Freitag, 13. November 2015

Zurückrudern, getarnt als Kurshalten

In seiner ersten "Rede zur Niederlage der Union" hatte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker Anfang September eine feste Verteilungsquote für Flüchtlinge innerhalb der EU gefordert. Demnach sollte Deutschland 31.500 Flüchtlinge zusätzlich aufnehmen – eine Zahl, die bereits zwei Wochen später erreicht war. Doch Juncker warnte schon damals vor Schockstarre: "Wir müssen nun aber wagemutig agieren. Es geht um Menschlichkeit, Würde und historische Fairness." Zäune seien kein Ausweg, auch "hohle Reden" brächten gar nicht.

77 hohle Reden später hat die Wirklichkeit hat den obersten Europa-Kommissar bestätigt. Trotz Junckers leidenschaftlich gespieltem Appell, doch bitte „gemeinsam nach Lösungen für die "Flüchtlingskrise" zu suchen“, sind die aktuellen Zahlen weiter so beeindruckend und "auch erschreckend" (Juncker), dass schon gar nicht mehr öffentlich buchgehalten wird. Selbst Deutschland ist angesichts dessen aus seiner über zwei Monate anhaltende Schockstarre demonstrativer Menschlichkeit erwacht. Wie am Fließband verabschieden die Regierungsparteien mittlerweile Asylrechtsverschärfungen, keine Pegida- oder AfD-Forderung ist zu "rechtspopulistisch" (SZ), als dass sie nicht noch klammheimlich Realpolitik werden kann. Der Innenminister schottet das Land mit Notverordnungen ab, die Kanzlerin schweigt, und wenn Partnerländer ihre Grenzen mit Zäunen sichern, wagt sich kein Politiker keiner Partei mehr wie noch im Fall der ungarischen Zaunbau-Pläne mit lautem Protestgeschrei aus der Deckung.

Ein viel zu heißer Herbst weht das wahre Leben in die Parteizentralen, in denen sich Heerscharen von Kreuzfahrtschiffkapitänen seit Jahren damit beschäftigt haben, die Welt nach ihren Idealen zu formen, wenigstens theoretisch. Zwischen Mindestlohn und Gender Mainstreaming, Kampf gegen rechts und Blindbewerbung, Inklusion und Klimarettung blieb kein Platz für Realpolitik, im Schaubergwerk der Modellgesellschaft für eine heile Welt aus Windkraft, Sonnenenergie, Gleichberechtigung und sicheren Renten, das Deutschland zu sein glaubte, blieb trotz Panoramascheibe kein Platz, sich umzusehen.

Nun hat das Panorama die Problemverdränger eingeholt. Eine Kanzlerin, die ihrem Land über Jahre vorstand wie eine Gallionsfigur für dessen Stärke und Erfolg, enttarnt sich binnen weniger Wochen als Kanzleigehilfin, deren Staatskunst an die ihres frühen Vorgängers Erich Honecker erinnert. Wo der in grundsympathischer Opa-Verwirrtheit seine Zuversicht ausdrückte, dass weder Ochs noch Esel den Sozialismus aufhalten würden, den Kohl und Gorbatschow längst im Begriff waren, unter sich aufzuteilen, versichert Merkel ihrem Publikum, dass „wir“ „das“ „schaffen“. Ohne konkret zu werden, wer dieses „wir“ ist, was „das“ beinhaltet und woran sich „schaffen“ messen wird.

Ein Zurückrudern, getarnt als Kurshalten. Grenzen dicht, Kontrollen beibehalten und dabei so tun, als sei das immer schon der Plan gewesen. Wäre nicht der Gang der Dinge bis hierher bereits Ausweis für ein "Staatsversagen" (Cora Stephan) erster Klasse gewesen, zeigte das Chaos beim hektischen Abwickeln des selbstorganisierten Chaos jetzt, dass das Heft des Handelns der Regierung entglitten ist. Und Jean-Claude Juncker, der Verteilquotenprediger, Schockstarrewarner, der wagemutige Mitmenschlichkeitsforderer? Seit Ende Oktober schweigt der Oberkommissar.

Natürlich, denn Juncker muss angesichts neuer Enthüllungen zu seiner Rolle bei den Steuersparstrategien für Großkonzerne erstmal sehen, wie er sich selbst rettet.

8 Kommentare:

  1. Nagel auf den Kopf getroffen! Dennoch rollt die Lawine vorerst weiter. Und bei den nächsten Wahlen werden die Wähler bereits weitgehend wieder vergessen haben, wem sie die Zerstörung ihres Landes zu verdanken haben. Dafür werden die Mainstream-Medien schon sorgen, keine Bange!

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  2. Gutmenschen sichtbar machen - Systemkirchen aktiv politisch bekämpfen

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  3. @ Anonym 2: Wie bringt man Ostfriesen zum Bellen? Da vorne gibt's Freibier! - Wo, wo, wo, wo, wo .... Wo melden?
    Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.

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  4. Dieser Ostfriesen-Haß muß aufhören !

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  5. wir.schaffen.das.

    So geht datt

    Grüße vom Preußen

    Reichs.Satz.Bau

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  6. wolpertingerNovember 13, 2015

    @derherold
    Dieser Ostfriesenhass muß wirklich aufhören.Otto war doch schließlich auch ganz in Ordnung,auf seine Art natürlich.Welcome Friesen,sag ich da nur,als
    fanatischer Oberfranke.Ich bin kein Stausauger,Herr Gurgel.

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  7. Jetzt mal ehrlich: Wer wünscht sich nicht die End... der Ostfriesenfrage?!

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  8. wolpertingerNovember 14, 2015

    Nö.Otto? Find ich gut.Was die Endlösung betrifft: meines Wissens befindet sich Herr Walkens auch schon einem Alter, in dem das Verfallsdatum allmählich näher rückt.Aber er raucht ja nicht soviel wie,ein unlängst sanft entschlafener Altkanzler.What ever:mir ist auch schon ganz schlecht.

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