Samstag, 16. März 2019

Faires Kino: Jetzt kommt das Indianerfilmverbot

Gefragt als Klischeebild: Der sogenannte "Indianer"wird in deutschen Kinos und auf deutschen TV-Bildschirmen immer noch dreist und gnadenlos als Wilder vorgeführt.

Gleichberechtigung fördern, auf rassistische Kinofilme verzichten, Rücksicht auf fremde Völker nehmen? Alles hysterische Übertreibung! Warum sollen im Kino nicht auch Indianerfilme laufen? Weshalb soll das Fernsehen künftig auf "40 Wagen westwärts", "Der mit dem Wolf tanzt" und "Weiße Wölfe" verzichten? Nun, nach der berechtigten Empörung über politisch korrekte Indianerkostüme und kolonialistische Rückbesinnungsfantasien deutscher Kleinbürger ist es hohe Zeit, eine Haltung zu beenden, die nur weiße, privilegierte Menschen entwickeln können: Die Selbstermächtigung, sich beleidigend kleiden zu dürfen, ist ebensowenig zukunftsfähig wie der Anspruch, in Kino und Fernsehen widerliche rassistische Herrschaftsfantasien aus den Hirnstuben alter weißer Männer anschauen zu dürfen.

Angst geht um in Deutschland


Eine Angst geht um in Deutschland. Es ist eine absurde Angst, die wohl nur weiße, privilegierte Menschen entwickeln können: Die Angst vor dem Anstand, die Angst, sich zu korrekt zu verhalten. Konkret gemeint ist die Sorge des*r weißen Mitteleuropäer*in, es mit der Rücksicht zu übertreiben. Man fürchtet, Freiheit zu verlieren, etwa, indem man seinem Kind untersagt, als Indianer, putziger Neger, schießwütiger Kuhhirte oder grausamer Ostdeutscher zum Karneval zu gehen. Oder indem man darauf verzichtet, sich einen sogenannten Indianerfilm im Kino oder im TV anzuschauen.

In den vergangenen Tagen kochte sie wieder hoch. Erst an Fasching, wo die Problematik von ethnifizierenden Kostümen thematisiert wurde. Nun, wo endlich eine Diskussion beginnt, ob es uns als Gesellschaft gut zu Gesicht steht, stereotyp fremdenfeindlich exotisierende Filme wie "Black Robe - Am Fluß der Irokesen", "Bury My Heart at Wounded Knee" oder "Geronimo - Das Blut der Apachen" anzuschauen. Dabei sind alle diese "Werke" einer rassistischen Hollywood-Unterhaltungsmaschine DNA-Porn, zelluloidgewordenes Ressentiment, das Natives, die amerikanischen Ur-Einwohner, als Wilde zeigt, mörderisch, tödlich, blutverliebt.

 Alte indianische Weisheit, die Essenz jahrtausendealter Beobachtungen. Eingefroren in einer kleinen Begebenheit aus einem längst vergessenen Dorf der Sioux, in dem der weise Medizinmann gerade gestorben war. Sein Sohn hat wenig von den geistigen Gaben des Vaters mitbekommen. Sein schamanisches Talent ist überschaubar. Dennoch wird er natürlich Medizinmann-Nachfolger, denn wie in hochentwickelten westlichen Demokratien werden Ämter werden wie dieses auch im Indianerstamm nach Blut, Parteibuch und Nase vergeben.





Eine alte Legende


Dabei waren Indianer, wie sie früher genannt wurden, ganz anders. Wenn Herbst kam, erschienen die Männer des Stammes beim Schamanen, um ihn über den kommenden Winter zu befragen. Der  aber hatte natürlich keine Ahnung. Das Wetter? Da konnte er nur raten, doch er wollte sich das selbstverständlich nicht anmerken lassen. Also so prophezeien, dass es nicht falsch ist. Also sagt er: “Der Winter wird kalt und lang, Leute. Am besten ihr sammelt schon mal Holz.”

Indianer tatet, wie ihnen geheißen. Doch als der Winter ausbleibt, fragen sie erneut. Wie wird er wohl werden? Der Medizinmann weiß es immer noch. Aber besser man bleibt bei dem, was man einmal gesagt hat. Alles andere verunsichert die Leute nur. Also wiederholt er seine Warnung: “Sammelt noch mehr Holz. Der Winter wird kalt und lang!” Doch er ist nun beunruhigt und beschließt, in die Stadt zu reiten. Er packt ein paar Sachen, sattelt ein Pferd und reitet zum Wetteramt, um die Wissenschaftler zu fragen, wie der Winter wird. Die wissen das doch am besten.

Bereitwillig gibt man ihm Auskunft. Die Indianer sind schließlich Steuerzahler. Der Chefmeteorologe sagt: “Der Winter wird kalt und lang. Die Indianer sammeln Brennholz wie schon lange nicht!”

