Mittwoch, 30. Mai 2018

Terror in Lüttich: Je suis niemand mehr

Die Älteren erinnern sich. Die Welt stand unter Schock. Menschen waren ermordet worden, „feige“, wie Kommentatoren mit schwarzen Schlipsen und dunkler Stimme nicht zu anzuprangern vergaßen. Die Führer der freien Welt pilgerten nach Paris, um dort, auf einer abgesperrten Straße brüderlich untergehakt, gemeinsam mit zwielichtigen Gestalten wie dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und dem seit Jahren nicht wiedergewählten Palästinenserchef Mahmud Abbas so zu tun, als marschierten sie an der Spitze einer unübersehbaren Menschenmenge gegen den internationalen Terror. In Berlin, einer Stadt, die ihren Terroranschlag noch vor sich hatte, erstrahlte Mitleid aus einem Beamer direkt aufs Brandenburger Tor.

„Je suis Paris“, war die ganze Welt betroffen, Twitter quoll über vor Heuchelei und beim Nachbarn Facebook kam keine mitfühlende Seele aus, ohne ihr Profilbild mit der Trikolore einzufärben, dem Symbol der mörderischen Blutherrschaft der Jakobiner in Frankreich.

Nur drei Jahre später ist die Welt eine ganz andere. Der Flüchtlingszustrom kam und mit ihm die Gewissheit, dass nichts mit allem zu tun haben kann. Es kam der Anschlag von Paris, nach dem das Brandenburger Tor unbeleuchtet blieb, weil der Russe unser Mitleid erst wieder verdienen muss. Und es kam der Terror von Berlin, der als Anschlag rechtspopulistischer Kräfte auf das große Unternehmen „Wir schaffen das“ in die Geschichte eingehen wird.

Bei alldem ist ein gewisser Gewöhnungseffekt nicht zu übersehen. Traten Politiker ehemals wegen Lappalien zurück, bleibt heute selbst der im Amt, dem Schuld sichtbar nicht nur am Schuh klebt, sondern an der Nase. Und bei der Terrorbekämpfung hat sich statt aufgeregter Versicherungen, niemand lasse sich irgendeine Lebensweise wegnehmen, eine Verpollerung des öffentlichen Lebens neben Verbarrikadierung des eigenen Herzens als erfolgreicheres Konzept herausgestellt. Läbbe geht weiter, sagt der Hesse, auch wenn es in Lüttich mal wieder knallt.

Drei Tote? Kein Grund zur Beunruhigung oder gar zu demonstrativ ausgestellter Trauer. Selbst Martin Schulz, in seinen großen Tagen als kommender Führer dessen, was nach Trumps Amtsantritt noch von der freien Welt übrig ist, ein eifriger Trauertwitterer, der mit dem Satz "geschockt und wütend über Nachrichten aus (aktuellen Name einsetzen), ein feiger Anschlag auf unsere Werte! Meine Gedanken sind bei Opfern und Angehörigen" seine tiefsitzende Menschlichkeit bewies, nutzt die Gelegenheit, sein früheres Wortgeklingel als schamloses Wahlkampfgeschwätz zu enttarnen: Kein Wort findet der tumbe Dampfplauderer für die Opfer des „Mannes aus dem südlich der wallonischen Hauptstadt Namur gelegenen Ort Rochefort“, der „sich im Gefängnis radikalisiert haben könnte“.

Ein ausgetickter Koranhasser also wieder? Ein Tierschützer? Extremistischer Veganer, Buddhist, Theaterkritiker oder ein über die geplatzte Regierungsbildung in Italien enttäuschter Rechtspopulist? Jedenfalls niemand, der Kontakte ins islamistische Milieu hatte, soweit die ersten Nachrichten zutreffend bleiben werden. Das macht dann nicht einmal mehr Schlagzeilen, landet eher im Kleigedruckten auf Seite sieben, gleich neben "Starkregen in NRW" und "Boris trennt sich von Babsy" oder wie sie gerade heißt.

Das normale Leben hat uns wieder. Der Terror hat verloren.

3 Kommentare:

  1. Hier handelt es sich nicht , wie die PPQ-Redaktion ihre Leser verhetzen möchte, um Mord, sondern um kulturelle Eigenarten, Bräuche und Sitten, die dafür sorgen, daß die Europäer nicht im Inzest degenerieren. Außerdem bringen ja auch Belgier alle Nase lang Menschen um und männliche Belgier sowieso. Anstatt sich also männlicher patriarchalisch motivierter Gewalt zu widmen, wird wieder auf die Ärmsten der Armen eingeprügelt, denen es nur besser gehen wird, wenn sie ihre Mitmenschen töten. Soviel Verständnis sollte sein müssen.

    Außerdem, was wißt denn Ihr? Vielleicht hat die Bundesdeutsche Prominenz gestern Rotz und Wasser geheult aber eben nicht vor der Kamera, weil sie das kulturelle Mißverständnis nicht instrumentalisieren wollte. Und hätte sie es instrumentalisiert, wäre es Euch dann Recht gewesen? Na?

    AntwortenLöschen
  2. wahre worte, gut gesprochen. nein, bestimmt hätten wir auch an einer flut von krokodilstränen wieder etwas auszusetzen gehabt

    AntwortenLöschen
  3. Wie man es macht ist es verkehrt, nicht wahr.

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.