Dienstag, 21. Juni 2022

Indiens Erdöl-Irrweg: Wohlstandsausgleich in der Weltgemeinschaft

offizielle sanktionsgrafik der EU
Das sechste Sanktionspaket der EU gilt als Meisterwerk der Öffentlichkeitsarbeit: Die Umleitung aller russischen Öllieferungen nach Indien und China konnte unwidersprochen als besonders harte Strafmaßnahme gegen Russland verkauft werden.

Die härtesten, die tollsten, die mutigsten und entschlossensten Sanktionen aller Zeiten waren es, mit denen die friedliebende Weltgemeinschaft unmittelbar nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine reagierte. Der Aggressor wurde herausgeschnitten aus den globalen Warenströmen, abgekoppelt vom Rest der Menschheit und mit Strafen belegt, die noch viel härter waren als die, die Kuba seit fast 50 Jahren zwingen, sich von seinem abstrusen kommunistischen Gesellschaftsmodell abzuwenden.

Viel stärker schon immer

Olaf Scholz, der mit Russlandfreunden wie dem derzeit amtierenden Bundespräsidenten langjährige gemeinsame Machterlebnisse teilt, versuchte anfangs noch, zu bremsen.  Der Russe müsse die Möglichkeit haben, über Swift wenigstens seine Rechnungen zu bezahlen, mahnte der Sozialdemokrat. Doch die EU-Kommission, zuletzt in der großen Pandemie eine Einrichtung ohne Funktion, auf deren Rat und Vorschlag in keiner Hauptstadt gehört wurde, blieb in Vorlage und verkündete als Leere aus den seit 2014 verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland, dass die Sanktionen immer schon "viel stärker wirken, als es auf dem Papier steht" (Die Zeit). Sechsmal wurden die härtesten Sanktionen aller Zeiten noch härter, noch umfassender und noch wirkungsmächtiger gestaltet. 

Lange Listen von Oligarchen wurden herumgereicht, Luxusjachten beschlagnahmt und greise Kirchenfürsten bekamen Einreiseverbote. Putins Angriffe verminderte das allerdings nicht. Und stimmte schließlich sogar der Kanzler als König der Gemäßigten zu: Deutschland ist einverstanden, seinen für 2030 ohnehin geplanten Energieausstieg auf diesen Winter vorzuziehen, um Russland am anderen Ende der leeren Gas- und Erdöl-Pipelines verhungern zu lassen. Mit der Gemeinschaft der umliegenden Kernkraftstaaten und der Selbstversorger in Übersee war man einig. Einige andere kleine Randgebiete wie China, Indien und Südamerika stimmten nicht sofort zu. Das würde aber noch werden, bestätigten deutsche Medien. Der Schulterschluss aller mit allen sei diesmal ein besonders fester, solidarisch und sehr, sehr entschlossen.

Indiens Irrweg

Im darauffolgenden Monat stiegen die indischen Importe von russischem Rohöl auf eine neue Rekordmenge. China nutzte die Chance, russisches Öl mit hohem Rabatt einzukaufen. Das kommunistische Riesenreich importierte im Mai fast 8,42 Millionen Tonnen Rohöl aus Russland, 55 Prozent mehr als vor Jahresfrist und etwa ein Viertel mehr als noch im April. Indische Raffinerien bezogen drei Millionen Tonnen russisches Öl, knapp dreimal mehr als im April. Russland liefert damit  16,5 Prozent der gesamten indischen Öl-Importe - ein erdrutschartiger Erfolg des Aggressors, denn noch im Januar und Februar dieses Jahres hatte Indien überhaupt kein Erdöl aus Russland bezogen.

Die Sanktionen wirken also wirklich, Warenströme weltweit drehen sich um, Ölströme fließen zu neuen Zielen. Die von Indien geschlossenen Verträge für russisches Rohöl sehen bis August den Bezug von knapp zehn Millionen Tonnen vor, das wäre mehr als die im gesamten Jahr 2021 aus Russland nach Indien gelieferte Menge, deren Verbrauch jedoch zum Glück für die Menschheit klimaneutral vonstatten zu gehen verspricht. Denn jeden einzelnen Liter haben sich deutsche Verbraucher vom Mund abgespart: Bei den zehn Millionen Tonnen Indiens und den fünf Millionen Tonnen Chinas handelt es sich um die Hälfte des Ertrages der deutschen Öl-Diät. 