Tellerrand des privilegierten Weltbildes


So also waren die Indianer, ein Falschanzeiger, der funktionierte wie jeder andere. Dennoch wurden zwischen 1700 und 1900 amerikanische Institutionen, unter anderem geführt von vielen Deutschen, mehr als 600.000 der zuvor etwa 900.000 indigenen Ureinwohner auf dem Gebiet der heutigen USA ermordet - in Kriegen, durch die gezielte Infizierung mit Krankheiten, durch Vertreibung und gezielter Verarmung. „Wir werden gezwungen sein, sie wie Tiere aus den Wäldern in die Felsengebirge zu treiben“, hatte Thomas Jefferson, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, zuvor festgelegt. Heute wird das als Scherz begriffen: Häufig völlig unbewusst tragen Karnevalisten in der Vergangenheit dazu bei, die Zeit des Kolonialismus und der sogenannten „Entdeckungen“ zu glorifizieren und Massenmorde und andere Gräueltaten zu verharmlosen. Das bereits bei Kindern beliebte „Indianderkostüm“ und andere diskriminierende Verkleidungen wie den Südseekönig, die Frau im kurzen Rock, den an Marx oder Dickens erinnernden Herren im schwarzen Gehrock oder den an die Gruppe Village People gemahnenden Polizisten gaben Ältere immer wieder an die nächste Generation weiter.

Diese Popgruppe, erdacht und aufgebaut vom schwulen französischen Produzenten Jacques Morali, gefiel sich öffentlich in sexueller Uneindeutigkeit, sendete aber schwule Signale wie ein Leuchtturm. Für die USA der End-70er Jahre eine reizende Idee, Diskomusik aus männlicher Homosexualität zu machen, und dabei den Hang Homosexueller zur Verkleidung und zum Rollenspiel zu nutzen. Die Gefälligkeit der Village-People-Musik erlaubte es zudem auch einem großen heterosexuellen Publikum, Hits wie "Y.M.C.A.", "In the Navy" oder "Macho Man" zu hören, ohne überhaupt zu verstehen, wie frappant schwul die Songtexte waren. 40 Jahre später allerdings wäre ein provokantes Unternehmen wie Village People gar nicht mehr möglich. Allein schon das Kostüm des Indianers - korrekterweise inzwischen "Native" - ließe sich öffentlich kaum noch vermitteln. Sich "Indian" zu nennen oder äußere Merkmale einer anderen "Rasse" (Bento) spielerisch zu verwenden, gilt als Kapitalverbrechen an der politischen Korrektheit und guter Grund, den jeweiligen Täter öffentlich anzuklagen und zum Abschwören zu zwingen.


„Aber man muss doch nicht auf alles Rücksicht nehmen“ sagen einige, und zeigen so ihre Unfähigkeit, über den Tellerrand ihres privilegierten Weltbildes zu schauen. Wäre ihnen die Möglichkeit gegeben und das Verlangen nicht seinerseits rassistisch, könnten sie sich hineinversetzen in einen Native, der seine Vorfahren als skalpierende Wilde auf sattellosen Pferden sehen muss. Sie können es aber nicht und das ist genauso unsensibel und beunruhigend, als täten sie es. Boshafte weiße Privilegiertheit zehrt von simpler Unkenntnis, indem sie die Gefühle fremder Völker negiert.

Dabei ist klar: Indianerfilme wie "Winnetou", "Ulzana" oder "Squanto - Der große Krieger" sind nicht harmlos, egal, warum man "Pocahontas" rührend findet oder "The Revenant" bedeutsam. Derartige Filme reduzieren Menschen auf ihre Rolle als Feind und verstärken rassistische Klischees in der Gesellschaft. Eine zwangsläufige Konsequenz des Umstandes, dass Filme über Menschen anderer Kulturen stets auf Stereotypen basieren, auf pauschalisierenden Vereinfachungen und der Überbetonung der eigenen Position. Damit unterbetonen sie automatisch Verfolgung, Enteignung, Kolonialisierung, Versklavung oder sogar Ausrottung. In so einem Kontext ist es naiv, einen "Abenteuerfilm" zeigen zu wollen, denn der stellt nur unterdrückte, rassistisch verfolgte und durch den Kolonialismus ausgerottete Kulturen aus Spaß zur Schau.

Dennoch laufen diese Völkermord-Pornos beinahe täglich im Fernsehen, selbst dort, wo dem Kommenzdenken der privatkapitalistischen Heuschrecken das Bild eines volksverbundenen Gemeinschaftsfernsehens entgegengesetzt wird, das erziehen will. Dem*r arroganten Deutschen, der sich selbst auf die Schulter klopft, weil er ja schließlich keine Indianer ausgerottet habe, ist das alles egal, denn, zu viel Rücksicht nehmen, puh, wo kommen wir denn da hin? Was dürfte man denn dann überhaupt noch schauen, provozieren die Rechtsradikalen gezielt.

