Dienstag, 6. Mai 2014

Soviel Kultur war nie


Als Sigmund Freud sein "Unbehagen in der Kultur" artikulierte, wurde er leider nicht gefragt, welche Kultur er eigentlich meinte. Vielleicht war das aber auch nicht nötig, da die Inflation des Kulturellen in seiner Zeit noch in den Kinderschuhen steckte und somit eine formidable "Kultur des Anfangs" zu konstatieren wäre. Bekannt geworden als schlichte "Kultur des Mittelalters" etc., wurde der Begriff mindestens seit Freud immer weiter ausgedehnt und ausdifferenziert. Seitdem gibt es nichts, was vor der Rhetorik der Kultur sicher wäre. Was seit Erfindung des Diskurses übrig bleibt: ein leerer Begriff, der als Platzhalter der Sprachlosigkeit immer neue Bedeutungen vorgaukelt und somit die Kultur des Sinns und die des Unsinns aufs innigste vereint.

Kultur des Friedens
Kultur des Krieges
Kultur des Sozialismus
Kultur des neuen Kapitalismus
Kultur des Helfens
Kultur des Verhinderns
Kultur des Alterns
Kultur des Sterbens
Kultur des Teilens
Kultur der Gabe
Kultur des Stiftens
Kultur des Wegsehens
Kultur des Hinschauens
Kultur des Wegschauens
Kultur des Wegduckens
Kultur des Denunziatorischen
Kultur des Todes
Kultur des Lebens
Kultur des Spektakels
Kultur des Wandels
Kultur des Stillstands
Kultur des Gewinnens
Kultur des Scheiterns
Kultur des Wissens
Kultur des Nichtwissens
Kultur des Verstehens
Kultur des Nichtverstehens
Kultur des Behaltens
Kultur des Schenkens
Kultur des Ehrenamtes
Kultur des verpflichtenden Eigentums
Kultur des Engagements
Kultur des Vergnügens
Kultur des Misstrauens
Kultur des Vertrauens
Kultur des Glücks
Kultur des Unglücks
Kultur der Nachhaltigkeit
Kultur der Exzesse
Kultur des Willkommens
Kultur der Abschreckung
Kultur des Weniger (Eine Kultur des Mehr konnte nicht gefunden werden!)

Wie man sehen kann: Der Kultur der Beliebigkeit sind keine Grenzen gesetzt. Zur Kultur der Kultur war es da nur ein ganz kleiner Schritt.



6 Kommentare:

  1. Nach Oswald Spengler folgt in der Gesellschaftsentwicklung auf die Kulturperiode die technokratische Zivilisationsperiode. Unsere Kultur endete ca. 1914 und alles danach war nur noch Verramschung des Erreichten. Insofern wundert die inflationäre Verwendung des Begriffes "Kultur" heutzutage nicht.

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  2. Man redet eben immer von dem am meisten, was man am wenigsten hat.

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  3. Zuviel Kultur für mich. Ich passe.

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  4. Welche Kultur haben wir denn im 21 Jahrhundert. Ich weiss es: die Kultur der Globalisation, des Mültikülti, nur keine traditionelle Volkskultur, die wurde schon lange in jedem Lande weggeworfen. Deshalb redet ja jeder von Kultur he ja wenn man keine hat, dann redet halt man davon! Das ist wichtig immer wieder von Kultur zu sprechen. NWO-Neusprech Kultur halt...

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  5. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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