Bäumchen-wechsle-Dich und YoYo-Effekt

Viel weniger Öl verbraucht Deutschland deshalb nicht. Aus 300.000 Tonnen täglich im ersten Pandemiejahr wurden 315.000 Tonnen aktuell, der typische YoYo-Effekt, der bei so vielen Blitzdiäten auftaucht. Wie Indien, der drittgrößte Ölverbraucher der Welt, der über 80 Prozent seines Bedarfs importieren muss, bezieht auch Deutschland mit 98 Prozent seines Verbrauchs den Großteil seines Ölbedarfs aus dem Ausland. Das war so, das ist so und das muss so bleiben, damit die Lichter nicht ausgehen. Nur haben die Sanktionen zu neuen Weichenstellungen geführt: Indien bedient sich seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine in Russland, das sein Öl im Westen nicht mehr los wird und die weiterhin sprudelnde eigene Förderung deshalb mit 15 bis 20 Prozent Rabatt  anbietet.

Indien und China, aber auch die Türkei greifen beherzt zu, um Putin bei der Finanzierung seines Feldzuges zu helfen. Moralischer Sieger aber ist die EU mit ihrer konsequenten Sanktionspolitik, deren Wirkungen nicht zu übersehen sind: Eine Verschiebung der Güter- und Warenströme, wie sie in dieser Geschwindigkeit noch niemals in der Geschichte der Menschheit zu verzeichnen war, sorgt für einen raschen Wohlstandsausgleich vor allem zwischen dem alten Europa und den bevölkerungsreichen Demokratien und Diktaturen Asiens. 

5 Kommentare:

  1. Ja läuft blöd. Man könnte zweifeln, ob unsere Globalpolitiker:innen mit dem Blicks für's Ganze und dem Denken vom Ende her den Wochentag von morgen korrekt vorhersagen könnten.
    Weiß nicht wo es stand, aber all die Selenskiversteher von achgut bis Tichy opfern gerade das letzte Hemd anderer Leute für US-Interessen.

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  2. Die Westwertegemeinschaft und allen voran der deutsche Gutmenschenzirkus gefallen sich darin, den eigenwilligen Bäcker dadurch zu bestrafen, dass sie dessen Brot nicht mehr kaufen und essen.

    Zuvor hatte ihre global unersättliche Fressgier aber dafür gesorgt, dass andere Völker zu wenig hatten und sich diese Leckerbissen nun gönnen. Der Bäcker erleidet also keinerlei Verluste, während die vollidiotischen Moralweltmeister von ihren bejubelten Führern auf spartanische Askese eingeschworen werden. Ironman-Crash-Course mit adipösen Weicheiern.

    Wer sich irrt, wird die Zukunft zeigen, sofern der erwachende Weltkriegstrieb noch eine zulässt. Da braut sich jenseits von Atlantik und Ärmelkanal nämlich ein Orkan zusammen, und wir EU-Trottel beklagen Schönwetterwölkchen. Wird doch alles genau so geliefert, wie großmäulig bestellt ... auch vom verteufelten Russen. Wie man in die Taiga hinein brüllt, so schallt es heraus.

    Nur Narren spielen in ihrem Gewächshaus Fußball und bejammern danach den Scherbenhaufen auf verwüsteten Beeten. Tja, es läuft blöd, und das ist noch untertrieben formuliert. Es herrscht längst der kollektive Hirntod!

    Toll, endlich ein neuer Kick und viele Klicks im Netz: Atombombenvideos aus Zentraleuropa.

    Der Planet der Affen rückt näher und freut sich drauf.

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  3. @ Anmerkung: Die Frage (06.00), w e s s e n Interessen Olaf in Wirklichkeit vertritt, muss nicht zwingend gestellt werden, sondern ist schon beantwortet.
    Nur ist es unbekömmlich, die Antwort herauszutrompeten.

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  4. und der Rubel rollt und rollt und rollt ... und zwar aufwärts

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  5. Rubel die KAtz!

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