschen in Deutschland weder viel noch wenig, sondern schlicht die durchschnittlich zu erwartende Anzahl sind - zumindest, wenn man die vom Verfassungsschutz zuletzt angegebene Zahl von 25.000 Rechtsextremen in Deutschland insgesamt zum Maßstab nimmt.

Danach lebte jeder 250. Nazi im Untergrund - in der Normalbevölkerung tut das jeder 222.

Die derart Verfolgten leben im vermeintlichen "Untergrund" recht kommod, denn wirklich gesucht werden sie - ebenso wie die über mehr als zehn Jahre untergetauchten Mitglieder der selbsternannten NSU - nicht. Wenn tatsächlich mal einer der Gesuchten erwischt wird, dann durch Zufall, zum Beispiel, weil er in eine Verkehrskontrolle geraten ist.

Wie hier, wo untergetauchte Rechte (Foto oben) große Aufregung verursachen, während  alle anderen Untergetauchten keine Zeile Aufmerksamkeit bekommen, gleicht die gesellschaftliche Normalbilanz übrigens auch auf der Opferseite der Bilanz der Rechtsextremen: Allein seit 1990 sind in Deutschland mindestens 771 Morde unaufgeklärt geblieben. Das Bundeskriminalamt spricht sogar von mindestens 1300 Mordfällen ohne Täter – in den zurückliegenden 20 Jahre blieb damit etwa ein Mord pro Woche ungeklärt - die NSU-Taten waren nicht die Ausnahme, sondern sie sind die gesellschaftliche Regel.

6 Kommentare:

  1. Ach, diese Rechenstücke! Aber ein wenig gruselig ist mir nach der Meldung schon zumute.

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  2. wem sagst du das. 140.000 gewalttäter, räuber, mörder und andere verbrecher, die mit haftbefehl gesucht werden - und alle unerkannt unter uns, auf freiem fuß, grinsend über vater staat

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  3. Die Nazis sind aber gefährlicher, weil sie organisiert sind. Stichwort: Hundert Mann und ein Befehl.

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  4. wo du recht hast... wenn man das in dem zusammenhang so sagen darf

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  5. Klar! Neonazis im Untergrund. Das ist jetzt endgültig die Heiligsprechung des Popanz. Der Teufel heißt jetzt Nazi. Und nur mit öffentlichen Teufelsbeschwörungen (Gegendemo); ständigen halböffentlichen Selbstvergewisserungen, nicht vom Teufel besessen zu sein (Kampf gegen Rechts) und privaten Beichten, manchmal doch ein bischen Nazi in sich zu haben - was sofort zu öffentlicher Busse durch Teilnahme an Gegendemos führt - , soll diese Gesellschaft ins Paradies kommen.
    Mich gägt diese religiöse Weltsicht unserer derzeitigen Gesellschaftsingenieure maßlos an.
    Dieses Weltuntergangsgebrabbel ist so sehr christlich wie islamisch. Dazu noch eine große Portion katholischer Erbsünde, und fertig ist die Geistesverfassung von Massenmedienjournalisten.
    Und die Marien- und Fatimaverehrung ist als Feminismus immer mit dabei.

    Aber Hauptsache, unsere Lenker haben was zu lenken und unsere Denker haben was zu denken.

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  6. heiligsprechung des popanz merke ich mir. das ist genial

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