Sonntag, 23. Oktober 2016

Ceta und der böse Wallone: Europa muss durchgreifen

Ein Feind unserer Ordnung: Paul Magnette spielt das zwergenhafte Wallonien gegen das Glück eines ganzen Kontinents aus.
Waren es bei der großen europäischen Flüchtlingslösung noch renitente Osteuropäer und bei der Lösung der Schuldenkrise egozentrische Südstaaten, die sich der einzig angemessenen deutschen Lösung verweigerten, so kommt diesmal alles noch schlimmer: Ein belgisches Regionalparlament steht zwischen Europa und Ceta, dem Freihandelsabkommen mit Kanada, dem Land, das bis auf seine Einreiseregeln eigentlich ganz genau wie Deutschland ist.

Wie konnte es dazu kommen? Was läuft falsch auf einem Kontinent, auf dem sich 3,6 Millionen Menschen dem Glück von 500 Millionen in den Weg stellen können? Mit vorgeschobenen Zweifeln an der Globalisierung, nach unzähligen Jahren Verhandelns und nachdem sich zuletzt auch Sigmar Gabriel dafür ausgesprochen hatte, das exzellente Abkommen überall in Europa zügig zu unterschreiben?

"Ganz reinen Herzens sind die Wallonen nicht", urteilt die Süddeutsche Zeitung, der die gemeinsamen europäischen Werte über alles gehen. Mutmaßlich geht es der kleinen, renitenten Region in Belgien, dem klassischen Land des deutschen Durchmarsches, einfach darum, Brüssel und die EU, vor allem aber die Deutschen zu ärgern. Deren Europa kaputt machen, den Hades-Plan noch kurz vor der Ziellinie scheitern lassen, darauf zielen die Flamen, die nach einem Brüsseler Plan von 1830 eigentlich längst französisch assimiliert hätten sein sollen.

Störrisch, wie sie damals schon waren, widersetzten sich die niederländischsprachigen Flamen diesem Vorhaben - man hätte es wissen müssen, dass es ein Fehler ist, bei bedeutenden Dingen noch die letzte kleine Dorfversammlung zu fragen, ob zustimmt. Irgendwann komme auch noch die bayerische Staatsregierung, um den einen oder anderen Passus in letzter Minute zu ändern. "Das unterminiert die ganze Raison d'être der EU, dass wir nämlich gemeinsam stark sind", heißt es nach Angaben der Süddeutschen Zeitung bei der EU-Kommission. Fast überall begrüßten die Völker und ihre gewählten Vertreter das Abkommen. 73 Prozent der Polen sind nach einer Umfrage dafür, 71 Prozent der Dänen, 65 Prozent der Briten, 63 Prozent der Spanier und sogar fünfzig Prozent der Franzosen. Dass nur 39 Prozent der Deutschen ihm zustimmen, spielt zum Glück keine Rolle, weil nach deutschem Recht allein der Bundestag entscheidet.

So liegt die Last der Ablehnung auf der Wallonie, die durch einen Konstruktionsfehler der belgischen Verfassung ganz Europa auf seinem historisch richtigen Weg aufhalten kann. "Sehr, sehr problematisch" sei das, denn es gehe "darum, wie sich die EU als Binnenmarkt nach außen präsentiert", wenn sie schon im Inneren sowohl längst als auch quer und schräg total zerrissen sei. Einen guten Eindruck machen, ein Beispiel geben, so tun, als ob man einer Meinung ist, das müsse das Ziel sein.


Martin Schulz, der Miterbauer Europas seit mehr als 30 Jahren, der vielen schon als kommender Bundeskanzler gilt, ist nun angetreten, das Abkommen zu retten. Ziel seien billige Fleischimporte nach Europa, die der Landwirtschaft schaden, oder dass die vorgesehenen Schiedsgerichte von Konzernen ausgenutzt werden könnten - etwa um Einfluss auf die Politik zu erhalten und missliebige Reformen zu stoppen, hieß es in Brüssel. Dem dürfe die Wallonie nicht selbstsüchtig im Wege stehen. Schulz hat den Regierungschef Walloniens, Paul Magnette, deshalb vorgeladen. Der 45-jährige Sozialist soll sich vor Schulz für sein europafeindliches, selbstsüchtiges und kurzsichtiges Verhalten verantworten.

Ziel eines wirklich und wahrhaftig demokratischen Europa neuen Typs müsse und könne es nur sein, "nicht mehr alle alles zu fragen" (Spiegel).

3 Kommentare:

  1. Rom hat seine Entscheidungen ja auch nicht von den Meinungen der Provinzen abhängig gemacht!

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  2. "Nicht mehr alle alles fragen"

    Dann stellt sich sofort die Frage, warum ihr euch ungefragt in die Belange der noch jungen europäischen Demokratie einmischt. Die geht euch nichts an.

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  3. Sehr grausam auf Videotext: Es gäbe da doch tatsächlich Deppen, welche dem großen Segen widerstreben.

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