Freitag, 9. Dezember 2022

Elektrobusse für Indien: Wie 200 Millionen im Nichts verschwanden

Beim Kochen von Diesel für die 12.000 überalterten Busse in Chennai, Coimbatore und Madurai zeigte sich Annalena Baerbock in der traditionellen Tracht der diesel cooks.

Kein Wort mehr darüber, nicht ein einziges. Annalena Baerbock, zu Gast in der strengen indischen Kastendemokratie, vermied es auffallend, auf eines der größten gemeinsamen Projekte zu sprechen zu kommen. 200 Millionen Euro schwer war das Unternehmen Elektrobus, das die Vorgängerregierung gestartet hatte, damit die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch in der gern als "größte Demokratie der Welt" bezeichneten Ständegesellschaft etwas auf den Tisch zu legen hatte. Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau, eine Art Hausbank jeder Regierungskoalition, war gern zu willen: Das indische Finanzministerium erhielt ein zinsverbilligtes Darlehen zur Modernisierung des öffentlichen Verkehrs im indischen Bundesstaat Tamil Nadu 

Busse für Indien

Das Vorhaben umfasste unter anderem den Kauf, offiziell "Einsatz" genannt, von 500 batteriebetriebenen Elektrobussen, den Austausch von 2.000 alten Dieselbussen durch neue Dieselmodelle, die Einführung von bargeldlosen Bezahlsystemen zum Fahrkartenkauf, wie sie in Deutschland längst überall perfekt funktionieren, und die Einführung von elektronischen Datenverarbeitungssystemen zur Effizienzsteigerung des Betriebs und der Instandhaltung in den Städten Chennai, Coimbatore und Madurai. Insgesamt sagte die Kanzlerin eine ganze Milliarde zu, denn diese Summe gilt als Minimum, um medial noch wahrgenommen zu werden.

Die Schlagzeilen waren jeden Cent wert: Deutschland würde nun einerseits an "großen Infrastrukturvorhaben in Indien beteiligt" sein. Andererseits heulten Rechte und Klimafeind getroffen auf: Merkel verschenke deutsches Steuergeld, statt erst einmal daheim, im Klimakrisengebiet Nummer 1, für elektrische Verhältnisse zu sorgen. Klug enttarnte die damalige Bundesregierung so ihre Gegner - dass später nicht mehr von der elektrischen Busoffensive gesprochen wurde, lag zweifelsfrei nicht daran, dass der Plan medial nicht gut verkauft worden war, sondern auch nicht daran, dass es Indien nicht allzu eilig hatte mit der Umsetzung.

Wie weit ist die Elektrifizierung

Es war einfach wieder so viel anderes. Deutschland gab 900 Millionen gegen den Hunger, 60 Millionen für das Klima, 200 Millionen für Binnenflüchtlinge, eine "Summe in Millionenhöhe" (Handelsblatt) für den Libanon, 200 Millionen gingen an die Taliban, 50 Millionen Kredit an Moldaudasfrüheremoldawien und 67 Millionen an Werbeagenturen. Angela Merkel trotzte nie wieder dem Smog von Neu Delhi, Olaf Scholz empfing zwar den indischen Premier Narendra Modi, über die epochale Elektrifizierung des Busverkehrs aber sprachen beide nicht.

Auch die neue Bundesaußenministerin Annalena Baerbock war bei ihrem Besuch in Indien peinlich darauf bedacht, das Thema zu meiden. Zwar stand offiziellen Erklärungen nach die "Energiewende im Mittelpunkt", aber die Frage nach dem Stand der Umsetzung des gemeinsamen großen Elektrifizierungsprojektes blieb ausgespart. Zu erschütternd sind die Ergebnisse drei Jahre nach dem Start des Großvorhabens im "Kampf gegen die Klimakrise" (Baerbock) als "größter Bedrohung für alle Menschen auf der Welt in diesem Jahrhundert" (Baerbock). 54.000 Diesel-Busse fahren insgesamt in der Provinz Tamil Nadu, 500 hätten durch Elektrobusse ersetzt werden sollen. Ersetzt worden ist: Keiner.

