Dienstag, 4. Oktober 2022

Hitlerpeak: Er ist wieder weg

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In den größten Datenbanken der Welt ist der Hitler-Peak deutlich zu erkennen. Inzwischen wird der frühere Führer und Reichskanzler so wenig beachtet wie noch nie nach seinem Tod.

Es war sein letzter Streich und "auf Twitter sorgte er für Verwunderung", analysierte die FAZ, einst das letzte Blatt im Land, das noch Fraktur schrieb, obwohl jeder weiß, dass die Nazis selbst die Nazischrift verboten hatten. Danach war es im  Grunde endgültig vorüber, vorbei, zu Ende. Daten aus den beiden großen Google-Datenbanken Trends und Ngram zeigen es gleichermaßen: 77 Jahre nach seinem Tod ist Adolf Hitler, der berühmteste und zugleich berüchtigste Deutsche aller Zeiten, kein Thema mehr. Es handelt sich dabei nicht um eine deutsche Sonderdepression. Nein, das Phänomen ist weltweit zu beobachten.

Hitler ist am Ende

Adolf Hitler hat sich auserzählt. Alle seine Hunde, seine Frauen, seine Wunderwaffen und Verbrechen, sie sind enthüllt, alle seine Sekretär* und Mittäter*nnen, sie wurden vielmals liebevoll und faktensatt porträtiert. Ein Blick ins Archiv des ehemaligen Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zeigt Aufstieg und Fall des Führers in Zahlen: In den 57 Jahren zwischen 1947 und 2004 wurde 2.800 Mal über die Untaten des Mannes aus Braunau berichtet., in den 17 Jahren zwischen 2005 und 2022 sagenhafte 3.300 Mal.

Hitler erlebte allerlei Wiedergeburten. Mal war US-Präsident Donald Trump Hitler, mal der westfälische AfD-Führer Björn Höcke, dann der Russe Putin, dem der Ehrenname "Putler" verliehen wurde. Zuguterletzt erschien auch Hitlers selbsternannte Vorkosterin noch in der Öffentlichkeit, um zu gestehen, dass der Führer "ein widerlicher Kerl war, ein Schwein". Auch Hitlers Yacht, auf der er nie gefahren ist, tauchte wieder auf, ehe die ganze Hitlerbranche zusammenbrach. 

Zusammenbruch der Hitlerbranche

Dann war es vorbei. All seine Feldzüge, seine Fehler, seine Feinde und Marotten - was im deutschen Fernsehen über Jahrzehnte verlässlich ganze Kanäle füllte, endet nicht mit einem Knall, sondern mit einem leisen Servus. Der Führer verschwand und mit ihm der zeitweise meistbeschäftigte Mann im deutschen Fernsehen. Dort spielte Hitler sich häufig selbst, zudem wurde er immer wieder  von bekannten Schauspielern verkörpert. 

Bruno Ganz und Helge Schneider etwa waren unvergessliche Hitlergesichter: Ein Schweizer als Österreicher und ein Jazzmusiker als notorischer Anhänger des Walkürenritts. Guido Knopp, in den Jahren der freiwilligen Betreuungspflicht für Erwachsene eine Art oberster Geschichtslehrer der Nation, die keine mehr sein wollte, raunte vom Berghof, wie modern Hitlers Lebensstil gewesen sei. Der Führer war Vegetarier und engagierter Nichtraucher, er trat nur selten lange Auslandsreisen an und war meist mit dem Zug unterwegs. An seinen Meinungsfreiheitsschutzgesetzen orientieren sich Deutschland und ganz EU-Europa bis heute, ganz unaufgeregt und ohne falsche Parallelen zu ziehen.

Unbefangen mit dem mörderischen Erbe

Eine neue Unbefangenheit mit der Last des Erbes ist entstanden. Kein Gedanke mehr daran, ein Fußball-Länderspiel nur wegen Hitler abzusagen oder alte Kameradschaften zu bezichtigen, sie veranstalteten ein gemeinsames Schießen mit Absicht  "ausgerechnet an Hitlers Geburtstag!" Heutzutage, in einer Welt der Pandemien, der Kriege und der wirtschaftlichen Not, wird an dem verhängnisvollen historischen Datum unbefangen sogar Pessach gefeiert. 

Sieben Jahre nach dem Bestseller "Er ist wieder da", mit dem der Schriftsteller Timur Vermes die beängstigende Vision eines nach Berlin zurückgekehrten Führers heraufbeschwor, dem die Herzen der Deutschen ein weiteres Mal nur so zufliegen, ist Hitler wieder weg. Die Pandemie und Krieg an der Ostfront, der russische Einmarsch mit der Gaswaffe und die große Erleichterung darüber, dass andere Völker auch nicht besser sind, sondern ganz im Sinne der Lehren Hitlers eine Bedrohung, die eines Tages wird ausradiert werden müssen, sie sorgen für Erleichterung an der moralischen Heimatfront. 

Hatte der Führer doch rechts?

Wenn der Führer vielleicht doch rechts hatte, was Russlands unstillbaren Appetit auf seine Nachbarländer betrifft, dann ist jeder Angriff die beste Verteidigung. Hitler war dann so etwas wie ein besonders weitsichtiger Visionär, der Deutschlands Energieversorgung nicht wie Willy Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel in die Hand des Feindes legte oder wie die grüne Partei von einer noch stärkeren Hinwendung zu oligarchischem Gas träumte. Sondern konsequent auf Holzvergaser und Braunkohle setzte und das Land damit unabhängig machte von erratischen Windböen, hochgiftigen chinesischen Solarmodulen, russischem Gas aus fossilen Quellen und dem mörderischen Öl der Blutprinzen. 

Vorwürfe, die ihm lange gemacht wurden, verstummen. Aktuelle Verbrechen lassen das Grauen der Vergangenheit verblassen. Nicht einmal die Wiederholung der großen Schlachten um Charkiw, Izyum und Slawjansk genau 80 Jahre nach der Premiere ließ Hitler noch einmal boomen. Er ist nun für immer weg, ein Gespenst nur noch, an das sich Ältere erinnern.

3 Kommentare:

  1. Kein Platz für Hitler. Im Moment haben wir echte Probleme statt 'unserer' Vergangenheit.

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  2. Fritz Diez (1901 - 1979) nicht einfach übergehen, varsågod.
    Herrrvorragend!!! Der ärste Schoss aus einer rrrossischen Beutekanone durrrchschlägt die Frrrontpanzerrrong onseres neuestenn Modells? Där Wagen geht zorrröck an's Wärk!!!

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