Samstag, 29. August 2020

Risikoreisen: Auf Welttournee mit Corona

Nimmermüd und unter notwendiger Vernachlässigung aller Corona-Rückreiseregeln jettet Bundesaußenminister Heiko Maas derzeit mahnend um die Welt.
Eben noch juckelte er wie einst Hans-Dietrich Genscher um die Welt, um das Schlimmste zu verhindern. Heiko Maas auf Friedensmission, diesmal in Griechenland und der Türkei, die ihre jahrhundertealte innige Feindschaft derzeit mit einem Streit um Erdgas pflegen, das unterm Mittelmeer liegt - in einem Gebiet, das beide Staaten zu ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone zählen.

Mahnender Maas


Maas hat getan, was zu tun war. Gemahnt. Ermahnt. Das Völkerrecht erwähnt und vor Provokationen gewarnt. Den türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu konnte er wohl nicht ganz überzeugen, auch die Griechen blieben kritisch. Maas selbst aber hätte dennoch den Preis zahlen müssen für seine mutige Initiative: Seit er selbst Mitte März die Türkei als eines von 200 Ländern auf die Liste der Länder mit einer Reisewarnung gesetzt hat, gilt für Rückreisende, die nicht aus den Provinzen Aydin, Izmir und Muğla in der Ägäisregion oder der Provinz Antalya kommen, die Pflicht zu einem Corona-Test oder wahlweise 14 Tage Quarantäne.

Dennoch tauchte Maas bereits kurz nach seiner Rückkehr im "Morgenmagazin" der beiden großen Gemeinsinnsender auf, nur wenige Stunden, nachdem die Bundesregierung in einer Kabinettssitzung beschlossen hatte, die geltenden Reisewarnungen und die Ausweisung von Risikogebieten samt Rückkehrregeln bis zum 14. September zu verlängern.

Der deutsche Außenminister als Verächter deutscher Coronaabwehrmaßnahmen, selbstbewusst und ignorant. Reichte die Zeit nach Maas' Reise ins Hochrisikogebiet Libyen gerade so, zwei negative Corona-Tests zu absolvieren, ehe die nächste Auslandsreise nach Tschechien anstand, war eine Einhaltung der von Heiko Maas selbst verhängten Regeln nach der Rückkehr aus Prag dem Minister nicht mehr möglich. "Reisende mit entsprechenden Aufenthalten müssen sich nach der Einreise in Deutschland unmittelbar an ihren Zielort begeben", heißt es in Anweisungen des Außenministeriums für die sogenannten "Quarantänepflichten", und "sich dort für 14 Tage häuslich isolieren". Nur war die Zeit dafür zu knapp, wie sie auch zu knapp wäre für einen doppelten Coronatest.

Tournee durch Risikoländer


Für Maas wäre das mutmaßlich ein Vergnügen, ist doch seine Berliner Wohnung nach eigenen Angaben mit wunderschönen Möbeln eines großen Markenherstellers ausgestattet. Doch sich selbst so wenig schonend wie seine nächsten Kontakte, eilte der Außenminister aber dennoch nur 48 Stunden nach der Rückkehr von seiner Besuchsmission in Libyen und Saudi-Arabien weiter nach Tschechien. Kaum von dort zurückgekehrt, begab er sich ins Hochrisikoland Ukraine. Und kaum war dort die Aufgabe absolviert, zu verkünden, dass es äußerst wichtig sei, den "Nationalfeiertag als Ansporn zu nehmen, intensiv an einer Lösung für den Konflikt in der Ostukraine zu arbeiten" (AA), flog der nimmermüde SPD-Mann schon weiter zur Mahnaufgabe nach Ankara und Athen.

Quarantäne ist für die anderen. Heiko Maas hat eigene Regeln, die er strikt einhält. Quasi ungeduscht kehrte er pünktlich aus dem Risikogebiet Türkei nach Deutschland zur turnusmäßigen Kabinettssitzung zurück. Dann kamen schon die anderen EU-Außenminister aus ihren jeweiligen Risikogebieten herbeigeeilt, allesamt ungetestet und ohne ein Quarantänelager durchlaufen zu haben, um gemeinsam "den Druck auf Russland zu erhöhen, die mutmaßlichen Täter im mutmaßlichen Vergiftungsfall Nawalny schnell und transparent zu fassen und zu bestrafen".

Phil Hogan, der von Irland benannte bisherige EU-Handelskommissar, trat am selben Tag zurück. Der konservative Politiker musste eingestehen, bei einem Besuch daheim in Irland, das die europäische Hauptstadt Brüssel als Risikogebiet zählt, gegen geltende Quarantänebestimmungen verstoßen zu haben.

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