Die beiden größten Demokratien gemeinsam

Nicht einmal ein einziger der uralten Dieselbusse, die mit dem KfW-Kredit gegen neuere Modelle ausgetauscht hatten werden sollen, wurde stillgelegt. Ein verstörendes Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen der beiden größten Demokratien weltweit - Indien mit den meisten Wähler*innen, Deutschland mit den meisten Parlamentariern - um mehr saubere Luft und geschützteres Klima. Höchst diplomatisch lobte Annalena Baerbock, dass Indien den Klimaschutz ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt habe und mit dem Motto "Eine Erde, eine Familie, eine Zukunft" auch eine sehr hübsche Überschrift gefunden worden sei. 

Als Vertreterin eines Klimavorreiterstaates, auf dessen Bemühungen zum raschen Energieausstieg die gesamte Welt gebannt schaut, würdigte die frühere grüne Kanzlerkandidatin die Anstrengungen Indiens, gleich "Lichtjahre beim Klimaschutz zu überspringen". Indien müsse "nicht in die Falle der Fossilen treten zu müssen, um aus der Armut herauszukommen", entschied die vom Völkerrecht herkommende Frau aus Niedersachsen und sie zollte den Sparanstrengungen der Inderinnen und Inder höchste Anerkennung: Pro Kopf gerechnet verbrauche ein Mensch im strengen Kastenwesen Indiens viel weniger Energie als ein Deutscher.

Fotos zeigen die Ministerin beim gemeinsamen Dieselkochen mit traditionell in die Kluft der diesel cooks des Dorfes Khori gekleideten Angehörigen der Innung der petrol burner. Am Rande der öffentlichen Zeremonie teilte Baerbock mit dass Erneuerbare in Indien nicht nur zur Elektrifizierung, sondern auch zur Armutsbekämpfung genutzt werden könnten, bis die mehr als eine Milliarde Bürgerinnen und Bürger zählende Nation ihr Ziel erreiche, im Jahr 2070 klimaneutral zu werden. Spätestens bis dahin  werden auch die von Deutschland zwischenfinanzierten Elektrobusse durch Chennai, Coimbatore und Madurai rollen - Ergebnis dann auch des neuen deutschen Konzepts der feministischen Außenpolitik, die nur sacht belehrt, niemals nachfragt und lieber zehn neue Projekte startet als Partner und Öffentlichkeit daheim durch Nachfragen zum Stand der bisherigen Vorhaben in Verlegenheit zu bringen.

6 Kommentare:

  1. bitte weniger Text , was ist jetzt mit den Elektrobussen ? sind die schon kaputt und stehen aufm chinesischen Schrottplatz ?

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  2. Dieselburner klingt aber nach einem ordentlichen Beruf .

    "wenn ich mal groß bimm werd-isch-Düsölbörna"

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  3. Habäck : "mehr Katholizismus wagen "

    Habekmonolog : "Katena x , alles elektrisch und voll super ;

    Prozessionsketten


    in der audoindustrie und das wird alles suba und bunt und modern "

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  4. >was ist jetzt mit den Elektrobussen

    Der Buskauf war optional, es ging primär um die Überweisung des Geldes.

    https://www.business-standard.com/article/companies/govt-has-a-10-bn-plan-to-decarbonise-public-transport-and-curb-emissions-122072001059_1.html

    Indien will für 10 Mrd USD 50000 E-Busse kaufen. Die Bundesregierung wird es sich hoffentlich nicht entgehen lassen, das zu finanzieren.

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  5. @anonym 1: das angebot richtet sich an lesende, also alte leute. ist es zu lang, bist du zu jung

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  6. Dieselsuppe mit Bärbock, nicht vegan, aber köstlich!

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