Mittwoch, 13. November 2019

White Facing: Scham statt Schminke

"White Facing" droht hoffähig zu werden - das spielt den Rassisten in die Hände.

Sie stehen auf gegen die Klimakatastrophe, gegen den Untergang der Menschheit, gegen Dürre, Dauerregen, Hunger, Konsumwahnsinn und industrielle Landwirtschaft. Doch die Klimakampfbrigaden von Extinction Rebellion vergreifen sich dabei nicht zum ersten Mal sichtlich in der Wahl ihrer Mittel: Beschmiert mit weißer Schminke, bedienten sie zuletzt rassistische Stereotype, die im Namen der Tradition Menschen belustigen sollen.

Was sonst in Deutschland vor allem in der unseligen Karnevalszeit geschieht, in der Leute sich ihre „Indianer“-, "Jungfrauen"- und „Polizisten“-Kostüme überziehen, um sich dem Alkohol und - klimaschädlichen - Umzügen hinzugeben, erobert immer öfter auch die Klimaprotestszene. In der deutschen Hauptstadt war es weiße Schminke, das Kolonialherrengegenstück zum verbotenen "black facing". In London hingegen verkleideten sich Klimakämpfer als Chinesen und Japaner und anderswo sogar als ohne Scheu vor offenem Sexismus als übergoße Penisse.

Seit Jahren schon wird von der kritischen Weißheitsforschung beklagt, dass nicht nur die Blackfacing-Praxis von niederländischen Karnevalsfiguren und deutschen Dreikönigskindern Stereotype bedient, die nur den Falschen nutzten, sondern auch der von Klima-Aktivist_innen gepflegte Brauch, sich "weiß" anzumalen, um die Verantwortung für die Klimakatastrophe klar und deutlich zu machen. Nur vereinzelt wurde die Rassismuskritik ernst genommen, bei vielen anderen Paraden aber tauchten als türkische Flugfeldarbeiter oder ganz normale Rheinländer verkleidete Demonstranten auf, die sich ihres Auftretens sichtlich nicht einmal schämten.

Der Mehrheit derer, die die Täter in ihren Demo-Zügen aufnehmen, scheint ist die Kritik egal zu sein – nicht nur in Deutschland, wo Blackfacing, das Verkleiden als Tier ("animalmaking") und - vor allem in immer wieder gezeigten Filmen mit "Winnetou" "nativeacting" immer noch zur hässlichen Realität des alltäglichen Rassismus gehören. Argumente für die rassistische Praxis klingen in ihrer differenziertesten Version meist so: „Sieht aber gut auf", "Wird von den Medien viel fotografiert und oft gezeigt" und "ist auch was fürs Auge für Demogucker".

Dass die Verteidigung von rassistischen Traditionen aber eben alles andere als harmlos ist, zeigt sich immer wieder. Schon verweisen erste rassistische Karnevalsvereine, die das Nachahmen von BIPoC als integralen Bestandteil ihrer weißen Kultur verstehen, auf die White-Face-Protestierer gegen den Klimatod. Wer dem widerspricht, ist schlimmsten Anfeindungen im Netz ausgeliefert, obwohl er aufzeigt, wie rassistische Kostüme als Folge kolonialer Strukturen ganze Gesellschaften zerstören. Ja, selbst der DFB, der seinen Ausstatter Adidas beim neuen EM-Trikot alle Farben zu brauner Buntheit verlaufen ließ, setzt auf das Weiße, das Rassismen in sich trägt, die endlich anerkannt werden müssen. Gerade auch von Kostümfetischisten, die ebensogut und klimafreundlicher in normaler Straßenkleidung protestieren könnten.


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