Es ist faszinierend, wie Menschen bei diesem Thema aus der Haut fahren. Indianerfilme seien doch Kulturgut, heißt es dreist über die rassistischen Machwerke "Der letzte Mohikaner" und "Little Big Man". „Gaga“ sei ein Verbot der Vorführung von "Die Rache des Sitting Bull" und von "Chingachgook, die große Schlange". Besonders das Alter der Filme dient dabei als Argument. Sie seien so lange gelaufen, warum denn nun auf einmal nicht mehr.

Indianerfilme erziehen zum Rassismus


Der Widerstand von Menschen, die Angst vor Anstand, politischer Korrektheit und Rücksicht haben, ist frappierend. Dabei ist erwiesen: Wer sogenannte "Indianerfilme" sieht, denkt automatisch in rassistischen Kategorien. Er nimmt das Bild vom edlen Wilden an, der als reitendes Maskulinum zum Mythos wurde. Frauen, auch das ist ein Punkt, der gegen diese Art Machwerke spricht, kommen hier ja kaum vor, sie sind allenfalls Sexualobjekt, werden aber vom Handeln ausgeschlossen. Auch das hat, geschieht es im Kino oder im TV fortgesetzt, ganz konkrete Auswirkungen auf die Rolle von Frauen in der Gesellschaft.

Deutlich wird schon anhand dieser Analyse, dass der verharmlosende Begriff Indianerfilm ein toxisches Genre tarnen soll, das eine Erfindung ist von privilegierten Menschen, die ihren Status Quo in Gefahr sehen und hunderttausendfachen Völkermord bemänteln wollen, indem sie die Opfer als „gefährliche Wilde“ darstellen, gekleidet in rassistische Kostüme, enthemmt Waffen schwingend und in völliger Verkehrung der Tatsachen nicht als Verteidiger ihrer Heimat auftretend, sondern schutzlose arme und natürlich weiße Familien massakrierend. Da eine Selbstregulierung weder von Hollywood zu erwarten ist noch die deutsche Unterhaltungsindustrie willens und in der Lage scheint, dergleichen Dreck und Schmutz freiwillig aus den Lichtspielhäusern und Fernsehprogrammen zu verbannen, ist es Zeit für den Gesetzgeber, hier einzuschreiten.

Wer weiter zuwartet, wie das CDU, CSU, SPD, Grüne, Linke und neben der FDP auch die AfD zu tun gewillt scheinen, macht sich mitschuldig.

4 Kommentare:

  1. Faires FoulMärz 16, 2019

    Alles Tohuwahobu begann damit, dass unser großer Entdecker und Eroberer Christoph Columbus sich nach seinem gold- und ruhmgeilen Segelturn gen Westen bei der ersten Landsicht in Indien wähnte. Seit diesem Irrtum nennt man zumindest die nördlichen Bewohner jenes neu erblickten Doppel-Erdteils fälschlicherweise Indianer.

    Um der neuen politische korrekten Einheitsgrau-Tristess in Schland aber gerecht zu werden, darf sich zukünftig niemand mehr verkleiden, denn die einzig tolerierbare Verschleierung steht dem Importmuselweib zu. Es wird sich ein aufmerkelsamer Politiker also hüten, als z.B. Maurer herumzulaufen, denn das könnte ja einen besonders sensiblen Kellenschwinger dieser Zunft beleidigen, weil er einem ehrlichen Handwerk nachgeht, das er durch Nichtsnutze nicht veräppelt sehen will.

    Möge also jeder der bleiben, der er ist und jede noch so fantasiereiche Maskerade verteufeln, weil sich einige Einfaltspinsel mit Vielfaltssyndrom sonst auf den rotgrünen Max-Mustermann-Schlips getreten fühlen könnten ... und wer will Idioten schon Idioten nennen in unserer schönen neuen gesunden Heilkraftwelt, in der immer mehr Hunde zu Lebenspartnern verklärt werden?

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  2. Weiße Wölfe mit Rolf Hoppe als fieser Indianertöter war aber ganz großes Kino. Und Renate Blume dem Gojko eine ebenbürtige Schauspielpartnerin und fiktiv betrachtet, seine Häuptlingsfrau. Die Ostern von der DEFA woran rassistisch ausgewogen und klassenkämpferisch stimulierend. Das gab's in keinem Westernfilm.

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  3. Buchstabendreher

    Sie waren es, wiewohl einige fragen, woran es lag.

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  4. Rolf Hoppe sel. schätzte ich als Mimen, ganz obwohl er eine Zecke war - war ich doch bis ~ zwei Jahre nach dem Eintauchen in die Welt des Internets auch noch eine ... (zu van der Lubbe, äh, Fred Delmare: Nimm deine unnützen Pfoten weg, Junge - die Karten sind heiß!) - - -

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