Donnerstag, 14. September 2017

Legislaturperiode: Warum nicht gleich für immer

Auch für die Lebensplanung von Abgeordneten wäre es besser, wenn eine Legislaturperiode mehrere Jahrzehnte dauern würde.
Immer gibt es Streit unter und zwischen den Parteien, Gezänk um Gesetze, um Kandidaten, um Steuersenkungen, Steuererhöhungen, Untersuchungsausschüsse und Zukunftspläne für ein Deutschland, in dem Politiker gut und gerne leben. Selten herrscht auf Anhieb Einigkeit, manchmal aber eben doch: Geht es um Diätenerhöhungen, konnte sich der Ältestenrat im Bundestag noch stets recht schnell einigen. Und ähnlich sieht es nun aus bei einer kurz vor der Bundestagswahl angeschobenen Verlängerung der Wahlperiode des Bundestages von vier auf fünf Jahre.

Bisher wird alle vier Jahre ein neuer Bundestag gewählt, exklusive Einarbeitungszeit und Wahlkampf am Ende sowie der ausgedehnten Sommer- und Winterpausen bleiben den Parlamentariern pro Legislaturperiode nur 20 Arbeitswochen im Parlament. Zu wenig, finden die Fraktionsspitzen aller demokratischen Parteien und deshalb haben sie sich nun für eine verlängerte Wahlperiode ausgesprochen: Statt für nur vier Jahre, sollen Abgeordnete künftig gleich für fünf gewählt werden. Die Verlängerung der Amtszeit, die auch den Bundeskanzler einschließen würde, soll in der kommenden Periode beschlossen werden und dann nach der folgenden Bundestagswahl 2021 gelten.

Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer begründet den Schritt mit einem Verweis auf das EU-Parlament, das sich seine Amtszeit in einem ersten Schritt schon auf fünf Jahre verlängert hatte. „Hinzu kommt, dass vor der Wahl der Wahlkampf seine Zeit erfordert und nach der Wahl Zeit für Koalitionsverhandlungen benötigt wird, was jeweils zu Lasten der Regierungszeit geht.“ Auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sprach sich dafür aus, ebenso sind SPD, Linke und FDP offen für eine Verlängerung. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte und Bezugnahme auf das
Netzwerkdurchsetzungsgesetz (Maas GS), das die Regierungsparteien in einer Rekordzeit von nur zehn Wochen beschlossen hatten: „Das würde der Komplexität vieler Gesetze gerecht.“

Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch und die Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, zeigten sich offen für eine Verlängerung. Parlamentarier erhielten dadurch mehr Sicherheit in ihrer Lebensplanung, wer vier Jahre zur Zufriedenheit der Wähler amtiere, könne das auch für fünf Jahre sicherstellen. Zudem zeige ein Blick in die Biografien vieler Abgeordneter, dass sie ohnehin ein Leben lang im Bundestag säßen, weil der Wähler das so wolle.

"Perspektivisch sollten wir deshalb darauf hinarbeiten, dass die mitten in diese kontinuierlich ums Wohl des Volkes bemühten Anstrengungen nicht unentwegt von dazwischengeschobenen formellen Bestätigungsakten namens ,Wahl" unterbrochen werden", heißt es im Umfeld des Ältestenrates des Bundestages, der nach der Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre langfristig eine Anhebung der Amtszeit von Abgeordneten auf Lebenszeit anstrebt. Vorbild könne hier das britische House of Lords sein, das mit einer lebenslangen Übernahme von staatspolitischer Verantwortung durch seine Mitglieder bereits seit dem 14. Jahrhundert hervorragende Erfahrungen gemacht habe. "Ein solches Parlament agiert ohne die Kurzatmigkeit von Volksvertretungen, die ihre Entscheidungen aller paar Jahre in Wahlplakaten rechtfertigen müssen", sagt der Medienwissenschaftler Hans Achtelbuscher vom An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung in Halle.

Zweifel an der Durchsetzbarkeit des intern "Eternal" genannten Planes zur Einführung eines echten Berufspolitikertumes aus professionellen Bundestagsabgeordneten hat Achtelbuscher kaum. Vorbild könne in einem zweiten Schritt die verlängerte Amtszeit von Bürgermeistern sein, die derzeit sieben Jahre beträgt. Habe man die Legislatur des Bundestages dann auf diese Spanne ausgedehnt, sei es am EU-Parlament, dies eine auf zehn Jahre zu verlängern. "Wenn danach die Bürgermeister-Amtszeit auf 15 erhöht wird, hat der Bundestag carte blanche, auf mindestens zwölf nachzuziehen." Ein Argument dabei könne sein, dass der Bürger und Steuerzahler durch die wegfallenden Wahlkämpfe hunderte Millionen Euro spare. Mit dem Argument, man könne das so frei werdende Geld in Bildung und Rente stecken, sei es möglich, die derzeit noch notwendige Zustimmung der Wählerinnen und Wähler für den Plan zu erhalten. Achtelbuscher: "Dazu müssten natürlich alle Parteien an einem Strang ziehen und kleinliches Gezänk vermeiden." Dies sei aber allein schon durch das Thema sichergestellt.


1 Kommentar:

  1. https://www.heise.de/tp/features/Waehlen-ist-kein-Synonym-fuer-Demokratie-3827423.html

    Wählen ist kein Synonym für Demokratie

    Nur zur Sicherheit ein kurzer Uhrenvergleich: Bei der Parlamentswahl am 24. September 2017 bewerben sich formal knapp 5.000 Menschen um einen Vier-Jahres-Vertrag als Bundestagsabgeordnete(r) mit einer Bruttovergütung von 9.541 EUR pro Monat. Gut 80% dieser Kandidaten stehen nur pro forma auf dem Papier, sie wissen selbst, dass sie keine Chance haben. De facto ist es ein Wettwerben von weniger als 1.000 Personen um ein gutes Salär, - und von deutlich weniger als 100 Personen um nennenswerten politischen Einfluss. Der 24. September ist nicht der Tag, an dem ein neues Charity-Projekt für Deutschland gestartet wird, es geht ganz banal um das, worum es in der Biologie des Menschen schon immer geht: um die Verfügungsgewalt über Ressourcen.
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    Meine Uhr geht deutlich nach.

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